Staphylococcus aureus

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Methoden
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Analyse der differenziellen Genexpression
in Staphylococcus aureus
Petra Becker1, Georg Peters1, Mathias Herrmann2
1
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Münster
2
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität des Saarlandes, Homburg
Staphylococcus aureus ist ein opportunistischer Erreger von erheblicher klinischer Bedeutung. Neben lokalen, oberflächlichen Infektionen verursacht dieses pathogene Bakterium auch lebensbedrohliche Erkrankungen (LOWY, 1998). Vor allem die Fähigkeit,
inerte und lebende Oberflächen zu kolonisieren und einen Biofilm auf diesen ausbilden zu können, trägt zur Pathogenität dieses
Krankheitserregers bei.
Die Virulenz von S. aureus ist auf eine
Vielzahl an Faktoren zurückzuführen. Insbesondere extrazelluläre Toxine und eine
Reihe von Oberflächenproteinen fungieren
bei diesem Bakterium als Virulenzfaktoren.
Die Identifizierung und Charakterisierung
von Genen, die spezifisch bei einer bestimmten Infektion oder in einer speziellen
Infektionsphase exprimiert werden, könnten entscheidende Hinweise zur Vorbeugung und Bekämpfung von S. aureus-Infektionen liefern.
In der Vergangenheit wurden zur Identifizierung solcher differenziell exprimierten
Gene eine Reihe unterschiedlicher Methoden beschrieben (SAGERSTROM et al. 1997;
HANDFIELD und LEVESQUE 1999). Zu diesen
zählen „Differential Display PCR“ (DDPCR), „Arbitrarily Primed PCR“ (AP-PCR),
Gen-Fusionen und subtraktive und differenzielle Hybridisierungstechniken. Auch
wurden eine Reihe von „Microarray“-basierenden Methoden zur Detektion von differenziell exprimierten Genen beschrieben
(DE SAIZIEU et al. 1998). Viele dieser
Methoden haben den Nachteil, dass große
Mengen an mRNA benötigt werden. Einige
dieser Anwendungen, wie DD-PCR, APPCR und Gen-Fusionen, eliminieren die in
beiden Populationen vorkommenden Sequenzen nicht. Diese Eigenschaft erschwert
sowohl die Interpretation der Ergebnisse als
auch die Identifikation der entsprechenden
Gene.
Die bisher beschriebenen subtraktiven
und differenziellen Hybridisierungstechniken wurden zudem für die Anwendung bei
eukaryonten Organismen entwickelt. Im
Unterschied zu eukaryonter mRNA reichen
Länge und Grad der Polyadenylierung bei
bakteriellen mRNAs nicht aus, um diese
Eigenschaft zur Abtrennung der anderen
Abb. 1: Micro-RDA-Sensitivitätstest. Um die Nachweisgrenze von differenziell exprimierten mRNAs
durch Micro-RDA zu bestimmen, wurden definierte Mengen an Kontroll-RNA (MS2-RNA) in
Konzentrationen von einer Kopie pro Zelle sowie 5, 10, 50 und 100 Kopien pro Zelle in einen
Hintergrund aus Staphylokokken-Driver-RNA gegeben. Die MS2-/Driver-RNA-Mischungen wurden in
einer Micro-RDA-Subtraktion als Tester gegen ungemischte Driver-RNA eingesetzt. Die Abbildung zeigt
die DP 3, die in einem 2%igen Agarosegel aufgetrennt und mit Ethidiumbromid gefärbt worden sind.
RNA-Spezies nutzen zu können. Da diese
bisher beschriebenen Methoden nicht für
den Einsatz von Gesamt-RNA, sondern von
mRNA etabliert worden waren, reicht die
Stringenz dieser Techniken in der Regel
nicht aus, um die rRNA vollständig aus dem
System zu eliminieren. Daher wurde bisher
vor Beginn einer solchen Subtraktion versucht, die bakterielle mRNA über eine Reihe von komplizierten Schritten anzureichern
(PLUM und CLARK-CURTISS 1994; SU und
SORDILLO 1998; GRAHAM und CLARK-CURTISS 1999). Diese Techniken waren nicht nur
zeitaufwendig, sondern konnten auch zu
dem Verlust von einigen mRNAs führen und
so die Sensitivität der folgenden Subtraktionsmethode deutlich herabsetzen.
Im Rahmen der kürzlich veröffentlichten
vergleichenden Expressionsstudien von
planktonischen und Biofilm-bildenden
Bakterien-Populationen von S. aureus
DSM20231, ist es uns gelungen, eine cDNASubtraktionsmethode für das S. aureus-System zu etablieren und zu validieren (BECKER
et al. 2001). Die dort beschriebene Metho-
de beruht auf dem von Lisitsyn et al. entwickelten und als „Representational Difference Analysis“ (RDA) bezeichneten Verfahren (Lisitsyn et al. 1993). Bisher wurden
Adaptionen dieser Methode für Subtraktionen mit genomischer DNA, für eukaryonte
cDNA-Subtraktionen (HUBANK und SCHATZ
1994) und für cDNA-Subtraktionen mit den
Gram-negativen Bakterien Neisseria meningitidis (BOWLER et al. 1999) und Pseudomonas aeruginosa (WESTBROCK-WADMAN et al.
1999) veröffentlicht. Die von uns beschriebene „Micro-RDA“-Methode ist daher die
erste beschriebene cDNA-Subtraktionsmethode, die für Untersuchungen an Gram-positiven Bakterien entwickelt wurde.
Im Unterschied zu den früher beschriebenen cDNA-Subtraktionsmethoden ist
Micro-RDA in der Lage, den hohen Anteil
an rRNA-Molekülen in nur zwei bis drei
Subtraktionsrunden zu eliminieren. Auf die
Verwendung einer mRNA-Anreicherungsmethode oder die Zugabe von rRNA in die
Driver-Fraktion (BOWLER et al. 1999) kann
dabei vollständig verzichtet werden.
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Die schematische Abfolge der einzelnen
Reaktionsschritte stimmt bei Micro-RDA
und der ursprünglich von LISITSYN et al.
(1993) beschriebene Methode überein. Die
beiden cDNA-Populationen werden zu Beginn in kleine, möglichst gleich lange Fragmente geschnitten. An diese Fragmente
wird ein Adapter ligiert, welcher eine Vervielfältigung mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) erlaubt. Das entstehende PCR-Produkt bezeichnet man als Amplikon. Anschließend wird ausschließlich an
das „Tester“-Amplikon – also an die vervielfältigte DNA-Population, aus der die
Fragmente isoliert werden sollen, die nicht
oder in geringerer Konzentration in der zweiten DNA-Population („Driver“) vorhanden
sind – ein anderer Adapter ligiert, welcher in
den nachfolgenden selektiven PCR-Ansätzen als Primer-Anlagerungsstelle verwendet
werden kann.
Es folgen die subtraktive Hybridisierung
von Tester- und Driver-DNA, ein Mungobohnen-Nuklease-Verdau und zwei selektive PCR-Amplifikationen. In den selektiven PCR-Schritten werden die entstandenen Tester-Tester-Moleküle exponentiell
und die Tester-Driver-Hybride linear ampifiziert. Die Driver-Driver-Hybride und die
einzelsträngigen Tester- und Driver-Moleküle können mangels einer Primer-Anlagerungsstelle nicht vervielfältigt werden.
Sowohl die subtraktive Hybridisierung als
auch die selektiven PCR-Amplifikationen
müssen zwei- bis dreimal wiederholt werden, um die interessierenden DNA-Fragmente aus der komplexen Mischung heraus isolieren zu können.
Der in Micro-RDA verwirklichte Fortschritt, der es erlaubt, den hohen Überschuss
an rRNA-Molekülen zu eliminieren, wird
durch den Einsatz der Phenol-EmulsionsReassoziations-Technik (PERT) während
der subtraktiven Hybridisierung erreicht.
Bereits frühere Studien belegten, dass die
Hybridisierungsrate in einer phenolischen
Emulsion durch eine Reduzierung des wässrigen Volumens deutlich gesteigert wird
(KOHNE et al. 1977). Diese Verminderung des
wässrigen Volumens ermöglicht zusätzlich
eine signifikante Reduktion der benötigten
Tester-Menge: nur 1 ng Tester-DNA wurde
während der ersten und nur 0,1 ng während
der zweiten subtraktiven Hybridisierung
eingesetzt.
Eine stabile phenolische Emulsion wurde während der Hybridisierung durch zyklisches Erhitzen auf 65°C und darauf folgendes rasches Abkühlen der Proben aufrecht
erhalten (MILLER und RIBLET, 1995). Da der
Tm-Wert der DNA-Doppelhelix in einer
phenolischen Lösung stark erniedrigt wird,
wurden durch das zyklische Erhitzen auf
65°C auch ein Teil der nicht homologen
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DNA-Doppelhelices aufgeschmolzen und
so die Anzahl an heterologen Hybrididmolekülen reduziert.
Ob sich diese hohe Stringenz negativ auf
die Sensitivität von Micro-RDA auswirkt,
wurde in einem Sensitivitätstest überprüft.
Bei diesem Test wurden genau definierte
RNA-Mengen des Bakteriophagen MS2
(Roche Diagnostics) in einen Hintergrund
aus Staphylokokken-RNA gegeben. Die
Konzentrationen der eingesetzten MS2RNA lagen zwischen einer Kopie und 100
Kopien pro eingesetzter S. aureus-Zelle.
Nach Abschluss der dritten Runde MicroRDA wurden die Differenzprodukte in einem 2%igen Agarosegel aufgetrennt, mit
Ethidiumbromid gefärbt und mit dem ebenfalls aufgetrennten MS2-Amplikon verglichen (Abbildung 1). Bei einer Konzentration
von einer Kopie MS2-RNA pro Zelle (Abbildung 1, Bahn 2) konnten weder ein Fragment
der MS2-RNA noch unspezifisch amplifizierte Staphylokokken-RNA nachgewiesen
werden. Bereits bei einer Konzentration von
fünf Kopien MS2-RNA pro Zelle (Abbildung
1, Bahn 3) enthielt das DP 3 ein 400 bp
großes Fragment, das typisch für das Bandenmuster des MS2-Amplikons (Abbildung
1, Bahn 7) war. Mit zunehmender Konzentration der MS2-RNA in der Tester-Fraktion stieg auch die Intensität und die Anzahl
der für das MS2-Amplikon typischen Banden in dem DP 3 an (Abbildung 1, Bahnen
2 – 6). Das Bandenmuster des DP 3, dessen
Tester 100 Kopien pro Zelle enthielt (Abbildung 1, Bahn 6), entsprach nahezu dem des
MS2-Amplikons.
Die hier beschriebene RDA-Adaption, ist
eine hoch stringente, aber auch sehr sensitive Methode, die eine Identifizierung von
differenziell exprimierten Genen in unterschiedlichen S. aureus-Populationen erlaubt.
Selbst „low-copy“ mRNAs, von denen nur
fünf Kopien pro Bakterienzelle vorliegen,
können mit dieser Methode als differenziell
exprimiert identifiziert werden.
In Zukunft werden „Microarray“-basierte Methoden ebenfalls eine attraktive Möglichkeit darstellen, die differenzielle Genexpression von Staphylokokken zu untersuchen (DE SAIZIEU et al. 1998; RAMSAY 1998).
Da im Rahmen von Genom-Sequenzierungsprojekten die Genome der S. aureusStämme 8325, Col, MRSA252, MSSA476,
N315 und Mu50 sequenziert, analysiert und
kartografiert werden oder wurden, stehen
vermutlich in absehbarer Zeit Gen-Chips für
diese Stämme zur Verfügung. Neben den
enormen Kosten einer solchen Gen-ChipAnalyse kann man diese Methode auch nur
bei den sequenzierten Stämmen anwenden,
da gerade bei klinischen S. aureus-Isolaten
eine relativ große Variabilität in den GenomSequenzen zu finden ist. Daher wird auch in
der nahen Zukunft ein Bedarf für herkömmliche cDNA-Subtraktionstechniken
wie die hier beschriebene Micro-RDA-Methode bestehen.
Danksagung
Wir danken J.D. Harper, K.T. Smith, P.B.
Challoner und W. Hufnagle von der PathoGenesis Corporation in Seattle, Washington
und P. Tudzinski (Universität Münster) für
ihre Unterstützung. Die zugrunde liegende
Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (Schwerpunktprogramm 1047).
Literatur
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Korrespondenzadresse:
Petra Becker
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Münster
Domagkstraße 10
48147 Münster
Tel.: 0251-8355345
Fax: 0251-8355350
E-mail: [email protected]
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