Psychotherapie des kranken Herzens Kognitive Therapie in der Psychokardiologie 3. Norddeutscher Psychotherapeutentag der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein Kiel, 27. 09.14 Dipl.-Psych. Dr. Klaus Thomsen Übersicht • • • • • • • • Unterschiedliche Herzerkrankungen Medizinische Behandlung der KHK Epidemiologie der KHK Reha/Anschlussheilbehandlung der KHK Psychische Erkrankung: Ursache oder Folge einer KHK? Typenkunde Gesundheitspsychologie und Psychotherapie Bilder, die zu Herzen gehen Klaus Thomsen 2 Unterschiedliche Herzerkrankungen • Koronare Herzerkrankung KHK • Angina Pectoris • Akuter Herzinfarkt • Infarktbedingte Herzmuskelschwäche • Herzmuskelerkrankungen • Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern, Herzkammerflimmern) • Herzklappenerkrankungen Klaus Thomsen 3 Medizinische Behandlung der KHK • Kardiologie – Echokardiographie, Elektrokardiografie, MRT etc. – Medikamentöse Behandlung (Lyse, Vasodilatatoren, Blutdrucksenker, Lipidsenker, Diuretika, Blutverdünner…) – Herzkatheder (Ballondilatation, Stents, etc. ) • Herzchirurgie – Bypass-OP – Herztransplantation Klaus Thomsen 4 PTCA = Perkutane transluminale koronare Angioplastie PTCA A vor B während und C nach Dilatation Stents für periphere Gefäße Quelle: Wikipedia Klaus Thomsen 5 Koronararterien-Bypass Aorta Obere Hohlvene Venen-Bypässe Arterieller Bypass Koronararterien Klaus Thomsen 6 Sterbefälle in Deutschland (2008) Quelle: Wikipedia Klaus Thomsen 7 Epidemiologie I: Herzinfarktraten je 100.000 Einwohner in der Region Augsburg 2001-2003 aus dem KORA-Herzinfarkt-Register (RKI 2006) Klaus Thomsen 8 Epidemiologie II: DAK-Gesundheitsreport 2012, Schwerpunkt Herzinfarkt Sinken der Inzidenzraten bei Herzinfarkt Daten des MONICA/KORA-Herzinfarktregisters Augsburg zeigen, dass die Herzinfarktraten in Deutschland seit Jahren sinken. Dieser Trend gilt besonders stark für Männer. Zwar sind vor allem die Re-Infarkte gesunken, aber auch bei den Erst-Infarkten hat die Häufigkeit in den meisten Altersgruppen abgenommen. Die altersspezifische Erstinfarkt-Inzidenzrate lag den MONICA/ KORA-Daten zufolge bei Männern im Zeitraum 2001 bis 2003 um 20,3 Prozentpunkte unter der des Zeitraums 1985-1987, während die der Frauen 14,7 Prozentpunkte niedriger war (Löwel H., Robert-Koch-Institut 2006). Klaus Thomsen 9 Epidemiologie III: DAK-Gesundheitsreport 2012, Schwerpunkt Herzinfarkt Die Faktoren, die zur Entstehung des Herzinfarkts beitragen, sind weitestgehend bekannt. Nach Ergebnissen der INTERHEART-Studie sind beispielsweise etwa 90 % der Herzinfarkte auf die folgenden Risikofaktoren zurückzuführen (Yusuf, Hawken et al. 2004): • 1) Rauchen, • 2) Fettstoffwechselstörungen, • 3) psychosoziale Risikofaktoren, • 4) Adipositas (je nach Fettverteilungsmuster), • 5) Diabetes Mellitus, • 6) Bluthochdruck, • 7) unzureichender Verzehr von Obst und Gemüse, • 8) erhöhter Alkoholkonsum und • 9) körperliche Inaktivität. Darüber hinaus spielen genetische Faktoren und Umweltfaktoren eine Rolle. Klaus Thomsen 10 Epidemiologie IV: DAK-Gesundheitsreport 2012, Schwerpunkt Herzinfarkt Erst-Infarktfälle lassen sich durch vier unterschiedliche Maßnahmenbündel vermeiden: • 1) Individuelle Verhaltensprävention (d. h. Prävention in Bezug auf Rauchverhalten, Ernährung, Bewegung etc.); • 2) Prävention von psychosozialen Risikofaktoren (z. B. Verbesserung von Umwelt- und Arbeitsbedingungen, die zu Stress, Depressionen usw. führen können); • 3) vorbeugende Behandlung von Risikofaktoren vor allem durch medikamentöse Therapie von Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen; • 4) invasive medizinische Behandlung der koronaren Herzkrankheit, z. B. durch Einsetzen von Stents, Ballondilatationen oder Bypass-Operationen. Klaus Thomsen 11 Epidemiologie V: DAK-Gesundheitsreport 2012, Schwerpunkt Herzinfarkt In den USA ließen sich beispielsweise ungefähr 47 % des Rückgangs der Mortalität aufgrund koronarer Herzkrankheiten auf Behandlungen und 44 % auf Veränderungen in den Risikofaktoren zurückführen. Gleichzeitig vermutet man, dass die Erhöhung des Body-Mass-Index und der Diabetes-Prävalenz die Herzinfarkt-Mortalität in den USA um acht bis zehn Prozent erhöht haben Klaus Thomsen 12 Aktuelle Meldungen vom Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona, Sept. 2014 Ärzte Zeitung, 03.09.2014 Früher Herzinfarkt Rauchen ist dominierender Risikofaktor BARCELONA. Über drei Viertel der Menschen mit einem Herzinfarkt vor dem 55. Lebensjahr waren Raucher. Das hat eine Analyse von Daten des Berliner Herzinfarktregister ergeben, die jetzt beim Kardiologenkongress in Barcelona vorgestellt wurde. "Seit 1999 ist der Anteil der Raucher bei Infarktpatienten unter 55 Jahren nicht zurückgegangen", wird Studienautor Professor Heinz P. Theres, Charité Berlin, von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zitiert. Nach den Daten sei Rauchen der wichtigste Risikofaktor für einen frühen Myokardinfarkt. Für die Studie wurden für mehr als 6000 Infarktpatienten die Risikofaktoren Rauchen, Hypertonie und Hyperlipidämie mit dem Alter korreliert. Bei den Personen, die schon vor dem 55. Lebensjahr einen Infarkt erlitten, waren 76 Prozent Raucher, 94 Prozent hatten wenigstes einen der drei Risikofaktoren. (eb) Klaus Thomsen 13 Ärzte Zeitung, 03.09.2014 ESC-Kongress Herzkrank und depressiv - keine gute Prognose Würzburger Forscher haben die Daten von 864 Herzinsuffizienz-Patienten analysiert. BARCELONA. Dass Depressionen bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Prognose verschlechtern, bestätigt jetzt eine Studie aus Würzburg. "Darüber hinaus scheinen auch Personen mit vorangegangener Depression, unabhängig vom aktuellen Depressionsstatus, eine schlechtere Prognose zu haben", wird Dr. Julia Wallenborn vom dortigen Uniklinikum von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zitiert. Die Forscher ermittelten bei 864 Herzinsuffizienz-Patienten mit dem Fragebogen (PHQ-9) den aktuellen Depressionsstatus. Auch die Vorgeschichte in puncto Depressionen sowie die Einnahme von Antidepressiva wurde erfragt. Die jetzt beim Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona vorgestellten Ergebnisse: 29 Prozent der Studienteilnehmer litten aktuell unter einer Depression, 28 Prozent (70 Patienten) davon hatten auch in der Vergangenheit bereits depressive Episoden, die Hälfte davon (35) war dabei mit Antidepressiva behandelt worden. Unter den 71 Prozent zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht depressiven Patienten gaben 8,8 Prozent an, in der Vergangenheit unter einer Depression gelitten zu haben, berichtet die DGK in ihrer Mitteilung. Nach einem Beobachtungszeitraum von 18 Monaten waren 68 der 253 depressiven Herzinsuffizienz-Patienten (26,9 Prozent) gestorben, in der Gruppe der HerzinsuffizienzPatienten ohne aktuelle Depression nur 13,6 Prozent. Die schlechteste Prognose hatten Patienten mit aktueller Depression und vorangegangener Depression, die mit Antidepressiva behandelt worden war. (eb) Klaus Thomsen 14 Ärzte Zeitung App, 05.09.2014 Psychosoziale Faktoren Jeder fünfte KHK-Patient ist stark depressiv Bei der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen spielen auch psychosoziale Faktoren eine Rolle. NEU-ISENBURG. Akute Stressoren aktivieren das sympathische Nervensystem und steigern kurzfristig den Blutdruck. Chronischer Stress, Mangel an sozialer Unterstützung oder Persönlichkeitsmerkmale wie Ängstlichkeit, Depressivität und unterdrückter Ärger sind in der Lage, dauerhaft den Blutdruck zu erhöhen. Ein Indikator für psychosoziale Belastungen sind etwa Schlafstörungen. Andere psychosoziale Faktoren wirken mittelbar als Risiko, etwa für das Entstehen oder die Progression einer KHK, indem verstärkt Risikoverhaltensweisen zu beobachten sind: Rauchen, Fehlernährung, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum oder medikamentöse Non-Adhärenz. Ungünstig wirken sich mit Blick auf die KHK folgende Faktoren aus: - niedriger sozioökonomischer Status - mehrjährige Schichtarbeit und exzessive Überstunden - chronischer Stress am Arbeitsplatz - soziale Isolation - familiäre Konflikte und Doppelbelastung aus Beruf und Familie - depressive Symptome und Störungen - Angst und Angststörungen; - Feindseligkeit und Neigung zu Ärger - negative Affektivität und soziale Inhibition - posttraumatische Belastungsstörung Bei 15 bis 20 Prozent der KHK-Patienten liegen Symptome einer schweren depressiven Störung vor, leichtere Symptome bei bis zu 50 Prozent. Häufig bilden sich diese Symptome ohne spezifische Interventionen zurück, bei der Hälfte der Patienten persistieren sie jedoch über Monate und Jahre. Nach einem Herzinfarkt liegen bei jedem dritten Patienten Angststörungen vor, im weiteren Verlauf bei 20 Prozent. Stark psychisch belastet sind Menschen mit implantierbaren Cardiovertern/Defibrillatoren (ICD), besonders, wenn es wiederholt zu Schockabgaben kommt. Und: Bei Patienten mit Herzinsuffizienz sind depressive Störungen je nach NYHA-Klasse zwei- bis viermal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung (DMW 2014; 139: 596-601). (ner) Klaus Thomsen 15 Stationäre Reha/Anschlussheilbehandlung der KHK in Deutschland • • • • Sportgruppen Ergometertraining und –diagnostik Ernährungsberatung Themenzentrierte Seminare zu Fettstoffwechselstörungen, Hypertonie, Diabetes … • Raucherentwöhnung • Entspannungstraining • Sozialrechtliche Seminare zu Berentung, Betrieblicher Wiedereingliederung, Schwerbehinderung Behandlungsleitlinien der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen DGPR (2008) Klaus Thomsen 16 Psychische Erkrankung: Ursache oder Folge einer KHK? • Komorbidität von KHK und psychischen Erkrankungen • Depression und Angsterkrankung als Risikofaktoren für eine KHK? • Senkt die Therapie von Depression und Angsterkrankung die Re-Infarktwahrscheinlichkeit? • Sonstige Prädiktoren: Feindseligkeit, Einsamkeit, niedriger sozialer Status … (n. Ladwig et. al. 2008), berufliche Gratifikationskrise (Siegrist 1996), zu geringe Entscheidungsspielräume (Karasek 1990). Klaus Thomsen 17 Depression als Folge eines Herzinfarktes • Frasure-Smith et al. (1995, 2003), eine renommierte kanadische Arbeitsgruppe, kommen in großen Langzeitstudien auf geschätzte 30% Depressive bei Infarktpatienten. 3-fach hohes Mortalitätsrisiko. • Hermann-Lingen und Buss (2002): depressive Herzpatienten haben längere Krankenhauszeiten, mehr Reha-Abbrüche, mehr Medikamentenkonsum, weniger Compliance, weniger Nikotinabstinenz und seltenere Rückkehr an den Arbeitsplatz. • Die Typ-D-Persönlichkeit (Donnolet, 2005) löst die Typ-A-Persönlichkeit (Friedman und Rosenman 1974) in der Psychokardiologie ab. Klaus Thomsen 18 (Rezediv-)Angst als Folge eines Herzinfarktes • Hermann-Lingen und Buss (2002) schätzen nach einer Auswertung von 500 Studien, die anhaltend klinisch relevanten Angststörungen bei Herzinfarktpatienten auf 5 – 10% • Berg et al. (2011) befragten 863 chronisch Kranke. Unter 11 Diagnosegruppen stehen Herzinfarktpatienten auf Platz 5 bei der Progredienzangst. Sie leiden im Durchschnitt unter stärkeren Ängsten als z. B. Krebs- oder MS-Patienten Klaus Thomsen 19 Traumafolgestörungen nach Akutem Herzinfarkt sind nicht selten • Literatursichtung von Jordan und Barde (D, 2005, 32 int. Studien); Schätzung 11 – 12% PTBS nach AMI • Gander und v. Känel (CH, 2006) berechnen die gewichtete Prävalenz in einer Metaanalyse mit 14,7% • Edmondson et al. (USA, 2012) errechnen in ihrer Metastudie (24 relevante int. Studien, N = 2384); 12% • In der deutschen „Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Fachgesellschaften AWMF werden 15% PTBS für Herzinfarkte geschätzt. Klaus Thomsen 20 Typenkunde • Typ-A-Verhaltensmuster (Friedman, Rosenman 1974) – – – – – schnelle, laute Sprechweise Ungeduld Feindseligkeit Wettbewerbsorientierung hohe Zielorientierung • Typ-D-Persönlichkeit (Denollet 2005) – distressed und – depressiv Klaus Thomsen 21 Gesundheitspsychologie und Psychotherapie Disposition/ Umwelt Psychosoziale Stressoren Riskanter Lebensstil Chronische Erkrankung Klaus Thomsen 22 Das sozial-kognitive Prozessmodell (Schwarzer 2008) HAPA I Selbstwirksamkeitserwartung HandlungsErgebnisErwartung Zielsetzung Planung Handlung Disengagement Engagement Risikowahrnehmung Motivationale Phase Volitionale Phase (engl. HAPA = Health Action Process-Approach) Klaus Thomsen 23 HAPA II Depression Selbstwirksamkeitserwartung HandlungsErgebnisErwartung Ängstlichkeit Zielsetzung Planung Handlung Disengagement Mangelnde Medikamentencompliance Wenig Bewegung Kein Ausdauersport Wenig Entspannung Nikotinmissbrauch Ungesunde Ernährung Viel Distress Risikowahr-nehmung Klaus Thomsen 24 Identitätsveränderung: -Neues Selbstkonzept -Positives Selbstwertgefühl -Kontrollüberzeugung HAPA III EMDR Depression Trauma Ängstlichkeit Selbstwirksamkeitserwartung HandlungsErgebnisErwartung Zielsetzung Planung Handlung Engagement Medikamentencompliance Mehr Bewegung Ausdauersport Mehr Entspannung Nikotinabstinenz Gesunde Ernährung Stressabbau Risikowahr-nehmung Klaus Thomsen 25 Wirksamkeit von Psychotherapie bei KHK I • Recurrent Coronary Prevention Project (Friedman et al. 1986) – – – – 1012 Herzinfarkt-Patienten Ziel: Veränderung des Typ-A-Denkmusters Ergebnis: 44% geringere Re-Infarktrate ggü. Kontrollgruppe methodische Kritik • Lifestyle-Change-Program (Ornish et al. 1998) – – – – 48 Pat. mit fortgeschrittenen Koronar-Stenosen Stressmanagement, fettarme Ernährung, Walking, Yoga. Über ein Jahr. Ergebnis: Stagnieren der Arteriosklerose, tw. Rückgang der Stenosen Kritik: hochmotivierte Patienten, sehr aufwendige Methode (72 Termine, 288 Stunden), keine Randomisierung Klaus Thomsen 26 Wirksamkeit von Psychotherapie bei KHK II • Enhancing Recovery In Coronary Heart Disease Patients (ENRICHD-Investigators 2000) – 2481 Herzpatienten – Interventionsgruppe mit Kognitiver Therapie (Einzel und Gruppe, max. 9 Monate) – Ergebnis: keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe bzgl. Mortalität, Re-Infarkte und kardiale Zwischenfälle. Nur eine Subgruppe jüngerer, gebildeter, weißer Männer profitierte signifikant. • Canadian Cardiac Randomized Evaluation of Antidepressant and Psychotherapy Efficacy (Lesperance et al. 2007) – 284 Patienten – Interventionsgruppen mit Interpersoneller Psychotherapie IPT und Citalopram, einem SSRI – Ergebnis: Keine Überlegenheit der IPT ggü. einfachem „Clinical Management“. Antidepressiva leicht im Vorteil. Klaus Thomsen 27 Wirksamkeit von Psychotherapie bei KHK III Bewertung der Studien durch Hermann-Lingen (2008), Barth (2008), Grande (2010) u.a.: Operationalisierung der Interventionen zu unscharf (Rosenman, Ornish) Therapieaufwand unrealistisch hoch (Ornish) oder zu gering (ENRICHD, CREATE) unzureichend qualifizierte Therapeuten (z. B. Study Nurses) Neuere Studie (Davison et al. 2010): 157 depressive Herzpatienten Stepped Care (erst tel. Kontakt, dann Medikation oder Psychotherapie) Ergebnis: Interventionsgruppe (77 Pbn.) sign. geringere Depression und weniger ernste kardiale Zwischenfälle als Kontrollgruppe Zusammenfassung: Psychotherapie bei Koronarpatienten wirkt emotional stabilisierend, aber eindeutige somatische Verbesserungen sind noch umstritten. Klaus Thomsen 28 Wirksamkeit von Traumatherapie bei KHK • Es gibt hierzu sehr wenige Therapiestudien • KHK-Patienten ab mittlerer Traumabelastung (IES > 25) profitieren von EMDR und Prolongued Exposure • Traumatherapie wird von KHK-Patienten sehr positiv bewertet • Verbesserung bei Traumabelastung geht aber nicht einher mit schneller Verbesserung von Depression und Angst • Traumatherapie bei Z. n. AMI ist vertretbar – im Rahmen der AHB bei normaler Belastungsfähigkeit – ambulant in Absprache mit den Kardiologen – bei einem Trauma Typ 1 bezogen auf Infarkterleben Thomsen, K. (2014). Psychotraumatherapeutische Behandlung von Patienten nach Akutem Herzinfarkt. Eine Psychotherapievergleichsstudie in der stationären Rehabilitation. Frankfurt: Peter Lang Klaus Thomsen 29 Bilder, die zu Herzen gehen Klagen • • • • • • • • • Herzsprache Ich kann nicht schlafen, weil Ich bin wütend, weil Mir ist schwindelig, wenn Ich habe Sorge, dass Ich habe Angst, dass Ich habe keine Energie Ich bin niedergeschlagen Ich kann mich nicht freuen, weil Ich habe zu nichts Lust, weil …mein Herz wütet …ich im Herzen getroffen bin …mir das Herz in die Hose rutscht …ich niemand mehr in mein Herz lasse …sich mein Herz weiter verhärtet …und mir ist eng ums Herz …und fühle mich leer im Herzen …mein Herz so schwer ist …mein Herz sich so tot anfühlt Klaus Thomsen 30 Herzhafte Themen • Herzsprache emotionalisiert • Hinter den genannten Klagen verstecken sich oft andere Themen, z. B. Angst hinter Ärger • Trauer ist wichtig und schafft sich Raum • Was bewegt mein Herz? • Wer/was steht meinem Herzen nah? • Wem kann ich mein Herz öffnen? • Was könnte mein Herz erleichtern? • Was gibt meinem Herzen Kraft? Klaus Thomsen 31 Methodenbeispiele • Empathisches Begleiten. Bedeutung von Emotionen vor dem Hintergrund der stattfindenden Krankheitsverarbeitung • Ressourcensuche und –verstärkung (entgegen dem alten Risikoverhalten) • Imaginative Bilder entwickeln (z. B. Kräftigung des Herzens, sicherer Ort, Ort der Kraft, innere Helfer…) • Bearbeitung von Traumata (cave Herzleistung!) mit EMDR, KVT oder Imagical Exposure • Problemlösetraining (Beruf, Privatleben) • Rollenspiele (Konflikte, neues Verhalten üben, Abgrenzen üben, Forderungen stellen usw.) • Er- und Bearbeiten von Grundthematiken (negativer Selbstwert, geringe Frustrationstoleranz, existenzielle (Todes-)Angst) Klaus Thomsen 32 Krankheitsverarbeitungsformen nach Stellenwert der Ausprägung (n. Muthny et al. 1992, S. 50) Rangplatz und Mittelwert (MW bezogen auf 5er-Skala) aus 35 vorgegebenen HI-Pat. (N=70) Krebspat. (N=66) Dialysepat. (108) MS-Pat. (207) Verarbeitungskategorien Rang MW Rang MW Rang MW Rang MW Ärztlichen Rat befolgen 2 4,4 1 4,1 1 4,5 2 3,7 Vertrauenssetzung in Ärzte 4 4,1 2 4 2 4,3 7 3,3 Kampfgeist entwickeln 1 4,4 5 3,6 5 3,7 1 3,9 Selbstermutigung 3 4,2 4 3,6 4 3,8 3 3,7 Informationssuche 7 3,6 3 3,6 3 3,8 4 3,6 Intensiver leben 5 3,8 10 3 7 3,5 11 3 Ablenkung 8 3,5 8 3,3 9 3,1 5 3,3 Sozialer Vergleich 9 3,3 8 3,3 6 3,6 nicht abgefragt Anderen Gutes tun wollen 9 3,2 9 3,2 6 3,6 10 3,1 Selbstbeherrschung 11 3,1 6 3,4 12 2,9 6 3,3 Als Schicksal annehmen 13 2,9 7 3,3 12 2,8 13 3 Klaus Thomsen 33 Psychologische Beratung von Patienten mit Koronarer Herzerkrankung in der AHB Risikofaktoren Begründung Klaus Thomsen Empfehlung 34 „…hat das Herz auf dem rechten Fleck“ mit vollem Herzen „mir fällt ein Stein vom Herzen“ „wie herzig“ Freude das Herz schenken sich herzen „…hat ein Herz für…“ Liebe von ganzem Herzen „da geht mir das Herz auf“ das Herz stehlen „…hat einen Platz in meinem Herzen“ „…hat ein großes Herz“ „…spricht mir aus dem Herzen“ herzhaft beherzt „…ist mir herzlich zuwider“ halbherzig -lichen Dank Angst Abneigung „…hat kein Herz“ „das ist herzlos“ „da geht mir das Herz auf“ „mir stockt das Herz“ Groll im Herzen Ärger aus dem Herzen keine Mördergrube machen Stich ins Herz hartherzig Dem Herzen einen Stoß geben „das bricht mir das Herz“ „mir blutet das Herz“ das Herz rutscht in die Hose Scham „Mein Herz ist leer“ Trauer Schweren Herzens Niedergeschlagenheit „das nehme ich mir zu Herzen“ Klaus Thomsen „es zerreißt mir das Herz“ 35