TU München, Zentrum Mathematik Lehrstuhl für Mathematische Physik WS 2012/2013 Prof. Dr. Silke Rolles Dipl.-Math. Christian Döbler Blatt 1 Fallstudien der mathematischen Modellbildung [MA2902] Ausgabe: 15. Oktober 2012 Die Aufgaben werden in den Übungen in der Woche vom 15. bis zum 19.10.2012 besprochen. Für eine N0 -wertige Zufallsvariable X definiert Funktion P man die erzeugende k gX : [−1, 1] → R durch gX (t) := E[tX ] = ∞ P (X = k)t . Diese Reihe konverk=0 giert nach dem Majorantenkriterium absolut auf [−1, 1]. Insbesondere ist gX auf (n) (−1, 1) analytisch und es gilt gX (0) = n!P (X = n) für alle n ∈ N0 . Somit ist die Verteilung von X durch die erzeugende Funktion gX charakterisiert. Aufgabe 1. (a) Seien X, Y unabhängige N0 -wertige Zufallsvariablen. Zeigen Sie, dass dann für Z := X + Y gilt, dass gZ = gX · gY ist. (b) Beweisen Sie Lemma 1.6 aus der Vorlesung: Sind λ, µ ∈ [0, ∞] und X ∼ P oisson(λ), Y ∼ P oisson(µ) unabhängige Zufallsvariablen, so hat Z := X + Y die Verteilung P oisson(λ + µ). Hinweis zu (b): Betrachten Sie erst die Fälle, dass mindestens einer der Paramter in der Menge {0, ∞} liegt. Der Fall λ, µ ∈ (0, ∞) kann sowohl direkt als auch unter Verwendung erzeugender Funktionen behandelt werden. Aufgabe 2. Seien N, X1 , X2 , . . . unabhängige N0 -wertige Zufallsvariablen, wobei die Xj identisch verteilt seien. Seien g bzw. h die erzeugenden Funktionen von X1 P bzw. von N . Weisen Sie für die „zufällige Summe“ SN := N j=1 Xj die folgenden Eigenschaften nach: (a) Die erzeugende Funktion von SN ist gegeben durch h ◦ g. (b) Falls N ∼ P oisson(λ) für ein λ ∈ (0, ∞), so heißt die Verteilung von SN eine compound Poisson Verteilung. Bestimmen Sie die allgemeine Gestalt der erzeugenden Funktion einer compound Poisson Verteilung. 1 (c) Sei nun zusätzlich zu N ∼ P oisson(λ) angenommen, dass die Xj Bernoulliverteilt sind mit Parameter p ∈ (0, 1). Zeigen Sie, dass dann SN wieder Poissonverteilt ist zum Parameter λp. Hinweis zu (a): Verwenden Sie die Aussage von Aufgabe 1 (a). Bemerkung: Compound Poisson Verteilungen spielen eine große Rolle in der Versicherungsmathematik bei der Modellierung des Gesamtschadens in einer gegebenen Zeitperiode. Die Anzahl der Schadensfälle wird dabei meist durch eine Poisson-verteilte Zufallsvariable N modelliert und die Höhen Xj der einzelnen Schäden werden als unabhängig und identisch verteilt angenommen. Aufgabe 3. Inspizieren Sie die Heuristik am Ende von Kapitel 1 der Vorlesung und überprüfen Sie, welche Annahmen an die zufällige Punktmenge verwendet werden, damit für die Wahrscheinlichkeiten pn (t) die Poisson-Wahrscheinlichkeiten pn (t) = e−µ(t) herauskommen. 2 µ(t)n n!