Algebraische und transzendente Zahlen Moritz van Recum 2. März 2017 1 In dieser Ausarbeitung zeigen wir die Existenz von rellen Zahlen, die keine algebraische Gleichung lösen. Wir definieren zunächst algebraische sowie transzendente Zahlen. Definition 1. Eine Zahl in R oder C heißt algebraisch, falls es ein n ∈ N und ganzzahlige Koeffizienten a0 , a1 , ..., an mit an 6= 0 gibt, sodass an z n + an−1 z n−1 + ... + a1 z + a0 = 0 gilt. Definition 2. Sei Z[X] die Menge der Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten. Dann ist f ∈ Z[X] vom Grad n, falls für seine Koeffizienten an 6= 0 und aj = 0 für alle j > n gilt, und wir schreiben deg(f ) = n. Falls f (z) = 0 und g(z) 6= 0 für alle g ∈ Z[X] mit deg(g) < deg(f ) gilt, so heißt f Minimalpolynom von z und z heißt algebraisch vom Grad n. Bemerkung. Jede algebraische Zahl vom Grad n > 1 ist irrational, denn für eine rationale Zahl p z= q mit p, q ∈ Z, q 6= 0 gilt qz − p = 0. Damit sind alle rationalen Zahlen algebraische Zahlen ersten Grades. √ Beispiel. Die Zahl 2 ist eine algebraische Zahl, denn sie ist eine Lösung der Gleichung x2 − 2 = 0. Satz 3 (Cantor 1845-1918). Die Menge der algebraischen Zahlen A ist abzählbar. Beweis. Sei f ∈ Z[X] durch f = an xn + ... + a0 6= 0 gegeben. Wir definieren die Höhe h von f als h := |an | + |an−1 | + ... + |a1 | + |a0 | + n. Nun gibt es zu jedem h ∈ N endlich viele f ∈ Z[X] mit der Höhe h, da #{f ∈ Z[X] : f hat die Höhe h} ≤ h X (2h + 1)n+1 < ∞ n=0 gilt. Es gilt Z[X] = [ {f ∈ Z[X] : f hat die Höhe h} h∈N und somit ist Z[X] als eine abzählbare Vereinigung von endlichen Mengen selbst abzählbar. Da jedes Polynom endlich viele Nullstellen hat, ist auch die Menge der algebraischen Zahlen abzählbar. Definition 4. Eine Zahl z ∈ R heißt transzendent, falls sie nicht algebraisch ist. Bemerkung. Aus Satz 3 folgt, dass die Menge der transzendenten Zahlen R\A überabzählbar ist, denn R ist überabzählbar. 2 Im Folgenden zeigen wir ein Ergebnis zur Approximation irrationaler algebraischer Zahlen durch rationale Zahlen und präsentieren anschließend mit Hilfe von diesem Ergebnis ein konkretes Beispiel für eine transzendente Zahl. Satz 5 (Liouville 1809-1882). Sei z eine algebraische Zahl vom Grad n > 1. Dann existiert ein N ∈ N, sodass für alle q ≥ N die Ungleichung p − z > 1 (1) q n+1 q für alle p ∈ Z gilt. Beweis. Sei z eine algebraische Zahl vom Grad n > 1 und f Minimalpolynom von z. Wir zeigen, dass es ein N ∈ N mit f p ≥ 1 , (2) q qn ! p f q <q (3) p −z q für alle q ≥ N und p ∈ Z gibt. Für p ∈ Z und q ∈ N gilt n n−1 p p p p 0 6= f = an + an−1 + ... + a1 + a0 q q q q 1 = n (an pn + an−1 pn−1 q + ... + a1 pq n−1 + a0 q n ) q sowie |an pn + an−1 pn−1 q + ... + a1 pq n−1 + a0 q n | ≥ 1 und folglich n n−1 p p p p f = an + an−1 + ... + a1 + a0 q q q q 1 1 = n |an pn + an−1 pn−1 q + ... + a1 pq n−1 + a0 q n | ≥ n , q q sodass die Ungleichung (2) für alle p ∈ Z und q ∈ N gilt. Sei nun r = pq für p ∈ Z und q ∈ N. Falls |r| > |z| + 1 ist, gilt |r − z| > 1 und somit die Ungleichung (1). Für |r| ≤ |z| + 1 gilt f (r) = f (r) − f (z) = a0 − a0 + a1 (r − z) + a2 (r2 − z 2 ) + ... + an (rn − z n ) und da un − v n = un−1 + un−2 v + un−3 v 2 + ... + u2 v n−3 + uv n−2 + v n−1 u−v 3 für alle u, v ∈ R ist, folgt f (r) = a1 + a2 (r + z) + a3 (r2 + rz + z 2 ) + ... + an (rn−1 + ... + z n−1 ) r−z sowie f (r) r − z ≤ N für N = |a1 | + 2|a2 |(|z| + 1) + ... + n|an |(|z| + 1)n−1 . Damit gilt Ungleichung (3) für alle q ≥ sN und zusammen mit Ungleichung (2) folgt, dass ! p f q p 1 1 − z > ≥ n = n+1 q q q q q für alle q > N gilt. Satz 6. Sei z = a1 10−1! + a2 10−2! + a3 10−3! + ... + am 10−m! + ... mit ai ∈ {1, ..., 9} für alle i ∈ N. Dann ist z eine transzendente Zahl. Beweis. Wir definieren zm := a1 10−1! + a2 10−2! + a3 10−3! + ... + am 10−m! für m ∈ N und bemerken, dass |zm − z| < 10 · 10−(m+1)! (4) gilt. Weiterhin nehmen wir an, dass z eine algebraische Zahl vom Grad n > 1 sei und stellen zm als rationalen Bruch zm = 10pmm! mit pm ∈ N dar. Dann gibt es nach Satz 5 ein N ∈ N, sodass p 1 m |zm − z| = m! − z > m!(n+1) (5) 10 10 für alle m ≥ N gilt. Zusammen mit Ungleichung (1) folgt 1 10m!(n+1) < |zm − z| < 10 10(m+1)! = 1 10(m+1)!−1 für alle n ≥ N und somit, dass m!(n + 1) > (m + 1)! − 1 für alle n ≥ N gilt. Dies ist falsch für m > n und somit folgt ein Widerspruch zur Annahme, dass z eine algebraische Zahl vom Grad n > 1 sei. Da z irrational ist, ist z auch nicht algebraisch vom Grad 1. Damit folgt die Transzendenz von z, da z nicht algebraisch ist. 4