Ferienkurs Quantenmechanik Struktur der Quantenmechanik 23.02.10 Richard Steinacher und Mathias Kammerlocher Inhaltsverzeichnis 1 Struktur der Quantenmechanik 1.1 Hilbertraum . . . . . . . . . . . . 1.2 Skalarprodukt . . . . . . . . . . . 1.3 Operatoren . . . . . . . . . . . . 1.4 Spektralzerlegung . . . . . . . . . 1.4.1 Projektionsoperator . . . . 1.4.2 Zustände . . . . . . . . . . 1.4.3 Operatoren . . . . . . . . 1.4.4 Kontinuierliches Spektrum 1.5 Kommutator . . . . . . . . . . . . 1.6 Bilder der Quantenmechanik . . . 1.6.1 Schrödingerbild . . . . . . 1.6.2 Heisenbergbild . . . . . . 1.7 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 2 3 4 4 4 4 5 5 7 7 7 8 2 Harmonischer Oszillator 2.1 Algebraische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Zusammenfassung der wichtigen Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 8 9 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK 1 Struktur der Quantenmechanik 1.1 Hilbertraum Wie wir gesehen haben beschreiben die Wellenfunktionen quantenmechanische Zustände. Nun wollen wir diese Zustände mit abstrakten Ket-Vektoren |·i darstellen. Diese Vektoren sind aus dem Hilbertraum H, welcher ein vollständiger, linearer Vektorraum der quadratinR tegrablen Funktionen mit Skalarprodukt ist (siehe Normierbarkeit |ψ|2 dx, math. genauer L2 (R3 )). Auf H sind folgende Verknüpfungen definiert: → Mit |vi ∈ H und λ ∈ C ist auch λ |vi ∈ C → Aus |vi, |ui ∈ H folgt |vi + |ui ∈ H Der zu H duale Raum beinhaltet die sogenannten Bra-Vektoren, welche durch Konjugation erhalten werden: |vi = X λi |ii ↔ hv| = i 1.2 X hi| λ∗i i Skalarprodukt Das Skalarprodukt zwischen zwei Zuständen |ψ1 i und |ψ2 i ist definiert durch: Z hψ1 | ψ2 i = d3 x ψ1∗ (~x)ψ2 (~x) ∈C Dieses Skalarprodukt hat die bekannten Eigenschaften: → hφ| ψ1 + ψ2 i = hφ| ψ1 i + hφ| ψ2 i → hφ| cψi = c hφ| ψi → hφ| ψi = hψ| φi∗ → hψ| ψi ≥ 0 , (⇒ hcφ| ψi = c∗ hφ| ψi) hψ| ψi = 0 ⇔ hψ| = 0 Aus diesen Eigenschaften folgt auch die Schwarzsche Ungleichung hφ| ψi2 ≤ hφ| φi hψ| ψi 2 (1) 1.3 Operatoren 1.3 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK Operatoren Der Erwartungswert einer Observablen A ist über dessen Operator  bestimmbar, und gegeben durch: Z hAi = dx ψ ∗ Âψ = hψ| Âψ (2) Da der Erwartungswert eine messbare Größe ist, muss er (folglich auch die Eigenwerte des ! Operators Â) reell sein, also hAi = hAi∗ : ! hψ|  ψi = Âψ ψ = † ψ|ψ {z } | Def.adjungierterOperator ⇒  = † Alle beobachtbaren Größen müssen also hermitesche Operatoren besitzen. Allgemein können wir nun viele Probleme der Quantenmechanik durch Eigenwertprobleme darstellen: herm.Konjugation Âψα = aα ψα ⇐⇒ ψα † = ψα a∗α Der zu  gehörige Eigenvektor ψα gibt also den Eigenwert aα aus. Bemerkung: Die Eigenzustände (nicht entartete Eigenwerte) zu einem hermiteschen Operator sind orthogonal zueinander. ψα Âψβ = ψα Âψβ = aβ ψα ψβ = ψα  ψβ = aα ψα ψβ ⇒ ψα ψβ = 0 3 für aα 6= aβ (3) 1.4 Spektralzerlegung 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK 1.4 Spektralzerlegung 1.4.1 Projektionsoperator Ein Satz von Eigenvektoren {|ni} mit nm = δnm lässt sich als eine Basis in H benutzen. Mit dem Projektionsoperator P̂n = n n (4) lässt sich ein Zustand ψ auf den Eigenzustand n projezieren. Die Summe über alle Projektionsoperatoren (Dekomposition der Identität) ist dann X X n n = 1 P̂n = (5) n 1.4.2 n Zustände Mit den Projektionsoperatoren lässt sich nun ein beliebiger Zustand zerlegen: X X n n ψ = ψ = cn n | n {z =1 , mit cn = nψ (6) n } Bemerkungen: → Wahrscheinlichkeit, dass ψ in Eigenzustand von n ist dann: |cn |2 P → ψ ψ = n |cn |2 = 1 1.4.3 Operatoren Analog dazu lassen sich Operatoren darstellen.  = X an n n n Daraus ergibt sich schließlich: X X Âψ = am m mn cn = c n an n | {z } m,n n =δmn 4 (7) 1.5 Kommutator 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK ⇒ X X ∗ |cn |2 an ψ Âψ = cm cn an mn = n m,n Bei Messungen der Observable  wird der Eigenwert an mit der Wahrscheinlichkeit |cn |2 gefunden. (Max Born, 1926) 1.4.4 Kontinuierliches Spektrum Die bisherige Zerlegung gilt nur für Operatoren die ein diskretes Spektrum verfügen (i.A. gebundene Zustände). Das ganze lässt sich auch für diskrete Spektren von uneigentlichen Zuständen durchführen. Betrachtung x̂ mit den uneigentlichen nun mit dem Ortsoperator (nicht normierbaren) Zuständen x . Es gelte x̂ x = x x . Dann folgt ψ = Z dx x x ψ | {z } (8) W F in Ortsdarst. Wobei für die Orthogonalität gilt: x0 x = δ(x0 − x) 1.5 Kommutator Zwei Operatoren vertauschen nicht automatisch miteinander, d.h. ÂB̂ 6= B̂ Â. Um diese Eigenschaft anzugeben, definiert man den sogenannten Kommutator: h i Â, B̂ = ÂB̂ − B̂  Der Kommutator erfüllt folgende Eigenschaften: h i h i 1. Antisymmetrie Â, B̂ = − B̂,  h i h i h i 2. Linearität λ + B̂, Ĉ = λ Â, Ĉ + B̂, Ĉ ii h h ii ii h h h h 3. Jacobi-Identität Â, B̂, Ĉ + B̂, Ĉ,  + Ĉ, Â, B̂ = 0 h i h i h i 4. Produktregel Â, B̂ Ĉ = B̂ Â, Ĉ + Â, B̂ Ĉ 5 (9) 1.5 Kommutator 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK Bemerkung: Kommutatoren aus Operatoren sind wiederum Operatoren. h i D.h. bei Rechnungen sollten sie immer auf Testfunktionen angewendet werden: Â, B̂ ψ = ... Konsequenzen: (i) Vertauschen  und B̂, dann folgt zu Âψ = aψ , dass auch B̂ ψ ein Eigenvektor zu  mit dem Eigenwert a ist:  B̂ ψ = B̂ Âψ = B̂aψ = a B̂ ψ (ii) Kommutieren zwei Operatoren, so besitzen sie eine gemeinsame Basis aus Eigenzuständen. Physikalisch bedeutet h i dies, dass dann beide Größen gleichzeitig scharf gemessen werden können. ( Â, B̂ 6= 0 legt untere Grenze der Unschärfe fest, siehe Übung) h i (iii) Â, Ĥ = 0 ⇔  ist eine Erhaltungsgröße Beispiel: Die fundamentale Vertauschungsrelation zwischen einer Funktion f (x) und dem Impulsoperator p̂x . [p̂x , f (x)] ψ = ~ ~ [∂x , f (x)] ψ = (∂x f (x)ψ − f (x)∂x ψ) i i ! ~ ~ = ψ∂x f (x) + f (x)∂ f (x)∂ ∂x f (x) ψ x ψ − x ψ = i i ⇒ [p̂x , f (x)] = ~ ∂x f (x) i Daraus folgt auch der wichtige Kommutator: [xi , p̂j ] = i~δij Weitere sind: → [xi , xj ] = 0 → [pi , pj ] = 0 (wg. Satz von Schwarz) 6 (10) 1.6 Bilder der Quantenmechanik 1.6 1.6.1 1 STRUKTUR DER QUANTENMECHANIK Bilder der Quantenmechanik Schrödingerbild Bis jetzt haben wir uns im Schrödingerbild aufgehalten, welches charakterisiert ist durch die Zeitabhängigkeit der Zustände |ψ(x, t)i. Die Operatoren sind im Allgemeinen zeitunabhänging. Die Dynamik des Systems ist gegeben durch die Schrödingergleichung: i~ ∂ |ψ(x, t)i = Ĥ |ψ(x, t)i ∂t (11) Wir haben festgestellt, dass sich die Zeitabhängigkeit der Zustände durch den unitären Zeitentwicklungsoperator Û (t, t0 ) beschreiben lässt (∂t Ĥ = 0): i |ψ(t)i = Û (t, t0 ) |ψ(t0 )i = exp − Ĥ(t − t0 ) |ψ(t0 )i ~ 1.6.2 Heisenbergbild Im Heisenbergbild wird nun die Zeitabhängigkeit der Zustände auf die Operatoren übergeben. Hierzu betrachten wir einen nicht explizit zeitabhängigen Operator ÂS aus dem Schrödingerbild (setze oBdA t0 = 0): ψ(t)ÂS ψ(t) = ψ(0)Û † (t) ÂS Û (t)ψ(0) = ψ(0)ÂH (t)ψ(0) ÂH (t) = Û † (t) ÂS Û (t) (12) Die zeitabhängigen Operatoren werden also über eine Ähnlichkeitstransformation gewonnen. Diese erhält die Eigenwerte der Operatoren. Die zeitliche Entwicklung wird durch die Heisenberg-Bewegungsgleichung beschrieben: i ∂ Â(t) ih dÂ(t) = Â(t), Ĥ + dt ~ ∂t 7 (13) 1.7 Unschärferelation 1.7 2 HARMONISCHER OSZILLATOR Unschärferelation Die Unschärferelation gibt an ob zwei (hermitesche) Operatoren Â, B̂ gleichzeitig und beliebig genau gemessen werden können. iE 1 Dh ∆A ∆B ≥ Â, B̂ 2 D E D E 12 2 . Wobei die Varianz ∆A gegeben ist durch ∆A = Â2 −  2 (14) Harmonischer Oszillator Der harmonische Oszillator ist in der Quantentheorie von großer Wichtigkeit. Er tritt in vielen Anwendungen auf und stellt außerdem eine gute Illustrattion für die allgemeinen Prinzipien und den Formalismus der Quantenmechanik dar. In der klassischen Mechanik ist ein harmonischer Oszillator ein Teilchen, das einer anziehenden, zum Abstand von einem festen Punkt proportionalen Kraft unterworfen ist. 1 1 ~ (~x) F (x) = −kx F~ (x) = −∇V ⇒ V (x) = kx2 = mw2 x2 2 2 q k Wobei für w die Eigenfrequenz des harmonischen Oszillators w = m eingesetzt wurde. Damit lässt sich der Hamiltonoperator des System aufschreiben. 1 p2 + mw2 x2 2m 2 Die Aufgabe reduziert sich also wieder auf die Lösunge des Eigenwert Problems in der zeitunabhängigen Schrödinger Gleichung. H= ~ d2 Ψ(x) 1 − + mw2 x2 = EΨ 2 2m dx 2 Die analytische Lösung dieses Problems mit der Randbedingung, dass die Wellenfunktion normierbar ist, führt auf die Lösung: r mw 14 1 mw mw √ Ψn (x) = Hn x exp x2 π~ ~ 2~ 2n n! Wobei Hn (z) die Hermitepolynome darstellen. Diese Polynome lösen folgende Differentialgleichung: 2 d d d 2 2 − 2z + 2n Hn (z) = 0 ⇒ Hn (z) = (−1)n ez ( )n e−z 2 dz dz dz Diese expliziten Lösungen interessieren uns aber nicht weiter. Interessant sind vor allem die Energieeigenwerte, die wir im folgenden Abschnitt algebraische herleiten werden. 8 2.1 Algebraische Lösung 2.1 2 HARMONISCHER OSZILLATOR Algebraische Lösung Die algebraische Lösung des Problems ist wesentlich eleganter und sollte im Gegensatz zu den Hermitpolynomen auf jedenfall verinnerlicht werden. Zunächst schreiben wir den Hamiltonoperator in der Form: 1 2 (p + (mwx)2 ) H= 2m Die Grundidee ist es diesen Hamiltonoperator zu faktorisieren. Dazu definieren wir Aufund Absteigeoperatoren: 1 1 (mwx̂ + ip̂) â+ = √ (mwx̂ − ip̂) â = √ 2m~w 2m~w Es ist zu beachten, dass es sich dabei um Operatoren handelt. Wenn man also das Produkt bildet muss auf die Vertauschungsrelationen geachtet werden. 1 (−i[x, p] + i[p, x]) = 1 [x, p] = i~ ⇒ [a, a+ ] = 2~ 1 1 i + + 2 2 a a= p + (mwx) + [x, p] ⇒ H = ~w a a + 2~mw 2~ 2 An dieser Stelle kommt die entscheidende Aussage. Wenn | ni Eigenfunktion von H zum Eigenwert En ist gilt: (i) a+ | ni ist EF zum EW En + ~w (ii) a | ni ist EF zum EW En − ~w Der Beweis hierfür kommt häufiger vor und sollte daher gut verstanden werden. 1 1 1 Ha+ | ni = ~w(a+ a+ )a+ | ni = ~wa+ (aa+ + ) | ni = ~wa+ (a+ a+1+ ) | ni = a+ (H+~w) | ni 2 2 2 + + Ha | ni = (En + ~w)a | ni Dies bedeutet also, dass man aus einer bekannten Lösung | ni durch anwenden der Aufund Absteigeoperatoren beliebig viele neue Lösungen konstruieren kann, deren Eigenwerte ebenfalls bekannt sind. Wir müssen nun also nur noch eine dieser Lösungen bestimmen und nutzen dazu aus, dass die Energie nicht negativ werden kann. Es muss also einen Grundzustand geben für den gilt: d a | 0i = 0 ⇔ (mwx + ~ )Ψ(x) = 0 dx Zusammen mit der Normierungsbedinung folgt daher : mw 41 mw 2 exp(− ⇒ Ψ0 (x) = x) π~ 2~ 1 1 1 H | 0i = ~w(a+ a + ) | 0i = ~w | 0i ⇒ E0 = ~w 2 2 2 Somit sind also auch alle anderen Energieeigenwerte des Problems bekannt: En = ~w(n + 1 ) 2 9 2.2 Zusammenfassung der wichtigen Eigenschaften2 HARMONISCHER OSZILLATOR 2.2 Zusammenfassung der wichtigen Eigenschaften (i) â = (ii) x = √ 1 (mwx̂ 2m~w q ~ (a 2mw + ip̂) + +a ) (iii) H = ~w a+ a + 12 p= q ~mw a−a+ 2 i ⇒ En = ~w(n + 12 ), n = 0, 1, 2, ... (iv) Ha+ | ni = (En + ~w)a+ | ni Ha | ni = (En − ~w)a | ni (v) [a, a+ ] = 1 √ (vi) a+ | n − 1i = n | ni √ (vii) (a+ )n | 0i = n! | ni a | ni = √ n | n − 1i a+ a | ni = n | ni aa+ | ni = (n + 1) | ni Literatur: Basdevant, Dalibard; Quantum Mechanics; Springer Griffiths; Introduction to Quantum Mechanics; Pearson Vorlesungsskript Zwerger; SoSe 2009 Wachter, Hoeber; Repetitorium Theoretische Physik; Springer 10