© fotolia.com Fact Sheet Europäische Kommission Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Klimawandel: Die He r ausfor de rung e n für die L andwirtschaft Inhalt Vo r wo r t 1 Ich freue mich, Ihnen dieses wichtige Informationsblatt vorstellen zu können. Es verdeutlicht den komplexen Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Klimawandel und stellt die positiven Bemühungen dar, die von der EU zur Lösung dieses Problems im Bereich der Landwirtschaft unternommenen werden. Einleitung 2 . D e r K l i m a w a n d e l f i n d e t s t a t t 3 . D i e d o p p e l t e H e r a u s f o r d e r u n g f ü r die Landwirtschaft 4 . W i e d i e L a n d w i r t s c h a f t d e n K l i m a w a n d e l beeinflusst 5 . W i e d i e E U - P o l i t i k z u r Emissionsreduzierung beitragen kann 6 . W i e d i e L a n d w i r t s c h a f t v o m K l i m a w a n d e l betroffen ist 7 . D i e L a n d w i r t s c h a f t k a n n n o c h m e h r z u m Kampf gegen den Klimawandel beitragen 8 . D i e L a n d w i r t s c h a f t m u s s s i c h w e i t e r anpassen 9. Er weiterung unseres Wissensstandes und langfristiges Denken 1 0 . S c h l u s s b e m e r k u n g e n 1 1 . N ü t z l i c h e I n f o r m a t i o n s q u e l l e n allem in einer Zeit, in der sie wachsenden wirtschaftlichen Druck spüren. Die EU beschäftigt sich schon lange sehr ernsthaft mit diesem Thema. Mit Leib und Seele stehen wir im internationalen Kampf an vorderster Front – wir müssen den Menschen die Gefahr vor Augen führen und unsere Partner dazu bringen, gemeinsam mit uns zu handeln. Bisher liegt der Schwerpunkt der EU-Klimapolitik auf Eindämmung. Auch die Landwirtschaft beteiligt sich am Kampf gegen den Klimawandel: Der EU-Agrarsektor hat bei der Reduzierung der Abgasemissionen bereits Fortschritte erzielt. Doch die drängenden Herausforderungen des Klimawandels verlangen von uns, dass wir nicht nachlassen. Mehr als das: Wir müssen uns noch steigern. Reduzierung allein ist nicht genug. Es ist an der Zeit, sich anzupassen. Jeder Einzelne von uns stellt fest, dass das Klima immer unbeständiger wird – da liegt es auf der Hand, dass die den Launen des Wetters ausgelieferten Landwirte diese Veränderungen noch viel aufmerksamer beobachten als wir. Inzwischen haben wir ziemlich eindeutige Beweise: Der Klimawandel findet statt, und er macht auch vor der Europäischen Union (EU) nicht Halt. Die europäische Landwirtschaft wird unweigerlich seine ganze Kraft zu spüren bekommen. In vielen Regionen werden geringere Niederschlagsmengen ein ernsthaftes Problem darstellen. In der gesamten EU werden immer häufiger plötzliche Hitzewellen, Stürme und Überflutungen auftreten. Zum Glück müssen wir nicht bei null anfangen. Die Gemeinsame Agrarpolitik verfügt bereits über Mittel, die eine Anpassung an den Klimawandel erleichtern können. Auch der Gesetzgeber ist gefragt; die Landwirte müssen bereits eine ganze Reihe von Umweltgesetzen beachten. Vielleicht brauchen wir noch mehr Vorschriften, doch ich denke, wir sollten den Landwirten soweit wie möglich positive Anreize bieten – Anreize, die sie dazu veranlassen, ihre Höfe und Produktionsmethoden an die neuen Bedingungen anzupassen und weiterhin umweltbewusste Leistungen zu erbringen. Außerdem müssen wir mögliche Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken und Krisen genauer untersuchen. Es ist natürlich möglich, dass der Klimawandel auch Gewinner hervorbringt. So könnten etwa in einigen nordeuropäischen Regionen die Ernteerträge steigen. Andererseits wird es aber ganz sicher Verlierer geben. Viele südeuropäische Länder haben bereits heute Schwierigkeiten, ihre Landwirte mit genügend Wasser zu versorgen. In einigen Fällen sind die Landwirte für die Hälfte des nationalen Wasserverbrauchs verantwortlich, und die vorhergesagten Trockenperioden werden diese Situation noch verschlimmern. Außerdem werden sich die Schädlinge stark vermehren, und die Wälder sind schon heute wesentlich anfälliger für Brände als noch vor einigen Jahren. Deshalb bitte ich Sie, weiterzulesen. Sie werden verstehen, dass eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit dem Klimawandel für die Zukunft der europäischen Landwirtschaft entscheidend ist, und Sie werden erfahren, wie die Landwirtschaft die Auswirkungen des Klimawandels reduzieren kann. Natürlich war das Wetter für die Landwirte von jeher Freund und Feind zugleich. Sie sind es gewohnt, das Unerwartete zu erwarten. Aber auch ihnen sind Grenzen gesetzt – vor Mariann Fischer Boel EU-Agrarkomissarin 2 3 © fotolia.com 1. Einleitung fällt und immer öfter Trockenperioden zu verzeichnen sind (siehe Abbildung I). Die Temperaturen sind extremer geworden (z. B. während der Hitzeperiode im Rekordsommer 2003), die Überflutungen häufiger. Auch wenn einzelne Wetterereignisse nicht auf nur einen Grund zurückgeführt werden können, zeigt eine Analyse der Statistiken, dass die Wahrscheinlichkeit derartiger Katastrophen als Folge des Klimawandels bereits erheblich größer geworden ist. Wirtschaftliche Schäden aufgrund wetterbedingter Naturkatastrophen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Der Klimawandel gilt heute als eine der größten Herausforderungen für die Welt – für die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft. Es existieren eindeutige wissenschaftliche Beweise dafür, dass die hohe Konzentration von Treibhausgasen (THG) in der Atmosphäre die Erderwärmung verursacht. Zwar sind Klimaveränderungen für die Welt nichts Neues, doch der zurzeit stattfindende Wandel beruht zum großen Teil auf menschlichem Einfluss. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, und wir können es schaffen. Die zu beobachtende Erderwärmung wird hauptsächlich auf Treibhausgasemissionen zurückgeführt, die durch menschliche Tätigkeiten verursacht wurden. Zu nennen sind vor allem Änderungen der Landnutzung wie das Abholzen von Wäldern und der Verbrauch fossiler Brennstoffe (Kohle, Öl und Gas). Die zahlreichen Auswirkungen des Klimawandels werden über kurz oder lang auch die Politik tief greifend verändern. Er stellt eine doppelte Herausforderung dar: Zum einen sind die für die Erderwärmung verantwortlichen Treibhausgase zu reduzieren (Eindämmung); zum anderen müssen wir uns dem jetzigen und künftigen Klimawandel anpassen, um seine negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten (Anpassung). Europa hat sich im vergangenen Jahrhundert um fast 1 ° C erwärmt, schneller als der weltweite Durchschnitt. Das Klima ist unbeständiger geworden. In Nordeuropa haben die Regen- und Schneefälle deutlich zugenommen, während in Südeuropa wesentlich weniger Niederschlag Der Klimawandel stellt Landwirtschaft und Agrarpolitik vor große Herausforderungen. Dieses Informationsblatt macht deutlich, wie die Landwirtschaft der Europäischen Union (EU) von der Erderwärmung betroffen ist und welchen Anteil sie daran hat. Außerdem wird gezeigt, auf welche Weise Landwirtschaft und EU-Agrarpolititk die doppelte Herausforderung meistern können, die darin besteht, Emissionen zu reduzieren und sich gleichzeitig den erwarteten Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Abbildung I. Trend des durchschnittlichen Jahresniederschlags (1900–1998) – Mittelmeerregion -30° -20° -10° 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60° Veränderung der Niederschlagsmenge 70° < -15 -15 bis -5 -5 bis 5 5 bis 25 60° 25 bis 50 50 bis 75 > 75 Hinweis: Durchschnittliche 50° Jahressummen 1901–1910 verglichen mit 1991–2000 in Prozent (Veränderungen von -35 bis 104 %) 50° 40° 40° 0 500 1000 0° 1500 km 10° 20° 30° 40° Quelle: Europäische Umweltagentur (EUA), Technischer Bericht Nr. 7/2005 – „Anfälligkeit und Anpassung an Klimawandel in Europa, basierend auf M. Hulme (1999) – ein historischer monatlicher Niederschlagsdatenbestand für weltweite Landflächen von 1900 bis 1998“ (http://reports.eea.europa.eu/ © fotolia.com technical_report_2005_1207_144937/en) 4 5 2 . D e r K l i m a w a n d e l f i n d e t s t a t t Kasten 1. Prognosen zum Klimawandel Inzwischen gibt es nur noch wenig Zweifel darüber, dass der Klimawandel tatsächlich stattfindet. „Der größte Teil des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Temperatur seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist sehr wahrscheinlich durch den beobachteten Anstieg der anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen verursacht. Die beobachtete weit verbreitete Erwärmung der Atmosphäre und des Ozeans zusammen mit dem Eismassenverlust unterstützen die Schlussfolgerung, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass die Klimaänderung der letzten 50 Jahre ohne äußeren Antrieb erklärt werden kann.“ Dies sind einige der Schlussfolgerungen des aktuellen Berichts des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC). Das IPCC1, in dem die führenden internationalen Experten auf diesem Gebiet versammelt sind, wurde kürzlich mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet2 – für seine Bemühungen, mehr Wissen über den vom Menschen verursachten Klimawandel zu schaffen und öffentlich zu verbreiten. Mit dem Begriff Klimawandel beschreibt man in der Regel den etwa die wirtschaftliche Entwicklung und den Be­völ­ke­rungs­ menschlichen Einfluss auf das Klima. Die größte Bedrohung trend. Aus dem neuesten IPCC-Bericht geht deutlich her- sind die Emissionen von Treibhausgasen (THG), die zum vor, dass der Klimawandel auf allen Kontinenten und in den „Treibhauseffekt“ beitragen. Der Treibhauseffekt ist ein für das Ozeanen stattfindet – vor allem über dem Festland und in den Leben auf der Erde grundlegender, natürlicher Mechanismus, obersten nördlichen Breiten. der jedoch durch die Aktivitäten des Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Die von der Sonne abgege- Das IPCC ist davon überzeugt, dass ein Großteil der beob- bene Strahlungsenergie durchbricht die Erdatmosphäre und achteten Erwärmung auf steigende, vom Menschen hervor- erwärmt die Erdoberfläche. Diese Hitze wird in die Atmosphäre gerufene Treibhausgas-Konzentrationen zurückzuführen ist. zurückgestrahlt, wobei ein Teil der Hitze in der Atmosphäre Hauptverantwortlich hierfür: die Verbrennung von fossilen von Gasen absorbiert wird. Je weiter die Konzentration von Brennstoffen und die Abholzung der Wälder. Diese Aktivitäten Treibhausgasen steigt, desto größer der Effekt, d. h. die führen zu Emissionen von Kohlendioxid (CO2) – dem in erster Erdtemperatur nimmt zu. Linie für den Klimawandel verantwortlichen Gas – und von anderen Treibhausgasen wie Methan (CH4) und Distickstoffoxid Länder und Personen, die bisher das Ausmaß des Problems der Klimaänderung in Frage stellten, haben sich mittlerweile offiziell der Ansicht angeschlossen, dass das Problem existiert und angegangen werden muss. Im 1998 von der UNO ins Leben gerufenen Zwischen­staatlichen (N2O). 25 % aller weltweit produzierten Treibhausgase sind auf Ausschuss für Klimaänderungen (Inter­governmental Panel on die veränderte Landnutzung zurückzuführen, vor allem auf die Climate Change, IPCC) untersuchen die führenden Experten der Abholzung der Regenwälder. In Europa sind der Energie- und Welt den Zustand des Weltklimasystems. Bei den Berichten der der Transportsektor die größten Emissionsproduzenten. Seit Gruppe handelt es sich um umfassende, aktuelle Darstellungen Beginn der Industrialisierung (etwa Mitte des 18. Jahrhunderts) des derzeitigen Wissensstands über den Klimawandel. Der vier- hat die Konzentration von CO2 und CH4 stark zugenommen. te Sachstandsbericht („Fourth Assessment Report“) des IPCC Selbst wenn die Emissionen von heute auf morgen gestoppt wurde im Herbst 2007 veröffentlicht. werden könnten, würde sich der Klimawandel aufgrund der bereits in der Atmosphäre angesammelten Gase für viele Jahrzehnte fortsetzen. In Weltklimamodellen und Emissions-Szenarien wird die Funktionsweise der Atmosphäre und der Meere nachgebildet. Auf diese Weise werden zukünftige Veränderungen der Klimamuster berechnet. Die Szenarien berücksichtigen die wich- 1 2 © fotolia.com tigsten Antriebskräfte für künftige Treibhausgasemissionen, Siehe: http://www.ipcc.ch “Klimaänderung 2007: Wissenschaftliche Grundlagen, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger“ Zusammen mit dem ehemaligen Vizepräsidenten der USA, Al Gore 6 7 © fotolia.com Bemühungen der internationalen Gemeinschaft und der EU im Kampf gegen den Klimawandel In den letzten 150 Jahren wurde weltweit eine Erhöhung der Temperatur um fast 0,8 ° C beobachtet. Das mag nicht dramatisch erscheinen – diese Entwicklung hat jedoch während der letzten drei Jahrzehnte bereits viele physikalische und biologische Systeme (Wasser, Lebensräume, Gesundheit) stark beeinflusst. Die internationale Forschung ist einhellig der Meinung, dass sich der Klimawandel weltweit immer stärker auswirken wird. Über Ausmaß und Geschwindigkeit dieser Auswirkungen herrscht allerdings nach wie vor Unsicherheit. Der Klimawandel ist ein globales Problem, das globale Lösungen erfordert. Seit Beginn der Neunzigerjahre wurden unter Führung der EU kollektive Maßnahmen auf internationaler Ebene ergriffen. Die EU spielte eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) und dem damit verbundenen Kyoto-Protokoll, das die Industrieländer dazu verpflichtet, ihre THG-Emissionen bis 2012 um 5 % zu reduzieren. Die EU ging eine noch weiter reichende Verpflichtung ein: Die 15 alten Mitgliedstaaten4 verpflichteten sich, ihre Emissionen um 8 % zu reduzieren. Die im Jahr 2004 beigetretenen Staaten wollen ihre Emissionen um 6 % (Ungarn, Polen) bzw. um 8 % (Tschechische Republik, Slowakei, Slowenien, Baltikum, Rumänien und Bulgarien) reduzieren. Nur Zypern und Malta haben sich den KyotoZielen nicht verpflichtet. Das IPCC sagt voraus, dass unverminderte Treib­haus­gas­ emissionen im Verlauf des 21. Jahrhunderts eine weitere rasche Erwärmung verursachen werden. Die hierdurch hervorgerufenen Veränderungen des Weltklimasystems werden höchstwahrscheinlich ein größeres Ausmaß erreichen als die im 20. Jahrhundert beobachteten. Man schätzt, dass die Temperatur auf der Erdoberfläche bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 1,1 ° C bis 6,4 ° C3 steigen könnte, wenn weltweit keine weiteren Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen ergriffen werden. Am wahrscheinlichsten ist ein Anstieg um 1,8 ° C bis 4,0 ° C; das entspricht einer Erwärmung um etwa 0,2 ° C pro Jahrzehnt. Europaweit sind die Temperaturen im Süden des Kontinents am stärksten gestiegen; das wird auch für die Zukunft erwartet. Die große Bandbreite der Vorhersagen erklärt sich aus Unsicherheiten der physikalischen Klimamodelle; außerdem sind die künftigen Emissionen nicht vorhersehbar, da sie von Faktoren wie dem technischen Fortschritt und dem Bevölkerungszuwachs abhängen. 3 Zu Beginn des Jahres 2007 sind die EU-Staatschefs sogar noch einen Schritt weiter gegangen; es wurde beschlossen auch ohne eine entsprechende internationale Verpflichtung die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % (im Vergleich zu den Werten von 1990)5 zu reduzieren. In den laufenden internationalen Verhandlungen versucht die EU alle Industrieländer auf das Ziel einer 30-prozentigen Reduzierung der Emissionen bis 2020 einzuschwören und auch die Entwicklungsländer, die derzeit keinerlei Reduzierungsverpflichtungen haben, mit einzubeziehen. Die EU ist davon überzeugt, dass ein Temperaturanstieg um In diesem großen Intervall kommt die Unsicherheit über die genauen Zahlen zum Ausdruck 4 5 8 Vor der EU-Erweiterung der Jahre 2004 und 2007, die zum Beitritt von weiteren 12 Ländern geführt hat KOM(2007) 2 endgültig, Mitteilung der Kommission ‚Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius – der Weg in die Zukunft bis 2020 und darüber hinaus‘ Vorbereitung der Klimawandel-Politik nach 2012 mehr als 2 ° C über dem vorindustriellen Niveau nur durch umfassende, ehrgeizige Ziele verhindert werden kann. Nur so lassen sich schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft vermeiden. Es ist für die EU vorrangig, dass dieVerhandlungen über einen zukünftigen globalen und umfassenden Klimaschutzrahmen vorankommen. Die internationalen Diskussionen über neue Verpflichtungen hatten bereits während der Konferenz der Parteien des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls (Montreal 2005 und Nairobi 2006) begonnen. Ziel der Verhandlungen ist ein umfassendes, globales Übereinkommen für die Zeit nach 2012, wenn die Vorgaben des aktuellen KyotoProtokolls auslaufen. Ein wichtiger Meilenstein wurde im Dezember 2007 beim Treffen der Kyoto-Vertragsparteien in Bali erreicht, wo die Verhandlungen formell aufgenommen wurden. Bis 2009 soll es zu einem Abkommen über einen neuen internationalen Klimaschutzrahmen kommen. Emissionsreduzierung ist nicht das einzige Ziel Der Schwerpunkt der EU-Politik zum Klimawandel lag bisher auf der Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Doch diese Bemühungen allein reichen nicht aus, um die Auswirkungen des Klimawandels zu stoppen. Zwar ist die Eindämmung als vorbeugende Maßnahme gegen vermeidbare Klimaänderungen unbedingt erforderlich; gegen die unvermeidbaren Auswirkungen der bereits in der Atmosphäre angesammelten Emissionen hilft jedoch nur Anpassung. Das aktuelle Grünbuch der Kommission (Juni 2007)6 zeigt auf, durch welche Maßnahmen die Anpassung an den Klimawandel gefördert werden kann (z. B. Errichtung von Deichen, Entwicklung von trockenheitsresistenten Nutzpflanzen, Wahl von Pflanzen und Bewirtschaftungsverfahren die den Wald weniger sturm- und brandanfällig machen). Die Anpassungsmaßnahmen müssen auf allen Ebenen und in allen Bereichen verstärkt und von der EU koordiniert werden. Das Grünbuch untersucht, wie die EU-Politik (einschließlich der Agrarpolitik) Europas Widerstandskraft gegen die Folgen des Klimawandels stärken kann und fordert eine breite Debatte über das Thema Anpassung. Dem Grünbuch wird im Jahr 2008 ein Weißbuch folgen, das konkrete Möglichkeiten zur Anpassung darlegt. 6 KOM(2007) 354 endgültig, Grünbuch Anpassung an den Klimawandel in Europa – Optionen für Maßnahmen der EU 9 © fotolia.com Das sagen die Experten 3 . D i e d o p p e l t e H e r a u s f o r d e r u n g f ü r d i e L a n d w i r t s c h a f t Die Landwirtschaft sieht sich vor eine doppelte Heraus­ forderung gestellt: Einerseits muss sie ihre eigenen Treibhausgasemissionen reduzieren, andererseits hat sie sich den erwarteten Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Auch die Landwirtschaft gibt Treibhausgase in die Atmosphäre ab, wenn auch in weitaus geringerem Umfang als andere Wirtschaftsbereiche. Abgesehen davon kann die Landwirtschaft dazu beitragen, den Klimawandel für die EU insgesamt anzugehen. Böden in die Atmosphäre. Die Bildung von N2O ist für mehr als die Hälfte aller durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen verantwortlich. • CH4 -Emissionen entstehen in erster Linie durch die Darmfermentation wiederkäuender Tiere (enterische Fermentation)7. • Sowohl N2O- als auch CH4-Emissionen werden durch die Lagerung (Zersetzung in sauerstoffarmen Milieu8) und Ausbringung von Wirtschaftsdünger produziert. Reduzierung der durch die Landwirtschaft produzierten Emissionen Die Landwirtschaft produziert kaum Kohlendioxid (CO2), das in der Atmosphäre am stärksten verbreitete Treibhausgas (siehe Box über Emissionsmessungen). Im Gegenteil, landwirtschaftliche Böden enthalten viel Kohlenstoff, der der Atmosphäre entzogen ist. Die Landwirtschaft produziert zwei sehr starke Treib­ hausgase: Distickstoffoxid (N2O) und Methan (CH4) (siehe Abbildung II): Anpassung an die Risiken des Klimawandels Der Klimawandel wirkt sich auf viele Wirtschaftsbereiche aus. Die Landwirtschaft ist einer der am stärksten betroffenen Sektoren, da die Bewirtschaftungsformen direkt von klimatischen Faktoren abhängen. Die Verfügbarkeit an natürlichen Ressourcen (Boden, Luft und Wasser) entscheidet über die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Das geht jeden in Europa etwas an, denn Ackerland, Wälder und Forstgebiete decken etwa 90 % der gesamten EU-Landfläche ab. Die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Ausprägung des Klimas – das Wetter – ist die wichtigste Ursache für schwankende Getreideernten und damit für das mit der Landbewirtschaftung untrennbar verbundene Risiko. Daher steht die Landwirtschaft beim Kampf gegen die Folgen des Klimawandels an vorderster Front. Die Anpassung ist eine große Herausforderung für die Landwirtschaft und die ländlichen Gebiete. • N2O gelangt hauptsächlich durch die mikrobische Umwandlung stickstoffhaltiger Düngemittel aus den Abbildung II. Aufgliederung der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft (EU der 279) – 2005 Abbildung III. Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Treibhaus gasemissionen – 2005 (EU der 27) Landwirtschaft 9,2 % N20-Landwirtschaftlich Kohlendioxid genutzte Böden 51 % (CO2) 0 % Methan (CH4) 3,9 % CH4-Reisanbau Stickoxid 0 % (N2O) 5,3 % CH4-Enterische Fermentation N20-Düngerwirtschaft Pansengärung 31 % 7 % Andere Sektoren 90,8 % CH4-Düngerwirtschaft 11 % Quelle: EEA Quelle: Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, auf der Grundlage von EEA-Daten10 8 Wiederkäuer (Kühe, Schafe, Büffel) produzieren durch ihren natürlichen Verdauungsprozess eine große Menge Methan. Die Bakterien im Pansen dieser Tiere verwandeln rohfaserhaltiges Futter zu Produkten, die von den Tieren verdaut und verwertet werden können. Ein Nebenprodukt dieses mikrobischen Prozesses ist Methan. Auch als anaerob bezeichnet. Anaerobe Verhältnisse treten häufig dann auf, wenn eine große Anzahl von Tieren auf engem Raum gehalten wird (z. B. Milchfarm, Rindfleischproduktionsstätten, Geflügelfarm). Die EU mit 27 Mitgliedstaaten nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien im Januar 2007 10 Siehe: http://www.eea.europa.eu/themes/agriculture/indicators 9 10 © fotolia.com 7 11 © fotolia.com © fotolia.com 4 . W i e d i e L a n d w i r t s c h a f t d e n K l i m a w a n d e l b e e i n f l u s s t Landwirtschaftliche THG-Emissionen Hinter dem Gesamtbild verbergen sich grosse Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (Abbildung IV). Im Jahr 2005 war der Anteil der durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen in Irland (26 %), Lettland und Litauen (beide 18 %), Frankreich 17%, Dänemark (15 %), Schweden und Rumänien (13 %), Ungarn (11 %), Spanien, Slowenien und Portugal (alle 10 %) höher als im EU-Durchschnitt. Das ist vor allem auf die Bedeutung der Landwirtschaft in diesen Ländern zurückzuführen. Der landwirtschaftliche Anteil an den Gesamtemissionen der jeweiligen Mitgliedstaaten hängt von der Größe und Struktur des Sektors im Vergleich zur Größe anderer emittierender Sektoren ab. Die Rolle der Landwirtschaft als Treibhausgasquelle variiert außerdem stark in Abhängigkeit der verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebsarten (z. B. Viehzüchtung im Vergleich zu Getreideproduktion, intensive im Vergleich zu extensiver Landwirtschaft usw.) sowie der unterschiedlichen Umwelt- und Klimabedingungen wie Bodeneigenschaften und Temperatur. Die Landwirtschaft in der EU der 27 hat im Jahr 2005 fast 475 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an Treibhausgasen 11 abgegeben; das sind circa 9 % aller Treibhausgasemissionen der EU (1990: 11 %). Somit ist die Landwirtschaft der drittgrößte Verursacher 12 (siehe Abbildung III). Etwa 5 % der Gesamtemissionen sind N2O-Emissionen* aus organischen und mineralischen Stick­stoff­düngern. Annähernd 4 % der Emissionen gehen auf das Konto von CH4, das hauptsächlich durch Ver­dauungs­prozesse von Wiederkäuern sowie – in geringerem Ausmaß – durch Lagerung von Wirtschaftsdünger entsteht. Der Einfluss der Landwirtschaft auf die Emissionen ist in der EU begrenzt bzw. rückläufig. Zusätzliche Anstrengungen des Agrarsektors verheißen weitere Emissionsreduzierungen. Abbildung IV. Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Treibhausgasemissionen (bezogen auf 27 EU-Mitgliedstaaten) – 2005 IE LT LV FR DK RO SE HU ES SI PT EU PL NL AT EL FI BE SK BG GB CY IT DE EE CZ MT LU 18 % 18 % 17 % 15 % 13 % 13 % 11 % 10 % 10 % 10 % 9 % 9 % 8 % 8 % 8 % 8 % 8 % 8 % 7 % 7 % 7 % 6 % 6 % 6 % 5 % 3 % 3 % 0 % 5 % Quelle: EEA 10 % 15 % 20 % 26 % Emissionen von Methan und Distickstoffoxid werden üblicherweise in CO2-Äquivalenten (CO2-eq) ausgedrückt, da sich diese Gase hinsichtlich Erwärmungspotenzial und Verweildauer von CO2 unterscheiden. Das Erwärmungspotenzial wird in der Regel für einen Zeitraum von 100 Jahren mit CO2 als Basis berechnet. Beispielsweise ist Methan, das nach CO2 zweitwichtigste Treibhausgas, 21 Mal so treibhauswirksam wie CO2. Daher entspricht eine Tonne CH4 einer Menge von 21 Tonnen CO2 -eq. 12 Ausführliche Informationen zu den Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft finden sich im Technischen Bericht Nr. 7/2007 der EEA – Jährliches Treibhausgasinventar der Europäischen Gemeinschaft 1990–2005 und Inventarbericht 2007 (http://reports.eea.europa.eu/technical_report_2007_7/en ) 11 25 % 30 % 12 * N2O hat ein um 296 Mal höheres Erwärmungspotential als CO2. Die landwirtschaftlichen Emissionen in der EU nehmen ab Kasten 2. Messung der Emissionen der Landwirtschaft – warum Daten stets mit Vorsicht zu genießen sind Es sieht aber besser aus als es zunächst erscheinen mag. Die Emissionen der EU-Landwirtschaft haben zwischen 1990 und 2005 sogar um 20 % abgenommen. Das ist hauptsächlich auf die veränderten Produktionsverfahren und den Rückgang des Viehbestandes zurückzuführen. Die Emissionen der 15 alten EU-Mitgliedstaaten sind um 11 % gesunken, während die der zwölf neuen Mitglieder (nach 2004) in der gleichen Zeit aufgrund der kompletten Umstrukturierung ihrer Landwirtschaft in den 90er Jahren sogar um 45 % abgenommen haben. Zum Vergleich: Weltweit sind die landwirtschaftlichen Emissionen um fast 17 % gestiegen, was hauptsächlich auf die starken Zunahmen in den Entwicklungsländern zurückzuführen ist. Weltweit werden die Emissionen eines jeden Sektors mit Hilfe von standardisierten IPCC-Methoden errechnet. Alle EU-Mitgliedstaaten haben das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen unterzeichnet; sie teilen ihre Treibhausgasemissionen jährlich entsprechend den IPCC-Vorgaben mit. Die Bestandsaufnahme in der Landwirtschaft umfasst Methan(CH4) und Distickstoffoxid- (N2O) Emissionen. Beide Gase werden normalerweise in CO2-Äquivalenten angegeben, da so ihre unterschiedlichen Erwärmungspotenziale vereinheitlicht werden können. CO2-Emissionen, die durch den Einsatz von Energie bei landwirtschaftlichen Maschinen, Gebäuden oder Tätigkeiten entste- Die landwirtschaftlichen Emissionen sind wesentlich stärker zurückgegangen als der um etwa 8 % reduzierte Ausstoß der EU insgesamt. Die Landwirtschaft hat also einen erheblichen Beitrag zur Erfüllung des Kyoto-Protokolls geleistet. Das ist ein viel versprechender Trend – trotzdem ist die Landwirtschaft nach wie vor für den Großteil der CH4- und N2O-Emissionen verantwortlich. Jüngst veröffentlichte Studien zeigen, dass die Viehhaltung stark zum Klimawandel beiträgt. Ein Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen13 kommt zu dem Schluss, dass der Viehbestand (weltweit) für 18 % der schädlichen Gasemissionen verantwortlich ist; das ist ein höherer Anteil als der des Transportsektors. Die Emissionsermittlung folgt dabei einer von der Standardberechnung abweichenden Methode, bei der die gesamte Produktionskette vom Anbau über die Futterproduktion bis zur Vermarktung der Tierprodukte berücksichtigt wird. Und die Studie befasst sich nicht nur mit der EU. Dennoch stehen die durch landwirtschaftliche Prozesse erzeugten Emissionen im Mittelpunkt; die von der übrigen Produktionskette ausgehenden Emissionen werden als vergleichsweise gering eingestuft. hen, zählen nicht zur Kategorie „Landwirtschaft“, sondern zum Sektor „Energie.“ Die Speicherung von Kohlenstoff in landwirtschaftlichen Böden und Anbauflächen zählt ebenfalls nicht zur Kategorie„Landwirtschaft”, sondern zur Kategorie„Landnutzung, Landnutzungsveränderung und Forstwirtschaft.“ Die durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen lassen sich schwieriger messen als die Emissionen der Industrie, denn die biologischen und ökologischen Prozesse bei der Gasabgabe landwirtschaftlicher Systeme sind äußerst komplex. Bei der Berechnung der Emissionen werden länderspezifische Daten (wie Anzahl der Tiere, Anbauflächen, Düngemittelverwendung) mit Standard-Emissionsfaktoren (z. B. CH4 pro Tier) kombiniert. Beispiel: Die durch den Verdauungsprozess der Wiederkäuer abgegebene CH4 -Menge wird berechnet, indem die Anzahl der Tiere mit einer Emissionsrate pro Tier multipliziert wird. Diese Emissionsfaktoren sind nicht gesichert, verschleiern bedeutende räumliche Schwankungen und berücksichtigen nicht vollständig die Strategien der Landwirtschaft zur Vermeidung. Beispielsweise kommt eine Änderung bei den Mengen der eingesetzten Düngemittel in der Berechnung der Emissionsdaten zum Ausdruck; der Einsatz neuer Ausbringungstechniken oder Düngemittelformeln bleibt jedoch unberücksichtigt. Die Ergebnisse geben also die Emissionen der Landwirtschaft nicht korrekt wieder, da in die Berechnung zu viele unsichere Faktoren einfließen. Die Erfassungsmethoden müssen also 13 „Livestock’s long shadows. Environmental issues and options“ (Der lange Schatten der Tierzucht: Umweltprobleme und Optionen) Siehe: http://www.fao.org/newsroom/en/news/2006/1000448/index.html verbessert werden um die landwirtschaftlichen Emissionen genauer wiederzugeben. 13 Noch komplizierter wird es, wenn man die unterschiedlichen Viehhaltungssysteme (verschiedene Fütterungstechniken, unterschiedliche Landnutzung) und die Vielfalt der aus der Tierhaltung stammenden Produkte berücksichtigt. Die Europäische Kommission plant eine Studie zur Berechnung der Gesamtemissionen des Viehsektors der EU. In der EU gibt es für den Landwirtschaftssektor und die von ihm am häufigsten emittierten Gase Methan und Distickstoffoxid keine bestimmten Reduktionsziele. Trotzdem haben viele Mitgliedstaaten spezielle, auf die Landwirtschaft abgestimmte Reduktionspläne festgelegt; dabei bedienen sie sich einer ganzen Reihe von Instrumenten zur Emissionseindämmung. Fortschritte dank effizienterer Land­wirt­schafts­techniken Abbildung V. Veränderung der CH4- und N2O-Gesamtemissionen (1000 Tonnen CO2-Äquivalent) der Landwirtschaft – 1990–2005 (EU der 27) MT CY ES PT IE IT SE LU SI FR BE AT EL GB NL EU DE FI DK PL HU RO CZ SK LT EE BG LV Die Landwirtschaft wird ihre Emissionen noch weiter reduzieren Der Trend ist eindeutig: Die landwirtschaftlichen Emis­si­ o­nen nehmen ab. Zurückzuführen ist das zum Großteil auf effizientere Landwirtschaftstechniken (z. B. moderne Düngerausbringung, verbesserte Lagerung von Wirt­ schaftsdünger), auf die Umsetzung der Nitratrichtlinie (enthält freiwillige und zwingende Regeln über den Einsatz von Wirtschaftsdünger) sowie auf die Unterstützung durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die z. B. die Direktzahlungen an die Erfüllung von Umweltschutzvorgaben knüpft. Die anhaltenden Auswirkungen der GAP-Reform 2003 (siehe Abschnitt über EU-Politik) werden – flankiert von weiteren Umweltgesetzen (siehe Kasten 3) – die landwirtschaftlichen Emissionen in der EU der 27 voraussichtlich noch weiter senken, und zwar im Vergleich zu 199014 bis 2010 um 23 % (15 % in der EU der 15). In diesem Trend spiegelt sich der Rückgang der Rinderzahl ebenso wieder wie die effizienteren Düngetechniken. Auch in anderen Wirtschaftssektoren wird eine Verminderung der Emissionen erwartet, wenn auch in geringerem Umfang als im Agrarbereich. Die EU ist weltweit die einzige Region, für die ein Rückgang der landwirtschaftlichen Emissionen prognostiziert wird. Dagegen steigt in den Entwicklungsländern aufgrund des dortigen Wirtschaftswachstums die Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten an, was vermutlich zu einem starken Anstieg der Emissionen führen wird. Die Landwirtschaft emittiert vor allem Methan von Wieder­ käuern und Distickstoffoxid aus den Böden. Hier waren zwischen 1990 und 2005 starke Rückgänge zu verzeichnen, wobei die Reduzierung der Methan-Emissionen vor allem auf die stark rückläufigen Rinderzahlen (um über 20 %) zurückzuführen ist (siehe Abbildung V). Außer Portugal und Spanien haben alle – vor allem aber die neuen – Mitgliedstaaten die durch enterische Fermentation der Wiederkäuer entstehenden Emissionen reduziert. Die Methan-Emissionen aus dem Düngemitteleinsatz wurden ebenfalls reduziert, und zwar um 9 %, wobei auch hier der Löwenanteil auf die neuen Mitgliedstaaten entfällt. -70 % 14 -30 % -20 % -10 % 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Quelle: EEA, Agrarumweltindikatoren 100 95 90 85 80 75 70 Die Voraussagen basieren auf den Schätzungen der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung aller nationalen Richtlinien und Maßnahmen. Im Jahr 2010 werden die THG-Emissionen der 27 EU-Staaten voraussichtlich etwa 11 % unter dem Niveau des Basisjahres (in der Regel 1990) liegen, wenn die sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene geplanten zusätzlichen Maßnahmen greifen. -40 % 105 Die sinkende Rinderzahl wird ebenso wie die Steigerung der Produktivität zu einer dauerhaften Verminderung der CH4-Emissionen beitragen. Die Milchkuhherde der EU wird in den kommenden Jahren voraussichtlich kleiner, was zu einer erheblichen Verringerung der Emissionen führen wird – Milchkühe produzieren einen großen Teil der MethanEmissionen. Neue Fütterungsmethoden wie die Verwendung spezieller Futterarten und Futterzusätze sind kostengünstige Möglichkeiten der Methanreduzierung mit hohem Entwicklungspotenzial. 14 -50 % Abbildung VI. Entwicklung der Rinderherde und die Verwendung von Stickstoffdünger 1990–2005 (Index bezogen auf 1990-Werte) – EU der 2515 Weniger Methangas – der Rückgang des Viehbestands spielt eine wichtige Rolle Die Emissionen von Distickstoffoxid aus landwirtschaftlichen Böden sind im gleichen Zeitraum um 21 % zurückgegangen, was vor allem einem sparsameren Einsatz von organischen und synthetischen Stickstoffdüngern zu verdanken ist (siehe Abbildung VI). Der Rückgang ist in fast allen Mitgliedstaaten zu verzeichnen. In einigen der neuen Mitgliedstaaten (z. B. Bulgarien, Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen und Slowakei) wurde eine Reduktion von etwa 50 % erreicht. Aber auch Großbritannien, Dänemark, Griechenland, Finnland und Deutschland haben ihre Emissionen deutlich – um circa 20 % – vermindert. -60 % Veränderung 1990-2005 in %: CH4- und N2O-Emissionen insgesamt 15 Dünger- und Kunstdüngergebrauch Anzahl des Viehs 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Quelle: Europäische Kommission, GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, basierend auf EEA-Daten Agrarumweltindikatoren16 EU mit 25 Mitgliedstaaten vor dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien im Januar 2007 16 15 Siehe: http://www.eea.europa.eu/themes/agriculture/indicators 5 . W i e E U - P o l i t i k h i l f t E m i s s i o n e n z u v e r m i n d e r n Weniger Distickstoffoxid-Emissionen – verbesserte Düngemethoden Die EU-Politik trägt zur Emissionsreduzierung bei Außerdem kann eine ganze Palette von Massnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums (also in der sogenannten „zweite Säule“ der GAP) zur Eindämmung des Klimawandels beitragen. Zu nennen sind etwa die Hilfen zur Hofmodernisierung (z. B. durch energieeffiziente Ausrüstung und Gebäude), Ausbildungs- und Beratungsleistungen sowie die Förderung von Biogas. Besonders relevant sind landwirtschaftliche Umweltschutzmaßnahmen. Den Landwirten wird ein Ausgleich für den zusätzlichen Aufwand gewährt, wenn sie freiwillig zum Umweltschutz beitragen, weshalb Agrar-Umweltschutzprogramme bedeutende Anreize bieten können Emissionen zu verringern und Kohlenstoffsenken zu stärken. Dem Klimawandel wird in den strategischen Leitlinien der EU für die Entwicklung des ländlichen Raums eine zentrale Bedeutung eingeräumt. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer ländlichen Entwicklungsprogramme Maßnahmen zur Verringerung des Schadstoffausstoßes mitaufzunehmen.21 Die Weiterentwicklung der GAP bietet die Möglichkeit, bestehende Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels zu stärken. In anderen Wirtschaftszweigen kann die Emission von Gasen durch das Umlegen von Schaltern gesteuert werden – das ist in der Landwirtschaft nicht möglich. Hier besteht der nachhaltigste Ansatz darin, eine breites Spektrum an Umweltleistungen zu erbringen und dabei ein lebens- und wettbewerbsfähiger Sektor zu bleiben, der zum gesamtwirtschaftlichen und sozialen Wohl beiträgt. Maßnahmen zur Reduzierung landwirtschaftlicher THG-Emissionen leiten sich daher nicht aus einer spezifischen Klimapolitik ab; vielmehr entspringen sie einer umfassenderen Agrar- und Umweltpolitik die auf langfristige Nachhaltigkeit abzielt. Vor allem zwei Gründe sind für den Rückgang der N2OEmissionen ausschlaggebend: der in den letzten 20 Jahren um 25 % gesunkene Einsatz von Stickstoffdüngern und die verminderte Ausbringung von Wirtschaftsdünger. Der Verband der europäischen Düngemittelhersteller (European Fertilizer Manufacturers Association, EFMA) erwartet für die EU der 15 einen weiterhin rückläufigen Einsatz von Stickstoffdüngern.17 Dagegen wird der Verbrauch in den zehn neuen Mitgliedstaaten18 leicht zunehmen – vor allem in Polen, was auf die dort zu erwartende Steigerung der Getreideproduktion zurückzuführen ist. Trotzdem sollte bis zum Jahr 2015 der Einsatz von Stickstoffdüngern in 25 EU-Staaten um 27 % geringer ausfallen als 1986, dem Jahr mit dem bisher höchsten Stickstoffverbrauch. Die GAP spielt eine große Rolle Abbildung VII. Voraussichtlicher Trend für die landwirtschaftlichen Emissionen bis 2010 (EU-15) Verkehr; 18 Energie, exkl. Verkehr; -7 Alle Branchen; -11,4 Landwirtschaft; -15 Industrie; -15 Abfall; -47 Veränderung in % Zur Integrierung von Klimaschutzbelangen in die GAP wurden bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, wobei die EU mit einer Reihe von Reformen die Führungsrolle übernommen hat. Zum Beispiel verlagerte die Reform der GAP von 2003 die finanzielle Unterstützung der Bauern auf direkte, von der Produktion abgekoppelte Hilfen (d. h. unabhängig von produzierten Mengen) – mit dem Effekt, dass der Anreiz für intensive Produktion reduziert wurde.19 Diese „entkoppelte“ Unterstützung geht einher mit klaren Auflagen für die Bauern, ihre Anbauflächen auf nachhaltige Weise zu bewirtschaften. „Cross-Compliance“-Regelungen knüpfen die Direktzahlungen an Bauern an die Bedingung, dass diese die EU-weit geltenden Gesetze nicht nur im Bereich Umweltschutz einhalten. Außerdem müssen die Empfänger der Direktzahlungen ihre Anbauflächen in einem guten landwirtschaftlichen und umweltfreundlichen Zustand erhalten. Die Konditionen werden von den Mitgliedstaaten festgelegt – etwa betriebliche Vorgaben wie Anbaumethoden, die eine Erhaltung der organischen Bodensubstanz ermöglichen, oder der Schutz von Dauergrünland – die dazu beitragen, die Kapazität der Böden als Kohlenstoffsenken zu erhöhen.20 Die Rolle der Umweltschutzgesetze Viele mit der Landwirtschaft verbundene Probleme des Klimawandels können durch Strukturwandel und neue Verfahren gelöst werden. Es ist der rechtliche Rahmen, der manchen Praktiken Einhalt gebietet. Verschiedene EU-Gesetze wie etwa die Nitratrichtlinie dämmen den Klimawandel besonders wirkungsvoll ein (siehe Kasten Umweltgesetze). Quelle: Mitteilung der Kommission über den Fortschritt beim Erreichen der Kyoto-Ziele (in Vorbereitung) Siehe http://ec.europa.eu/agriculture/index_en.htm für weitere Information 20 Kohlenstoffsenken sind Wälder und andere Ökosysteme, die CO2 absorbieren, es dadurch aus der Erdatmosphäre entfernen und CO2-Emissionen ausgleichen. 19 EFMA (2006): Prognosen für die Verwendung von Nahrungsmitteln, Landwirtschaftsprodukten und Düngemitteln innerhalb der Europäischen Union von 2006–2016 18 Die zehn Mitgliedstaaten, die der EU im Mai 2004 beigetreten sind 17 16 21 17 Ratsbeschluss 2006/144/EC vom 20. Februar 2006 (OJ L 55, 25.2.2006) Im Folgenden einige Beispiele für Umweltschutzgesetze, die NEC-Richtlinie (Richtlinie 2001/81 vom 23. Oktober 2001 sich zwar nicht unmittelbar mit dem Klimawandel befassen, aber über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte dennoch helfen Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zu Luftschadstoffe, OJ L 309, 27.11.2001) – Die NEC-Richtlinie setzt vermeiden: © fotolia.com Kasten 3. Umweltgesetze als Teil der EU Politik zur Luftqualität für jeden Mitgliedstaat Höchstgrenzen seiner Gesamtemissionen im Jahr 2010 fest, und Nitratrichtlinie (Richtlinie 91/676 des Rates vom 12. Dezember zwar im Hinblick auf die vier für Ansäuerung, Eutrophisierung 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat und Ozonbelastung in Bodennähe verantwortlichen Schadstoffe aus landwirtschaftlichen Quellen, OJ L 375 vom 31.12.1991) – Die (einschließlich Ammoniak). Die Entscheidung über die erfor- Richtlinie hat zwei Hauptziele: Die Verunreinigung von Wasser derlichen Maßnahmen bleibt größtenteils den Mitgliedstaaten durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen zu vermindern überlassen. Die Mitgliedstaaten müssen anhand eines staatli- und weitere Verunreinigungen zu verhindern. Die von den chen Programms darlegen, wie sie ihre Emissionshöchstgrenzen Mitgliedstaaten anzuwendende Richtlinie schreibt Folgendes im Jahr 2010 einhalten wollen. vor: Überwachung der Wasserqualität im Hinblick auf die Landwirtschaft; Kennzeichnung von nitratgefährdeten Zonen, Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (Richtlinie 2000/60 vom 23. Aufstellung (freiwilliger) Regeln guter landwirtschaftlicher Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Praxis sowie (verpflichtender) Maßnahmen für nitratgefährde- Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, te Zonen, die in Aktionsprogrammen umgesetzt werden. Einige OJ L 327, 21.12.2000) – Übergreifendes Ziel der WRRL ist Mitgliedstaaten haben ihr gesamtes Staatsgebiet als nitratge- die Schaffung eines Ordnungsrahmens zum Schutz aller fährdet gekennzeichnet. Für diese Zonen legt die Richtlinie Gewässer (Oberflächen- und Grundwasser), insbesonde- eine Höchstmenge an Stickstoff aus Wirtschaftdünger fest, re zur Vermeidung weiterer Schädigungen bzw. zum Schutz die ausgebracht werden darf, nämlich 170 kg Stickstoff pro von Ökosystemen und Feuchtgebieten, zur Förderung Hektar und Jahr. Die Regeln für gute landwirtschaftliche Praxis einer nachhaltigen Wassernutzung sowie zur Eindämmung beinhalten Vorgaben etwa für Ausbringungszeiträume, für der Folgen von Hochwassern und Dürreperioden. Die den Einsatz von Dünger in der Nähe von Wasserläufen und Mitgliedstaaten sind verantwortlich für die Kennzeichnung von auf Hanglagen, für die Lagerung des Wirtschaftsdüngers, für Flussgebieten und für die Erstellung von Flussgebietsplänen Methoden der Ausbringung, für Fruchtwechsel und andere mit Maßnahmenprogrammen. Daneben ist die WRRL ein Maßnahmen der Landbestellung. Instrument zur Linderung der negativen Auswirkungen land- IVU-Richtlinie (Richtlinie 96/61 des Rates vom 24. September tität, was auch für die Eindämmung des Klimawandels bzw. die 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung Anpassung daran von Bedeutung ist. 6 . W i e d i e L a n d w i r t s c h a f t v o m K l i m a w a n d e l b e t r o f f e n i s t Der Klimawandel beeinflusst die Landwirtschaft weltweit Missverhältnisse zwischen den ländlichen Gebieten Europas verstärken könnte. Der jüngst veröffentlichte Sachstandsbericht des IPCC prognostiziert, dass schon eine geringfügige Erderwärmung die Ernteerträge in den niederen Breiten reduziert bzw. stärkere Ertragsschwankungen auslöst. Die negativen Auswirkungen auf die Erträge werden durch häufigere extreme Wetterbedingungen verstärkt. Klein- und Subsistenzlandwirte sind besonders betroffen, da sie über weniger Wege und Mittel zur Anpassung verfügen. Dadurch nimmt voraussichtlich das Risiko von Hungersnöten zu; mehrere hundert Millionen Menschen könnten zusätzlich gefährdet sein. In höheren Breitengraden (z. B. im Norden der nördlichen Hemisphäre) könnte ein gemäßigter Temperaturanstieg (um weniger als 3 ° C) die Ernteproduktivität erhöhen; ein stärkerer Anstiege ließe die Erträge sinken. Die für die europäische Landwirtschaft wichtigsten Aspekte des Klimawandels Das Klima wird sich nicht in allen Regionen gleichermaßen verändern. Jedoch lassen sich die für das 21. Jahrhundert vorhergesagten Veränderungen auf eine einfache Formel bringen: Die Winter werden milder und feuchter, die Sommer heisser und trockener, extreme Wettererscheinungen werden häufiger und intensiver. Die Karten VIII und IX zeigen in einer Simulation wie sich die Temperaturen und Niederschläge bis zum Ende des Jahrhunderts in der EU verändern werden. Die Berechnungen beruhen auf einem sozio-ökonomischen Szenario, das annimmt, dass die Emissionen über dem heutigen Niveau liegen werden. Die errechneten Temperaturen bedeuten eine erhebliche Erwärmung insbesondere auf der iberischen Halbinsel und in den zentralen Regionen Südosteuropas. Zwar lassen sich Niederschläge noch unzuverlässiger berechnen als Temperaturen; die Tendenz zu weniger Regen im Süden der EU kann man aber schon jetzt beobachten. Die Landwirtschaft der EU ist ebenfalls betroffen wirtschaftlicher Aktivitäten auf die Wasserqualität und -quan- der Umweltverschmutzung, OJ L 257, 10.10.1996) – Ziel der Richtlinie ist die Minimierung von Umweltverschmutzungen Bodenrahmenrichtlinie (geplant) – Der Boden erfüllt viele und Störungen durch große Arbeitsgänge/Installationen. Unter Funktionen, darunter die einer Kohlenstoffsenke. Damit trägt er die IVU-Richtlinie fallen Betriebe mit einem Tierbestand von unmittelbar zur Eindämmung des Klimawandels bei. Die EU plant mehr als 2 000 Mastschweinen und/oder mehr als 750 Sauen die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens zur Verbesserung und/oder mehr als 40 000 Hühnern. Diese Betriebe müssen des Bodenschutzes. Die Richtlinie soll die Mitgliedstaaten dazu Maßnahmen ergreifen, um die Ammoniak-Emissionen zu redu- verpflichten, innerhalb von fünf Jahren durch Bodenerosion zieren (z. B. abgedeckte Lagerung von Stallmist, verbesserte gefährdete Gebiete zu kennzeichnen und innerhalb von sieben Behausungssysteme, Luftreinhaltung, Dungbehandlung, schad- Jahren Ziele zu formulieren, die das Risiko für diese Gebiete stoffarme Düngeranwendung). Ammoniak ist kein Treibhausgas, reduzieren. Außerdem sind Maßnahmenprogramme aufzu- aber die Maßnahmen zur Dungbehandlung beeinflussen auch stellen, die innerhalb von acht Jahren nach Einführung der die Methan- und Stickoxidemissionen. Seit 2006 überprüft die Richtlinie umgesetzt werden müssen. Die Richtlinie befindet Kommission die IVU-Richtlinie, um die Anwendung weiter zu sich noch im Entscheidungsfindungsprozess der EU. Sie wird im verbessern. Rahmen ihrer umfassenden Zielsetzung die Mitgliedstaaten z. B. ermächtigen, Höchstgrenzen der Bodenerosion festzulegen. Der Klimawandel ist auch für die Landwirtschaft der EU Besorgnis erregend. Die Landwirtschaft muss im Laufe der kommenden Jahrzehnte ohnehin viele Herausforderungen meistern: die wachsende internationale Konkurrenz, eine weitere Liberalisierung der Handelspolitik und die anhaltende Abwanderung der Landbevölkerung in vielen Regionen. Der Klimawandel kommt zu diesen Belastungen noch hinzu. Es trifft zwar zu, dass der Klimawandel für die Landwirtschaft in bestimmten Gebieten Europas, besonders in den nördlichen Regionen, positive Folgen haben könnte. Die meisten Auswirkungen sind allerdings wohl eher nachteilig. Noch dazu treten sie in Regionen auf, die aufgrund sozioökonomischer und umweltbedingter Faktoren wie z. B. Wasserknappheit ohnehin schon belastet sind. Dieser ungleiche Effekt der Klimaerwärmung wird voraussichtlich die regionalen Unterschiede in Europas Landwirtschaft verstärken. Das Risiko der Landflucht und der regionalen Ausgrenzung in manchen Teilen der EU nimmt zu, was die wirtschaftlichen 22 18 Extreme Wetterbedingungen sowie – in geringerem Ausmaß – Veränderungen der jährlichen und jahreszeitlichen Niederschlagsmengen und ihre Wechselwirkung mit der Temperatur haben voraussichtlich schon kurz- bis mittelfristig sehr ernste Folgen für die Landwirtschaft. Die schwerwiegendsten werden möglicherweise erst ab dem Jahr 2050 zu spüren sein, doch werden sich schon vorher extreme Klimaerscheinungen wie längere Hitzewellen, Dürreperioden und Hochwasser erheblich negativ auswirken. Man erwartet, dass diese extremen Wetterbedingungen im Ausmaß zunehmen, öfter auftreten und immer mehr Gebiete der EU betreffen. Sie werden aller Voraussicht nach die Wahrscheinlichkeit von Missernten erhöhen. Der Klimawandel könnte auch Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit haben – zu nennen wäre etwa eine erhöhte Anfälligkeit der organischen Masse im Boden oder das durch steigende Temperaturen, häufigere Dürreperioden und stärkere Niederschläge hervorgerufene Risiko von Bodenerosionen. Über die genauen W.E. Easterling, P.K. Aggarwal, P. Batima, K.M. Brander, L. Erda, S.M. Howden, A. Kirilenko, J. Morton, J.-F. Soussana, J. Schmidhuber und F.N. Tubiello, 2007: „Nahrungsmittel, Faserstoffe und Waldprodukte. Klimawandel 2007: Auswirkungen, Anpassung und Anfälligkeit. Beitrag der Arbeitsgruppe II zum vierten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC)“ 19 © fotolia.com © fotolia.com Karte VIII. Vorhergesagte Veränderung der Jahresdurchschnittstemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts23 Karte IX. Vorhergesagte Veränderung der durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge bis zum Ende des 21. Jahrhunderts [%] [ ºC ] -60 0 -40 +2 -20 +2,5 -10 +3 -05 +3,5 +05 +4 +10 +4,5 +20 +5 +40 +5,5 Temperatur: Veränderung der jährlichen Durchschnittstemperatur [C°] 23 +80 Niederschlagsmenge: Veränderung der jährlichen Menge [%] Die Vorhersagen beruhen auf Szenario A2, das eine künftige hohe Emissionstendenz und Temperaturerhöhung unterstellt. Die vorhergesagten Klimafolgen werden für 2071–2100 in Relation zu 1961–1990 geschätzt. Die Karten basieren auf DMI/PRUDENCE-Daten (http:// prudence.dmi.dk), aufbereitet vom EU Joint Research Centre (JRC) im Rahmen der vom JRC finanzierten PESETA Studie (http://peseta.jrc.es) 20 21 Gefahren durch das Wetter © fotolia.com Die Auswirkungen von vermehrt auftretenden extremen Wettererscheinungen wie Hagel, intensive Niederschläge im Winter, Hitzewellen und Dürreperioden werden überall in Europa zu spüren sein. In den letzten Jahren hat eine Reihe von Fluten, Dürreperioden und Stürmen Europas Anfälligkeit für extreme Wetterbedingungen deutlich gemacht. Die Häufigkeit ihres Auftretens könnte sich schon kurz- bis mittelfristig, d. h. bis zum Jahr 2020, erhöhen. Insbesondere wird für die südliche EU ein höheres Dürrerisiko erwartet, während in den zentralen und nördlichen Regionen die Gefahr von Hochwassern steigen dürfte. Auswirkungen herrscht zwar noch Unklarheit; jüngst ver­ öffentlichte Studien zeigen jedoch, wie wichtig es ist, mögliche Synergien zwischen unterschiedlichen Formen der Land­nutzung und der Bodenbearbeitung aufzuspüren, indem man die Problembereiche Kohlenstoffabscheidung, Treibhausgasemissionen und langfristige Nachhaltigkeit land­wirtschaftlicher Systeme miteinander vernetzt. Erhöhter Schädlingsbefall Spezifische Risiken für die Landwirtschaft: Wasserknappheit Die stärksten Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft haben mit Wasser zu tun. Weil es sehr wahrscheinlich im Sommer weniger regnet, wird in vielen Teilen Europas im Jahresmittel weniger Wasser zur Verfügung stehen – vor allem in südlichen Regionen und in Teilen Zentraleuropas. In den westlichen und atlantischen Regionen werden die Sommer voraussichtlich trockener und heißer; verringerte Wasserressourcen in dieser Jahreszeit könnten zu Konflikten zwischen der Landwirtschaft und anderen Nutzern führen. Das Risiko von Wasserknappheit nimmt zu und wird sich spürbar auf die landwirtschaftliche Produktion und die europäischen Landschaften auswirken. In vielen Gebieten der EU, vor allem in den südlichen Mitgliedstaaten, ist man zwar seit Hunderten von Jahren mit der Bewässerung vertraut – sie gehört dort zur landwirtschaftlichen Tradition – angesichts des Klimawandels wird man jedoch die Bewässerungstechniken überdenken müssen. Einige Regionen werden ihre Bewässerungsfläche ausweiten müssen, um die Erzeugung aufrecht zu erhalten. Ohne Zweifel muss die Landwirtschaft weitere Anstrengungen unternehmen – die Wassernutzung muss effizienter werden, und Wasserverluste sind zu reduzieren. Bewässerung muss sorgfältig geplant werden, auch im Hinblick auf ihre Auswirkungen. Vorhersagen über klimatische Verlaufskurven sind jedoch ebenso wie Aussagen über die erwarteten Auswirkungen auf die Landwirtschaft, insbesondere im Hinblick auf einzelne Gebiete, immer noch sehr unzuverlässig. Bei der Abschätzung der Folgen sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Prognosen unbedingt zu berücksichtigen. Die Unterschiede ergeben sich aus den unterschiedlichen Modellen die zur Simulierung des Klimawandels herangezogen werden, aus den verschiedenen sozioökonomischen Szenarien und aus den unterschiedlichen Zeithorizonten. Da die Temperaturen und die Feuchtigkeit zunehmen, breiten sich aller Voraussicht nach Schädlinge, Krankheiten und Unkraut aus; der Befallsdruck nimmt zu. Das Ausmaß des Gesamteffektes ist schwierig abzuschätzen, wahrscheinlich werden die regionalen Unterschiede sehr groß sein. Die Landwirte werden vor dem Problem stehen, mit dem erhöhten Schädlingsbefall bzw. neuen Schädlingen zurechtzukommen. Dabei werden sie sich auf das stützen müssen, was ihnen die Wissenschaft an neuen Erkenntnissen liefert und die gesetzlichen Rahmenbedingungen der EU zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu beachten haben. Auswirkungen auf die Verbraucher Auswirkungen auf Erträge und die räumliche Verteilung der Ernte Klimaeffekte auf Wälder Der prognostizierte Klimawandel wird sich auf die Höhe und die Schwankungen von Ernteerträgen, auf die Viehhaltung und auf die Auswahl von Produktionsstandorten auswirken – so werden sich beispielsweise die agroklimatisch begünstigten Zonen in nördlichere Breitengrade verlagern. Diese Auswirkungen könnten in bestimmten Gebieten Europas das Nahrungsangebote aus der Region gefährden, zu erhöhter Preisinstabilität führen und die Einkünfte der Landwirte bedro- 22 hen. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels auf wichtige landwirtschaftliche Produktionsländer außerhalb der EU, aus denen die EU landwirtschaftliche Erzeugnisse und Nahrungsmittel in erheblichen Mengen importiert. © fotolia.com Regional unterschiedliche Auswirkungen des Klimawandels innerhalb der EU Alle Gebiete der EU spüren zunehmend die nachteiligen Effekte des Klimawandels, doch einige Gebiete werden stärker in Mitleidenschaft gezogen werden als andere. Südeuropa und das Mittelmeerbecken sind aufgrund des erhöhten Risikos der Wasserknappheit besonders gefährdet. Besonders anfällig sind auch Berggebiete, insbesondere die Alpen, wo rasante Temperaturanstiege zu einer ausgedehnten Schnee- und Eisschmelze sowie zur Veränderung von Flussläufen führen. Dicht besiedelte Flussebenen sind durch das erhöhte Risiko von Stürmen, intensiven Niederschlägen und Sturzfluten stärker bedroht – umfangreiche Schäden an landwirtschaftlichen Flächen, bebauten Gebiete und der Infrastruktur wären die Folge. Aufgrund des Klimawandels wird in einigen EU-Regionen möglicherweise weniger produziert, die jahreszeitlichen Strukturen können sich ändern, die Erträge schwanken, die Kosten der Landwirtschaft steigen – all das lässt den Verbraucher nicht unbehelligt. Mögliche Auswirkungen sind Angebotsverlagerungen und/oder Preisänderungen. In einigen Mitgliedstaaten könnten sich jedoch Ernteerträge und Vielfalt der landwirtschaftlichen Produktion durch den Klimawandel verbessern. Das Ausmaß der erwarteten klimatischen Auswirkungen auf die Landwirtschaft wird in Abbildung X zusammengefasst. Die Waldgebiete der EU werden ebenfalls stark von veränderten klimatischen Bedingungen in Mitleidenschaft gezogen. Die Erwärmung wird das Risiko von Waldbränden und Schädlingsbefall vermutlich erhöhen; langfristig wird sie auch die Zusammensetzung der Baumarten und den Holzzuwachs verändern. Diese Folgen werden allerdings je nach Region verschieden ausfallen. Extreme Wettererscheinungen wie starke Winde, Stürme, längere Hitzewellen und Dürreperioden werden auf die Wälder ebenfalls erhebliche Auswirkungen haben. Langfristig gesehen könnte der Klimawandel die ökonomische, soziale und ökologische Funktion unserer Wälder gefährden. 23 © fotolia.com Abbildung X. Voraussichtliche Auswirkungen des Klimawandels in verschiedenen EU Regionen Niederschläge im Winter (Hochwasser) Meeres/Seenlevel Meeresspiegel Heißere und trockenere Sommer Heißere und trockenere Sommer Vegetationszeiten Stürme, Hochwasser Erntepotenzial Ernteerträge, Vielfalt Schädlinge Tauender Dauerfrostboden Temperatur Niederschläge im Winter (Hochwasser) jährliche Niederschlags-menge, Wasserverfügbarkeit Niederschläge im Sommer Dürrerisiko, Wärmespannung Dürrerisiko Ernteerträge Länge der Vegetationszeit Brauchbare Ernteerträge Ernteerträge und Vielfalt Risiko für Bodenerosion Quelle: Kommission GD Landwirtschaft; nach Literaturangaben Klimazonen Zentraleuropa Nördliche Gebiete Südliche und südöstliche Regionen Westliche und atlantische Gebiete 24 Südliche und südöstliche EU-Länder Westliche und atlantische Regionen Im Süden und Südosten (Portugal, Spanien, Südfrankreich, Italien, Slowenien, Griechenland, Malta, Zypern, Bulgarien und Südrumänien) wird man die Auswirkungen starker Temperaturerhöhungen bei gleichzeitig verringerten Niederschlägen besonders zu spüren bekommen – das sind Gebiete, die schon jetzt mit Wasserknappheit zu kämpfen haben und stark von Bewässerung abhängig sind. Auf der iberischen Halbinsel könnte die jährliche Niederschlagsmenge bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu heute um bis zu 40 % sinken. Ohne wirksame Anpassung könnten langfristig Ernteverluste von 10 % bis 30 % auftreten, was das regionale Nahrungsangebot gefährden könnte. Bis 2050 könnte als Resultat des Klimawandels der Anbau bestimmter Früchte (z. B. Frühernten) von südlichen Gebieten in höhere Breitengrade abwandern. Zur Vermeidung der schlimmsten Folgen werden Anpassungsmaßnahmen wie eine ausgeglichenere Fruchtfolge mit Pflanzen die weniger Wasser beanspruchen notwendig werden. In West- und Nordfrankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien, Irland und Dänemark steigen die Durchschnittstemperaturen voraussichtlich etwas mäßiger als in anderen Regionen. Man erwartet, dass extreme Ereignisse wie heftige Stürme und Fluten aufgrund der wärmeren Temperaturen sowie der stärkeren und intensiveren Niederschläge insbesondere im Winter häufiger auftreten. Die Sommer werden allerdings trockener und heißer – Wasserknappheit könnte dazu führen, dass Landwirte und andere Nutzer um diesen lebenswichtigen Produktionsfaktor konkurrieren. Das größte Problem für die Landwirtschaft in dieser Region könnte der steigende Meeresspiegel darstellen: Mit den tief liegenden Landflächen in Ostengland, an der belgischen Nordseeküste, in den Niederlanden und in Deutschland wären einige der landwirtschaftlich produktivsten Gebiete dieser Länder betroffen. Zentrale EU-Regionen In den nördlichen Regionen (Schweden, Finnland, Baltikumstaaten) werden starke Stürme und Sturzfluten sowie stärkere und intensivere Niederschläge erwartet, vor allem im Winter und in den nördlichsten Regionen von Schweden und Finnland. Positiv zu vermerken wäre die Möglichkeit der Erschließung neuer Anbaugebiete und die Einführung neuer Kulturen aufgrund verlängerter Vegetationszeiten. Die Erträge könnten bei einer moderaten Erwärmung von 1 bis 3 ° C erheblich gesteigert werden. Die Produktion könnte jedoch eventuell unter neuen Schädlingen und Krankheiten leiden. Ein wärmeres Klima könnte außerdem die Wasserqualität in der Ostsee verschlechtern. Ein Abschmelzen des Dauerfrostbodens aufgrund der Erwärmung wird die Bodenstruktur ebenfalls stark beeinträchtigen. Nördliche Zonen Für die mitteleuropäischen Länder (Süden und Osten Deutschlands, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Nordrumänien) prognostizieren die Klimamodelle steigende Niederschläge im Winter und in einigen Gebieten, etwa in Ungarn und Nordrumänien, erheblich weniger sommerliche Niederschläge. Die Landwirtschaft wird höchstwahrscheinlich durch hohe Temperaturen, sommerliche Trockenperioden, ein erhöhtes Bodenerosionsrisiko und die Migration von Schädlingen und Krankheiten beeinträchtigtwerden. Andererseits werden einige Gebiete – etwa Polen, Tschechien und Ostdeutschland – möglicherweise von längeren Vegetationsperioden und den damit verbundenen höheren Erträgen profitieren; das Spektrum der Kulturen könnte breiter werden. 25 7 . D i e L a n d w i r t s c h a f t k a n n n o c h m e h r z u m K a m p f g e g e n d e n Klimawandel beitragen für die Bauern verfügbaren und erschwinglichen technischen Lösungen ist begrenzt, und die Nahrungsmittelproduktion in der EU muss aufrechterhalten werden. Künftig könnte es aber durchaus z. B. neue Technologien zur Reduzierung des Methanausstoßes aus dem Verdauungssystem von Wiederkäuern geben. Der Landwirtschaftssektor der EU hat die Herausforderungen des Klimawandels in vollem Umfang erkannt und reagiert entsprechend. Es gibt bereits landwirtschaftliche Methoden, mit denen man die Emissionen noch unter das derzeitige Niveau drücken könnte. Nicht alle dieser Methoden sind allerdings gleich günstig und praktikabel. Einige Beispiele: Optimierung der Häufigkeit der Ausbringung von Düngemitteln und der ausgebrachten Menge, eingeschränkte Nutzung (oder Wiederherstellung) von organischen Böden wie z. B. Torfböden mit hohen Kohlenstoffwerten und verbesserte Steuerung der Wirtschaftsdüngerkette zur Verringerung der Methanemissionen – etwa durch Abdichtung der Güllegruben, durch Kompostierung und Verfahren der anaeroben Vergärung (z. B. zur Abscheidung von Methan und dessen Umwandlung in Biogas). Weitere Fortschritte auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien aus landwirtschaftlicher Biomasse könnten zu einer Verringerung des CO2-Ausstoßes in den Sektoren Energie und Transport beitragen und gleichzeitig dem landwirtschaftlichen Sektor zugute kommen. Zu beachten ist auch Folgendes: Die Einschränkung der landwirtschaftlichen Produktion in der EU durch die Ausweitung belastender Auflagen mag zur Lösung von Problemen des Klimawandels beitragen. Dabei riskiert man jedoch, dass die Emissionen in andere Länder „exportiert“ werden – in Länder, die ohne Rücksicht auf Klimawandelprobleme unverändert weiter produzieren, um die Lücken im Nahrungsangebot zu füllen. Da beispielsweise die weltweite Nachfrage nach tierischen Produkten steigt, werden scharfe Eindämmungsmaßnahmen in der EU jedenfalls dann keineswegs zu einer weltweiten Nettoreduzierung der Emissionen führen, wenn die Viehhaltung in andere Länder verlagert wird. Hinzu kommt Folgendes: Wenn Länder, deren Produktivität in der Tiererzeugung hinter derjenigen der EU zurückbleibt, ihre Produktion steigern, könnte das sogar zu einer Nettoerhöhung der weltweiten Der Reduzierung des landwirtschaftlichen Schad­stoff­aus­ stoßes sind allerdings auch Grenzen gesetzt. Die Anzahl der Biologische Anbaumethoden Treibhausgasemissionen führen. Daran beteiligt wären etwa CO2-Emissionen durch die Umwandlung von Waldflächen in Weiden. Dies unterstreicht die Tatsache, dass der Klimawandel für die Landwirtschaft ein globales Problem darstellt, das globale Lösungen erfordert. Der ökologische Anbau, der generell keine mineralischen Dünger einsetzt und auch weniger organische Düngemittel als die konventionelle Landwirtschaft verwendet, hat einen geringeren Schadstoffausstoß. Die biologische Landwirtschaft verbraucht im Allgemeinen auch weniger Energie als die konventionelle Landwirtschaft (sowohl pro Hektar als auch pro Produkteinheit). Die EU unterstützt die biologische Landwirtschaft seit vielen Jahren. Der Europäische Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel vom Juni 200426 unterstreicht die doppelte gesellschaftliche Rolle der ökologischen Produktion, die sowohl auf die Bedürfnisse der Konsumenten eingeht als auch öffentlichen Nutzen bringt. Ziel des Aktionsplans ist die weitere Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Nachfolgend einige spezifische Verfahren, mit denen die Landwirtschaft bereits ihren Beitrag leistet: Umwandlung von tierischen Abfällen in Biogas Die Errichtung von anaeroben Vergärungsanlagen24 zur Produktion von Biogas aus Mist und Gülle ist trotz der hohen Investitionskosten eine der aussichtsreichsten Maßnahmen zur Methanreduzierung. Produktion von Biogas ist besonders effektiv in Regionen mit hoher Viehdichte, wo große Mengen an Flüssigmist und Dung anfallen. Diese Methode wirkt sich auch auf den Wasserschutz positiv aus. Zur Förderung von Biogasanlagen kann der EU-Fond für ländliche Entwicklung eingesetzt werden. Damit beim Biogas Fortschritte erzielt werden, sind allerdings zusätzliche Maßnahmen wie rentable Einspeisungstarife25 für Elektrizität erforderlich. Verbesserung der Funktion landwirtschaftlicher Böden als Kohlenstoffsenken Die Einlagerung von organischem Kohlenstoff in landwirtschaftliche Böden (Kohlenstoffsenken) birgt ein erhebliches Potenzial für die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre. Chlorophyllhaltige Pflanzen absorbieren CO2 durch Photosynthese und verwenden den darin enthaltenen Kohlenstoff zur Bildung organischer Stoffe. Die Rolle der landwirtschaftlichen Ökosysteme als Kohlenstoffsenken wird vom Kyoto-Protokoll anerkannt; es gestattet die Berücksichtigung der Absonderung (oder der Abgabe) von Anaerobe Vergärung ist der natürliche Prozess des biologischen Abbaus von organischem Material unter luftfreien Bedingungen. Eine anaerobe Vergärungsanlage ist eine künstlich hergestellte Einrichtung, die diesen Prozess zur Aufbereitung verschiedener Arten von organischem Abfall und zur Produktion von Biogas nützt. Das Biogas kann dann in Energie und Elektrizität umgewandelt werden. Der Prozess reduziert gashaltige Emissionen des Ausgangsmaterials und liefert gleichzeitig wertvolle erneuerbare Energie. 25 Gesetzliche Verpflichtungen (mit Mindestpreisen) für Ver­sorgungs­ unter­nehmen zur Abnahme von Strom aus Einrichtungen, die erneuerbare Energie erzeugen, etwa Biogasanlagen. 26 Siehe http://ec.europa.eu/agriculture/qual/organic/plan/comm_en.pdf 24 26 27 Kohlenstoff durch landwirtschaftliche Tätigkeiten bei der Berechnung der nationalen Netto-CO2-Emissionen.27 Erneuerbare Ressourcen für Bioenergien und Bioprodukte Biomasse fördert außerdem eine gleichmäßige Verteilung landwirtschaftlicher Aktivitäten im Gebiet der EU. Durch zahlreiche landwirtschaftliche Methoden ebenso wie durch eine geänderte Landnutzung können beträchtliche Kohlenstoffmengen im Boden gespeichert werden. Als Beispiele seien genannt: die ökologische Landwirtschaft, die Vermeidung oder Verringerung von Bodenschäden durch geeignete Ackerbaumethoden, der Einsatz von Zwischenkulturen28, Proteinfrüchte, das Anpflanzen von Hecken, die Pflege von Dauerweiden und die Umwandlung von Ackerland in Weideland. Ebenso hilfreich sind die Aufforstung von landwirtschaftlichen Flächen sowie AgroForstwirtschaft, da einige Holzarten, wie etwa schnell wachsende Weide, bedeutend mehr und länger Kohlenstoff aufnehmen können als die meisten landwirtschaftlichen Kulturen. Aus landwirtschaftlicher Biomasse produzierte erneuerbare Energie30 kann bei Transport, Heizung oder Elektrizität schadstoffreiche Energien ersetzen. Vor allem die Entwicklung erneuerbarer Energien soll dazu beitragen, dass die Verpflichtung der EU zur Reduktion von Treibhausgasen eingehalten werden kann. Erbringung von Umweltschutzleistungen Im März 2007 legten die Regierungschefs der EU folgende bis 2020 zu erreichenden Ziele fest: Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20 %, Mindestanteil des Biotreibstoffs gegenüber fossilen Brennstoffen im Straßengüterverkehr 10 %. Im Rahmen ihrer Politik der Förderung von Biotreibstoffen plant die EU Maßnahmen, die deren positive Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß sicherstellen sollen. Hierzu zählt die Mindestreduzierung von Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Zusätzlich werden Biotreibstoffe der „zweiten Generation“ gefördert, die fortschrittliche Umwandlungstechniken nutzen und eine Vielfalt an Biomasseressourcen nutzen können (z. B. Abfallprodukte und Forstmaterial). Auf diese Weise kann eine deutliche Reduzierung von Treibhausgasen erreicht werden. Die wissenschaftliche Erkenntnis auf diesem Gebiet macht Fortschritte. Dennoch gibt es noch eine Reihe von Problemen bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Kohlenstoffsequestrierung. Unklarheiten über die je nach Region und Bodentyp variierenden Ergebnisse sowie über die Stabilität des Kohlenstoffgehalts sind ebenfalls nicht zu verleugnen. Trotz dieser Ungewissheiten sind diese Maßnahmen für eine nachhaltige Bodennutzung von größter Bedeutung. In seinem letzten Sachstandsbericht hat das IPCC die Ansicht vertreten, dass die Kohlenstoffabsonderung in landwirtschaftlichen Anbauflächen das größte Potenzial zur Eindämmung der globalen Emissionen birgt.29 In der industriellen Produktion werden zunehmend erneuerbare landwirtschaftliche Ressourcen wie Agrarstoffe, bioplastische Kunststoffe und biologisch abbaubare Chemikalien eingesetzt; auch das bietet Potenzial zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes. Zahlreiche Studien belegen die Vorteile von Produkten pflanzlicher Herkunft für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Die regionale Verwendung von Aufgrund der prognostizierten ernsten Auswirkungen des Klimawandels auf Lebensräume und Artenvielfalt wird die Bedeutung der Landwirtschaft als Anbieter von Umweltschutz- und Ökosystemleistungen in einem veränderten Klima zunehmen. Landwirtschaftliches Management spielt u.a. eine große Rolle bei der effektiven Wassernutzung in Trockengebieten, beim Schutz von Wasserläufen gegen exzessiven Nährstoffzustrom sowie beim Hochwasserschutz. Nicht zu vergessen ist die Erhaltung und Wiederherstellung multifunktionaler Landschaften – wie etwa Nutzflächen von hohem Naturwert, die unzähligen Arten Lebensräume bieten und deren Ansiedlung fördern. Auch die Förderung von Bodenmaßnahmen zur Erhaltung organischen Kohlenstoffs und zum Schutz von Dauerweiden sind Maßnahmen zur Verbesserung von Kohlenstoffsenken, die gleichzeitig einen Beitrag zur Anpassung an die Risiken des Klimawandels leisten. und Verbraucher versuchen zunehmend, durch Produktionsund Konsumentscheidungen ihren „CO2-Abdruck“ (carbon footprint)31 zu reduzieren (z. B. Verbesserung der Ökobilanz durch den Kauf regionaler Produkte zur Vermeidung von Transportwegen). Einige Bauern entscheiden sich für ökologisch nachhaltigere Produktionsmethoden, etwa für ein organisches, integriertes Erntemanagement32. Dabei sind allerdings noch einige praktische Probleme zu lösen. So gibt es noch keine Standardmethode zur Dokumentierung des CO2-Abdrucks. Zwar arbeitet man bereits an der Entwicklung geeigneter Abzeichen; diese Arbeit steckt aber noch in den Kinderschuhen. Das bedeutet, dass derzeit weder der Produzent noch der Verbraucher sicher sein kann, was vom Markt angeboten wird. Klimawandel, Landwirtschaft und Verbraucher Mit ihren Bemühungen zur Lösung der Klimawandelprobleme durch die Anpassung landwirtschaftlicher Methoden befinden sich die Landwirte nicht in einem luftleeren Raum. Sie reagieren sowohl auf die Bedürfnisse ihres in mancher Hinsicht mit dem Klimawandel verknüpften Marktes als auch auf Initiativen der EU. Viele Nahrungsmittelproduzenten Ein CO2-Abdruck ist die Gesamtmenge an Kohlenstoff und anderen Treibhausgasen, die über die gesamte Lebensdauer eines Produkts oder einer Dienstleistung emittiert wird. Berechnet wird der CO2-Abdruck mit Methoden der Ökobilanzierung. 32 Integration von Erntestrategien zur Erzielung von Vorteilen wie Schädlingsbekämpfung, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit usw. bei Nutzung moderner Technik 31 Smith, P., D. Martino, Z. Cai, D. Gwary, H. Janzen, P. Kumar, B. McCarl, S. Ogle, F. O’Mara, C. Rice, B. Scholes, O. Sirotenko, 2007: Landwirtschaft. In: Klimawandel 2007: Eindämmung. Beitrag der Arbeitsgruppe III zum vierten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) 30 Biomasse sind anbaufähige Feldfrüchte, Bäume und andere Pflanzen, landwirtschaftliche Abwasser (z. B. Dung) und Forstreste, die als Rohstoffe zur Herstellung erneuerbarer Energien (für Elektrizität, Heizung, Kühlung), als Transporttreibstoffe oder zur Herstellung von Bioprodukten wie Fasern, Bioplastikstoffen oder Chemikalien genutzt werden, Biomasse kann auch industrielle Abfallstoffe sowie den organischen Anteil städtischen Abfalls enthalten. Artikel 3.4 des Kyoto-Protokolls über land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung 28 Zwischenkulturen sind schnell wachsende Früchte, die gleichzeitig mit dem Anbau der Hauptfrüchte oder dazwischen angepflanzt werden, um eine ganzjährige vegetative Abdeckung zu gewährleisten. 29 27 28 29 © fotolia.com 8 . D i e L a n d w i r t s c h a f t m u s s s i c h n o c h b e s s e r a n p a s s e n Der Klimawandel stellt für die nachhaltige Entwicklung der EU ein ernstes Problem dar. In den nächsten Jahren ist es vor allem in der Landwirtschaft von größter Bedeutung, dass Möglichkeiten der Anpassung gefunden werden. Die Anpassungsmaßnahmen müssen darauf abzielen, die Anfälligkeit der Landwirtschaft zu verringern und die Widerstandskraft ländlicher Regionen in ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu stärken. entwickelt – etwa in Finnland, Spanien, Frankreich und Großbritannien. Der Schwerpunkt bisheriger Anstrengungen lag auf der Prävention wetterbedingter Extremsituationen wie Hochwasser, die als die bedrohlichsten Risiken wahrgenommen werden. Eine große Bandbreite von Anpassungsmöglichkeiten auf verschiedenen Stufen Der Trend zu wachsender Produktivität erschwert die Identifizierung der Auswirkungen des Klimawandels. Trotzdem sind bereits einige phänologische Veränderungen34 aufgrund geänderterter Wetterbedingungen sind in Europa zu beobachten. In Südfrankreich wurde z. B. eine zwischen einer und drei Wochen verfrühte Aprikosen- und Pfirsichblüte beobachtet. Im Elsass (Ostfrankreich) hat die wärmere und verlängerte Anbauperiode einen Anstieg des durchschnittlichen Alkoholgehalts im Wein verursacht. In Deutschland werden die Aussaatzeiten für Mais und Zuckerrüben um etwa zehn Tage früher angesetzt. In Südfrankreich wird der Mais durchschnittlich 20 Tage früher als bisher angesät. Diese Veränderung der landwirtschaftlichen Terminplanung zeigt, dass die Landwirte sich bereits eigenständig den neuen klimatischen Bedingungen anpassen. Landwirtschaftliche Methoden wandeln sich aufgrund neuer klimatischer Bedingungen Unter Anpassung versteht man politische Programme, Methoden und Projekte, durch deren Auswirkungen Schäden begrenzt und/oder Chancen genutzt werden sollen, die mit dem Klimawandel, mit Klimaschwankungen und Extremereignissen verbunden sind. 33 Es gibt eine große Bandbreite von Anpassungsmaßnahmen, angefangen von technischen über betriebliche (z. B. Landwirtsmethoden) bis hin zu politischen Optionen (z. B. Anpassungspläne). Um die erwarteten Änderungen der klimatischen Bedingungen zu bewältigen, haben Landwirte mehrere Möglichkeiten. Zur effektiven Wassernutzung können sie die Fruchtfolge wechseln, die Aussaat den Temperaturund Niederschlagsprofilen anpassen und Pflanzenarten einsetzen, die z. B. widerstandsfähiger gegen Hitze und Trockenheit sind. Zudem können sie auf kulturfähigem Land Hecken und kleine Waldgebiete anpflanzen, die den Wasserabfluss verringern und als Windbrecher fungieren. Die Information der Landwirte über klimatische Risiken und Anpassungsmöglichkeiten sowie die Förderung von Beratungsleistungen und Schulungen sind wichtige Anpassungsmaßnahmen auf sektoraler Ebene. Ein verbessertes Management ökologischer Ressourcen wird einen erheblichen Teil der Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft ausmachen. Wenn sich die geänderten Wetterbedingungen stabilisieren, wird sich für die Landwirte die Notwendigkeit ergeben, andere Sorten und neue Früchte in Kombination mit spezifischen, neuen Bewirtschaftungsmethoden einzusetzen. Einige der durch den Klimawandel bedingten Anpassungsmaßnahmen werden kostspielig sein – so erfordern etwa Bewässerungsanlagen zum Ausgleich der sinkenden Niederschlagsmengen während der Wachstumsperioden sowie die Anpassung der Belüftung in Tierställen Investitionen in neue Ausrüstung und Infrastruktur. Ein erleichterter Zugang zu Instrumenten des Risiko­ma­ na­gements wie z. B. zu Versicherungssystemen könnte den Landwirten bei der Bewältigung der Folgen von kli­ ma­wan­delbedingten Extremereignissen ebenfalls helfen. Untersucht werden auch mögliche Instrumente des Risikound Krisenmanagements zur zukünftigen Sicherung des landwirtschaftlichen Einkommens und zur Abfederung erheblicher Einkommensschwankungen. Die EU hat in die jüngste Reform35 des Obst- und Gemüsesektors bereits spezielle Vor­ gaben für das Risikomanagement übernommen. So können Erzeugervereinigungen ihren teilweise aus dem EU-Budget finanzierten „Geldbrief“ (Hilfezahlungen) dazu nutzen, diejenigen Produzenten zu unterstützen, die Ernte­versicherungen gegen Naturkatastrophen abschließen und Ver­waltungskosten zur Gründung gemeinsamer Fonds tragen. Wie die GAP die Anpassungsbestrebungen der Bauern unterstützt Die Landwirte können die Last des Klimawandels nicht alleine tragen. Die öffentliche Hand muss die erforderliche Unterstützung bieten, um die Anpassung von Betriebsstrukturen und Produktionsmethoden zu ermöglichen und die Kontinuität weiterer Leistungen für die ländliche Umgebung zu gewährleisten. Die GAP hat bereits Bausteine zur erleichterten Anpassung an den Klimawandel entwickelt. Dazu zählt das mit der GAP-Reform 2003 eingeführte, später auf den Zucker-, Obst- und Gemüsesektor ausgeweitete „Entkoppeln“ landwirtschaftlicher Förderung von der Produktion. Die Hilfszuschüsse an Bauern sind nicht mehr an das gebunden, was produziert wird. Durch das Entkoppeln sollen die Landwirte in die Lage versetzt werden, auf verschiedene externe Einflüsse zu reagieren. Die Wichtigkeit dieser Marktorientierung ist ein wesentliches Element. Die Entkoppelung hilft den Bauern jedoch auch bei der Reaktion auf ihre äußere Umwelt, indem sie z. B. geeignete Früchte anbauen. Die jüngsten Reformen der GAP lieferten einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der EU-Landwirtschaft. Einige Mitgliedstaaten haben bereits derartige Maßnahmen ergriffen. Zunächst liegt der Schwerpunkt auf Forschung (Einschätzung der Klimafolgen) und Sensibilisierung. In einigen Ländern wurden Anpassungsstrategien für den landwirtschaftlichen Sektor erarbeitet bzw. werden noch EEA-Bericht Nr. 7/2005 und IPCC-Glossar zum Dritten Sachstandsbericht (http://www.ipcc.ch/pub/syrgloss.pdf) 34 Phänologie: der jahreszeitliche Ablauf von Lebenszyklen (Veränderungen bei Pflanzen und Tieren) 35 30 © fotolia.com 33 31 Siehe http://ec.europa.eu/agriculture/capreform/fruitveg/index_ en.htm (Reform der allgemeinen Marktorganisation bei Obst und Gemüse) 9. Er weiterung unseres Wissensstandes und langfristiges Denken Anpassungsfähigkeit ist es von entscheidender Bedeutung, eine Kultur des Wandels zu fördern. Bei der Bewahrung und der nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen spielt die ländliche Entwicklung ebenfalls eine Rolle. Der Erhalt einer breiten genetischen Ressourcengrundlage ist für die Entwicklung von Arten, die widerstandsfähiger gegen Hitze und Wasserbelastungen sind, von großer Bedeutung. Einige Maßnahmen der Forstwirtschaft wie präventive Aktionen gegen Schädlingsbefall und eine Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Wälder durch angepasste Baumsorten können ebenfalls zur Bewältigung von Klimafolgen eingesetzt werden. Die zweite Säule der GAP – die ländliche Entwicklungspolitik – bietet Möglichkeiten zum Ausgleich nachteiliger Folgen des Klimawandels für Landwirte und ländliche Betriebe. Die Bestimmungen zur ländlichen Entwicklung in der EU für die Jahre 2007–201336 enthalten detaillierte Zielsetzungen zur Eindämmung des Klimawandels in der Landwirtschaft. Außerdem wird festgestellt, dass es notwendig ist, die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft vorauszusagen. Ländliche Entwicklungsfonds werden bereits in verschiedener Weise zur besseren Wasserbewirtschaftung genutzt – etwa durch Unterstützungsangebote für Wassersparmaßnahmen und Investitionen in effizientere Bewässerungsanlagen. Landwirtschaftlich-ökologische Programme sind ebenfalls wichtige Instrumente zur Boden-, Wasser- und Landschaftspflege. Um den Landwirten eine sinnvolle Maßnahmenplanung zu ermöglichen, müssen sie über klimatische Risiken und praktikable Anpassungslösungen informiert werden. Dabei können Beratungsdienste und Schulungen helfen. Die Anfälligkeit der Landwirte hängt mit ihrer sozioökonomischen Lage zusammen – für die Erhaltung ihrer Um für die Anpassung gerüstet zu sein, fördert die EU die Forschung. Das Wissen über die Risiken des Klimawandels und über die Anpassungsoptionen muss dann in praktische Lösungen für Landwirte und ländliche Planer in ihren jeweiligen Arbeitsgebieten umgesetzt werden. Die Nutzung von Schulungs- und Beratungsangeboten ist im Hinblick auf Entscheidungen über Anpassungsmaßnahmen von großer Bedeutung. http://ec.europa.eu/agriculture/rurdev/leg/index_en.htm Die EU unterstützt nicht nur die Forschung, sondern fördert auch den Zugang zu Wissen und Erfahrung, um den beteiligten Partnern das Erarbeiten neuer Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels zu ermöglichen. Das Projekt ClimChAlp41 (Klimawandel, Auswirkungen und Anpassungsstrategien im Alpenraum) etwa ist ein Interreg42 -Projekt für die gesamte Alpenregion. Die Alpen sind besonders anfällig für klimatische Veränderungen. Das Projekt hat zum Ziel, die Einschätzung der klimatischen Auswirkungen zu verbessern und eine gemeinsame, tragfähige Strategie zur Vorhersage klimatischer Effekte zu entwickeln. EU-Forschungsprojekte zum Klimawandel Wissenschaftliche Forschungsergebnisse liefern die Grundlage zum Verständnis der Auslöser und Auswirkungen des Klimawandels sowie zur Erarbeitung von kostengünstigen Eindämmungs- und Anpassungsoptionen. Mehrere von EU-Forschungsprogrammen geförderte Projekte haben dazu beigetragen, den Kenntnisstand auf diesem Gebiet zu verbessern. Das PESETA43-Projekt („Prognose der ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels in Sektoren der europäischen Union, basierend auf einer Bottom-up-Analyse“) hat eine Methode zur Bewertung von möglichen ökonomi- Siehe: http://prudence.dmi.dk Siehe: http://ensembles-eu.metoffice.com/ 39 Siehe: http://www.adamproject.eu/ 40 Siehe: http://www.circeproject.eu/ 32 © fotolia.com 36 Das PRUDENCE37-Projekt etwa hat verschiedene Aus­ wirkungen der zukünftigen klimatischen Bedingungen in Europa prognostiziert. Das laufende ENSEMBLE38-Projekt entwickelt ein Vorhersagesystem für den Klimawandel, das auf hoch auflösenden, in Europa entwickelten globalen und regionalen „Erdsystem“-Modellen basiert. Beide Projekte leisteten wichtige Beiträge zum kürzlich veröffentlichten vierten Sachstandsbericht des IPCC. Ein weiteres großes laufendes Projekt, ADAM39 („Anpassungs- und Eindämmungsstrategien: Förderung der europäischen Klimapolitik“), bewertet die Kosten und die Effektivität von Eindämmungs- und Anpassungsmaßnahmen und wird eine Auswahl langfristiger Strategieoptionen liefern. Der CIRCE40 („Klimawandel und Erforschung der Folgen auf die mediterrane Umwelt“) arbeitet mit nordafrikanischen Ländern und Ländern des Nahen Ostens zusammen, um die Konsequenzen des Klimawandels für die Gesellschaft und die Wirtschaft des Mittelmeerraums abzuschätzen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Die landwirtschaftlichen und klimatischen Bedingungen sind ebenso wie die voraussichtlichen positiven wie negativen Folgen des Klimawandels regional extrem unterschiedlich. Das erschwert Prognosen über allgemeine Anpassungsmaßnahmen auf EU-Ebene. Anpassungslösungen müssen auch im regionalen und lokalen Bereich gefunden werden. Eine erfolgreiche Anpassung erfordert die Zusammenarbeit mehrerer Regierungsebenen – von der EU über nationale und regionale Ebenen bis zur lokalen Ebene. Anpassungspläne der Landwirtschaft können nicht auf der Basis des globalen Wissens über Veränderungen klimatischer Muster erarbeitet werden; vielmehr erfordern sie detaillierte Informationen über regionale Auswirkungen sowie eine aussagekräftige Einschätzung der Anpassungsmöglichkeiten und deren Durchführbarkeit auf lokaler und betrieb­licher Ebene. Siehe: http://www.climchalp.org/ INTERREG ist ein EU-gefördertes Programm, das es den Regionen Europas ermöglicht, Partnerschaften zur Zusammenarbeit an gemeinsamen Projekten zu bilden. 43 Siehe: http://peseta.jrc.es/index.htm 37 41 38 42 33 1 0 . S c h l u s s b e m e r k u n g e n © fotolia.com schen Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Wirtschaftssektoren einschließlich der Landwirtschaft entwickelt. Das Projekt erstellte Landkarten, die auf der Basis von modellhaften Veränderungen der Klimavariablen versuchen, voraussichtliche Veränderungen der landwirtschaftlichen Erträge darzustellen. Laufende Projekte zur Unterstützung der Land­wirtschafts­ politik sind PICCMAT („Politische Anreize für Techniken der Landwirtschaft zur Eindämmung des Klimawandels“)44 und ADAGIO („Anpassung der Landwirtschaft in vom Klimawandel bedrohten europäischen Regionen“).45 Das PICCMAT-Projekt hat zum Ziel, landwirtschaftliche Methoden, mit denen Treibhausgase reduziert werden können, zu erkennen und Interessenvertretern sowie Entscheidungsträgern Vorschläge für politische Richtlinien zu unterbreiten. Biotechnologie ist ein weiterer Bereich, an dem die EU interessiert ist. Die Biotechnologie bietet z. B. Möglichkeiten der Entwicklung von Früchten, die widerstandsfähiger gegen Hitze und Trockenheit sind. Von der EU geförderte Biotechnologie-Forschung im Bereich des Klimawandels konzentriert sich auf die Entwicklung der „Wissensbasierten Bio-Ökonomie“47 mit der Zielsetzung, fossile durch erneuerbare biologische Materialien zu ersetzen. Dies kann zu einer breiten Palette von Anwendungen und Produkten führen, wie z. B. Designerfood, „grüne“ Chemikalien (z. B. Bioplastik) sowie zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Biokraftstoffen. ADAGIO bewertet potenzielle Anpassungsmethoden der Landwirtschaft in mehreren europäischen Regionen und bezieht dabei Forscher, örtliche landwirt­schaftliche Forschungszentren, landwirtschaftliche Betriebs­beratungs­ dienste und die Landwirte selbst mit ein. Die EU ist außerdem in ackerbauliche und technische Forschung und in die Entwicklung von Biotreibstoffen der zweiten Generation eingebunden. Der Einsatz der sichern und dem Klimawandel ökonomische und soziale Lebensfähigkeit und Widerstandskraft entgegenzusetzen. Die Landwirte müssen sich zahlreichen Herausforderungen des Klimawandels stellen, können aber auch einige Lösungen anbieten. Die Landwirtschaft hat zusätzliche Möglichkeiten, zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen, indem sie Methan- und Stickoxidemissionen reduziert, die Kohlenstoffabscheidung in landwirtschaftlichen Böden steigert und Materialien für erneuerbare Energien und industrielle Anwendungen liefert. Im Rahmen des „GAP-Gesundheitschecks“ spricht die Europäische Kommission einige der neuen, miteinander zusammenhängenden Herausforderungen an, auf die sich die Landwirtschaft der EU einstellen muss: Klimawandel, Bioenergien und Bewirtschaftung der Wasserressourcen. Die Kommission wird prüfen, ob im Bereich der ländlichen Entwicklungsmaßnahmen zusätzliche Anreize für Bauern und ländliche Gebiete zur Bekämpfung des Klimawandels benötigt werden. Untersucht wird außerdem, wie eine effizientere Wassernutzung erreicht werden kann, wie die Bioenergie einschließlich der Biotreibstoffe der zweiten Generation gefördert werden kann und wie die biologische Vielfalt zu schützen ist. Diese und andere Themen stehen zur Debatte. Schon immer haben die Landwirte ihre Fähigkeit zur Anpassung an neue Herausforderungen unter Beweis gestellt. In der ganzen EU kann beobachtet werden, wie sich die Auswahl von Früchten und Sorten ebenso wie die Betriebsmethoden (wie z. B. das Timing von Betriebsabläufen, Bewässerung) ständig weiterentwickelt. Das sind vor allem eigenständige Maßnahmen auf regionaler, insbesondere landwirtschaftsbetrieblicher Ebene, die durch kurzfristig wechselnde Bedingungen ausgelöst werden (z. B. als Resultat von Wettervorhersagen). Jedoch überschreiten die künftigen Herausforderungen des Klimawandels die Grenzen der eigenständigen Anpassungsfähigkeit auf Betriebsebene. Es wird eine Politik benötigt, die es den Bauern ermöglicht, die nötigen Veränderungen der landwirtschaftlichen Betriebssysteme zu meistern. Die Ländliche Entwicklungspolitik kann eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der durch Klimarisiken bedrohten Bauern und ländlichen Gesellschaften spielen. Weitere Forschungen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft (und umgekehrt) sind nötig. 1 1 . N ü t z l i c h e Informationsquellen Europäische Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Siehe: http://ec.europa.eu/agriculture Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt Siehe: http://ec.europa.eu/environment/climat/eccp.htm http://ec.europa.eu/environment/climat/adaptation Die EU arbeitet an Anpassungen und verlässt sich dabei auf bereits verfügbare, gesicherte Daten, z. B. über prognostizierte Veränderungen der Durchschnittstemperaturen. Die EU hat bereits die eine umfassende Strategie einer Bewältigung der erwarteten kurzfristigen Folgen extremer Wetterbedingungen ausgearbeitet. Zukünftige Anpassungen der GAP werden wohl eine gemeinsame Politik zur Folge haben, die den Anpassungsbedarf berücksichtigt und landwirtschaftliche Praktiken unterstützt, die mit neuen klimatischen Bedingungen kompatibel sind und zum Erhalt ökologischer Ressourcen beitragen. Die größte Herausforderung liegt darin, die Nachhaltigkeit der europäischen Landwirtschaft und ihrer ländlichen Gebiete zu Siehe: http://www.climatechangeintelligence.baastel.be/piccmat/ Siehe: http://www.adagio-eu.org/ 46 Die Biotechnologie basiert hauptsächlich auf der Biologie und Genetik. Im Besonderen findet sie Anwendung in der Landwirtschaft, der Ernährungswissenschaft und in der Medizin. 47 Siehe: http://ec.europa.eu/research/biosociety/kbbe/kbbe_en.htm 44 45 34 Europäische Umweltagentur Siehe: http://www.eea.europa.eu/themes/climate IPCC Siehe: http://www.ipcc.ch 35 KF-30-08-149-DE-C Europäische Kommission Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Der Wortlaut dieser Veröffentlichung dient lediglich Informationszwecken und ist nicht rechtsverbindlich. Weitere Informationen Rue de la Loi 200, B-1049 Brüssel Belgien Telefon Durchwahl (+32) 2 295 32 40 Vermittlung (+32) 2 299 11 11 Fax (+32) 2 299 17 61 Internet http://ec.europa.eu/agriculture/index_de.htm Europe Direct soll Ihnen helfen, Antworten auf Ihre Fragen zur Europäischen Union zu finden Gebührenfreie Telefonnummer (*): 00 800 6 7 8 9 10 11 (*) E inige Mobilfunkanbieter gewähren keinen Zugang zu 00 800-Nummern oder berechnen eine Gebühr. © Europäische Gemeinschaften, 2008 Printed in the EU GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER 36 Cover photo © fotolia.com