Profil- / Neigungsfach Biologie (Baden-Württemberg): Abituraufgaben 2015 Aufgabe I: Genetik, Evolution BE 1.1 Achromatopsie ist eine Netzhauterkrankung. Diese Augenerkrankung führt bei den Betroffenen zu einer Unfähigkeit Farben zu erkennen. Sie können ihre Umwelt lediglich in schwarz-weißen Schattierungen wahrnehmen, sehen extrem unscharf und sind überempfindlich gegenüber hellem Licht. Ursache ist in 25 % der Fälle eine Mutation im CNGA3 Gen. Dieses Gen codiert für ein Protein, das als Ionenkanal einen wesentlichen Teil des Zapfen-Fotorezeptors in der Netzhaut des Auges bildet. Im Folgenden ist der Stammbaum einer Familie dargestellt, bei der Achromatopsie durch eine Mutation im CNGA3 Gen verursacht wird: Abb. 1: Stammbaum einer Familie mit Achromatopsie 1.1.1 Ermitteln Sie, wie diese Form der Achromatopsie vererbt wird. Begründen Sie Ihre Entscheidung jeweils mit einer konkreten Familiensituation. 1.1.2 Ermitteln Sie die Genotypen der Personen 1, 2, 3, 4, 10, 15, 16 und 17. 1.1.3 Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird ein weiteres Kind der Eltern 15 und 16 krank? Begründen Sie mit einem Erbschema. 1.2 3 2 2 Im Folgenden ist ein Abschnitt des codogenen Stranges der DNA des CNGA3 Gens dargestellt, bei der es an der mit # gekennzeichneten Base zu einer Mutation kommt. Dabei wird die Base Cytosin zu Guanin verändert. 1.2.1 Übersetzen Sie mithilfe der Code-Sonne den nicht mutierten codogenen DNAAbschnitt (Matrizenstrang) in die zugehörige Aminosäuresequenz des CNGA3 Proteins. 2015-1 2 1.4.4 In der Ursprungspopulation gab es nur X-Chromosomen mit jeweils einem Gen für ein Farbpigment. Benennen Sie den Vorgang, bei dem X-Chromosomen entstehen, die beide Gene enthalten. Beschreiben Sie diesen Vorgang anhand beschrifteter Skizzen. 1.4.5 Beschreiben Sie das DNA-Hybridisierungsverfahren und zeigen Sie, wie man mithilfe dieses Verfahrens feststellen kann, ob der Mensch näher mit den Altweltaffen oder den Neuweltaffen verwandt ist. 3 3 30 Lösungen 1.1.1 Ein dominanter Erbgang ist nicht möglich, da die phänotypisch gesunden Eltern 1 und 2 ein krankes Kind 3 haben. Ein X-chromosomal-rezessiver Erbgang ist ebenfalls nicht möglich, da der Vater 15 in diesem Fall krank sein müsste. Hier handelt es sich also um einen autosomal-rezessiven Erbgang. 1.1.2 A: normales (gesundes) Allel a: krankmachendes (mutiertes) Allel Die Personen 1, 2, 10, 15 und 16 weisen den Genotyp Aa auf. Person 4 weist den Genotyp Aa oder AA auf. Die Personen 3 und 17 weisen den Genotyp aa auf. Person 15 1.1.3 Person 16 A a A AA Aa a Aa aa Ein weiteres Kind würde mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % krank (aa) sein. 1.2.1 Abschnitt des codogenen Stranges der DNA des CNGA3 Gens, die entsprechende mRNA und die zugehörige Aminosäuresequenz: r Der codogene Strang (ablesbar) kann direkt in die mRNA übersetzt werden. 1.2.2 Es handelt sich hier um eine Punktmutation (Genmutation), da eine einzelne Base verändert ist (Triplett CTC wird zu GTC). Diese Punktmutation führt zu einer Veränderung der Aminosäuresequenz: statt Glutaminsäure (Glu) liegt Glutamin (Gln) vor. Die Auswirkung auf das Protein könnte eine veränderte Tertiärstruktur sein, die eine geänderte Funktion bzw. den Funktionsverlust zur Folge haben könnte. r Eine solche Mutation nennt man auch Fehlsinn-Mutation (Missense-Mutation). 2015-4