23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 1 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Allgemeine Aspekte der Immunpathologie 1. Das Immunsystem ist ein Erkennungssystem Das Immunsystem unterscheidet zwischen fremd und eigen; es reagiert gegen fremd. Die erworbene oder spezifische Abwehr braucht Zeit, bis sie definitiv formiert ist, und verfügt über ein Gedächtnis. Eine Immunantwort induziert die Bildung und Vermehrung einer grossen Anzahl von Antigen-präsentierenden Zellen (APC), T- und B-Lymphozyten (T-Zellen und B-Zellen). Diese Zellen und die von ihnen sezernierten Zytokine können dem Organismus gefährlich werden, wenn sie im Überschuss produziert werden. Die überschüssigen Zellen werden über die Interaktion FasRezeptor - Fas-Ligand durch Apoptose eliminiert. 2. Ebenen der Abwehr Abschnitt 15.1.1 Seite 192 rechte Spalte unten New England Journal of Medicine 343: 37-48, 108-116, 2000 Die spezifische oder erworbene Abwehr ist durch eine hohe Effizienz und eine immunologisches Gedächtnis charakterisiert. Das immunologische Gedächtnis verhindert sehr wirksam eine neue Infektion mit dem gleichen Erreger; es wird bei Impfungen genutzt. Wenn der Organismus von einem Pathogen angegriffen wird, muss dieses Pathogen drei Schranken überwinden: Zonen, in welchen Enzyme wirken, Zonen mit Schleim und die Struktur des Ectoderms. Nicht alle Antigene sind auch immunogen. Kleine, nicht-immunogene Antigene werden Haptene genannt. Damit sie erkannt und vom Organismus abgewehrt werden können, müssen sie an grössere, immunogene Moleküle (= Carrier) gebunden sein. Zu den Haptenen gehören vor allem Kohlenhydrate, welche primär nicht immunogen wirken. Die T-Lymphozyten (T-Zellen, siehe unten) erkennen nicht das native Antigen, sondern nur Peptide. Diese Peptide entstehen dadurch, dass die Proteine durch die Proteosomen in Peptide aufgespalten werden. Bevor das Antigen also erkannt werden kann, muss es verarbeitet werden. Exogene Antigene werden von den APC via die Proteine der Klasse 2 des Major Histocompatibility Complex (MHCP-2) erkannt, endogene Antigen durch die Proteine der Klasse 1 (MHCP-1). 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 2 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ 3. Komponenten der erworbenen Abwehr Die Komponenten der spezifischen Abwehr sind die Antigen-präsentierenden Zellen (APC), die Lymphozyten [CD4+: Helfer 1, Helfer 2 (Helfer-Killer); CD8+: Killer] und die Antikörper. Die CD4+ T-Zellen tragen auf ihrer Oberfläche MHCP-2, die CD8+ T-Zellen MHCP-1. Zu den APC gehören die Monozyten/Makrophagen, die dendritischen Zellen, die B-Zellen und die Langerhans-Zellen der Haut. Die APC weisen die MHC-Proteine Klasse 2 und die CD86Moleküle auf. 3.1. Makrophagen Die Makrophagen besitzen Rezeptoren für Kohlenhydrate, für Antikörper und für Komplement. Mit Hilfe der Rezeptoren für Kohlenhydrate können sie zwischen fremd und eigen unterscheiden. Denn nicht alle Kohlenhydratrezeptoren auf den Makrophagen sind auch auf anderen Zellen von Vertebraten vorhanden. - Zellen, welche via eine Onkose zugrundegehen, induzieren eine Entzündungsreaktion. Wenn Zellen via eine Apoptose zugrundegehen, tritt an deren Oberfläche Phosphatidyl-Serin auf. Dieses Molekül kennzeichnet die Zellen als Kandidaten für eine Phagozytose. 3.2. Dendritische Zellen Die interdigitierenden dendritischen Zellen werden aktiviert, (1) wenn sie Pathogen assoziierte molekulare Muster auf der Oberfläche der Mikroorganismen erkennen, (2) wenn Virusinfizierte Zellen Interferon-α freisetzen und (3) wenn Hitzeschock-Proteine z.B. infolge eines Zellunterganges durch Onkose auftreten. Die dendritischen Zellen präsentieren das Antigen in den T-Zonen der drainierenden Lymphknoten. Aktivierte dendritische Zellen bilden auf ihrer Oberfläche vermehrt CD80 und CD86 (= kostimulatorische Moleküle). Diese Moleküle stehen im Dienste der Ko-Stimulation der T-Zellen. Isolierte Signale für die T-Zellen ohne eine Ko-Stimulation führen zu einer Anergie (spezifische Nicht-Antwort des Immunsystems) oder einer Apoptose. Zur Aktivierung der T-Zellen sind mindestens drei Signale notwendig: (1) der Komplex aus den MHCP und dem an die MHCP gebundenen antigenen Peptide, (2) ko-stimulatorische Signale (Tab.1) und (3) Zytokine (vor allem IL-2). 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 3 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Tab.1 Ko-Stimulation der T-Zellen __________________________________________________________________________ T-Zellen APC Charakteristika der Ko-Stimulatoren/Ko-Stimulation __________________________________________________________________________ CD28 CD28 CD80 (B7-1 CD86 (B7-2) Stimulation der CD4+-T-Zellen durch die denditirischen Zellen, Monozyten/Makrophagen und Langerhans-Zellen CD154 CD40 Bindung zwischen den CD4+-T-Zellen und den naiven B-Zellen. Ein genetischer Defekt von CD154 ist bekannt. Die B-Zellen differenzieren sich in B-Blasten. Aus den B-Blasten entwickeln sich Gedächtnis-B-Zellen und Plasmazellen. CD2 CD58 CTLA-4 (CD152) CD80, CD86 Downregulation der Immunantwort __________________________________________________________________________ IL-1, IL-6 und TNF-α wirken ebenfalls ko-stimulatorisch. 3.3. Natürliche Killerzellen N Engl J Med 343: 37-48, 2000 Die zytotoxischen T-Lymphozyten greifen Virus-infizierte Zellen nur dann an, wenn sie vorher gegen das Virus sensibilisiert worden sind und wenn die infizierten Zellen das gleiche Protein der Klasse 1 des Major Histocompatibility Complex (MHCP-1) besitzen wie die Killer-TLymphozyten. Die NK dagegen treten dann in Aktion, wenn sie auf Zellen treffen, auf deren Oberfläche die MHCP-1 reduziert oder defekt sind (Missing self-Hypothese) (Abb.1). Mit einer Reduktion der MHCP-1 können die kernhaltigen Zellen (z.B. Tumorzellen oder Virus-infizierte Zellen) übrigens versuchen, den zytotoxischen T-Lymphozyten zu entkommen, werden aber dann gleichzeitig ungewollt zu einem potentiellen Opfer der natürlichen Killerzellen. Normale kernhalttige Zellen mit einer normalen Dichte der MHCP-1 auf ihrer Oberfläche besitzen Oberflächenrezeptoren, welche die NK hemmen. Die NK haben das Ziel, infizierte oder maligne transformierte Zellen zu zerstören. Sie können ihre Zielzellen auf zwei Arten identifizieren: über ihre Rezeptoren für Fc, welche IgG zu binden vermögen, und über ihre eigenen «Killer-Rezeptoren». Diese eigenen aktivierenden «Killer-Rezeptoren» unterstehen - wie oben erklärt - der Kontrolle der «Killer hemmendenRezeptoren». Liganden der aktivierenden «Killer-Rezeptoren» sind verschiedene Moleküle auf der Oberfläche der Zielzellen. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 4 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Abb.1 Stimultion der natürlichen Killerzellen. Zellen können ihre MHCP-1 von ihrer Oberfläche weg verschieben, z.B. bei einer Auseinandersetzung mit Mikroorganismen (z.B. nach einem Herpesvirusinfekt) oder nach einer malignen Transformation. Wenn die MHCP-1 fehlen, fehlt auch das Signal, welches den Killer-hemmenden Rezeptor blockiert. Folge davon ist, dass die natürlichen Killerzellen die Zellen ohne MHCP-1 angreifen. Natürliche Killerzelle Killer aktivierender Rezeptor Ubiquitäres Molekül MHCP-1 Normale Zelle 3.4. Killer hemmender Rezeptor Abnormale Zelle B-Zellen Die B-Zellen, welche sich ontogenetisch als erste entwickeln, werden B1-Zellen genannt. Sie exprimieren auf ihrer Oberfläche CD5. Die B1-Zellen sind die Quellen der «natürlichen» Antikörper (IgM) und sind oft polyreaktiv. Die B-Zellen, welche kein CD5 aufweisen, werden B2-Zellen genannt. Die B2-Zellen koexprimieren vorerst nur IgM und IgD, werden dann aber später zu Gedächtniszellen und exprimieren dann IgG, IgA und IgE. 3.5. Lösliche Faktoren Die wichtigsten löslichen Faktoren sind: Proteine des Komplementsystems, die Proteine der Phase der akuten Antwort und Zytokine. 3.6. Rezeptoren der B- und T-Zellen Die B-Lymphozyten (B-Zellen) entwickeln sich von den Pro-B-Zellen zu den reifen B-Zellen im Knochenmark heran. Die reifen B-Zellen verfügen über den B-Zell-Rezeptor, welcher einem Immunglobulin entspricht. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 5 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Abb.2 Aufbau der Antikörper. Bindung an den Fc-Rezeptor auf den Antigen-präsentierenden Zellen Bindung an «Komplement» (C1q des C1-Komplexes) Bindung an das Antigen (Fab-Rezeptor) LEICHTE KETTE SCHWERE KETTE Das Rearrangement ist der Schlüssel dafür, dass ungefähr 1015 variable Regionen der Rezeptoren der B-Zellen und ungefähr gleich viele variable Rezeptoren der T-Zellen (TCR) aus weniger als 400 Gensegmenten gebildet werden können. Die für die Bildung der Immunglobuline und des TCR verantwortlichen Gene liegen auf drei Chromosomen in verschiedenen Clusters: im IGH-Cluster (H: heavy chain), im IGK-Cluster (K: kappa light chain) und im IGL-Cluster (L: lambda light chain). Der IGH-Cluster umfasst die vier Gensegmente: V (variable), D (diversity), J (joining) und C (constant), die beiden Cluster IGK und IGL dagegen nur die drei Gensegmente: V, J und C. Die Information für den Aufbau der variablen Region der B- und T-Zell-Rezeptoren stammt aus einer Rekombination von Genen auf den Segmenten: V, D und J. Die Prozess der Rekombination besteht aus einem Splicing (Ausschneiden) von Genabschnitten und einem Einbau von zusätzlichen Nucleotiden mit Hilfe des Enzyms Terminale Deoxyribonucleotidyltransferase (TdT) um die VDJ-Elemente herum. Bei der Rekombination der variablen Region der B- und T-Zell-Rezeptoren spielen zwei Enzyme eine wichtige Rolle. Diese Enzyme werden von zwei Recombinase-aktivierenden Genen (rag1 und rag2) kodiert. Es kann vorkommen, dass diese rag's einen Defekt aufweisen. Resultat ist dann ein Defizit der humoralen und zellulären Immunabwehr. Das Rearrangement findet in den Keimzentren der Lymphknoten teil. Der TCR wird bei der Zellteilung nicht verändert, der B-Zell-Rezeptor dagegen schon. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 6 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ 3.7. Regulatorische T-Zellen Nature Medicine 10: 801-804, 2004 Die regulatorischen T-Zellen (Treg) können als CD4+ T-Zellen definiert werden, welche das Auftreten von immunpathologischen oder autoimmunen Krankheiten in vivo verhindern helfen. Sie wurden früher als Suppressor-Zellen bezeichnet (1970). Es werden zwei Gruppen von Treg unterschieden: die natürlichen Treg und die IL-10 sezernierenden Treg. Die natürlichen Treg exprimieren CD25, die α-Kette des IL-2-Rezeptors, und werden deshalb auch als CD4+CD25+Zellen bezeichnet. Zusätzliche Regulatoren der Immunantwort sind neben den Treg auch die THelfer 1-Zellen (TH1) und die T-Helfer 2-Zellen (TH2). Die CD4+CD25+-Zellen machen 5-10% der CD4+-Zellen aus. Sekretionsprodukte dieser Zellen sind: IL-10, TGF-β, das cytotoxische T-Lymphozyten assoziierte Antigen 4 (CTLA-4), der Glukokortikoid-induzierte Rezeptor des Tumornekrosefaktors und der Transkriptionsfaktor Foxp3 (forkhead/winged helix transcription factor). Wenn T-Zellen den Rezeptor CTLA-4 exprimieren, kann die für die Immunantwort der T-Zellen wichtige Kostimulation ausbleiben, weil dieser Rezeptor anstelle des CD28-Moleküls auf den T-Zellen an die B7-1- und B7-2-Moleküle auf der Oberfläche der APC bindet. Dadurch wird die Interaktion zwischen den T-Zellen und den APC gehemmt. In der Transplantationsmedizin wird versucht, durch die Gabe von CTLA-4Immunglobulin-Komplexen die Co-Stimulation der T-Zellen zu unterdrücken, weil der Komplex mit den B7-1- und B7-2-Molekülen interagiert. Die Expression der B7-Moleküle auf den APC wird durch Listerien, Neisserien, Zytokine (IL-4, IL-10, GM-CSF) und bakterielle Lipopolysaccharide stimuliert. Der Foxp3 scheint direkt in der Produktion von IL-10 involviert zu sein. Eine erhöhte Konzentration des IL-10 geht mit einer verminderten Expression von IL-2 einher (Foxp3 gilt als «negativer Modulator der IL-2 Transcription»). IL-10 wird vor allem für die Suppression einer Transplantatabstossung durch die CD4+CD25+-Zellen verantwortlich gemacht, indem es die Expansion der naiven T-Zellen unterdrückt. Zusätzlich hemmt IL-10 die APC und die Synthese proinflammatorischer Zytokine (z.B. IL-12, welches die Proliferation der TH1 induziert). Neben den CD4+CD25+-Zellen bilden auch die TH1, TH2 und APC IL-10. An der Suppression der Transplantatabstossung ist auch der TGF-β auf der Oberfläche der CD4+CD25+-Zellen beteiligt. Er wirkt über einen direkten Kontakt mit den naiven T-Zellen. Eine Loss-of-function dieses Transkriptionsfaktors Foxp3 führt zu einem Verlust der TregZellen, zur autoimmunen Endokrinopathie mit Diabetes mellitus Typ 1 (immunogener Diabetes mellitus), autoimmuner Thyreoiditis und Nahrungsmittelallergie. CD4+CD25+-Zellen schützen vor der idiopathischen chronischen Kolonschleimhautentzündung, dem Diabetes mellitus, vor lymphoproliferativen Erkrankungen und einer Transplantatabstossung. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 7 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ 4. Graft-versus-Host-Disease N Engl J Med 349: 2183-2184, 2003 Die Graft-versus-Host-Disease (GVHD) hängt davon ab, ob die APC des Empfängers von hämatopoietischen Stammzellen mit den reifen T-Zellen im Transplantat reagieren oder nicht. Dabei spielt IL-10 eine wichtige Rolle: Hohe Konzentrationen von IL-10 schützen grundsätzlich vor einer GVHD. 2003 wurde entdeckt, dass dieser Schutz nur dann vorhanden ist, wenn die PromotorRegion des IL-10 homozygot ist (A/A Genotyp), nicht aber, wenn diese Region verändert ist. Auf dem Hintergrund dieses Sachverhaltes sollte bei der Abklärung, ob eine allogene hämatopoietische Stammzelltransplantation möglich ist, nicht nur der HLA-Status (Human Leucocyte Antigen) getestet werden, sondern auch der IL-10-Genotyp. 5. Medikamente zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis N Engl J Med 350: 2167-2176, 2004 Ungefähr 1% der Bevölkerung der USA leidet an einer rheumatoiden Arthritis. Die Krankheit wird durch ein unbekanntes exo- oder endogenes Antigen hervorgerufen. Die an der Krankheit beteiligten Makrophagen und Fibroblasten produzieren Zytokine wie den TNF-α und IL1. Sie geben diese Zytokine in den Gelenkspalt ab. Die Zytokine induzieren die Produktion von Matrix-Metalloproteasen und von Osteoklasten (Abb.3). Die gleichzeitig zu beobachtenden Dysregulation der B-Lymphozyten ist wahrscheinlich durch die Rheumafaktoren bedingt. Die Rheumafaktoren fixieren Komplement; das Komplementprotein C5a ist chemotaktisch für neutrophile Granulozyten und Monozyten/Makrophagen. Die Makrophagen bilden TNF-α und IL1, die neutrophilen Granulozyten Kollagenasen und Matrixmetalloproteasen. IL-1 ruft eine gesteigerte Synthese von IL-6 und Cyclooxygenase-2 hervor. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 8 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Abb.3 siehe Text. Pathogenes der rheumatoiden Arthritis. T-Zelle B-Zelle KomplementProteine IgM-Rheumafaktor APC TNF-α IL-1 C5a Kollagenasen Metalloproteasen Neutrophiler Granulozyt Gelenkspalt Synovialis Knorpel Knochen GEWEBESCHADEN Die Rheumafaktoren sind IgG, IgM, IgA oder IgD Autoantikörper («Antiglobuline»), die gegen das Fc-Fragment (konstante Region) von nativen IgG-Molekülen gerichtet sind. Sie bilden mit den nativen IgG-Molekülen oder durch Autoaggregation Komplexe. An den im Serum zirkulierenden Komplexen sind vor allem Rheumafaktoren der Klasse IgM beteiligt, an den in den Gelenken interzellulär abgelagerten vor allem solche der Klasse IgG. Heute werden zur Therapie der rheumatoiden Arthritis lösliche TNF-Rezeptoren verwendet, welche an den TNF-α binden, anti-TNF-α-Antikörper und Nebenwirkungen dieser Therapien ist ein um das IL-1-Rezeptor-Antagonisten. Zweifache erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose), ein um zirka das Fünffache erhöhte Risiko für maligne Lymphome und das Auftreten von antinukleären Antikörpern. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 9 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Autoimmunität Abschnitt 23.6.1. Seite 330 linke Spalte unten New England Journal of Medicine 345: 340-347, 2001 Die Mechanismen, welche zu einer Autoimmunität führen, sind weitgehend unbekannt. Es ist sicher eine Entzündungsreaktion mit im Spiel. 1. Hypothese des Molecular mimicry Bei der multiplen Sklerose wird folgende Hypothese vertreten: In einer frühen Lebensphase kommt es zu einem viralen Infekt. Bei der Reaktion des Organismus gegen virale Proteine tritt eine Kreuzreaktion mit dem basischen Protein des Myelins auf, welche eine Demyelinisierung bewirkt. Eine in-vivo-Evidenz für ein direktes «Molecular mimicry» konnte bis heute aber nicht gefunden werden. So wurde in einer grossen Studie kein Unterschied zwischen einer immunosuppressiven Therapie der viralen Myocarditis und der konventionellen Therapie beobachtet. Im Gegenteil zeigten die Patienten mit Zeichen einer Aktivierung ihres Immunsystems einen günstigeren Verlauf der Myocarditis als die anderen Patienten. Die in-vitro-Resultate zeigten, dass das Molecular mimicry, wenn es überhaupt vorkommt, ein sehr spezifischer Prozess ist. Wahrscheinlich handelt es sich beim Molecular mimicry um ein Sekundärphänomen, bei dem es infolge eines primären Gewebeschadens zum Auftreten von Neoantigenen kommt. Die in diesem Zusammenhang in Aktion tretenden T-Zellen und Autoantikörper sind nicht eine Ursache des Gewebeschadens, sondern eine Folge davon. Die T-Zell-Reaktion tritt wegen eines Abbruchs der Immuntoleranz auf, weil kryptische Epitope erschienen sind («epitopische Ausbreitung») 2. Schutz vor Immunreaktionen Die autoreagierenden T-Zellen werden von den Epithelzellen im Thymus durch Apoptose eliminiert. Einige autoreaktive Zellen können dieser Elimination entgehen. Diese T-Zellen werden als «ignorante T-Zellen» und die Antigene, gegen welche die Zellen gerichtet sind, als «kryptische Antigene» bezeichnet. Eine Aufhebung der Immuntoleranz (siehe Zusatz IMMUNPATHOLOGIE - Immuntoleranz) ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass Autoimmunkrankheiten ausbrechen können. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 10 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Folgende Ursachen für Autoimmunkrankheiten sind möglich: - Durch einen Zelluntergang werden kryptische Epitope von Autoantigenen «kryptische Antigene» freigelegt. - Es kommt zu einer inadäquaten Aktivierung von T-Zellen, z.B. wegen einer gesteigerten Expression von MHC- oder ko-stimulierenden Molekülen auf den Antigen-präsentierenden Zellen. - Es treten Superantigene auf, welche die T-Zellen polyklonal stimulieren. Bei den meisten Autoimmunprozesse dominieren die CD4-Zellen. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 11 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Die Wanderung der T-Zellen Abschnitt 23.1.1. Seite 307 rechte Spalte unten New England Journal of Medicine 343: 1020-1032, 2000 Die dendritischen Zellen sammeln die Antigene in den sekundären lymphatischen Organen und präsentieren sie dort den T-Zellen. Die nativen T-Zellen wandern vor allem in diese lymphatischen Organe ein. In diesen Organen werden sie stimuliert und differenzieren sich in Effektor-Zellen, indem sie verschiedene Rezeptoren exprimieren. Diese Rezeptoren gestatten ihnen, sich in die Entzündungsregion zu bewegen. Der grösste Teil dieser Effektorzellen überlebt nur kurze Zeit, ein kleiner Teil dagegen längere Zeit. Die länger überlebenden Zellen werden zu Memoryzellen. Entsprechend ihrer Eigenschaften zu migrieren, werden zwei Typen von Memoryzellen unterschieden: Die Effektor-Memoryzellen, denen der Chemokinrezeptor CCR7 fehlt, wandern in die peripheren Gewebe aus (periphere Memoryzellen); die EffektorMemoryzellen, welche den Chemokinrezeptor CCR7 besitzen, wandern in die lymphatischen Organe ein (zentrale Memoryzellen). Die nativen T-Zellen gelangen über Venenabschnitte mit einem spezialisierten Endothel in die Lymphknoten und Peyer Plaques des Dünndarmes. Diese Endothelzellen exprimieren auf ihrer Oberfläche Adressine, Moleküle, welche mit L-Selektin interagieren. Die Selektine (z.B. auf den dendritischen Zellen) sind permanent aktiv, die Integrine dagegen müssen aktiviert werden, bis sie ihre Adhäsionsfunkion ausüben können. Die zirkulierenden T-Zellen binden über den CCR7-Chemokinrezeptor (CCR7-R) an Oberflächenproteine der Endothelzellen. Dadurch interagiert der CCR7-R mit dem G-Protein. Das aktivierte G-Protein geht eine Bindung mit dem α Lβ2-Integrin in der Zellmembran der TLymphozyten ein. Das so aktivierte α L β 2-Integrin auf den T-Lymphozyten dockt an die Adhäsionsmoleküle ICAM-1 und ICAM-2 der sepezialierten Endothelzellen im Lymphknoten an: Die T-Zellen werden in der Folge gestoppt und können aus dem Blut in die Lymphknoten austreten. Die Verteilung der Chemokine und der Chemokinrezeptoren in den einzelnen Geweben bestimmen die Immunantworten in entscheidenden Ausmass mit. Eine erste Kontrolle der Wanderung der T-Zellen üben die postkapillären Venolen (nicht die Arteriolen und Kapillaren) in den meisten Organen (ausgenommen in der Milz, den Lungen und der Leber) aus. Dabei spielen Adhäsionsmoleküle und Chemokine eine zentrale Rolle. Es wird versucht, neue antiinflammatorische Therapien mit Hilfe von Antagonisten gegen Adhäsionsmoleküle und Chemokine zu entwickeln. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 12 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Immuntoleranz Abschnitt 23.6. Seite 326 linke Spalte unten New England Journal of Medicine 344: 655-661, 2001 1. Toleranz der B-Zellen Eine B-Zell-Toleranz kann durch eine funktionelle Inaktivierung (= Anergie, siehe oben) oder eine Deletion autoreaktiver B-Zellen in der T-Zellzone der Milz oder der Lymphknoten zustandekommen. 2. Toleranz der T-Zellen Man unterscheidet zwischen einer zentralen und einer peripheren T-Zell-Toleranz. Die zentrale Toleranz der T-Zellen wird durch eine Selektion autoreaktiver T-Zellen im Thymus sichergestellt, jene der B-Zellen durch eine Selektion autoreaktiver B-Zellen im Knochenmark. Die periphere T-Zell-Toleranz kann durch eine Ignoranz, Deletion oder eine gestörte Regulation Signaltransduktion der T-Zellen bedingt sein. Bei der Ignoranz der T-Zellen können drei Situationen angetroffen werden: (1) Die Konzentration des Antigens ist zu niedrig, als dass das Antigen eine Aktivierung der T-Zellen induzieren könnte. (2) Die T-Zellen sind vom Antigen getrennt (z. B. durch die Blut-Hirn-Schranke). (3) Die Kostimulation fehlt. Ursachen einer Deletion der T-Zellen können sein: (1) Eine Antigenpräsentation ohne eine Kostimulation; (2) Fehlen der Wachstumsfaktoren für die T-Zellen; (3) eine Interaktion des Fas-Liganden mit dem Fas-Rezeptor (die T-Zellen exprimieren sowohl Fas-Ligand als auch FasRezeptor). So exprimieren Makrophagen, welche mit dem Human Immunodeficiency Virus (HIV) infiziert sind, vermehrt den Fas-Liganden. T-Zellen, welche mit diesen Makrophagen in Kontakt kommen, laufen deshalb Gefahr, vermehrt über eine Apoptose zugrundezugehen. Die Signaltransduktion der T-Zellen kann gestört sein, weil (1) die T-Zellen kein Interleukin-2 (IL-2) mehr bilden können oder (2) die für die Signaltransduktion erforderliche Kostimulation fehlt. Folge davon ist eine Anergie oder eine Apoptose der T-Zellen. Die Anergie ist eine spezifische Nicht-Antwort des Immunsystems. Die Toleranz kann reduziert oder aufgehoben werden durch: (1) das Auftreten sequestrierten von Autoantigenen im Zuge einer Gewebeschädigung, (2) die Aktivierung einer grossen T-Zellpopulation durch Superantigene, (3) die Induktion von inflammatorischen Zytokinen 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 13 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ und Molekülen mit kostimulierender Wirkung durch Mikroorganismen (Bystander-Effekt). Moleküle von Mikroorganismen können strukturell sehr ähnlich mit Selbstantigenen sein und deshalb autoreaktive T-Zellen aktivieren. Einen protektiven Effekt auf das Immunsystem können auch Infektionskrankheiten haben: So zeigen Patienten mit multiplen Infektionskrankheiten im ersten Lebensjahr ein deutlich vermindertes Risiko, später an einem autoimmunen Diabetes mellitus zu erkranken. 3. Immuntoleranz in der Schwangerschaft Abschnitt 23.7 Seite 332 Nature Immunology 2: 1018-1024, 2001 rechte Spalte Es ist noch nicht klar, warum das Immunsystem während der Schwangerschaft gegen den Embryo im Uterus nichts unternimmt. Denn der Embryo enthält eindeutig Merkmale, welche der Mutter fremd sind. Das Corticotropin Releasing Hormon (CRH) scheint bei dieser Immuntoleranz eine wichtige Rolle zu spielen. Es wird vom Throphoblasten der Plazenta gebildet und induziert im Trophoblasten die Synthese von Fas (Fas-Ligand: FasL) (siehe Abb.20.11, S.263 und Abb.2.2, S.24). Dieser Fas-L bindet an den Fas-Rezeptor (FasR) der immunkompetenten Zellen, welche versuchen, den Trophoblasten anzugreifen. Dadurch wird die Apoptose der immunkompetenten Zellen induziert (siehe Abb.2.2, S.24). Es bestehen Hinweise, dass neben dem CRH-FasL-Weg noch andere Protagonisten bei der Unterdrückung einer Immunantwort gegen den Embryo in der Schwangerschaft eine Rolle spielen. 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 14 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Zusammenfassung der Hypersensitivitätsreaktionen ___________________________________________________________________________ Reaktion Charakteristika Zellen/Prozesse ___________________________________________________________________________ I Allergie im engeren Sinne Reaktion des Organismus auf ein AG nach einem zweiten Kontakt II Elimination auf zwei Arten III - T-Zellen (mit TCR) . lösliche zytolytische Mediatoren Perforin Granzyme (Proteasen) . Fas-Ligand Reaktion mit AG (MHCP-1) - Effektorzellen (mit Fc-Rezeptoren) (erkennen nur IgG; Infusionen mit IgG blockieren die Fc-Rezeptoren) . Phagozytose . toxische Schädigung Perforin Proteasen Zytokine kationische Proteine Sauerstoffradikale Zielzelle mit IgG oder IgM markiert - Komplementsystem Zielzelle mit IgG oder IgM markiert Entstehung von Immunkomplexen im Blut AK aussen an den Immunkomplexen IV Degranulierung der Mastzellen Sensibilisierung der TH-Zellen Reaktivierung der TH-Zellen - Komplementsystem Effektorzellen mit Fc-Rezeptoren neutrophile Granulozyten Fibrinogen (bei Glomerulonephritis) Monozyten/Makrophagen (IL-2, IFN-γ) Kontaktdermatitis Granulomatöse Entzündungen ___________________________________________________________________________ 23 Immunpathologie Allgemeine Pathologie für Studierende der Zahnmedizin 15 (2008/2009) 27.4.2009 __________________________________________________________________________________________ Zusammenfassung der Rhesusinkompatibilität ___________________________________________________________________________ MUTTER KIND ___________________________________________________________________________ kein Rhesusantigen Geburt des ersten Kindes mit Rhesus-Antigenen Übertritt von kindlichen Erythrozyten mit RhesusAntigenen während der Geburt in den mütterlichen Kreislauf Bildung von IgG-AK gegen die Rhesus-Antigene des Kindes Schwangerschaft mit zweitem Kind; dieses wiederum mit Rhesus-Antigenen IgG-AK gegen Rhesus-Antigene greifen kindliche Eryhtrozyten an: Erythrozytolyse ___________________________________________________________________________