I.N.M.I. "L. Spallanzani" I.R.C.C.S. HIV und Tuberkulose in Afrika: Erprobung neuer Testverfahren zur Diagnose der latenten Infektion mit Mycobacterium tuberculosis bei HIV-seropositiven Personen in Uganda Doktorand: Leonhard Leidl, Betreuer: Priv. - Doz. Dr. med. Dipl.-Biol. Christoph Lange Mycobacterium tuberculosis (lat. tuberculum = Knoten) ist der Erreger der Tuberkulose. Er gelangt durch Tröpfcheninfektion in die Lunge und führt dort zu einer Entzündung des Gewebes und zu einer Schwellung der Lymphknoten. Das Immunsystem bildet zum Schutz des Organismus Kapseln um die Mykobakterien, sog. Granulome, und verhindert damit ihre weitere Ausbreitung. Allerdings können die Mykobakterien über Jahre und z.T. Jahrzehnte in diesen Granulomen überleben, es besteht eine latente Tuberkulose-Infektion. Wird das Immunsystem geschwächt, können die Mykobakterien aus ihrer Abkapselung ausbrechen und sich auf nahezu alle Organe des Körpers verbreiten und diese schädigen. Das HI-Virus (Humanes Immundefizienz-Virus) ist der Erreger des erworbenen Immunmangel-Syndroms (AIDS). Das Virus bindet und zerstört u.a. die CD4+ - Abwehrzellen und erleichtert es damit auch anderen Infektionskrankheiten, den Körper zu befallen und schwere Erkrankungen auszulösen („opportunistische Infektionen“). Aufgrund seiner genetischen Variabilität kann das HI-Virus seine Oberfläche kontinuierlich verändern, der Immunabwehr entkommen und rasch Resistenzen gegen antivirale Medikamente bilden. Anfangs vermehrt sich das Virus nur langsam und bleibt daher lange unbemerkt. Menschen mit einer HIV-Infektion erkranken 20-mal häufiger an einer Tuberkulose als Nicht-Infizierte. 95% aller globalen Tuberkulose-Fälle finden sich in Entwicklungsländern. Die Gründe sind Hunger, Armut, Migration und Kriege. Vor allem Bewohner der Slums afrikanischer Megacities sind bedroht: Tuberkulose ist die Haupt-Todesursache von Menschen mit HIV-Infektion und verantwortlich für mehr als die Hälfte aller Tode von HIV-Infizierten. Methoden Der Tuberkulin-Haut-Test (THT), der ELISPOT und der ELISA wurden an 160 neudiagnostizierten HIV-positiven Patienten angewandt, die keine Symptome einer aktiven TuberkuloseErkrankung zeigen und keine BCG-Impfung erhalten haben. Die Studie wurde durchgeführt an der Poliklinik der Makerere University in Kampala, Uganda. Tuberkulose-Tode pro 100.000 / Jahr Epidemiologie Uganda Im Jahr 2006 lebten weltweit etwa 39,5 Millionen Menschen, die mit HIV infiziert waren. 2,9 Millionen davon starben. Von 1980 bis 1989 liegt die Zahl der jährlichen Tuberkulose-Fälle pro 100.000 zwischen sechs und 19. 9 Millionen Menschen pro Jahr entwickeln eine aktive Tuberkulose, 1/3 der Menschheit ist mit Mycobacterium tuberculosis infiziert. Ab 1990 steigen die Erkrankungen aufgrund des sich rapide ausbreitenden HI-Virus sprunghaft an und erreichen im Jahr 2004 ihren bisherigen Höhepunkt von 156 pro 100.000 Neuerkrankungen. 13 Millionen Menschen leiden an HIV und Tuberkulose. Registrierte TB-Fälle pro 100.000 Einwohner In Afrika beträgt der Anteil der HIV-Infizierten an den Tuberkulose-Patienten 40%, die Zahl der Neuerkrankungen steigt jedes Jahr um 3%. ELISPOT Tuberkulin-Haut-Test (THT) ELISA Für den ELISPOT werden 250.000 weiße Blutkörperchen aus dem Blut des Patienten über Nacht mit den Antigenen ESAT-6 und CFP-10, die spezifisch sind für M. tuberculosis, in Mikrotiter-Platten inkubiert. Die weißen Blutzellen sezernieren auch hier Interferon-gamma, das von Antikörpern am Boden der Platten gebunden wird. Mithilfe eines zweiten bindenden Antikörpers und eines farbigen Substrates kann das Interferon-gamma als kleiner Punkt sichtbar gemacht werden. Dabei entspricht jeder Punkt genau einer weißen Blutzelle. Besteht zwischen der Nullkontrolle, die nicht mit den TB-spezifischen Antigenen stimuliert wurde, und dem „echten“ Bluttest eine Differenz von mindestens fünf Punkten, ist der ELISPOT positiv. Beim THT wird Tuberkulin, ein Antigen von M. tuberculosis, in die obere Hautschicht appliziert und nach 48 – 72 Stunden der Durchmesser der entstandenen Rötung und Schwellung („Induration“) gemessen. Ist die Rötung größer als 5mm, gilt der Test als positiv und der Patient hatte bereits Kontakt mit M. tuberculosis. Diese Reaktion wird dabei verursacht durch die Signalsubstanz Interferon-gamma, die von Entzündungszellen ausgeschüttet wird. Allerdings reagiert der THT auch falsch-positiv bei einer vorangegangenen BCG-Impfung gegen Tuberkulose. Der THT dient in dieser Studie als Kontrollparameter zur Überprüfung des Ergebnisses von ELISPOT und ELISA. Der ELISA verwendet Blutröhrchen, die ebenfalls mit ESAT-6 und CFP-10 beschichtet sind. Hier wird heparinisiertes Vollblut für 16 – 24 Stunden mit diesen spezifischen Antigenen inkubiert. Danach wird Blutplasma entnommen und in einem speziellen ELISA-Reader die Menge an sezerniertem Interferon-gamma in jedem Röhrchen gemessen. Dabei wird die Interferon-gamma – Konzentration in der Nullkontrolle von der Konzentration in jedem Teströhrchen abgezogen. Beträgt die Differenz mindestens 0,35 IU/ml, so ist der Test positiv. Interim Results Bisherige Ergebnisse 72 Patienten mit einem mittleren Alter von 33 Jahren und einer mittleren Anzahl von 317 CD4+ Abwehrzellen pro µl sind bereits ausgewertet. Der ELISPOT war in 59,7% positiv, der ELISA in 76,4% und der THT in 70,2% der Fälle. 3 von 72 ELISA-Tests waren unbestimmbar. ELISPOT und ELISA stimmten in 66% (κ = 0,092) überein, ELISPOT und THT in 56% (κ = 0,034) und ELISA und THT in 68% (κ = 0,2). Zusammenfassung 80,00% 70,00% 60,00% 50,00% positive 40,00% negative 30,00% indeterminate 20,00% 10,00% Die Sensitivität der Interferon-gamma Release Assays (ELISPOT, ELISA) scheint von einer HIV-Infektion, zumindest bei moderater Immunsuppression, nicht beeinflusst zu werden . 0,00% T-SPOT.TB QFT-G TST 5-mm Concordant Results Das Verhalten der IGRA-Tests unter stärkerer Immunsuppression muss noch weiter abgeklärt werden. 60,00% 50,00% 40,00% T-SPOT.TB pos. 30,00% Patienten 72 Alter (Median) CD4+ (Median) 33 317 / µl T-SPOT.TB neg. 20,00% 10,00% 0,00% QFT-G pos. QFT-G neg. Die IGRA-Tests zeigen mehr positive Ergebnisse als der THT, dennoch gibt es bisher keine Erklärung für die nicht übereinstimmenden Resultate zwischen ELISPOT und ELISA.