Molecular engineering of industrial enzymes

Werbung
22.07.2014
Molecular engineering of industrial enzymes:
recent advances and future prospects
Mini-Review, Haiquan Yang et al., Appl. Microbiol. Biotechnol. (2014) 98:23–29
Ausarbeitung zum Seminar I, Vortrag am 25.06.2014
betreut durch Prof. Dr. Gert-Wieland Kohring
Johannes Bartuli, Matrikelnummer 2547649, 3. Semester
Studiengang Biotechnologie, Universität des Saarlandes
1 Einleitung
Industriell eingesetzte Enzyme sind in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Teil der
Chemie geworden. Verwendung finden sie insbesondere in den Bereichen der Lebensund Futtermittel, Reinigungs- und Waschmittel, sowie der Textilindustrie. Ein Grund hierfür
ist, dass Enzyme Prozesse ermöglichen, welche durch physikalisch-chemische Methoden
wenig effizient oder gar nicht durchzuführen wären. Glucose-Fructose-Sirup wird durch die
Verwendung des Enzyms Glucose-6-phosphat-Isomerase gewonnen, andere Beispiele
wären Lipasen, Proteasen und Amylasen welche in Waschmitteln Anwendung finden oder
Laktasen zur Gewinnung von laktosefreien Milchprodukten. Insgesamt werden nach
neuestem Stand über 500 Produkte über den Einsatz von biokatalytischen Verfahren
gewonnen.
Viele chemische Prozesse haben die Nachteile, dass sie bei hohen Temperaturen und
unter hohen Drücken ablaufen müssen, es müssen unterschiedliche Lösemittel, Säuren
und Basen eingesetzt werden, zudem entstehen bei den Prozessen oft umweltschädliche
Nebenprodukte, welche anschließend kostspielig beseitigt werden müssen. Diese
Nachteile können durch den Einsatz von Enzymen nahezu vollständig eliminiert werden:
durch die hohe Aktivität, Spezifität und Selektivität stellen sie eine sehr gute Alternative zu
den klassischen chemischen Prozessen dar.
Enzyme sind nicht nur in der Lage neue Verfahren zu ermöglichen, sondern können auch
bestehende Prozesse der chemischen Industrie ersetzen. Einige der wichtigsten
chemischen Verfahren, welche durch den enzymatischen Weg abgelöst wurden, wären die
Gewinnung von Penicillinen, Aspartam und Acrylamid. Weiterhin wäre die Herstellung von
optisch aktiven Substanzen zu erwähnen: bedingt durch die hohe Stereoselektivität des
kataytisch aktiven Zentrums von Enzymen können enantiomerenreine Produkte einfach
und kostengünstig gebildet werden.
Der weltweite Markt für industrielle Enzyme belief sich für das Jahr 2013 auf einen Umsatz
von etwa 4 Milliarden US-Dollar mit einer jährlichen Steigerung von etwa 6%. Grundlage
für ein anhaltendes Wachstum ist, dass stetig neue Verfahren mit neuen Enzymen zum
Einsatz kommen oder auch die bestehenden Prozesse verbessert werden. Die
Entdeckung von unbekannten Enzymen wäre mit einem Screening der Umwelt möglich,
zum Beispiel finden sich temperaturstabile Enzyme in Lebensräumen von Extremophilen
Bakterien. Für die Anwendung in der Industrie sind diese natürlichen Enzyme mit ihren
bestehende Eigenschaften oft nicht ausreichend, aus diesem Grund werden die Wildtypen
oft molekularbiologisch optimiert. Verstärkt zum Einsatz kommen in den letzten Jahren
auch Methoden der Bioinformatik, mit denen es möglich ist in silico Änderungen am
Enzym nachzuverfolgen. Die Ausarbeitung wird sich im folgenden nur mit den Aspekten
der molekularbiologischen Optimierung beschäftigen, Strategien und Methoden vorstellen,
sowie einige Beispiele näher erläutern.
2 Molekularbiologische Optimierung von Enzymen
2.1 Gerichtete Evolution für Enzyme mit unbekannter Struktur
Ausgehend von der Prämisse, ob die Struktur des zu modifizierenden Enzyms bekannt ist
oder nicht, können zwei grundlegende Strategien unterschieden werden: für ein Enzym mit
unbekannter Struktur bietet sich in der Regel die gerichtete Evolution an. Hierbei werden,
angelehnt an die natürliche Evolution, zufällige Mutationen in das codierende Gen
gebracht. Ein Mittel um dies zu erreichen wäre die error-prone PCR. Bei dieser Methode
bedient man sich einer PCR mit erhöhter Fehlerquote während der Replikation. Steuern
lässt sich die Genauigkeit der Fehlerquote durch Änderung des verwendeten Puffers,
entweder durch Zugabe eines Überschusses an dNTPs
oder durch Änderung der
Salzkonzentration, insbesondere der Magnesium- und Mangan-Ionen. Generell müssen
mutagene Bedingungen geschaffen werden, möglich auch durch Chemikalien oder UVLicht. Eine weitere Methode der gerichteten Evolution wäre das DNA Shuffling. Hierzu
werden einige Elterngene aus einer Familie homologer Gene ausgewählt und dieses
anschließend fragmentiert. Die erhaltenen Fragmente können über eine PCR wieder zu
vollständigen Genen zusammengefügt werden, jedes dieser Gene mit Teilen von
Sequenzbruchstücken der Elterngene. Auf einem ähnlichen Prinzip basiert auch der
staggered extension process
(StEP): eine abgeänderte PCR mit sehr kurzen
Verlängerungszeiten der DNA-Polymerase und dem Einsatz von mehreren Elterngenen
als Vorlage. Die noch kurzen, synthetisierten Fragmente wechseln über homologe
Basenpaarung während der Denaturierung die Elterngene, und setzen sich so am Ende
der PCR aus unterschiedlichen Sequenzabschnitten zusammen. Abbildung 1 zeigt das
Schema der hier erwähnten Methoden.
.
Abb. 1: Schema der Methoden der gerichteten Evolution
A: error prone PCR B: DNA Shuffling C: Staggered extension process (StEP)
Huimin Zhao und Frances H. Arnold vom California Institue of Technology konnten 1998
zeigen, dass sich durch Verwendung der gerichteten Evolution das Enzym Subtilisin E in
eine temperaturstabile Variante verändern lässt. Subtilisin E zählt zu den Serinproteasen
und katalysiert die Spaltung von Proteinen. Anwendung findet es dabei in Waschmitteln,
aus diesem Grund ist die Stabilität gegenüber verschiedenen Temperaturbereichen sehr
wichtig. Ihre im Journal „Protein Engineering Design & Selection“ publizierten Ergebnisse
zeigten eine um 18 °C erhöhte optimale Aktivitätstemperatur und eine um den Faktor 1000
erhöhte Zeit über die das Enzym stabil funktionierte. Ausgehend vom Wildtyp wurde über
eine error prone PCR zunächst eine Reihe von Mutanten erzeugt, welchen eine erhöhte
Aktivität und Temperaturstabilität nachgewiesen werden konnten. Über die Anwendung der
Methode StEP wurden diese Mutanten rekombiniert um so weitere Mutanten zu erhalten,
erneut mit einer jeweils erhöhten Aktivität und Temperaturstabilität. Diese Schritte wurden
wiederholt und über insgesamt fünf Generationen konnte so ein Mutant erzeugt werden,
welcher die beschriebenen optimierten Eigenschaften aufwies. Abbildung 2 stellt die
Grafiken aus der Publikation dar, welche die verlängerte Stabilität und die erhöhte Aktivität
des Mutanten 5-3H5 im Vergleich zum Wildtyp zeigen.
Abb. 2: Darstellung der Stabilität und Aktivität des Mutanten 5-3H5 im Vergleich zum
Wildtyp des Enzyms Subtilisin E
2.2 Ortsgerichtete Mutagenese für Enzyme mit bekannter Struktur
Für die Anwendung der ortsgerichteten Mutagenese werden Kenntnisse über die Struktur
des zu verändernden Enzyms benötigt. Aufklären lässt sich die Struktur eines Enzyms
über Methoden wie die Röntgenkristallstrukturanalyse oder eine NMR-Spektroskopie.
Weiter können auch Techniken der Bioinformatik verwendet werden, etwa eine
Modellierung mittels Homologie. Anschließend können, basierend auf der Analyse der
Struktur, wie zum Beispiel Lage und Funktion von katalytischen Zentren, gezielt
Änderungen in das für das Enzym kodierende Gen eingebracht werden. So können
Aminosäuren ausgetauscht, neue Aminosäuren eingefügt oder entfernt werden. Oft
angewendet wird hierbei die Sättigungsmutagenese, welche eine bestimmte Aminosäure
gegen die anderen 19 natürlich vorkommenden austauscht, anschließend müssen diese
Mutanten auf eine mögliche positive Änderung untersucht werden.
Die Forschungsgruppe um Chen et al. von der School of Biotechnology in China konnten
durch Verwendung der Sättigungsmutagenese die spezifische Aktivität, sowie die Dauer
der
Aktivität
des
industriell
eingesetzten
Enzyms
Transglutaminase
erhöhen.
Transglutaminasen gehören zu den Transferasen und katalysieren die Quervernetzung
von Proteinen. Eingesetzt werden sie beispielsweise in der Herstellung von Wurstwaren
und Formfleisch. Zur Optimierung wurde ein bioinformatisches Modell des Enzyms
benutzt, welches zeigte, dass das N-terminale Ende des Enzyms nahe des aktiven
Zentrums liegt und eine Rolle bei der katalytischen Umsetzung spielt. Somit wurde eine
Sättigungsmutagenese an dieser Stelle des N-terminalen Endes durchgeführt. Nach
Charakterisierung der erzeugten Mutanten konnte die Gruppe bei dem Mutanten TG-Del
1-4E5D eine Steigerung der spezifischen Aktivität um den Faktor 1,85 und eine erhöhte
Dauer der Stabilität um den Faktor 2,7 bei 50 °C feststellen. Dabei wurde die Aminosäure
Glutamat gegen Aspartat ausgetauscht, beide mit sauren und negativ geladenen Gruppen.
Die Änderung im Temperaturprofil ist in nachfolgender Abbildung 3 dargestellt.
Abb. 3: Optimierte Aktivität des Enzyms Transglutaminase
2.3 Truncation und Fusion von Proteinen
Durch das „Stutzen“ von Enzymen ist es möglich Domänen zu entfernen, welche für die
Aktivität des aktiven Zentrums nicht zwingend nötig sind. Es können damit die Expression
gesteigert werden, aber auch Einfluss auf die Eigenschaften des Enzyms genommen
werden. Entgegengesetzt hierzu kann durch den Einsatz der Fusion unterschiedliche
Domänen von ähnlichen Enzymen kombiniert werden. Verwendet wurde die Fusion von
der Arbeitsgruppe um Mamo, Hatti-Kaul und Mattiasson von der Lund Universität in
Schweden um unterschiedliche Bereiche von Kohlenhydrat-bindenden Enzymen zu
kombinieren. Kohlenhydrat-bindende Enzyme besitzen ein Modul, welches für die Bindung
an das Substrat verantwortlich ist und ein Modul, welches die katalytische Funktion
ausübt. Durch Komination des bindenden Moduls von Thermotoga neapolitana mit dem
katalytischen Modul von Bacillus halodurans konnte ein chimäres Enzym gewonnen
werden mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich der hydrolytischen Effizienz
gegenüber unlöslichem Xylan, allerdings mit einer verminderten Stabilität bei einer
Temperatur von 65 °C.
3 Schlussbemerkung
Die in dieser Ausarbeitung vorgestellten Methoden zeigen einen nur kleinen Bruchteil der
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein Enzym zu optimieren. Kurz erwähnt wären die
Transposonmutagenese oder ITCHY, SCRATCHY und SHIPREC, welche weitere
wirksame Methoden sind um Mutanten zu gewinnen. Einen weiteren und sehr
umfangreichen Aspekt stellen das entsprechenden Screening und die Selektion der
erzeugten Mutanten dar, welche deutlich aufwändiger und arbeitsintensiver sein können
als die eigentlichen Schaffung der Mutanten. Generell ist die molekulare Optimierung von
Enzymen für industrielle Prozesse nicht mehr wegzudenken und stellt mittlerweile die
Routine dar.
4 Literatur
Yang et al., Molecular engineering of industrial enzymes: recent advances and future
prospects, App. Microb. Biotech., 2013
Boersma et al., Selection strategies for improved biocatalysts, FEBS Journal, 2007
Van Rossum et al., Reporter-based screening and selection of enzymes, FEBS Journal,
2013
Sanchez et al., Enzymes and Bioconversions of Industrial, Pharmaceutical, and
Biotechnological Significance, Org. Pro. & Research Dev., 2010
Kirk et al., Industrial enzyme applications, Curr. Op. In Biotech., 2002
Global and Chinese Industrial Enzyme Industry Report, Research and Markets Dublin,
2014
Syldatk et al., Biokatalyse in der chemischen Industrie, Biopspektrum, 7. Jahrgang
Cobb et al., Directed Evolution: Past, Present, and Future, Biomolecular Engineering,
Bioengineering, Biochemicals and Food, 2013
Biwer, Modellbildung, Simulation und ökologische Bewertung in der Entwicklung
biotechnologischer Prozesse, Dissertation Universität des Saarlandes, 2003
Zhao et al., Directed evolution converts subtilisin E into a functional equivalent of
thermitase, Journal Protein Engineering, 1999
Chen et al., Deletion combined with saturation mutagenesis of N-terminal residues in
transglutaminase from Streptomyces hygroscopicus results in enhanced activity and
thermostability, Journal Process Biochemistry, 2012
Mamo et al., Fusion of carbohydrate binding modules from Thermotoga neapolitana with a
family 10 xylanase from Bacillus halodurans S7, Extremophiles Journal, 2007
Vilieres et al., USER friendly DNA recombination (USERec): a simple and flexible near
homology-independent method for gene library construction, Journal Proein Engineering,
2010
Herunterladen