23 Immunpathologie

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Immunpathologie
Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin
1
(2008/2009)
27.4.2009
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Allgemeine Aspekte der Immunpathologie
1.
Das Immunsystem ist ein Erkennungssystem
Das Immunsystem unterscheidet zwischen fremd und eigen; es reagiert gegen fremd. Die
erworbene oder spezifische Abwehr braucht Zeit, bis sie definitiv formiert ist, und verfügt über ein
Gedächtnis. Eine Immunantwort induziert die Bildung und Vermehrung einer grossen Anzahl von
Antigen-präsentierenden Zellen (APC), T- und B-Lymphozyten (T-Zellen und B-Zellen). Diese
Zellen und die von ihnen sezernierten Zytokine können dem Organismus gefährlich werden, wenn
sie im Überschuss produziert werden. Die überschüssigen Zellen werden über die Interaktion FasRezeptor - Fas-Ligand durch Apoptose eliminiert.
2.
Ebenen der Abwehr
Abschnitt 15.1.1
Seite 192
rechte Spalte unten
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Die spezifische oder erworbene Abwehr ist durch eine hohe Effizienz und eine
immunologisches Gedächtnis charakterisiert. Das immunologische Gedächtnis verhindert sehr
wirksam eine neue Infektion mit dem gleichen Erreger; es wird bei Impfungen genutzt.
Wenn der Organismus von einem Pathogen angegriffen wird, muss dieses Pathogen drei
Schranken überwinden: Zonen, in welchen Enzyme wirken, Zonen mit Schleim und die Struktur
des Ectoderms.
Nicht alle Antigene sind auch immunogen. Kleine, nicht-immunogene Antigene werden
Haptene genannt. Damit sie erkannt und vom Organismus abgewehrt werden können, müssen
sie an grössere, immunogene Moleküle (= Carrier) gebunden sein. Zu den Haptenen gehören vor
allem Kohlenhydrate, welche primär nicht immunogen wirken.
Die T-Lymphozyten (T-Zellen, siehe unten) erkennen nicht das native Antigen, sondern
nur Peptide. Diese Peptide entstehen dadurch, dass die Proteine durch die Proteosomen in
Peptide aufgespalten werden. Bevor das Antigen also erkannt werden kann, muss es verarbeitet
werden. Exogene Antigene werden von den APC via die Proteine der Klasse 2 des Major
Histocompatibility Complex (MHCP-2) erkannt, endogene Antigen durch die Proteine der Klasse 1
(MHCP-1).
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3.
Komponenten der erworbenen Abwehr
Die Komponenten der spezifischen Abwehr sind die Antigen-präsentierenden Zellen
(APC), die Lymphozyten [CD4+: Helfer 1, Helfer 2 (Helfer-Killer); CD8+: Killer] und die Antikörper.
Die CD4+ T-Zellen tragen auf ihrer Oberfläche MHCP-2, die CD8+ T-Zellen MHCP-1.
Zu den APC gehören die Monozyten/Makrophagen, die dendritischen Zellen, die B-Zellen
und die Langerhans-Zellen der Haut. Die APC weisen die MHC-Proteine Klasse 2 und die CD86Moleküle auf.
3.1.
Makrophagen
Die Makrophagen besitzen Rezeptoren für Kohlenhydrate, für Antikörper und für
Komplement. Mit Hilfe der Rezeptoren für Kohlenhydrate können sie zwischen fremd und eigen
unterscheiden. Denn nicht alle Kohlenhydratrezeptoren auf den Makrophagen sind auch auf
anderen Zellen von Vertebraten vorhanden. - Zellen, welche via eine Onkose zugrundegehen,
induzieren eine Entzündungsreaktion. Wenn Zellen via eine Apoptose zugrundegehen, tritt an
deren Oberfläche Phosphatidyl-Serin auf. Dieses Molekül kennzeichnet die Zellen als Kandidaten
für eine Phagozytose.
3.2.
Dendritische Zellen
Die interdigitierenden dendritischen Zellen werden aktiviert, (1) wenn sie Pathogen
assoziierte molekulare Muster auf der Oberfläche der Mikroorganismen erkennen, (2) wenn Virusinfizierte Zellen Interferon-α freisetzen und (3) wenn Hitzeschock-Proteine z.B. infolge eines
Zellunterganges durch Onkose auftreten. Die dendritischen Zellen präsentieren das Antigen in
den T-Zonen der drainierenden Lymphknoten.
Aktivierte dendritische Zellen bilden auf ihrer Oberfläche vermehrt CD80 und CD86 (= kostimulatorische Moleküle). Diese Moleküle stehen im Dienste der Ko-Stimulation der T-Zellen.
Isolierte Signale für die T-Zellen ohne eine Ko-Stimulation führen zu einer Anergie (spezifische
Nicht-Antwort des Immunsystems) oder einer Apoptose.
Zur Aktivierung der T-Zellen sind mindestens drei Signale notwendig: (1) der Komplex aus
den MHCP und dem an die MHCP gebundenen antigenen Peptide, (2) ko-stimulatorische Signale
(Tab.1) und (3) Zytokine (vor allem IL-2).
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Tab.1
Ko-Stimulation der T-Zellen
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T-Zellen
APC
Charakteristika der Ko-Stimulatoren/Ko-Stimulation
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CD28
CD28
CD80 (B7-1
CD86 (B7-2)
Stimulation der CD4+-T-Zellen durch die denditirischen
Zellen, Monozyten/Makrophagen und Langerhans-Zellen
CD154
CD40
Bindung zwischen den CD4+-T-Zellen und den naiven
B-Zellen. Ein genetischer Defekt von CD154 ist bekannt.
Die B-Zellen differenzieren sich in B-Blasten. Aus den
B-Blasten entwickeln sich Gedächtnis-B-Zellen und
Plasmazellen.
CD2
CD58
CTLA-4 (CD152)
CD80, CD86
Downregulation der Immunantwort
__________________________________________________________________________
IL-1, IL-6 und TNF-α wirken ebenfalls ko-stimulatorisch.
3.3.
Natürliche Killerzellen
N Engl J Med 343: 37-48, 2000
Die zytotoxischen T-Lymphozyten greifen Virus-infizierte Zellen nur dann an, wenn sie
vorher gegen das Virus sensibilisiert worden sind und wenn die infizierten Zellen das gleiche
Protein der Klasse 1 des Major Histocompatibility Complex (MHCP-1) besitzen wie die Killer-TLymphozyten. Die NK dagegen treten dann in Aktion, wenn sie auf Zellen treffen, auf deren
Oberfläche die MHCP-1 reduziert oder defekt sind (Missing self-Hypothese) (Abb.1). Mit einer
Reduktion der MHCP-1 können die kernhaltigen Zellen (z.B. Tumorzellen oder Virus-infizierte
Zellen) übrigens versuchen, den zytotoxischen T-Lymphozyten zu entkommen, werden aber dann
gleichzeitig ungewollt zu einem potentiellen Opfer der natürlichen Killerzellen. Normale
kernhalttige Zellen mit einer normalen Dichte der MHCP-1 auf ihrer Oberfläche besitzen
Oberflächenrezeptoren, welche die NK hemmen.
Die NK haben das Ziel, infizierte oder maligne transformierte Zellen zu zerstören. Sie
können ihre Zielzellen auf zwei Arten identifizieren: über ihre Rezeptoren für Fc, welche IgG zu
binden vermögen, und über ihre eigenen «Killer-Rezeptoren». Diese eigenen aktivierenden
«Killer-Rezeptoren» unterstehen - wie oben erklärt - der Kontrolle der «Killer hemmendenRezeptoren». Liganden der aktivierenden «Killer-Rezeptoren» sind verschiedene Moleküle auf
der Oberfläche der Zielzellen.
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Abb.1
Stimultion der natürlichen Killerzellen.
Zellen können ihre MHCP-1 von ihrer Oberfläche weg verschieben, z.B. bei einer Auseinandersetzung mit
Mikroorganismen (z.B. nach einem Herpesvirusinfekt) oder nach einer malignen Transformation. Wenn die
MHCP-1 fehlen, fehlt auch das Signal, welches den Killer-hemmenden Rezeptor blockiert. Folge davon ist,
dass die natürlichen Killerzellen die Zellen ohne MHCP-1 angreifen.
Natürliche Killerzelle
Killer
aktivierender
Rezeptor
Ubiquitäres
Molekül
MHCP-1
Normale Zelle
3.4.
Killer
hemmender
Rezeptor
Abnormale Zelle
B-Zellen
Die B-Zellen, welche sich ontogenetisch als erste entwickeln, werden B1-Zellen genannt.
Sie exprimieren auf ihrer Oberfläche CD5. Die B1-Zellen sind die Quellen der «natürlichen»
Antikörper (IgM) und sind oft polyreaktiv.
Die B-Zellen, welche kein CD5 aufweisen, werden B2-Zellen genannt. Die B2-Zellen
koexprimieren vorerst nur IgM und IgD, werden dann aber später zu Gedächtniszellen und
exprimieren dann IgG, IgA und IgE.
3.5.
Lösliche Faktoren
Die wichtigsten löslichen Faktoren sind: Proteine des Komplementsystems, die Proteine
der Phase der akuten Antwort und Zytokine.
3.6.
Rezeptoren der B- und T-Zellen
Die B-Lymphozyten (B-Zellen) entwickeln sich von den Pro-B-Zellen zu den reifen B-Zellen
im Knochenmark heran. Die reifen B-Zellen verfügen über den B-Zell-Rezeptor, welcher einem
Immunglobulin entspricht.
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Abb.2
Aufbau der Antikörper.
Bindung an den Fc-Rezeptor
auf den Antigen-präsentierenden
Zellen
Bindung an «Komplement»
(C1q des C1-Komplexes)
Bindung an das Antigen
(Fab-Rezeptor)
LEICHTE
KETTE
SCHWERE
KETTE
Das Rearrangement ist der Schlüssel dafür, dass ungefähr 1015 variable Regionen der
Rezeptoren der B-Zellen und ungefähr gleich viele variable Rezeptoren der T-Zellen (TCR) aus
weniger als 400 Gensegmenten gebildet werden können. Die für die Bildung der Immunglobuline
und des TCR verantwortlichen Gene liegen auf drei Chromosomen in verschiedenen Clusters: im
IGH-Cluster (H: heavy chain), im IGK-Cluster (K: kappa light chain) und im IGL-Cluster (L: lambda
light chain). Der IGH-Cluster umfasst die vier Gensegmente: V (variable), D (diversity), J (joining)
und C (constant), die beiden Cluster IGK und IGL dagegen nur die drei Gensegmente: V, J und
C.
Die Information für den Aufbau der variablen Region der B- und T-Zell-Rezeptoren stammt
aus einer Rekombination von Genen auf den Segmenten: V, D und J. Die Prozess der
Rekombination besteht aus einem Splicing (Ausschneiden) von Genabschnitten und einem
Einbau
von
zusätzlichen
Nucleotiden
mit
Hilfe
des
Enzyms
Terminale
Deoxyribonucleotidyltransferase (TdT) um die VDJ-Elemente herum.
Bei der Rekombination der variablen Region der B- und T-Zell-Rezeptoren spielen zwei
Enzyme eine wichtige Rolle. Diese Enzyme werden von zwei Recombinase-aktivierenden Genen
(rag1 und rag2) kodiert. Es kann vorkommen, dass diese rag's einen Defekt aufweisen. Resultat
ist dann ein Defizit der humoralen und zellulären Immunabwehr.
Das Rearrangement findet in den Keimzentren der Lymphknoten teil. Der TCR wird bei der
Zellteilung nicht verändert, der B-Zell-Rezeptor dagegen schon.
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3.7.
Regulatorische T-Zellen
Nature Medicine 10: 801-804, 2004
Die regulatorischen T-Zellen (Treg) können als CD4+ T-Zellen definiert werden, welche das
Auftreten von immunpathologischen oder autoimmunen Krankheiten in vivo verhindern helfen. Sie
wurden früher als Suppressor-Zellen bezeichnet (1970). Es werden zwei Gruppen von Treg
unterschieden: die natürlichen Treg und die IL-10 sezernierenden Treg. Die natürlichen Treg
exprimieren CD25, die α-Kette des IL-2-Rezeptors, und werden deshalb auch als CD4+CD25+Zellen bezeichnet. Zusätzliche Regulatoren der Immunantwort sind neben den Treg auch die THelfer 1-Zellen (TH1) und die T-Helfer 2-Zellen (TH2).
Die CD4+CD25+-Zellen machen 5-10% der CD4+-Zellen aus. Sekretionsprodukte dieser
Zellen sind: IL-10, TGF-β, das cytotoxische T-Lymphozyten assoziierte Antigen 4 (CTLA-4), der
Glukokortikoid-induzierte Rezeptor des Tumornekrosefaktors und der Transkriptionsfaktor Foxp3
(forkhead/winged helix transcription factor). Wenn T-Zellen den Rezeptor CTLA-4 exprimieren,
kann die für die Immunantwort der T-Zellen wichtige Kostimulation ausbleiben, weil dieser
Rezeptor anstelle des CD28-Moleküls auf den T-Zellen an die B7-1- und B7-2-Moleküle auf der
Oberfläche der APC bindet. Dadurch wird die Interaktion zwischen den T-Zellen und den APC
gehemmt. In der Transplantationsmedizin wird versucht, durch die Gabe von CTLA-4Immunglobulin-Komplexen die Co-Stimulation der T-Zellen zu unterdrücken, weil der Komplex mit
den B7-1- und B7-2-Molekülen interagiert. Die Expression der B7-Moleküle auf den APC wird
durch Listerien, Neisserien, Zytokine (IL-4, IL-10, GM-CSF) und bakterielle Lipopolysaccharide
stimuliert.
Der Foxp3 scheint direkt in der Produktion von IL-10 involviert zu sein. Eine erhöhte
Konzentration des IL-10 geht mit einer verminderten Expression von IL-2 einher (Foxp3 gilt als
«negativer Modulator der IL-2 Transcription»). IL-10 wird vor allem für die Suppression einer
Transplantatabstossung durch die CD4+CD25+-Zellen verantwortlich gemacht, indem es die
Expansion der naiven T-Zellen unterdrückt. Zusätzlich hemmt IL-10 die APC und die Synthese
proinflammatorischer Zytokine (z.B. IL-12, welches die Proliferation der TH1 induziert). Neben den
CD4+CD25+-Zellen bilden auch die TH1, TH2 und APC IL-10. An der Suppression der
Transplantatabstossung ist auch der TGF-β auf der Oberfläche der CD4+CD25+-Zellen beteiligt.
Er wirkt über einen direkten Kontakt mit den naiven T-Zellen.
Eine Loss-of-function dieses Transkriptionsfaktors Foxp3 führt zu einem Verlust der TregZellen, zur autoimmunen Endokrinopathie mit Diabetes mellitus Typ 1 (immunogener Diabetes
mellitus), autoimmuner Thyreoiditis und Nahrungsmittelallergie. CD4+CD25+-Zellen schützen vor
der idiopathischen chronischen Kolonschleimhautentzündung, dem Diabetes mellitus, vor
lymphoproliferativen Erkrankungen und einer Transplantatabstossung.
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4.
Graft-versus-Host-Disease
N Engl J Med 349: 2183-2184, 2003
Die Graft-versus-Host-Disease (GVHD) hängt davon ab, ob die APC des Empfängers von
hämatopoietischen Stammzellen mit den reifen T-Zellen im Transplantat reagieren oder nicht.
Dabei spielt IL-10 eine wichtige Rolle: Hohe Konzentrationen von IL-10 schützen grundsätzlich
vor einer GVHD.
2003 wurde entdeckt, dass dieser Schutz nur dann vorhanden ist, wenn die PromotorRegion des IL-10 homozygot ist (A/A Genotyp), nicht aber, wenn diese Region verändert ist. Auf
dem Hintergrund dieses Sachverhaltes sollte bei
der
Abklärung, ob
eine
allogene
hämatopoietische Stammzelltransplantation möglich ist, nicht nur der HLA-Status (Human
Leucocyte Antigen) getestet werden, sondern auch der IL-10-Genotyp.
5.
Medikamente zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis
N Engl J Med 350: 2167-2176, 2004
Ungefähr 1% der Bevölkerung der USA leidet an einer rheumatoiden Arthritis. Die
Krankheit wird durch ein unbekanntes exo- oder endogenes Antigen hervorgerufen. Die an der
Krankheit beteiligten Makrophagen und Fibroblasten produzieren Zytokine wie den TNF-α und IL1. Sie geben diese Zytokine in den Gelenkspalt ab. Die Zytokine induzieren die Produktion von
Matrix-Metalloproteasen und von Osteoklasten (Abb.3). Die gleichzeitig zu beobachtenden
Dysregulation der B-Lymphozyten ist wahrscheinlich durch die Rheumafaktoren bedingt. Die
Rheumafaktoren fixieren Komplement; das Komplementprotein C5a ist chemotaktisch für
neutrophile Granulozyten und Monozyten/Makrophagen. Die Makrophagen bilden TNF-α und IL1, die neutrophilen Granulozyten Kollagenasen und Matrixmetalloproteasen. IL-1 ruft eine
gesteigerte Synthese von IL-6 und Cyclooxygenase-2 hervor.
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Abb.3
siehe Text.
Pathogenes der rheumatoiden Arthritis.
T-Zelle
B-Zelle
KomplementProteine
IgM-Rheumafaktor
APC
TNF-α
IL-1
C5a
Kollagenasen
Metalloproteasen
Neutrophiler
Granulozyt
Gelenkspalt
Synovialis
Knorpel
Knochen
GEWEBESCHADEN
Die Rheumafaktoren sind IgG, IgM, IgA oder IgD Autoantikörper («Antiglobuline»), die
gegen das Fc-Fragment (konstante Region) von nativen IgG-Molekülen gerichtet sind. Sie bilden
mit den nativen IgG-Molekülen oder durch Autoaggregation Komplexe. An den im Serum
zirkulierenden Komplexen sind vor allem Rheumafaktoren der Klasse IgM beteiligt, an den in den
Gelenken interzellulär abgelagerten vor allem solche der Klasse IgG.
Heute werden zur Therapie der rheumatoiden Arthritis lösliche TNF-Rezeptoren verwendet,
welche
an
den
TNF-α
binden, anti-TNF-α-Antikörper und
Nebenwirkungen dieser Therapien ist
ein
um
das
IL-1-Rezeptor-Antagonisten.
Zweifache erhöhtes
Risiko für
Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose), ein um zirka das Fünffache erhöhte Risiko für maligne
Lymphome und das Auftreten von antinukleären Antikörpern.
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Autoimmunität
Abschnitt 23.6.1.
Seite 330
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New England Journal of Medicine 345: 340-347, 2001
Die Mechanismen, welche zu einer Autoimmunität führen, sind weitgehend unbekannt. Es
ist sicher eine Entzündungsreaktion mit im Spiel.
1.
Hypothese des Molecular mimicry
Bei der multiplen Sklerose wird folgende Hypothese vertreten: In
einer frühen
Lebensphase kommt es zu einem viralen Infekt. Bei der Reaktion des Organismus gegen virale
Proteine tritt eine Kreuzreaktion mit dem basischen Protein des Myelins auf, welche eine
Demyelinisierung bewirkt.
Eine in-vivo-Evidenz für ein direktes «Molecular mimicry» konnte bis heute aber nicht
gefunden werden. So wurde in einer grossen Studie kein Unterschied zwischen einer
immunosuppressiven Therapie der viralen Myocarditis und der konventionellen Therapie
beobachtet. Im Gegenteil zeigten die Patienten mit Zeichen einer Aktivierung ihres Immunsystems
einen günstigeren Verlauf der Myocarditis als die anderen Patienten. Die in-vitro-Resultate
zeigten, dass das Molecular mimicry, wenn es überhaupt vorkommt, ein sehr spezifischer Prozess
ist.
Wahrscheinlich handelt es sich beim Molecular mimicry um ein Sekundärphänomen, bei
dem es infolge eines primären Gewebeschadens zum Auftreten von Neoantigenen kommt. Die in
diesem Zusammenhang in Aktion tretenden T-Zellen und Autoantikörper sind nicht eine Ursache
des Gewebeschadens, sondern eine Folge davon. Die T-Zell-Reaktion tritt wegen eines Abbruchs
der Immuntoleranz auf, weil kryptische Epitope erschienen sind («epitopische Ausbreitung»)
2.
Schutz vor Immunreaktionen
Die autoreagierenden T-Zellen werden von den Epithelzellen im Thymus durch Apoptose
eliminiert. Einige autoreaktive Zellen können dieser Elimination entgehen. Diese T-Zellen werden
als «ignorante T-Zellen» und die Antigene, gegen welche die Zellen gerichtet sind, als «kryptische
Antigene» bezeichnet.
Eine Aufhebung der Immuntoleranz (siehe Zusatz IMMUNPATHOLOGIE - Immuntoleranz)
ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass Autoimmunkrankheiten ausbrechen können.
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Folgende Ursachen für Autoimmunkrankheiten sind möglich:
-
Durch einen Zelluntergang werden kryptische Epitope von Autoantigenen «kryptische
Antigene» freigelegt.
-
Es kommt zu einer inadäquaten Aktivierung von T-Zellen, z.B. wegen einer gesteigerten
Expression von MHC- oder ko-stimulierenden Molekülen auf den Antigen-präsentierenden
Zellen.
-
Es treten Superantigene auf, welche die T-Zellen polyklonal stimulieren.
Bei den meisten Autoimmunprozesse dominieren die CD4-Zellen.
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Die Wanderung der T-Zellen
Abschnitt 23.1.1.
Seite 307
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New England Journal of Medicine 343: 1020-1032, 2000
Die dendritischen Zellen sammeln die Antigene in den sekundären lymphatischen
Organen und präsentieren sie dort den T-Zellen. Die nativen T-Zellen wandern vor allem in diese
lymphatischen Organe ein. In diesen Organen werden sie stimuliert und differenzieren sich in
Effektor-Zellen, indem sie verschiedene Rezeptoren exprimieren. Diese Rezeptoren gestatten
ihnen, sich in die Entzündungsregion zu bewegen. Der grösste Teil dieser Effektorzellen überlebt
nur kurze Zeit, ein kleiner Teil dagegen längere Zeit. Die länger überlebenden Zellen werden zu
Memoryzellen. Entsprechend ihrer Eigenschaften zu migrieren, werden zwei Typen von
Memoryzellen unterschieden: Die Effektor-Memoryzellen, denen der Chemokinrezeptor CCR7
fehlt, wandern in die peripheren Gewebe aus (periphere Memoryzellen); die EffektorMemoryzellen, welche den Chemokinrezeptor CCR7 besitzen, wandern in die lymphatischen
Organe ein (zentrale Memoryzellen).
Die nativen T-Zellen gelangen über Venenabschnitte mit einem spezialisierten Endothel
in die Lymphknoten und Peyer Plaques des Dünndarmes. Diese Endothelzellen exprimieren auf
ihrer Oberfläche Adressine, Moleküle, welche mit L-Selektin interagieren. Die Selektine (z.B. auf
den dendritischen Zellen) sind permanent aktiv, die Integrine dagegen müssen aktiviert werden,
bis sie ihre Adhäsionsfunkion ausüben können.
Die zirkulierenden T-Zellen binden über den CCR7-Chemokinrezeptor (CCR7-R) an
Oberflächenproteine der Endothelzellen. Dadurch interagiert der CCR7-R mit dem G-Protein. Das
aktivierte G-Protein geht eine Bindung mit dem α Lβ2-Integrin in der Zellmembran der TLymphozyten ein. Das so aktivierte α L β 2-Integrin auf den T-Lymphozyten dockt an die
Adhäsionsmoleküle ICAM-1 und ICAM-2 der sepezialierten Endothelzellen im Lymphknoten an:
Die T-Zellen werden in der Folge gestoppt und können aus dem Blut in die Lymphknoten
austreten. Die Verteilung der Chemokine und der Chemokinrezeptoren in den einzelnen
Geweben bestimmen die Immunantworten in entscheidenden Ausmass mit.
Eine erste Kontrolle der Wanderung der T-Zellen üben die postkapillären Venolen (nicht
die Arteriolen und Kapillaren) in den meisten Organen (ausgenommen in der Milz, den Lungen
und der Leber) aus. Dabei spielen Adhäsionsmoleküle und Chemokine eine zentrale Rolle.
Es wird versucht, neue antiinflammatorische Therapien mit Hilfe von Antagonisten gegen
Adhäsionsmoleküle und Chemokine zu entwickeln.
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Immuntoleranz
Abschnitt 23.6.
Seite 326
linke Spalte unten
New England Journal of Medicine 344: 655-661, 2001
1.
Toleranz der B-Zellen
Eine B-Zell-Toleranz kann durch eine funktionelle Inaktivierung (= Anergie, siehe oben)
oder eine Deletion autoreaktiver B-Zellen in der T-Zellzone der Milz oder der Lymphknoten
zustandekommen.
2.
Toleranz der T-Zellen
Man unterscheidet zwischen einer zentralen und einer peripheren T-Zell-Toleranz. Die
zentrale Toleranz der T-Zellen wird durch eine Selektion autoreaktiver T-Zellen im Thymus
sichergestellt, jene der B-Zellen durch eine Selektion autoreaktiver B-Zellen im Knochenmark. Die
periphere T-Zell-Toleranz kann durch eine Ignoranz, Deletion oder eine gestörte Regulation
Signaltransduktion der T-Zellen bedingt sein.
Bei der Ignoranz der T-Zellen können drei Situationen angetroffen werden: (1) Die
Konzentration des Antigens ist zu niedrig, als dass das Antigen eine Aktivierung der T-Zellen
induzieren könnte. (2) Die T-Zellen sind vom Antigen getrennt (z. B. durch die Blut-Hirn-Schranke).
(3) Die Kostimulation fehlt.
Ursachen einer Deletion der T-Zellen können sein: (1) Eine Antigenpräsentation ohne
eine Kostimulation; (2) Fehlen der Wachstumsfaktoren für die T-Zellen; (3) eine Interaktion des
Fas-Liganden mit dem Fas-Rezeptor (die T-Zellen exprimieren sowohl Fas-Ligand als auch FasRezeptor). So exprimieren Makrophagen, welche mit dem Human Immunodeficiency Virus (HIV)
infiziert sind, vermehrt den Fas-Liganden. T-Zellen, welche mit diesen Makrophagen in Kontakt
kommen, laufen deshalb Gefahr, vermehrt über eine Apoptose zugrundezugehen.
Die Signaltransduktion der T-Zellen kann gestört sein, weil (1) die T-Zellen kein
Interleukin-2 (IL-2) mehr bilden können oder (2) die für die Signaltransduktion erforderliche
Kostimulation fehlt. Folge davon ist eine Anergie oder eine Apoptose der T-Zellen. Die Anergie ist
eine spezifische Nicht-Antwort des Immunsystems.
Die Toleranz kann reduziert oder aufgehoben werden durch: (1) das Auftreten
sequestrierten
von
Autoantigenen im Zuge einer Gewebeschädigung, (2) die Aktivierung einer
grossen T-Zellpopulation durch Superantigene, (3) die Induktion von inflammatorischen Zytokinen
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und Molekülen mit kostimulierender Wirkung durch Mikroorganismen (Bystander-Effekt). Moleküle
von Mikroorganismen können strukturell sehr ähnlich mit Selbstantigenen sein und deshalb
autoreaktive T-Zellen aktivieren.
Einen protektiven Effekt auf das Immunsystem können auch Infektionskrankheiten haben:
So zeigen Patienten mit multiplen Infektionskrankheiten im ersten Lebensjahr ein deutlich
vermindertes Risiko, später an einem autoimmunen Diabetes mellitus zu erkranken.
3.
Immuntoleranz in der Schwangerschaft
Abschnitt 23.7
Seite 332
Nature Immunology 2: 1018-1024, 2001
rechte Spalte
Es ist noch nicht klar, warum das Immunsystem während der Schwangerschaft gegen den
Embryo im Uterus nichts unternimmt. Denn der Embryo enthält eindeutig Merkmale, welche der
Mutter fremd sind.
Das Corticotropin Releasing Hormon (CRH) scheint bei dieser Immuntoleranz eine
wichtige Rolle zu spielen. Es wird vom Throphoblasten der Plazenta gebildet und induziert im
Trophoblasten die Synthese von Fas (Fas-Ligand: FasL) (siehe Abb.20.11, S.263 und Abb.2.2,
S.24). Dieser Fas-L bindet an den Fas-Rezeptor (FasR) der immunkompetenten Zellen, welche
versuchen, den Trophoblasten anzugreifen. Dadurch wird die Apoptose der immunkompetenten
Zellen induziert (siehe Abb.2.2, S.24). Es bestehen Hinweise, dass neben dem CRH-FasL-Weg
noch andere Protagonisten bei der Unterdrückung einer Immunantwort gegen den Embryo in der
Schwangerschaft eine Rolle spielen.
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Zusammenfassung der Hypersensitivitätsreaktionen
___________________________________________________________________________
Reaktion
Charakteristika
Zellen/Prozesse
___________________________________________________________________________
I
Allergie im engeren Sinne
Reaktion des Organismus auf ein AG nach einem
zweiten Kontakt
II
Elimination auf zwei Arten
III
-
T-Zellen (mit TCR)
.
lösliche zytolytische Mediatoren
Perforin
Granzyme (Proteasen)
.
Fas-Ligand
Reaktion mit AG (MHCP-1)
-
Effektorzellen (mit Fc-Rezeptoren)
(erkennen nur IgG; Infusionen mit IgG
blockieren die Fc-Rezeptoren)
.
Phagozytose
.
toxische Schädigung
Perforin
Proteasen
Zytokine
kationische Proteine
Sauerstoffradikale
Zielzelle mit IgG oder IgM markiert
-
Komplementsystem
Zielzelle mit IgG oder IgM markiert
Entstehung von Immunkomplexen im Blut
AK aussen an den Immunkomplexen
IV
Degranulierung der Mastzellen
Sensibilisierung der TH-Zellen
Reaktivierung der TH-Zellen
-
Komplementsystem
Effektorzellen mit Fc-Rezeptoren
neutrophile Granulozyten
Fibrinogen (bei Glomerulonephritis)
Monozyten/Makrophagen
(IL-2, IFN-γ)
Kontaktdermatitis
Granulomatöse Entzündungen
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23
Immunpathologie
Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin
15
(2008/2009)
27.4.2009
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Zusammenfassung der Rhesusinkompatibilität
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MUTTER
KIND
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kein Rhesusantigen
Geburt des ersten Kindes mit Rhesus-Antigenen
Übertritt von kindlichen Erythrozyten mit RhesusAntigenen während der Geburt in den mütterlichen
Kreislauf
Bildung von IgG-AK gegen die Rhesus-Antigene des
Kindes
Schwangerschaft mit zweitem Kind; dieses
wiederum mit Rhesus-Antigenen
IgG-AK gegen Rhesus-Antigene greifen
kindliche Eryhtrozyten an: Erythrozytolyse
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