2 Genetik 2 wird in der Folge nicht mehr abgelesen. Es ist aber auch möglich, dass es durch eine Mutation zu einer Funktionsverschlechterung (oder gar einem Funktionsausfall), aber auch umgekehrt zu einem Funktionszuwachs kommt, was man als Loss- oder Gain of Function bezeichnet. Schließlich können Mutationen auch gar keine Auswirkungen haben. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn sie in Introns lokalisiert sind oder hochrepetitive DNA betreffen. Also Genabschnitte, die keine codierende Funktion haben. Auch bei Punktmutationen besteht die Möglichkeit, dass sich keine Konsequenzen aus der Mutation ergeben. Als Praxisbezug folgen hier zwei klinische Beispiele: 1. Mukoviszidose wird durch eine Mutation (und zwar meist durch eine Deletion von drei Basen) verursacht, die zur Veränderung des CFTR-Kanals (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator) in der Zellmembran führt. Dabei handelt es sich um einen Chloridkanal, der ein ABC (ATP-Binding-Cassette)-Transporter ist. 2. Menschen besitzen ein Pseudogen für Vitamin C. Besonders bei Seefahrern stellte sich früher schnell eine Unterversorgung ein, da sie zum Teil Monate lang keine frischen Früchte bekamen. Da Vitamin C für die Kollagenbiosynthese wichtig ist, kommt es zum Auftreten von Skorbut. Diese Krankheit ist durch schwere Bindegewebsschäden charakterisiert. Besonders Zahnfleischbluten und Zahnausfall imponieren – im Extremfall droht der Exitus. Exkurs: Tyrosinase Das Enzym Tyrosinase katalysiert die Entstehung von L-Dopa (Dihydroxyphenylalanin) aus der Aminosäure Tyrosin. Durch weitere Syntheseschritte kann daraus Melanin gebildet werden. Man unterscheidet das schwärzliche Eumelanin vom rötlichen Phäomelanin (g Sommersprossen). 12 Ein Mangel an Tyrosinase führt zu einem Pigmentmangel und damit auch zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit der Haut. Dies wiederum kann eine erhöhte Mutationsrate bedingen und Hautkrebs auslösen. Fehlt die Tyrosinase komplett, kommt es zum Albinismus (lat. albus: weiß). Übrigens … Vorschlag Eselsbrücke: Albus Dumbledore hat einen weißen Bart. 2.5.1 Punktmutation Bei einer Punktmutation wird nur eine Base ausgetauscht. Es ist möglich, dass das keine Konsequenzen hat und durch die Mutation ein Codon entsteht, das ebenfalls für die gleiche Aminosäure codiert. Erfolgt eine Punktmutation in einem Stoppcodon, dann wird das Transkript gezwungenermaßen länger. Entsteht durch eine Punktmutation ein neues Stoppcodon, wird das Transkript kürzer. Nachfolgend kommt hier ein weiteres klinisches Beispiel als Praxisbezug: Bei der Sichelzellanämie wird aufgrund einer Punktmutation im Hämoglobin-Gen ein Codon verändert und daher eine andere Primärsequenz abgelesen. Die Folge ist, dass im fertigen Hämoglobin die Glutaminsäure in Position 6 durch Valin ersetzt ist. Dies führt zur Bildung der typischen Sichelzellerythrozyten mit gesteigerter Neigung zur Hämolyse. Es entstehen Mikrothromben, die besonders in Gehirnkapillaren fatale Folgen haben können. Heterozygote Träger haben trotzdem eine normale Lebenserwartung (!) und weisen zusätzlich eine hohe Resistenz gegenüber Malaria auf – ein Selektionsvorteil in Malariagebieten. Homozygote Träger erkranken (wie bei anderen Krankheiten auch) meist weitaus schwerer an der Sichelzellanämie.