Universität Trier Fachbereich IV – Volkswirtschaftlehre Wintersemester 2007/2008 Proseminar: Aktuelle Wirtschaftspolitik im Lichte des Nobelpreises Dozentin: Dipl.-Kff. Dipl.-Volksw. Elke C. Bongartz Zum Nobelpreis an James Tobin 1981: Kapitalverkehr und Finanzmarktstabilität: Kosten und Nutzen von Kapitalverkehrskontrollen Referent: Arno Junk Matrikelnummer: 772689 E-Mail: [email protected] HF: Geographie NF: Betriebswirtschaftslehre NF: Volkswirtschaftslehre Inhaltsverzeichnis: Seite Abbildungsverzeichnis...............................................................................................................1 Tabellenverzeichnis....................................................................................................................1 1. Zur Person: James Tobin......................................................................................................2 2. Historische Entwicklungen...................................................................................................3 3. Devisenspekulation...............................................................................................................4 3.1 Preisstabilisierende Spekulation.....................................................................................4 3.2 Preisdestabilisierende Spekulation.................................................................................6 4. Die Tobin-Steuer..................................................................................................................7 4.1 Ziele................................................................................................................................7 4.2 Durchführung..................................................................................................................8 4.3 Einnahmen....................................................................................................................11 4.4 Probleme......................................................................................................................12 5. Fazit....................................................................................................................................14 Literaturverzeichnis..................................................................................................................15 Abbildungsverzeichnis: Abb.1: Stabilisierende Spekulation.............................................................................................5 Abb.2: Destabilisierende Spekulation.........................................................................................6 Tabellenverzeichnis: Tabelle 1: Einfache annualisierte Effektiv-Tobin-Steuersätze.................................................10 Tabelle 2: Einnahmen aus der Tobin-Steuer (Schätzwerte).....................................................12 1 1. Zur Person: James Tobin James Tobin (Geboren: 5. März 1918 in Champaign, Illinois, USA. Verstorben: 11. März 2002 in New Haven, Connecticut, USA) war ein US-Amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler. Nach dem Besuch der University High School in Urbana, Illinois zog es ihn an die renommierte Harvard University. Dort erwarb seinen ersten akademischen Grad, er 1939 mit dem „Bachelor of Arts“ -Titel den er mit summa cum laude abschloss. Im darauffolgenden Jahr erwarb er mit dem „Master of Arts“ -Titel seinen nächsten akademischen Grad. Das folgende Jahr arbeitete er am „Office of Price Administration“ und trat 1942 in die Kriegsmarine ein. Erst 1946 nahm er seine Arbeit in Harvard wieder auf und promovierte 1947. Bis 1950 lehrte er noch in Harvard, um anschließend nach Yale zu wechseln, wo er jahrzehntelang wirkte (vgl. YALE UNIVERSITY 2007, o.S.) Zudem war er Mitglied im Wirtschaftsberaterstab von Präsident John F. Kennedy und bekam zu seinen Lebzeiten über 20 Honorar-Titel verschiedenster Universitäten aus aller Welt überreicht. Zu seinen bedeutendsten Leistungen zählen das Tobit-Modell, die Tobin-Separation und Tobins Q, sowie seine Portfolio-Theorie, für die er 1981 auch den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Weltweite Berühmtheit erlangte er aber durch seinen Vorschlag, eine Abgabe auf Devisengeschäfte zu erheben, was in der Folgezeit als „Tobin-Steuer“ bezeichnet wurde und mehr und mehr Anhänger gewann. Diese rekrutieren sich zu einem großen Teil aus Globalisierungsgegnern, welchen Tobin aber kritisch gegenüberstand und denen er vorwarf, seinen Namen zu missbrauchen und die freien Märkte zurückdrängen zu wollen (vgl. DER SPIEGEL 2001, o.S.). 2 2. Historische Entwicklungen Da die Tobin-Steuer nicht losgelöst von ihren historischen Entwicklungsursachen analysiert werden kann, soll zunächst einmal ein kurzer geschichtlicher Überblick der Entwicklungen der Wechselkurssysteme der letzten Jahrzehnte gezeigt werden. Ausgangspunkt dieser Betrachtungen ist das Jahr 1944 mit der Unterzeichnung des Abkommens von Bretton-Woods und der Gründung von IWF und Weltbank. Es war der Versuch der Neubelebung der Idee der Goldwährung durch fixierte Wechselkurse nach Zeiten des Bilateralismus und Devisenbewirtschaftens im 2. Weltkrieg. Funktionsprinzipien dieser Goldwährung waren die Fixierung der Goldparität, eine uneingeschränkte An- und Verkaufspflicht der Zentralbank bzgl. Gold und Geld zur festgelegten Goldparität sowie die Fixierung und Einhaltung des Deckungsverhältnisses zwischen Goldvorräten und Geldmenge. Dieses System bedurfte keiner internationaler Abkommen, funktionieren konnte es jedoch nur durch die Einhaltung diverser Spielregeln. So mussten die teilnehmenden Staaten auf eine autonome Konjunkturpolitik ebenso verzichten wie auf Handelsprotektionismus. Preisflexibilität und die Schaffung eines dauerhaften Vertrauensverhältnisses auf die Einhaltung dieser Prinzipien und Gebote waren weitere Spielregeln. Wie diese strengen Regeln schon vermuten lassen, erforderten sie um erfolgreich wirken zu können die bedingungslose Unterordnung nationaler Ziele unter die der internationalen Geldwertgemeinschaft. Der Zusammenbruch dieses Systems erfolgte schließlich 1973 und kann als Folge der Inflationspolitik des „New Frontier“ in der Kennedy-Ära und der großzügigen Kreditvergaben auf Basis der strukturalistischen Zahlungsbilanztheorie in den 60er Jahren gesehen werden (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 649). Die Haupterkenntnis, die man aus dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems gewann, war, dass feste Wechselkurse stabilitätsorientierten Staaten die Anpassungslast aus Zahlungsbilanzungleichgewichten auflegen. Dies geschieht entweder durch Zwangskreditierung, Aufwertung oder Anpassungsinflation. In der sich dem Zusammenbruch anschließenden Diskussion erlangte man schließlich zu der Erkenntnis, dass flexible Wechselkurse wohl am geeignetsten seien, um Über- und Unterbewertungen von Währungen, wie im Bretton-Woods-Sytem, zu vermeiden. 3 Diese Überzeugung begründete man damit, dass die Devisenmärkte den „wahren Wert“ einer Währung wohl besser bestimmen könnten als Politiker. Spekulationen wurden dabei als preisstabilisierend angesehen und sollten positive Wohlfahrtseffekte erzeugen (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 650). 3. Devisenspekulationen Das dies ein Trugschluss war, zeigt die aktuelle Situation. Das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen an weltweiten Devisentransaktionen wird von ATTAC (association pour une taxation des transactions financières pour l'aide aux citoyens, dt. „Vereinigung für eine Besteuerung von Finanztransaktionen zum Nutzen der Bürger“), einer globalisierungskritischen Organisation, mittlerweile auf bis 1,4 Billionen US-Dollar geschätzt, wovon mindestens 80% eine Laufzeit von weniger als 7 Tagen haben, also jedweder realwirtschaftlichen Grundlage entbehren und einen rein spekulativen Charakter haben (vgl. ATTAC 2007, o.S.). Bei Devisenspekulationen handelt es sich um das Ausnutzen von Kursschwankungen auf dem Markt zur Erzielung von Gewinnen. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch die Konvertibilität von Währungen. Hierbei unterscheidet man zwischen 2 grundlegenden Formen von Devisenspekulationen. 3.1 Preisstabilisierende Spekulation Spekulationen können zu einer Stabilisierung der Märkte führen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Analysten mit Hilfe ihres Informationsvorsprunges und der geringen Transaktionskosten bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen. 4 Abb.1: Stabilisierende Spekulation Quelle: WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 651 In Periode t0 erfolgt bei gegebener Angebotskurve ein spekulativer Ankauf durch Analysten aufgrund eines Informationsvorsprungs hinsichtlich einer Verschiebung der Nachfragefunktion von N0 auf NA1 und damit verbunden einer Preissteigerung von p0 nach p1 . Unter Ausnutzung ihres Informationsvorsprungs erfolgt der Kauf bereits in Periode t0 , so dass durch die Spekulation eine Nachfrageverschiebung nach NS0 und eine Preissteigerung nach pS0 erfolgt. In t1 findet der Verkauf der spekulativ erworbenen Menge unter Erzielung eines Spekulationsgewinnes statt. Aufgrund der zusätzlich dem Markt zugeführten Menge des Gutes und einer damit verbundenen Verschiebung der Angebotsfunktion sinkt der Preis von p1 auf pS1 . Damit zeigt sich, dass die Preisdifferenz zwischen den Perioden t0 und t1 ohne Spekulation größer ist als unter Zulassung der Spekulation (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 650). 5 3.2 Preisdestabilisierende Spekulation Die destabilisierende Spekulation ist es vielmehr, die eine solche Devisentransaktionssteuer treffen soll, da sie von deren Befürwortern als Ursache für Wachstums-, Beschäftigungs- und Wohlfahrtsverluste angesehen wird. Begründet wird dies damit, dass sich die hohe internationale Mobilität des kurzfristigen Kapitals aus der Dynamik spekulativer Erwartungen an den Devisen- und Kapitalmärkten ergebe und erhebliche Funktions-, Allokations- und Souveränitätsdefizite aufweise. Abb.2: Destabilisierende Spekulation Quelle: WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 651 6 Die Ausgangssituation beim Auftreten einer destabilisierenden Spekulation ist mit der stabilisierend wirkenden identisch. Auch hier erfolgt ein spekulativer Ankauf einer Ware durch Analysten, die eine Nachfrageverschiebung in der Folgeperiode auf das Niveau NA1 erwarten. Die Nachfrage erhöht sich durch den Ankauf auf NS0 und der Preis steigt von P0 auf PS0 . In der Folgeperiode t1 zeigt sich jedoch, dass die Nachfragefunktion lediglich auf das Niveau N1 steigt. Der erwartungsbedingte, teils schockartige Verkauf durch die Spekulanten in t1 führt zu einem starken Preisverfall (pS1 ). Demzufolge wären die Preisschwankungen ohne Spekulation wesentlich geringer. Daher soll es ein Ziel der Transaktionssteuer sein, eben diese destabilisierenden Spekulationen zu verhindern, um so kurzfristige Krisen, die allein durch marktbedingte Vertrauensverluste und nicht durch eigenes wirtschaftliches Versagen entstanden, zu verhindern (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 651). 4. Die Tobin-Steuer Kapital ist derzeit international erheblich mobiler als noch vor einigen Jahren. Zu diesem Trend dürfte die zunehmende Liberalisierung der Kapitalmärkte in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich beigetragen haben (vgl. BUCH 2001, S. 5). Um eben diesen Trend zu stoppen, bzw. abzubremsen, wird bereits seit Jahren die Einführung einer Steuer auf Devisentransaktionen diskutiert. Der Vorschlag, eine solche Abgabe zu erheben, stammt von dem amerikanischen Ökonomen James Tobin, der diesen 1972 erstmals in einer Vorlesung öffentlich äußerte, bevor er ihn 1978 gedanklich weiterentwickelte (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 1). 4.1 Ziele Tobins primäres Ziel war es, die seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems 1973 zunehmende Volatilität Devisenspekulationen zu nominaler reduzieren. und Die realer Wechselkurse Steuer soll durch grundsätzlich Eindämmung alle mit der einem Währungstausch verbundenen Transaktionen betreffen, denn seine Intention war es, durch eine einheitlich erhobene Transaktionssteuer „Sand in die Räder der internationalen 7 Geldmärkte zu streuen“ (vgl. BUCH 2001, S. 4), oder anders ausgedrückt: Die Steuer soll einen negativen Effekt auf die Profitabilität spekulativer Investitionen entfalten. Primäres Ziel einer solchen Steuer soll also die Unterbindung der kurzfristigen Devisenspekulationen und somit eine Verminderung der Kapitalmobilität sein. Auch der bessere Schutz der Wirtschaft eines Landes vor Erschütterungen von außen ist eines der Ziele einer Transaktionssteuer. Denn durch die fortschreitende Liberalisierung des Kapitalverkehrs besteht das Risiko, dass auch Länder mit einer soliden Wirtschaftspolitik unverschuldet in eine Währungskrise geraten können. Außerdem würde mit der Steuer ein „fiskalischer Puffer“ zwischen die Volkswirtschaften gestellt. Ein Land, dessen Wechselkurs unter Druck geraten ist, müsste die Zinssätze im kurzfristigen Bereich nicht so stark erhöhen, um eine bestimmte Parität zu schützen, als dies sonst der Fall wäre. Dadurch könnte man nachteilige Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung verringern (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 1). Ein wohl sehr erwünschter Nebeneffekt einer solchen wirtschaftspolitischen Maßnahme wären enorme Steuereinnahmen, die man entweder unter den einzelnen Ländern aufteilen, oder aber direkt an internationale Organisationen weiterreichen könnte. Diese Ziele könnten aber nur durch eine relative Abschottung der nationalen Kapitalmärkte erreicht werden, was die eigentliche Grundidee der Tobin-Steuer ist (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 651). 4.2 Durchführung Angestrebt wird eine gleichmäßige internationale Steuer, um mögliche Verzerrungseffekte auszuschließen. Ein wesentliches Merkmal dieser Steuer ist, dass der Steuersatz invariant im Hinblick auf das internationale Zinsgefüge und die Maturität der an den globalen Finanzmärkten gehandelten Anlageformen sein soll (vgl. BUCH 2001, S. 18). Dadurch wären besonders kurzfristige Kapitalströme (Daytrading etc.) stark betroffen, da für derartige Investitionen der Steuersatz pro Zeiteinheit höher wäre als für längerfristige (realwirtschaftliche) Anlagen. 8 Sie würde die kurzfristig angelegten Kapitaltransfers also relativ (im Vergleich zu langfristigen Anlagen) und auch absolut (gesteigerte Transaktionskosten) verteuern (vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG 1999, o.S.). Ein Beispiel: Angenommen, ein Anleger rechnet mit einem Anstieg des Dollarkurses gegenüber dem Euro. Er schließt einen Vertrag zum Verkauf von 1 Million Euro für eine Woche ab und erhält dafür 1,1 Millionen US-Dollar. Nun steigt der Dollar tatsächlich binnen Wochenfrist auf den Wert des Euro und er verkauft seine 1,1 Millionen US-Dollar für 1,1 Millionen Euro. Somit hat er binnen einer Woche 100000 Euro (10%) an Spekulationsgewinnen erzielt. Auf diesen Gewinn wären sicherlich auch „normale“ Steuern zu zahlen, jedoch können diese alleine die Spekulation nicht unterbinden. Die Tobin-Steuer wird aber auf die jeweiligen Bruttobeträge erhoben. So wären bei einem Steuersatz von 0,5% beim Kauf des Dollarbetrages 5000 Euro zu zahlen, und beim Wiederverkauf wären noch einmal 5500 Dollar fällig, was ja dann 5500 Euro entspricht. So müsste der Spekulant insgesamt 10500 Euro an Steuern zahlen, also 10,5% seines Gewinnes. Dies hätte bei erfolgreicher Spekulation nach wie vor kaum eine abschreckende Wirkung bei Spekulanten (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 13). Aber angenommen, die Wechselkursbewegung hätte nicht stattgefunden. Auch für diesen Fall hätte er die Tobin-Steuer zweimal entrichten müssen. Einmal beim Tausch und wiederum beim Rücktausch. Dies entspräche einer Abgabe von 1% seines Kapitals und würde den Spekulanten auch treffen, selbst wenn er keine normalen Steuern hätte zahlen müssen (da er ja keinen Gewinn erwirtschaftet hat). Des weiteren wäre die Tobin-Steuer selbst für den Fall eines Spekulationsverlustes zu entrichten. Aus diesem Beispiel ergibt sich, dass die Tobin-Steuer nicht notwendigerweise alle Spekulationen unrentabel macht, aber das damit verbundene Risiko erhöht und Fehlspekulationen härter bestraft. Auch müssten sich die Paritäten stärker verändern, damit ein Geschäft überhaupt lohnenswert ist. Aber wie bereits erwähnt, würde die Tobin-Steuer die Spekulation nicht komplett unterbinden, lediglich solche, bei denen nur geringe Paritätsänderungen erwartet werden. Sinkt die Parität der Zielwährung bei einem Steuersatz von 1% aber lediglich um mehr als 2% ab, so würde der Spekulant immer noch einen Gewinn erzielen, womit aus der Sicht des Händlers der annualisierte Steuersatz irrelevant wäre (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 23). 9 Tabelle 1: Einfache annualisierte Effektiv-Tobin-Steuersätze Quelle: PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 15 Ein weiteres wichtiges Merkmal der Steuer ist, dass sich der annualisierte Effektivsteuersatz auf den Kapitalbetrag umgekehrt proportional zum Transaktionszeitraum erhöht. Auf eine Transaktion, die den Kauf und Verkauf von Devisen in einem Zeitraum von einem Jahr einschließt, würde eine Steuer von insgesamt 1% (0,5% x 2) erhoben, bei einer einmonatigen Transaktion 12%, bei einer einwöchigen Transaktion 52% und bei einer eintägigen Transaktion 240% (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 15). Eine weitere Berechnungsmöglichkeit besteht darin, von einem bestimmten Anfangsbestand (100 Euro) auszugehen, der ein Jahr lang für einmonatige, einwöchige und eintägige Transaktionen verwendet wird, wobei sich der Betrag bei jedem Umtausch um den festgelegten Steuersatz verringert. Bei einmonatigen Transaktionen würden dem Spekulanten, der in diesem Fall weder Gewinne noch Verluste erwirtschaftet, am Ende des Jahres 78,5 Euro bleiben, was einem annualisierten Steuersatz von 21,5% entspricht. Bei einwöchigen Transaktionen blieben dem Spekulanten noch etwas mehr als 35 Euro (annualisierter Steuersatz von 65%), bei eintägigen Spekulationen 6,5 Cent, was einem annualisierten Steuersatz von 99,4% entspricht (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 14). Eine technische Realisierbarkeit der Tobinsteuer wird in der internationalen Diskussion heute kaum noch bestritten (vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG 1999, o.S.). 10 Die Verwaltung der Steuer würde in die Hände einer internationalen Organisation gelegt werden, wie beispielsweise dem Internationalen Währungsfonds (IWF), oder der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die dann den Steuersatz festlegen, die Erhebung überwachen und die Verteilung der Steuereinnahmen an die teilnehmenden Staaten regeln würde. 4.3 Einnahmen Tobin selbst schlug ursprünglich Steuersätze zwischen 0,1% und 0,5% auf den Umtausch von einer Währung in eine andere vor. Später sprach er von 1% und sein jüngster Vorschlag lautete 0,2%. Dieser Satz wäre zu gering, um langfristige Investitionen derart zu beeinträchtigen, dass ein potentieller Investor davon Abstand nehmen würde. Bei kurzfristigen Transaktionen, bei denen der Ankauf und Verkauf von Devisen innerhalb eines Tages, einer Woche oder eines Monats erfolgt, würde diese Abgabe jedoch enorme Mehrkosten verursachen und der Steuerbehörde eine beträchtliche Summe Geld bescheren. Wie hoch die Einnahmen wären, die durch eine Tobin-Steuer erzielt werden könnten, hängt von mehreren Variablen ab. Zum einen vom Umfang, indem die angestrebte Verringerung der destabilisierenden Spekulation erreicht wird (was wiederum von einer anderen Variablen, dem Steuersatz, abhängig wäre), vom Umfang, in dem bestimmte Transaktionen freigestellt werden und vom Umfang der Abwanderung zu Finanzplätzen, die sich nicht an die Regelung halten sowie zu nicht steuerpflichtigen Transaktionen (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 19). 11 Tabelle 2: Einnahmen aus der Tobin-Steuer (Schätzwerte) Quelle: PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 19 Diese auf das Jahr 1995 zurückgehende Schätzung von David Felix geht davon aus, dass sich die Summe der weltweiten Devisengeschäfte auf etwa 1 Billion US-Dollar täglich beläuft (mittlerweile spricht man von 1,5 Billionen). Er nahm an, dass 20% der Transaktionen von der Steuer befreit würden und weitere 20% die Steuer umgehen. Des weiteren ginge seiner Schätzung zufolge das Umsatzvolumen infolge der Steuererhebung um 50% zurück, der tatsächliche Rückgang würde aber in Abhängigkeit vom Steuersatz stehen. 4.4 Probleme Die Probleme, die eine solche Steuererhebung mit sich bringen würde, sind indes vielfältig. So erfordert sie einen enormen internationalen Koordinierungsbedarf während der Einführung und Praktizierung. Internationale Abkommen wären notwendig, wobei auch alle Finanzmärkte zustimmen müssten, um eine mögliche Verlagerung der Devisengeschäfte in sich dann bildende Steueroasen zu verhindern. Aber auch diese internationalen Abkommen bergen Probleme in sich, denn die teilnehmenden Staaten müssten sich auch an diese halten. Es müsste eine Vertrauensbasis geschaffen werden, was eine strikte Aufsicht und Kontrolle seitens der erhebenden Behörde erfordert. Andernfalls würde die Bildung eines Devisenschwarzmarktes drohen. 12 Auch muss Klarheit über die Aufteilung und Verwendung der Steuereinnahmen erzielt werden, da einige Staaten ein wesentlich höheres Aufkommen erreichen werden als andere (vgl. WEHRHEIM/ SCHMITZ 2003, S. 652). Eine bereits erwähnte Lösung für dieses Problem wäre die komplette Verteilung der Einnahmen an internationale Organisationen. Doch dies würde nur neue Probleme mit sich bringen. Zum einen ist wohl kaum davon auszugehen, dass die Länder mit einem potentiell hohen Steueraufkommen bereit wären, soviel Geld für Entwicklungshilfe oder ähnliche Zwecke abzustellen, zum anderen sähen sich die internationalen Organisationen, die plötzlich mit solch gewaltigen Beträgen betraut würden, vor enormen Schwierigkeiten was die Finanzkontrolle angeht, vor allem hinsichtlich einer möglichen Betrugsgefahr (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. v). Aber selbst schon die Erhebung von Steuern auf einen Tagesumsatz von 1,5 Billionen USDollar stellt eine enorme verwaltungstechnische Aufgabe dar, die wohl so kaum zu meistern ist., selbst wenn sich der Gesamtbetrag in Folge der Steuererhebung reduzieren würde. Ein weiteres Problem ist, dass durch eine Tobin-Steuer alle kurzfristigen Transaktionen besteuert würden, auch solche, die einen nicht-spekulativen Hintergrund haben, wie z.B. Absicherungsgeschäfte oder Arbitrage, die zwar keinen realwirtschaftlichen Hintergrund hat, aber trotzdem einen großen Beitrag zum Ausgleich von Preisschwankungen leistet und wohl eher zu einer Verringerung als zu einer Verstärkung der Wechselkursvolatilität führt. Folglich müsste eine eindeutige Trennung zwischen spekulativen und nicht-spekulativen Geschäften vorgenommen werden. Dies zeigt jedoch das Dilemma auf, dass eine solch eindeutige Unterscheidung z.B. zwischen stabilisierender Arbitrage und destabilisierender Spekulation einfach nicht möglich ist. Einerseits kann eine Transaktion, die auf den ersten Blick spekulativ erscheinen mag, für die Stabilität und Effizienz der Finanzmärkte durchaus von Bedeutung sein (z.B. Sicherungsgeschäfte von Händlern, Transaktionen von Marktmachern). Andererseits kann eine Transaktion, die auf den ersten Blick stabilisierender Art zu sein scheint, rein spekulativer Natur sein, da sich nicht nur Finanzinstitute sondern auch Unternehmen kurzfristige Währungsspekulationen zunutze machen, um höhere Gewinne zu erzielen. So gelangt man dann zu der Frage, ob man den Geltungsbereich der Abgabe dermaßen einschränken sollte, dass sie nur in geringem Maße zur Verhinderung der Wechselkursvolatilitäten beitragen könnte, oder sollte man den Geltungsbereich der Abgabe 13 so weit ausdehnen, dass quasi die Spekulation beseitigt und zugleich auch der legitime Handel unterbunden werden würde (vgl. PATTERSON/ GALLIANO 1998, S. 5,6). Zudem wäre die Steuer, sofern sie nur auf Devisentransaktionen beschränkt würde, leicht zu umgehen. Findige Spekulanten könnten ihr einfach durch die Verlagerung ihrer Geschäfte auf die Märkte für Finanzderivate, wie Futures, Optionen und Swapgeschäfte entgehen. 5. Fazit Die wohl entscheidende Frage bei der Bewertung einer Devisentransaktionssteuer ist, inwieweit sie überwacht werden kann, oder anders ausgedrückt: Wie einfach ist es, sie zu umgehen? Um dies auszuschließen, müsste die Steuer auf allen Finanzmärkten erhoben werden und sämtlichen Ausweichmöglichkeiten, wie der Verlagerung des spekulativen Handels weg von den Bargeldmärkten hin zu den Derivate-Märkten durch Ausweitung der Steuer auch auf diese Märkte entgegnet werden. Die Devisentransaktionssteuer hätte dank der niedrigen Steuersätze zwar nur geringfügige Auswirkungen auf langfristige Kapitalanlagen. Bei kurzfristigen Anlagen würde sie jedoch enorme Zusatzkosten verursachen, so dass Spekulationen zunehmend unprofitabler würden und sich viele kurzfristige Anlagen gar nicht mehr rechnen würden. Jedoch muss bei destabilisierenden diesen kurzfristigen Spekulationen und Anlagen eine deutliche Trennung zwischen nicht-spekulativen Hedgegeschäften stattfinden, die auch für die Entwicklung des internationalen Handels von Bedeutung sind. Die letztendliche Durchführbarkeit einer solchen Steuer hängt jedoch nicht hauptsächlich von technischen oder wirtschaftlichen Faktoren ab, sondern vielmehr politisch motivierte Probleme (Kontrolle, Aufteilung der Gelder) sind es, die Zweifel daran laut werden lassen, ob sie wohl jemals realisiert werden kann. 14 Literaturverzeichnis: BUCH, C. (2001): Globalisierung der Finanzmärkte: Freier Kapitalverkehr oder TobinSteuer?, Kieler Diskussionsbeiträge Nr. 381. Kiel. PATTERSON, B./ GALLIANO, M. (1998): Die Durchführbarkeit einer internationalen “Tobin-Steuer”. Luxemburg. WEHRHEIM, M./ SCHMITZ, T. (2003): Devisentransaktionssteuer – Historische Entwicklung und kritische Würdigung – In: Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt) Jg. 32(11), S. 649-653. Internetquellen: DEUTSCHER BUNDESTAG (1999): Schlussbericht der Enquete-Kommission: „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_end/2_4_1_2.html (30.12.2007) YALE UNIVERSITY (2007): Curriculum Vitae – James Tobin http://cowles.econ.yale.edu/faculty/vita/cv_tobin.pdf (30.12.2007) ATTAC (2007): Kampagne zur Tobin-Steuer http://www.attac.de/tobin/index.php (30.12.2007) DER SPIEGEL (2001): Vorabmeldung zu SPIEGEL 36/ 2001 http://www.spiegelgruppe.de/spiegelgruppe/home.nsf/pmweb/30D46CA8CE6B4F5CC1256F 950047F2CF (30.12.2007) 15