Herstellung von Dienstkleidung in Kroatien – Das Beispiel der Firma ORLJAVA Vortrag anlässlich der Fachkonferenz „Nicht nur sauber sondern rein“ am 22. November 2011 in Bremen von Tomislav Kis, Generalsekretär NOVI SINDIKAT („neue Gewerkschaft“) Jasna Beslic, Betriebsrätin ORLJAVA Holländische, deutsche und schweizerische Studien über die Herkunft der Dienstbekleidung in diesen Ländern haben gezeigt, dass rund 60% der Dienstbekleidung in Osteuropa hergestellt wird. Darunter hat allein Kroatien einen Anteil von etwa 20%. Dies bedeutet, dass ca. jede zehnte Uniform/ Dienstbekleidung in Kroatien gefertigt wird. Die kroatische Nähfabrik Orljava wurde 1950 gegründet und ist auf die Herstellung von Dienstbekleidung ausgerichtet. Insgesamt werden hier 329 hochqualifizierte MitarbeiterInnen beschäftigt, wobei 314 Frauen und 15 Männer in der Fabrik arbeiten. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten liegt zwischen 38-40 Jahren. In der Herstellung hat sich die Firma Orljava auf qualitativ hochwertige, bügelfreie Männerhemden als Teil von Uniformen/Dienstkleidung spezialisiert. Hierbei beträgt die maximale Jahresproduktion 450.000 Stück. Auf dem Inlandsmarkt beliefert die Fabrik Einrichtungen wie das Verteidigungsministerium, Innenministerium, die Justiz, die Zollverwaltung, Fluggesellschaft sowie Banken und Hotels. Gleichzeitig ist die Firma Orljava aber auch ein Zulieferer für ausländische Auftraggeber. Für diese führt Orljava lediglich reine Näharbeiten aus. Alle Ausgangsstoffe und Accessoires werden dabei zugeliefert. Diese Produktionsweise (‚passive Lohnveredelung‘) setzt die Firma und die MitarbeiterInnen unter großen Druck, immer mehr bei immer weniger Lohnkosten herzustellen. Der Preis pro Hemd, der durchschnittlich beim Verkauf auf dem internationalen Markt erzielt wird, liegt bei lediglich 4,60€. Damit kann die Firma nur „von der Hand in den Mund“ wirtschaften, keine vollstufige Produktion und eigene Absatzwege aufbauen. Welche Forderungen/ Wünsche gibt es an die Käufer in Deutschland? Antwort: Bessere Preise, sodass unsere Firmen einen existenzsichernden Lohn zahlen können und bessere Arbeitsbedingungen sichern können. Wie sieht die Situation bezüglich der für die Bekleidungsindustrie international als Basisnormen anerkannter Menschenrechte und ILO-Konventionen aus? (Tabelle nächste Seite) Basisnormen für die Bekleidunindustrie Situation bei Orljava • keine • Diskriminierung im Betrieb gibt es nicht. • Organisierungsgrad von 55% Regelmäßige Kollektivverhandlungen • keine keine • o.k. In 80% der Fälle eingehalten • Durchschnittlohn der NäherInnen ist 374 € Existenzsichernder Lohn (4köpfige Familie): Ca 1.000 € Das Verbot von Zwangsarbeit und Arbeit in Schuldknechtschaft (ILO Übereinkommen 29 and 105) Das Diskriminierungsverbot (ILO Übereinkommen 100 and 111) Die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen (ILO Übereinkommen 87, 98, 135 and ILO Empfehlung 143) Das Verbot der Beschäftigung von Kindern unter 15 Jahren (ILO Übereinkommen 138 + 182) Wöchentliche Arbeitszeitbegrenzung von 48 Stunden und max. 12 freiwillige Überstunden (ILO Übereinkommen 1) Das Recht auf einen existenzsichernden Lohn (“living wage” - ILO Übereinkommen 26 und 131 und die Universelle Menschenrechtsdeklaration) Löhne in der Bekleidungsindustrie sind im Branchenvergleich mit unter den niedrigsten Ca. 60% der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie Kroatiens sind gewerkschaftlich organisiert (gesetzl. Mindestlohn: 370 €) • 90% haben feste Arbeitsverträge; ca. 10 Beschäftigte haben Monatsverträge. Bestmöglicher Arbeits- und Gesundheitsschutz (ILO Übereinkommen 155) Stühle sind nicht verstellbar, aber es gibt eine Klimaanlage, die allerdings nicht gut arbeitet, Licht Das Beschäftigungsverhältnis ist stabil und vertraglich geregelt. Situation in der kroatischen Bekleidungsindustrie Zwangsarbeit = erzwungene Überstunden, um Norm zu erfüllen und um Mindestlohn zu erreichen Verbreitet sind auf 6 Monate befristete Beschäftigungsverhältnisse, oder Probezeiten werden ausgenutzt. Leiharbeit ist nicht so verbreitet, weil NäherInnen sowieso nur den Mindestlohn verdienen. schlechter als in Orljava ausreichend