Basiswissen Zellatmung und Gärung: Energieumwandlung bei Tier und Pflanze (Glykolyse, oxidative Decarboxylierung, Citratzyklus, Atmungskette; vgl. Aufg. 8) Kohlenhydrate, Fette und Proteine – Grundstoffe der Nahrung heterotropher Organismen – haben einen hohen Gehalt an chemisch gebundener Energie. Um sie für energieaufwändige Lebensprozesse wie aktive Transportvorgänge, mechanische oder chemische Arbeit nutzen zu können, müssen diese Verbindungen abgebaut und die in ihnen enthaltene Energie zur Gewinnung des zelleigenen Energieüberträgers ATP verwendet werden (ADP wird durch Übertragung einer freien anorganischen Phosphatgruppe zu ATP phosphoryliert). ATP kann durch Übertragung von einer oder zwei Phosphatgruppen auf andere Verbindungen (Phosphorylierung) Energie freisetzen und auch übertragen. Dabei können neue energiereiche Verbindungen entstehen, die dann beispielsweise Arbeit verrichten können, wie z. B. die Rückstellung des Myosinkopfes im Muskel. Glucose als Grundbaustein der Kohlenhydrate kann auf zwei Wegen abgebaut werden: 1. Die anaerobe Energiebereitstellung ohne Mitwirkung von Sauerstoff wird als Gärung bezeichnet. Sie findet im Cytoplasma statt und führt nicht zum vollständigen Abbau von Glucose: Bei der alkoholischen Gärung entstehen als Endprodukte Ethanol und CO2, bei der Milchsäuregärung nur Lactat. Die Gärung ist wenig effizient: Pro Molekül Glucose werden über Substratkettenphosphorylierung nur 2 ATP gewonnen. Glucose 2 NAD+ 2 ATP Glykolyse 2 ADP 2 NADH + 2H+ 2 x Pyruvat 2 x Acetaldehyd 2 NAD+ NAD+Regenerierung H+ 2 x CO2 2 x Ethanol Alkoholische Gärung Glucose 2 NAD+ 2 ADP 2 ATP Glykolyse 56 2 NADH + 2H+ 2 x Pyruvat Milchsäuregärung: Glucose-Abbau unter Sauerstoffmangel NAD+Regenerierung 2 NAD+ 2 x Lactat Stoffwechselphysiologie 2. Die aerobe Energiebereitstellung unter Verwendung von Sauerstoff wird als Zellatmung bezeichnet. Sie ist ein komplexer, aber auch sehr effizienter Prozess, läuft zum großen Teil in den Mitochondrien ab und führt zum vollständigen Abbau der organischen Verbindungen. Bei beiden katabolen Stoffwechselwegen wird Glucose mithilfe der Glykolyse in mehreren Schritten zu zwei C3-Körpern (Pyruvat) oxidiert. Jeder Schritt wird von einem eigenen Enzym katalysiert. Es werden pro Molekül Glucose zunächst 2 ATP zum „Anschub“ benötigt, außerdem 4 ADP und 2 NAD+. Es entstehen neben 2 Pyruvatmolekülen 4 ATP (effektiv 2 ATP) und 2 NADH + H+. Die Glykolyse findet im Cytoplasma statt. PyruvatTransportprotein Cytoplasma CO2 Gärung NADH + H+ ohne O2 mit O2 AcetylCoA Pyruvat Glykolyse Citratzyklus NADH + H+ Atmungskette + ATP-Synthase Mitochondrium Matrix Intermembranraum NADH-TransportProtein Zellmembran NADH + H+ Glucose Reaktionsorte der Zellatmung in der Zelle Steht Sauerstoff zur Verfügung, wird Pyruvat über Transportproteine in die Mitochondrien transportiert und dort durch einen Multienzymkomplex in der Matrix in Acetyl-CoA umgesetzt (oxidiert). Es entstehen pro Molekül Glucose 2 CO2, die aus der Zelle diffundieren, und 2 NADH + H+. Dieser Schritt wird als oxidative Decarboxylierung bezeichnet: oxidativ, da es sich um einen Oxidationsvorgang handelt, Decarboxylierung wegen der CO2-Abspaltung. Die Acetylgruppe des Acetyl-CoA wird nun in den Citratzyklus eingeschleust, indem sie mit Oxalacetat enzymatisch verbunden wird. Dadurch entsteht Citrat, das in den weiteren Schritten des Zyklus unter Abgabe von CO2 wieder zu Oxalacetat umgebaut wird. Bei diesen Vorgängen sind pro Durchlauf 3 NAD+, 1 FAD (ein anderer Elektronenakzeptor) und 1 ADP erforderlich. Es entstehen 3 NADH + H+, 1 FADH2 und 1 ATP. 2 CO2 werden freigesetzt. Da der Citratzyklus pro Glucose-Molekül zweimal durchlaufen werden muss, verdoppelt sich die Bilanz. Der Citratzyklus läuft ebenfalls in der Mitochondrienmatrix ab. Bis hierher wird die Energie aus der Glucose zum größten Teil im Elektronenüberträger oder Reduktionsäquivalent NADH + H+ (und FADH2) und nicht in ATP gespeichert. Erst in der Endoxidation erfolgt die Phosphorylierung von ADP zu ATP. Die dazu notwendige Energie wird bei der Übertragung der Elektronen aus NADH + H+ auf 57 58 Basiswissen Sauerstoff frei. Hierzu sind die Enzymkomplexe der Atmungskette in der inneren Mitochondrienmembran notwendig. Der Mechanismus der Atmungskette sowie die Kopplung an die ATP-Herstellung sind in Aufgabe 8 genauer dargestellt. Bei maximaler Ausnutzung werden 38 ATP gewonnen. Intermembranraum H+ H+ H+ Cyt c 2e– Q 2 H+ + ½ O 2 NADH + H+ NAD+ (bringt Elektronen aus Nährstoffmolekülen) H2O ADP + P ATP H+ Mitochondrienmatrix Atmungskette ATP-Synthase Atmungskette und ATP-Synthase Regelung der Zellatmung Wird viel ATP durch Arbeit verbraucht, beschleunigt sich die Zellatmung. Ist genügend ATP vorhanden, geht die Zellatmung zurück, wodurch die energiereichen organischen Verbindungen für andere Zwecke zur Verfügung stehen. Die Regelung erfolgt in Form einer negativen Rückkopplung über die Aktivität beteiligter Enzyme, etwa der Phosphofructokinase in der Glykolyse. Es handelt sich hier um ein allosterisches Enzym, das durch ATP oder Citrat gehemmt und durch ADP stimuliert werden kann. Bei Hemmung durch ATP arbeitet das Enzym so lange nicht mehr, bis die Konzentration an ATP durch die Aktivität der Zelle erniedrigt ist und vermehrt ADP anfällt. Glykolyse und Citratzyklus als Drehscheibe Glykolyse und Citratzyklus sind mit vielen anderen Stoffwechselprozessen im Körper verbunden. Hier entstehen Zwischenprodukte, aus denen die Zelle weitere Stoffe synthetisieren kann, etwa körpereigene Proteine, Fettsäuren oder Glucose (Gluconeogenese). Dies sind anabole (stoffaufbauende), Energie verbrauchende Prozesse, ATP muss aus der Zellatmung geliefert werden. Ebenso werden bei Bedarf über Glykolyse und Citratzyklus Moleküle aus einer Stoffklasse in solche einer anderen Stoffklasse umgewandelt, etwa Glucose in Lipide.