2.2.2 Binomialkoeffizienten Für eine natürliche Zahl n wird mit der Notation n! das Produkt aller natürlichen Zahlen von 1 bis n bezeichnet. Das “Ausrufungszeichen” bewirkt also, dass alle Zahlen von 1 bis n miteinander multipliziert werden.schreibt n! und liest es als n Fakultät. n! := n k = 1 · 2 · ... · (n − 1) · n, k=1 wobei 0! := 1 gesetzt wird. D. Horstmann: Oktober 2016 44 Mit dem Symbol n k wird ein sogenannter Binomialkoeffizient geschrieben.Notation steht, wenn n eine natürliche Zahl und k eine ganze Zahl bezeichnet, für den nachfolgenden Ausdruck: ⎧ n·(n−1)·...·(n−k+1) n! ⎪ = k!·(n−k)! , für n > k ⎨ 1·2·...·(k−1)·k n (1) := 0, für n < k k ⎪ ⎩ 0, für k < 0. Für das Rechnen mit Binomialkoeffizienten gelten für alle n ∈ IN und k ∈ Z die nachfolgenden Rechenregeln: D. Horstmann: Oktober 2016 n k n k = = n n−k n−1 k−1 , (2) + n−1 k . (3) 45 Es gilt nämlich n k n! k! · (n − k)! = = = n! (n − (n − k))! · (n − k)! n n−k womit die erste Aussage folgt. Um die zweite Aussage zu zeigen, überlegen wir uns, dass für n ≥ 1 und D. Horstmann: Oktober 2016 n−1 k−1 n−1 k = (n − 1)! (k − 1)! · (n − k)! (n − 1)! . = k! · ((n − 1) − k)! 46 Wir addieren die beiden Ausdrücke und erhalten: (n − 1)! (n − 1)! n−1 n−1 + + = k−1 k (k − 1)! · (n − k)! k! · ((n − 1) − k)! = = = (n − 1)! (k + (n − k)) (n − k)!k! n! k! · (n − k)! n . k Also gilt auch die zweite Aussage. D. Horstmann: Oktober 2016 47 2.2.3 Der allgemeine binomische Lehrsatz Mit Hilfe dieser neuen Begriffe und Symbole können wir eine allgemeingültige Formel für den Ausdruck n (a + b) angeben. Es gilt: Lemma 2. [Binomischer Lehrsatz] Sind a, b ∈ IR beliebig, so ist für alle n ∈ IN0 n n n−k k (a + b) = ·b . a k n (4) k=0 D. Horstmann: Oktober 2016 48 2.3 Das Prinzip der vollständigen Induktion Das Prinzip der vollständigen Induktion (klausurrelevant) ist ein sehr wichtiges Beweisprinzip bzw. Hilfsmittel in der Mathematik, um Behauptungen, die von einer festen natürlichen Zahl an oder sogar von Null an für alle natürlichen Zahlen gelten sollen, nachzuweisen. Beispiel 2. Es gilt die folgende Behauptung: Für alle x = 1 und jede natürliche Zahl n ∈ IN0 ist n 1 − xn+1 x = . 1 − x k=0 k (5) Die hier angebenene Summe nennt man auch Partialsumme der geometrischen Reihe. D. Horstmann: Oktober 2016 49 1. Induktionsanfang Wir müssen also überprüfen, ob die Behauptung für eine n ∈ IN0 gilt. Wir wählen also n0 = 0 und rechnen die Behauptung nach. n0 x k 0 = k=0 x k k=0 0 = x = 1. Andererseits ist auch 1 − xn0+1 1−x = = D. Horstmann: Oktober 2016 1−x 1−x 1. 50 2. Induktionsvoraussetzung Unsere Induktionsvoraussetzung lautet in diesem Fall: n 1 − xn+1 x = . 1 − x k=0 k 3. Induktionsbehauptung Unsere Induktionsbehauptung wird somit zu: n+1 1 − xn+2 x = . 1 − x k=0 k 4. Induktionsschritt Wir bemerken das Nachfolgende: n+1 k=0 D. Horstmann: Oktober 2016 k x =x n+1 + n k x . k=0 51 Wegen unserer Induktionsvoraussetzung wissen wir, dass die Gleichheit n+1 x k = x n+1 k=0 + n x k k=0 = x n+1 1 − xn+1 + 1−x seine Gültigkeit besitzt.Nun ist aber x D. Horstmann: Oktober 2016 n+1 1 − xn+1 + 1−x = xn+1(1 − x) 1 − xn+1 + 1−x 1−x = xn+1(1 − x) + (1 − xn+1) 1−x = xn+1 − xn+2 + 1 − xn+1 1−x = 1 − xn+2 . 1−x 52 Somit ergibt sich also: n+1 k=0 x k = 1 − xn+2 , 1−x was auch unsere Behauptung gewesen ist. Somit haben wir die Aussage für alle n ∈ IN0 nachgewiesen. Die Voraussetzung x = 1 ist nötig, da sonst der Nenner auf der rechten Seite Null wäre und somit die rechte Seite nicht definiert ist. D. Horstmann: Oktober 2016 53 Kommen wir nun zum Beweis des binomischen Lehrsatzes: 1. Induktionsanfang (Erklimmen der ersten Sprosse) Der sogenannte Induktionsbeweis beginnt mit dem Induktionsanfang bzw. der Induktionsverankerung. Da die Behauptung für alle natürlichen Zahlen inklusive der Null gelten soll, nehmen wir die kleinste der Zahlen, für die die Aussage gelten soll und rechnen die Aussage für diese Zahl nach. In unserem Fall also für n0 = 0. Für n = n0 lautet die Aussage: (a + b) n0 n0 0 n0 0 n0 −k k 0−k k a = (a + b) = ·b = ·b . a k k 0 k=0 k=0 Nun ist (a + b)0 nach den bereits wiederholten Potenzgesetzen gleich 1. Die Summe auf der rechten Seite der Gleichung geht von k = 0 bis k = 0, d.h. sie besteht nur aus dem Summanden 0 0−0 0 · b = 1 · 1 · 1 = 1. a 0 Also gilt die Aussage zumindest schon einmal für n = 0. D. Horstmann: Oktober 2016 54 2. Induktionsvoraussetzung (Stehen auf der n-ten Sprosse) Jetzt nehmen wir einfach an, dass die von uns nachzuweisende Behauptung für die Zahlen 0 bis einschließlich n gilt. Die Induktionsvoraussetzung ist also die Aussage: n n n−k k (a + b) = ·b . a k n k=0 3. Induktionsbehauptung (Die (n + 1)-Sprosse erspähen) Wir behaupten nun, dass die Aussage auch für n + 1 gilt. Somit lautet die Induktionsbehauptung: n+1 n+1 n+1 n+1−k k (a + b) = ·b . a k k=0 4. Induktionsschritt (Den Schritt von der n-ten Sprosse auf die (n + 1)-Sprosse vornehmen) Wir wollen also die Induktionsbehauptung unter Verwendung der Inuktionsvoraussetzung beweisen. Hierzu dürfen wir natürlich auch auf alle uns bekannten Rechenregeln zurückgreifen.Wir wissen, dass nach den Potenzgesetzen (a + b) D. Horstmann: Oktober 2016 n+1 = n (a + b) · (a + b) ist. 55 Für den Ausdruck (a + b)n haben wir jetzt aufgrund der Induktionsvoraussetzung eine Darstellung griffbereit.wir also: (a + b) n+1 = = n (a + b) · (a + b) n n n−k k a ·b · (a + b) k k=0 Nun multiplizieren wir die rechte Seite der Gleichung aus. Dies gibt uns die Gleichung: (a + b) n+1 = = = n (a + b) · (a + b) n n n n n−k k n−k k a a a· ·b ·b +b· k k k=0 k=0 n n n n n+1−k k n−k k+1 a a ·b ·b + k k k=0 D. Horstmann: Oktober 2016 k=0 56 Da Binomialkoeffizienten gleich Null sind, wenn k > n ist, und somit n n+1 =0 gilt, können wir die erste Summe wie folgt umschreiben. n n+1 n n n+1−k k n+1−k k a a ·b = ·b . k k k=0 k=0 Wir haben also eine sogenannte nahrhafte Null zu der Summe dazu addiert. D. Horstmann: Oktober 2016 57 Auch bei der zweiten Summe machen wir von einem kleinen mathematischen Trick Gebrauch. Statt die Summe von k = 0 laufen zu lassen, lassen wir sie erst von k = 1 laufen. Damit die Summe sich aber nicht ändert, müssen wir auch bei den Summanden etwas verändern. n n n−k k+1 ·b a k = k=0 n+1 k=1 = n+1 k=1 n k−1 n k−1 a n−(k−1) a n+1−k ·b k k ·b . Neben diesem Trick müssen wir noch eine zusätzliche Änderung vornehmen. Auch hier addieren wir zur letzten Summe eine sogenannte nahrhafte Null hinzu. D. Horstmann: Oktober 2016 58 Wir bemerken also folgendes: n+1 k=1 n k−1 a n+1−k ·b k = 0+ n+1 k=1 = = n −1 n+1 k=0 a n k−1 n+1 a 0 ·b + n+1−k n+1 k=1 n k−1 a n+1−k ·b k n k−1 a n+1−k ·b k k ·b . Das bedeutet, dass wir die Gleichung (a + b) n+1 = n+1 n+1 n n n+1−k k n+1−k k ·b + ·b a a k k−1 k=0 = k=0 n+1 n n n+1−k k a + ·b k−1 k k=0 D. Horstmann: Oktober 2016 59 = n+1 n+1 n+1−k k ·b a k k=0 gezeigt haben, was unsere Induktionsbehauptung gewesen ist. Damit haben wir die allgemeine Aussage für alle n ∈ IN0 bewiesen und sind an das Ende des Induktionsbeweises gelangt. Folgerung 1. Für alle natürlichen Zahlen n ≥ 1 gelten: n n k = 2 , (6) n n k (−1) k = 0. (7) n k=0 k=0 D. Horstmann: Oktober 2016 60