Ackerschmalwand – links- oder rechtsdrehend?

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Ackerschmalwand – links- oder rechtsdrehend?
Klassenstufe: 11 – 13
Schwerpunkt: Genetik
Voraussetzungen: Proteinbiosynthese
Sachinformation
Gerade Ackerschmalwand
Stangenbohne,
rechtsdrehend
Punktmutationen sind definiert als Austausch
eines einzigen Basenpaares oder weniger Basenpaare bei der DNA-Replikation, wobei das
Leseraster erhalten bleibt. Dagegen führt der
Verlust oder die Einfügung eines Basenpaares zu
Rastermutationen, d. h. durch den Triplett-Code
wird ab diesem Punkt eine völlig neue Aminosäurekette codiert. Eine Punktmutation hingegen
kann unter Umständen überhaupt nicht auffallen
(stille Mutation), z. B. wenn die dritte Base betroffen ist (Redundanz des genetischen Codes,
Wobble-Hypothese) oder die durch die Mutation
ausgetauschte Aminosäure chemisch verwandt
ist (neutrale Mutation) bzw. nicht an einer strukturell bedeutenden Stelle des Proteins liegt. Wird
die Aminosäure aber gegen eine chemisch nicht
verwandte Aminosäure ausgetauscht oder gar ein
Stoppcodon gebildet, spricht man von Missensebzw. Nonsense-Mutationen.
Punktmutationen werden u. a. durch Basenanaloga wie z. B. Bromuracil oder Aminopurin erzeugt,
die bei der Replikation der DNA als Platzhalter
fungieren. Je nachdem, ob sie als Keto- oder
Enolform vorliegen, können sie mit Guanin oder
Adrenalin ein Basenpaar bilden. Der Austausch
eines einzelnen Basenpaares im Hämoglobingen
führt z. B. zu Sichelzellanämie.
Im Fall der Ackerschmalwand wird der Aminosäureaustausch durch die Änderung des Phänotyps
offensichtlich. Linksdrehende Mutanten könnten
in freier Natur vielleicht in größere Höhen vordringen, vorausgesetzt, es gibt eine stabile Wuchsstütze, und sich dadurch einen Selektionsvorteil
verschaffen.
Didaktisch-methodische Hinweise
Hopfen, linksdrehend
Das Arbeitsblatt zeigt deutlich sichtbare Folgen
einer Punktmutation, die im Unterricht auch häufig
an der Sichelzellanämie besprochen wird. Soll der
Schwierigkeitsgrad erhöht werden, kann man die
genaue Änderung des genetischen Codes erarbeiten lassen. Soll die Proteinbiosynthese wiederholt werden, kann die erste Frage auch auf die
Transkription, Translation und Proteinfaltung
abzielen (statt des strukturellen Aufbaus sollte
dann nach der Synthese des normalen oder
mutierten Proteins gefragt werden).
Aus dem Sportbereich können zwei kleine Hanteln als Modell verwendet werden. Liegen Sie
parallel zueinander, bilden sich durch Hintereinanderreihung gerade Bänder. Bei geringfügigem
Verkanten ähnelt der Aufbau einer Wendeltreppe
und macht deutlich, warum dann ein Pflanzenteil
rechts- oder linksherum drehend wächst.
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Arbeitsblatt Seite 31
1. Die Aminosäuresequenz (Primärstruktur)
ergibt sich aus der Transkription und Translation des Tubulin-Gens. Sie bewirkt eine Faltung (Sekundärstruktur) zur α-Helix oder zum
β-Faltblatt, die in der Abbildung durch Spiralen oder Bänder gekennzeichnet sind. Dazwischen liegen so genannte ungeordnete Bereiche. Durch deren räumliche Anordnung entsteht das hantelähnliche Tubulin-Molekül
(Tertiärstruktur). Die zwei verschiedenen Untereinheiten bilden zusammen die Quartärstruktur (Zusammenlagern der „Hanteln“).
2. Serin wird durch die sechs Tripletts UC (+ U,
C, A oder G) oder AG (+ U oder C) codiert
(Wobble-Hypothese). Phenylalanin wird durch
die Tripletts UUU oder UUC codiert. Im SerinTriplett UCU oder UCC wurde demzufolge die
zweite Base Cytosin durch Uracil ersetzt
(Punktmutation im Codon der m-RNA).
Zugrunde liegt demnach ein Austausch von G
zu A auf der DNA oder ein Ablesefehler während der Transkription (statt der Zuordnung G
→ C erfolgt die Zuordnung G → U).
3. Die Aminosäuren unterscheiden sich in den
Resten (basisch, sauer, unpolar = hydrophob,
polar). Sie bestimmen den Aufbau und die Eigenschaften des Proteins. Beim mutierten
Tubulin erfolgt der Austausch von Serin (polare Aminosäure) gegen Phenylalanin (hydrophobe Aminosäure) an einer Stelle im Molekül, die für die Struktur und Funktion des
Proteins ausschlaggebend ist. Daher kann sie
nicht „still“ bleiben, da durch das Verkanten
der „Hanteln“ der linksdrehende Spross entsteht.
Literaturhinweise
BRUNNER, H.,: Rechts oder links in der Natur und
anderswo. Wiley-VCH, Weinheim 1999
BRUNNER, H.: Das Spiralwachstum der Pflanzen;
Nachrichten aus der Chemie, 53, 2005,
1036 – 1037
GROß, M.: Tubulinstruktur aufgeklärt. Spektrum
der Wissenschaft, 4, 1998, 22 – 23
JANNIG, W., KNUST, E.: Genetik. Thieme Verlag,
Stuttgart 2004
THITAMADEE, S., TUCHIHARA, K., HASHIMOTO, T.:
Microtubule basis for left-handed helical
growth in Arabidopsis. Nature 417 (2002)
193 – 196
Medienhinweise
http://www.lbl.gov/Science-Articles/Archive/3Dtubulin.html
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