Humanbiologie - Neurogenese in der Embryonalentwicklung

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Neurogenese in der
Embryonalentwicklung
Neurobiologische Grundlagen der frühkindlichen Entwicklung
Schriftliche Ausarbeitung
Die vorliegende schriftliche Ausarbeitung entstand im Rahmen der Vorlesung
Humanbiologie
Sommersemester 2008
Technische Universität Darmstadt
Veranstalter:
Prof. Dr. Ralf A. W. Galuske
Prof. Dr. Paul G. Layer
Titel der Vorlesung:
„Neurobiologische Grundlagen der frühkindlichen Entwicklung“
13. Mai 2008
Dozent:
Prof. Dr. Paul G. Layer
Fachgebiet Entwicklungsbiologie und Neurogenetik,
Institut für Zoologie am Fachbereich Biologie
TU Darmstadt
Verfasst von:
Andreas Schwarzkopf
1201387 | Dipl.-Informatik | 10. Semester
Tag der Abgabe: 4. Juli 2008
Fachbereich Biologie, TU-Darmstadt
Neurogenese in der Embryonalentwicklung
Inhaltsverzeichnis
Förmliche Erklärung ................................................................................................... 3
Einleitung ................................................................................................................... 4
Forschung und Gesellschaft.................................................................................................................. 4
Humanbiologische Aspekte .................................................................................................................. 5
Vom Rohr zum Hirn .................................................................................................... 6
Neurulation .......................................................................................................................................... 7
Neurogenese als Forschungsfeld......................................................................................................... 10
Die Entwicklung des Hirns beim Menschen........................................................................................ 14
Funktion & Struktur .................................................................................................. 15
Zusammenfassung .................................................................................................... 18
Literaturverzeichnis .................................................................................................. 19
Abbildungsverzeichnis............................................................................................... 20
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Förmliche Erklärung
Die vorliegende Ausarbeitung stützt sich auf die Inhalte des Vortrages von Herrn Prof.
Dr. Paul Layer „Neurobiologische Grundlagen der frühkindlichen Entwicklung“ im
Sommersemester 2008 an der Technischen Universität Darmstadt.
Dieser Vortrag fand am 13. Mai 2008 im Rahmen der Vorlesung Humanbiologie von
Herrn Prof. Dr. Ralf A. W. Galuske statt.
Ich versichere hiermit gegenüber dem veranstaltenden Institut der Technischen
Universität Darmstadt, dass die vorliegende schriftliche Ausarbeitung selbstständig
und nur unter Zuhilfenahme der im Literatur- und Abbildungsverzeichnis genannten
Quellen angefertigt wurde. Zitate und übernommene Ausführungen innerhalb der
Ausarbeitung sind als solche deutlich kenntlich gemacht.
Hanau, den ______________________
_________________________________
Andreas Schwarzkopf
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Einleitung
Die Neurogenese ist der Prozess der Bildung von Nervenzellen, der im weitesten Sinne
mit der Neurulation beginnt. Die Neurogenese beginnt also schon in den frühen
Stadien der Embryogenese, sobald sich das Neuralrohr
vom Ektoderm, dem äusseren Keimblatt, löst und damit
den Grundstein für Hirn und Rückenmark legt.
Sie umfasst alle Entwicklungen von der Absonderung der
Neuralleistenzellen und der Entstehung der ersten
Hirnvesikel bis hin zur Ausdifferenzierung des gesamten
Nervensystems und der eigentlichen Innervation des
Körpers.
Über die Embryogenese hinaus, durch die gesamte
Fetalentwicklung, aber auch postnatal und nach jüngeren
Erkenntnissen bis ins Hohe Alter werden Nervenzellen aus
Stammzellen gebildet. Der Fokus liegt im Folgenden zwar
zunächst auch auf der embryonalen Frühentwicklung bis
hin zur Geburt, aber – gerade vor dem Hintergrund der
Humanbiologie – spielen die postnatalen Prozesse der
Struktur- und Funktionsentwicklung eine bedeutende
Rolle und werden ebenfalls angesprochen.
Abb. 1: Das Hirn als Zentrum des
Bewusstseins. Carter 1999: Mapping
the Mind
Die im Laufe der vorliegenden Ausarbeitung vorgestellten
Themengebiete basieren auf den Vorlesungsinhalten und
verschiedener einschlägiger Literatur, deren Autoren durchweg gerade diesen einen
Punkt immer wieder hervorheben:
Während man lange Zeit ausschließlich die embryonale und juvenile Neurogenese
untersuchte und davon ausging, dass der Entwicklungsprozess auch beim Menschen
spätestens mit der Pubertät abgeschlossen sei, ist mittlerweile bekannt, dass es bis ins
hohe Alter – wenn auch mit verminderter Rate – zur Bildung neuer Nervenfasern aus
neuronalen Stammzellen und der entsprechenden Synaptogenese kommt.
Forschung und Gesellschaft
Die adulte Neurogenese ist damit zu einem sehr aktuellen Forschungsgebiet mit
wissenschaftlicher und auch gesellschaftlicher Relevanz evolviert, deren Ergebnisse
das Bild des modernen Menschen verändern. Schlagworte wie „Lebenslanges Lernen“
erscheinen vor diesem Hintergrund in einem neuen Licht.
Ausserdem ist bereits seit langem bekannt, dass Personen, die sich geistig fit halten
(„Gehirnjogging“) bis ins hohe Alter keinen signifikanten Leistungsabfall des Gehirns
oder gar altersbedingte Degeneration verzeichnen müssen; anders ist dies natürlich
bei krankheitsbedingten Zerstörungen der Struktur, die im Regelfall sehr wohl mit
dem Alter korrelieren.
Jedwede Perspektive kurative Maßnahmen für die verschiedenen Formen von
klinischer Demenz (allen voran die Alzheimer-Krankheit als deren bekannteste Form)
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bereitzustellen, lässt gewisse Erwartungen der Gesellschaft an das Forschunggebiet
aufkeimen, das einerseits vor der Aufgabe steht allgemeine Grundlagenforschung zu
betreiben und andererseits auf den Menschen übertragbare Ergebnisse zu gewinnen
versucht.
Genau hier findet sich dann noch ein weiterer Berührungspunkt von Forschung und
Gesellschaft: Die gewonnenen Ergebnisse des gesamten Forschungsfeldes sind von
größter Bedeutung für therapeutische Anwendungen in der Humanmedizin und es
werden hohe Erwartungen in etwaige zukünftige praktische Anwendung der
Ergebnisse gesetzt.
Auf der anderen Seite ist noch eine ganze Menge echter Grundlagenforschung
notwendig, zu großen Teilen auch in der embryonalen Neurogenese, um prinzipielle
Mechanismen und Vorgänge besser zu verstehen. Sobald es darum geht auf den
Menschen übertragbare Ergebnisse zu erzielen, werden sofort ethische Fragen
aufgeworfen; das Thema Stammzellenforschung ist hier im Rahmen der
Humanbiologie also genauso aktuell, wie es dies ohnehin auch für die gesamte
Entwicklungsbiologie ist.
Während in Deutschland pro 800.000 Geburten auch ca. 200.000 Abtreibungen
stattfinden, fragen Wissenschaftler, warum Stammzellforschung verboten ist, obwohl
Stammzellen ja „sehr viel früher separiert und eingefroren werden als zum Beispiel
die 100.000 Föten, die noch um die 8. Woche herum abgetrieben werden“ (Prof. Dr.
Layer, 13. Mai 2008).
Humanbiologische Aspekte
Wie bereits erwähnt, ist die embryonale
Frühentwicklung nur der Anfang einer
komplexen Struktur- und Funktionsentwicklung, die – darauf wird später
auch nocheinmal explizit eingegangen –
von weit mehr Faktoren determiniert
wird, als der reinen Erbinformation.
Verallgemeinerungen von Modellsystemen
auf den Menschen sind gerade auch aus
diesem Grund nur sehr beschränkt
möglich, insbesondere betrifft dies alle
strukturellen Entwicklungen die nach
Verlassen des phylotypischen Stadiums
anfallen, oder auch ganz allgemein alle
funktionalen Entwicklungsprozesse.
Abb. 2:
Phylogenetisches Stadium und weitere
Entwicklungsstufen am Beispiel verschiedener Embryonen.
Auf jeden Fall liegt im Folgenden ein besonderer Schwepunkt auf den allgemeinen
Prozessen, welche die frühe Entwicklung des Nervensystems charakterisieren, zumal
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die zugrunde liegende Vorlesung im Wesentlichen auch auf den frühen Entwicklungsstadien aufbaut und die Embryogenese in den Vordergrund rückt.
Dennoch wird versucht auch auf allgemeine und weiterführende Fragestellungen die
mit der Neurogenese verbunden sind einzugehen und einen kurzen Einblick in diese
zu geben. Ausserdem wird natürlich an allen Stellen, an denen es sich anbietet, ein
Bezug zwischen den „allgemein beobbachtbaren Prozessen“ im Rahmen der
Entwicklungsbiologie und humanbiologischen Besonderheiten hergestellt und damit
sozusagen auf „Besonderheiten der Neurogenese bei der Spezies Mensch“
eingegangen.
Der Ansatz in das Thema aus Sicht der Entwicklungsbiologie einzusteigen ist im
Rahmen des Bionikstudiums an der TUD, zu dem auch die Vorlesung
Entwicklungsbiologie gehört, besonders reizvoll. Der rote Faden zieht sich dabei von
den frühen Embryonalstadien hin zur Entwicklung des Hirns und es kann ein Bogen
von der allgemeinen Entwicklungsbiologie zur Humanbiologie gespannt werden.
Vom Rohr zum Hirn
Die embryonale Entwicklung des Gehirns ist ein faszinierender, hochgradig
selbstorganisierender Prozess, der funktionale und morphologische Aspekte unter
räumlichen und zeitlichen Bedingungen vereint und an dessen Ende das vermutlich
komplexeste System des Universums steht.
Man muss sich dabei klar machen, dass das menschliche Gehirn aus einer „einfachen“
rohrförmigen Struktur, dem Neuralrohr, entsteht. Ein Schlüsselerlebnis – gerade auch
für Informatiker – liegt hier sicher in der Erkenntnis, dass das Genom gar nicht die
nötigen Freiheitsgrade besitzt, um den Entwicklungsprozess in einer dem modernen
Menschen eingänglichen, mathematisch determinierten Form zu kodieren.
Abb. 3:
Schematische Darstellung der Entstehung des Neuralrohres aus [GS06] S. 388
Gewebsanteile des Neuralrohres: Gelb: Dorsal (alar) / Grün: Ventral (basal)
Das Konzept der Genexpression ist ein mächtiges Instrument, um über biosynthetische Prozesse aus Aminosäuren Makrostrukturen aufzubauen, aber selbst
unter Hinzunahme der räumlichen Mechanismen, also zum Beispiel der hormonellen
Induktion bei der über Stoffgradienten die konkrete Genexpression gesteuert wird,
bietet sie nicht die Kardinalität, um „das fertige Gehirn“ zu beschreiben. Es wird
deutlich, dass hier noch weitere Prozesse der entstehenden Struktur helfen müssen
ihre spätere Funktion wahrzunehmen bzw. diese erst zu erlernen.
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Auch der „strukturelle Anteil“ der Neurogenese, die Entwicklung des Gehirngewebes
selbst, ist bereits ein komplexer Prozess, bei dem die folgenden Schritte, Vorgänge
und Sachverhalte zusammenspielen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Neurulation
Migration / Wanderung
Axonales Wachstum / Wegefindung
Projektion & Landkarten
Synaptogenese
Neuronaler Zelltod / Apoptose
Plastizität
Regeneration
Im Folgenden soll nun zunächst der Prozess der Neurulation näher beschrieben
werden. Ausserdem soll ein kurzer Einblick in die anderen Themengebiete gegeben
werden, um den entwicklungsbiologischen Hintergrund besser zu verstehen bzw. um
die dahinter stehenden zentralen wissenschaftlichen Fragestellungen zu vermitteln.
Neurulation
Unter der Neurulation versteht man den Vorgang der Bildung des Neuralrohres unter
dem Einfluss der Chorda dorsalis. Die Chorda dorsalis ist eine transiente embryonale
Struktur, das heisst, dass sie sich im weiteren Verlauf der Entwicklung wieder
zurückbildet. Sie ist von der Form her ein länglich angelegter Stab aus speziellen
Zellen, der insbesondere die Achsen des Embryos festlegt:
Die Chorda dorsalis ist über hormonelle Induktion nämlich maßgeblich an der
weiteren Ausbildung und Differenzierung umliegender Gewebe beteiligt. Im Rahmen
der Entwicklungsbiologie spricht man von Induktion bzw. man sagt, dass „die Chorda
Vorgänge in umliegenden Geweben induziert“.
Die Chorda ist so gesehen für den Embryo eine Art räumliches Bezugssystem und
triggert bzw. steuert verschiedene Vorgänge und Prozesse. Ihre Funktion im Hinblick
auf die Neurogenese während der Embryonalentwicklung sollte auch vor dem
Hintergrund der Ontogenese, der Entwicklung des einzelnen Organismus, betrachtet
werden. Hier spielen die im Rahmen der Entwicklungsbiologie untersuchten Vorgänge
eine bedeutende Rolle und liefern sozusagen die Ausgangslage für die dann
einsetzende Neurogenese, was im folgenden kurz umrissen werden soll:
Abb. 4: Schematische Darstellung der Umformung
der Morula zur Blastula
Im Rahmen der Embryogenese, man
spricht beim menschlichen Keim in den
ersten 2 bis 3 Wochen von der
Frühentwicklung, bildet sich zunächst
über den Furchungsprozess die Morula,
eine durch massive Teilung der Zygote
hervorgehende Zellkugel.
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Durch eine Umverlagerung der Zellen entsteht im Inneren der Morula eine
Aushöhlung, das Blastocoel. Die Morula wird nun als Blastula bezeichnet.
Abb. 5: Schematische Darstellung der Gastrulation
Schließlich bildet sich aufgrund eines
Invaginationsprozesses (die Blastula
„rollt“ dabei ihre äußerste Zellschicht
nach innen in den Hohlraum ein) die
sogenannte Gastrula. Die Öffnung wird
als Urmund („Blastoporus“) bezeichnet.
Es liegen nun die zwei ersten Keimblätter, das Endoderm (die Innenschicht) und das
Ektoderm (die Aussenschicht) vor. Bei bilateral-symmetrischen Tieren, also auch dem
Menschen, bildet sich dann ein drittes Keimblatt aus, das
Mesoderm (die Mittelschicht).
Furchung, Blastulation und Gastrulation führen
schließlich zur sogenannten Organogenese. Hier werden
die Organanlagen aus den Zellen der verschiedenen
Keimblätter ausgebildet.
Die Zellen legen dabei teilweise erhebliche Strecken
innerhalb des Gewebes zurück; Organe müssen im
Rahmen der Entwicklungsbiologie immer vor dem
Hintergrund des Keimblattes aus denen sie entstehen
betrachtet werden.
Hier kommen wir wieder zurück zur Funktion der
Chorda dorsalis:
Sie selbst entsteht nach der Bildung der Keimblätter aus
dem Dach des Urdarms und induziert die Entwicklung
des Neuralrohres bzw. im ersten Schritt der Neuralplatte.
Die Neuralplatte ist eine erste Verdickung auf der
rundlichen Gastrula, die aus dem Ektoderm entsteht und
sich nach und nach zu einer Neuralrinne umformt,
indem entlang der Axenrichtung (entlang der Chorda)
sich das Gewebe zunächst aufbaut und eine V-förmige
Vertiefung entsteht.
Diese Rinne wird sich im weiteren Verlauf schließen,
sich also zum sogenannten Neuralrohr umformen, aus
der Rückenmark und Gehirn entstehen werden [vgl.
KB01, S. 376].
Abb. 6: Schmeatischer Ablauf der Neuralrohrbildung
unter dem Einfluss der Chorda dorsalis.
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Das Gehirn entwickelt sich also aus einem einfachen Gewebeverband, einem Epithel
heraus. Der Speemann-Organisator determiniert die Längsachse, die Chorda dorsalis
entsteht und induziert das Neuroektoderm, das sich zum Neuralrohr umformt und
sich dann ebenfalls entlang der Längsachse erstreckt. Während der weiteren
Entwicklung wird der kaudal gelegene Teil hauptsächlich das Rückenmark
hervorbringen und der kraniale Teil die eigentliche Hirnentwicklung einleiten.
Abb. 7: Maus 8-12 dpc. Neuralrohrschluß, Somitogenese, Organbildung
Bei allen Wirbeltieren gibt es ein sogenanntes drei Bläschen Stadium, es entstehen
drei Vesikel (die „primären Hirnbläschen“), aus denen dann Vorder-, Mittel und
Rautenhirn (Prosencephalon, Mesencephalon,
Rhombencephalon) entstehen.
[vgl. GWR04, S. 350]
Diese Bläschen sind bereits nach 20-25
Tagen am Embryo angedeutet. Das
Vorderhirn entwickelt sich – das ist eine
spezifisch menschliche Entwicklung –
extrem weiter. Da die Entwicklung unter
zeitlichen und räumlichen Beschränkungen
abläuft, wird sich das Telenzephalon, der
später größte Teil des Vorderhirns, zunächst
zwar nach vorne ausbreiten, dann aber über
das Kleinhirn stülpen und so den vorne
fehlenden Platz kompensieren (s. Abb. 8).
Da sich das Hirn noch weiter entwickelt
kommt es schließlich zur Faltenbildung, bei
der sich die Oberfläche des Hirns ein
weiteres Mal stark vergrössert.
Abb. 8:
Darstellung der räumlichen Hirnentwicklung
beim Menschen
Hier können wir den Aspekt der räumlichzeitlichen Bedingung auch nocheinmal in
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Bezug zur bereits erwähnten Informationsdichte des Genoms setzen:
Offensichtlich beeinflussen weitere Parameter als die reinen Erbinformationen die
Genese des Systems, was doch auch eine wichtige Erkenntnis für Anwendungen im
Bereich biotechnischer und bionischer Ingenieurslösungen sein sollte. Das Prinzip
selbstorganisierende Systeme durch die Wahl restriktiver Parameter zu – zumindest
lokal – optimaler Struktur im Hinblick auf gegebene Ziele zu evolvieren ist zu einem
wichtigen Forschungsfeld geworden, hier lernen die Ingenieurswissenschaften
Prinzipien aus der Entwicklungsbiologie.
Ein Zwischenfazit, aufbauend auf diesen Darstellungen, könnte lauten: Es gibt immer
ein zeiträumliches Entwicklungsgeschehen, das einen laufenden Entwicklungsprozess
charakterisiert.
Neurogenese als Forschungsfeld
Neben der Ausbildung des Hirns durch Neuralzellen wird auch das Rückenmark und
das gesamte Periphere Nervensystem aus dem Neuralrohr gebildet, offensichtlich
müssen also spezielle neurale Zellen gebildet werden und diese dann das entstehende
Gewebe umfassend innervieren.
Die ablaufenden Prozesse und Fragestellungen,
die sich im gesamten Entwicklungsprozess des
Nervensystems ergeben, lassen sich etwa wie
folgt kategorisieren und beschreiben:
Die neurale Zellbildung –
Wann und an welchen Stellen findet
Proliferation statt, welche Mechanismen lösen
die Zellbildung aus und mit welchen Zellen
beginnt die Differenzierung?
Migration / Wanderung –
Wie kommt die komplexe Struktur des
Nervensystems zustande (sowohl Zentrales- als
auch Peripheres
Nervensystem), welche
Zellpopulationen werden dazu wann, wo
benötigt, was löst deren Wachstum aus und wie
finden sie den Weg an ihre richtige Position im
Embryo?
Axonales Wachstum & Wegefindung
Ein
bemerkenswerter
Spezialfall
der
Wegefindung zeigt sich beim eigentlichen
Innervieren des Gewebes: Wie wird reguliert,
Abb. 9: Schematische Darstellung des
PNS nach Vesalius
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dass ein großes Axon sich ausbildet und schließlich sein Ziel findet? Motoneurone
können über einen Meter Länge besitzen, was verglichen mit dem wenige µm großen
Soma, ein gewaltiges Ausmaß ist.
Erst 1907 konnte Ross Harrison in einem Experiment überhaupt nachweisen, dass das
Axon tatsächlich eine eigene Auswachsung der Neuralzelle darstellt.
Er konnte zeigen, dass das Axon sich seinen Weg mithilfe
eines
sogenannten
Wachstumskegels
bahnt.
Der
Wachstumskegel ist Struktur am Ende des Axons, das in der
Wachstumsphase die chemische
Beschaffenheit
der
Mikroumgebung analysiert und so hochaktiv Wegefindung
betreibt. Er besitzt kleine Filamente, die Mikrospikes
genannte werden, welche auf chemische Stoffe reagieren,
Signale an das Soma zurück senden und die
Ausbreitungsrichtung des Axons steuern.
Das Wachstum findet tatsächlich nicht auf einer geraden Linie
statt sondern folgt regelrecht einem chemischen Signalpfad
durch das Gewebe. Ohne die Signale des Wachstumskegels
stellt die Zelle das Wachstum des Axons ein, das laut Harrison
(nach Gilbert) bis zu 56 µm pro Stunde betragen kann.
Abb. 10: Wachstumskegel eines Axons.
Oben: Transmissions Elektronen Mikroskop Aufnahme
Unten: Aufnahme mit Fluoreszenzfärbung
Das Axon einer Nervenzelle ist in der Regel von sogenannten Schwannschen Zellen
umgeben. Diese wickeln sich in Schichten bis zu 70 mal um das Axon und umgeben es
auf diese Weise mit einer Myelinhülle.
Diese Hülle sorgt aufgrund ihrer elektrischen Isolationseigenschaften dafür, dass die
Übertragungsleitung der Nervenzelle steigt. Das Axon kann wenige µm bis über einen
Meter lang sein und im Abstand von 50-100µm jeweils von einer Schwannschen Zelle
umgeben sein. Es können also 10.000 bis 20.000 Schwannsche Zellen ein Axon
besetzen. Die Einschnürungen der Myelinscheide an den Übergängen der
Schwannschen Zellen nennt man Ranviersche Schnürringe.
Abb. 11: Skizze eines von Schwannschen Zellen umgebenen Axons im
Längs- und Querschnitt aus [HG339], S 339
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Im Wesentlichen springt die Übertragungsladung nur noch von Einschnürung zu
Einschnürung, so dass myelinisierte Neurone eine sehr viel höhere Übertragungsgeschwindigkeit besitzen:
Die Übertragungsleitung einer normalen Nervenzelle liegt bei ca. 1,5 m / sec,
während die größtenteils myeliniserte Nervenzellen von Säugern alle Werte im
Bereich von 1-120 m / sec annehmen. (vgl. [HG04] S.339ff)
Laut Gilbert ist die postnatale
Myelinisierung des menschlichen
Hirns noch bis zum zwanzigsten
Lebensjahr in vollem Gange (vgl.
[GS06] S. 393).
Abb. 12: Dorsale Ansicht des menschlichen
Hirns, Fortschritt der Myelinisierung der
corticalen Oberfläche.
Von links: bei 5, 8, 12, 16, 20 Jahren
Projektion & Landkarten
Die "Topografie des Hirns“: Wie ist die Struktur geordnet? Wie wird diese Ordnung
embryonal angelegt und welche Teile sind veranlagt bzw. eingelernt? Zu diesem
Themenkomplex gehören die vielen bekannten Versuche des letzten Jahrhunderts um
verschiedene Fähigkeiten und sensorische/motorische Abläufe den verschiedenen
Regionen des Gehirns zuordnen zu können.
Synaptogenese
Wie wird eine Synapse mit der Zielzelle gebildet; ein Forschungsgebiet, das Forscher
seit ca. 50 Jahren beschäftigt. Die Signalübertragung innerhalb einer Nervenzelle
erfolgt zwar elektrisch, die Signalweitergabe an nachgeschaltete Zellen erfolgt jedoch
über Synapsen („Endköpfchen“), die sich in glatte oder muldenförmige Bezirke der
Muskelzellen oder anderer nachgelagerten Nervenzellen legen und dort chemisch,
über Aussendung eines Transmitterstoffes, ein Signal anlegen können. Dieser Prozess
ist nicht umkehrbar und eine einzelne Nervenfaser kann bis zu mehreren hundert
Synapsen besitzen (motor. Vorderhornzelle des Rückenmarkes). (vgl. [DBA98], S. 95)
Auch hier noch eine bemerkenswerte Tatsache:
Die relativ „langsame chemische“ Weiterleitung des biologischen Vorbildes verglichen
mit der „schnellen elektrischen“ Ingenieurslösung zeigt offensichtlich, dass die enorme
Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns über die Vielzahl an Neuronen und
deren leistugsstarke parallele Abarbeitung von Signalen erreicht werden muss.
Neuronaler Zelltod
Ein wichtiges Thema im gesamten Organismus und auch bereits während der
Neurogenese selbst ist der programmierte Zelltod. Schon während der Bildung des
Nervensystems ist der geregelte Zelltod (programmierter Zelltod, Apoptose) ein
wichtiger Prozess.
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Plastizität
Das Thema Plastizität beschreibt die erfahrungsabhängige Modulation der
Verschaltungen der Nervenzellen. Hierzu gehören wichtige Frage im Falle des
menschlichen Lernens, insbesondere des Lernens im Alter. Während man früher noch
annahm, dass mit dem Erreichen der Pubertät die Verbindungsentstehung
abgeschlossen sei, weiss man heute, dass die Bildung neuer Synapsen bis ins hohe
Alter erfolgt; wenn auch natürlich mit (individuell) abnehmender Rate.
In [PG02] geht Prof. Dr. Hinrich Rahmann auf die Neurobiologischen Grundlagen des
Bewusstseins, die "Fähigkeit des Menschen Bewusstsein zu empfinden [...] durch
abgespeicherte Informationen in Form von Erlebnissen und Wahrnehmungen" näher
ein. Er hebt dort zunächst unteranderem folgende Punkte hervor ([PG02], S25ff):
•
•
•
•
Das Gehirn des Menschen unterliegt mit 2,2% Hirn- gegenüber Körpergewicht
einer enormen Größenzunahme im Vergleich zum Niveau anderer Vertebraten
und Säuger. (Fische und Amphibien: ca. 0,12%, Beispiel Katze: 0,8%)
Das relative Hirngewicht des Menschen weicht zu dem der übrigen Säuger um
ca. das 7,6-fache ab.
Die Vorderhirnrinde (der Cortex) ist exzessiv vergrößert, beim Menschen um
das 156-fache gegenüber dem Wert eines Ur-Primaten (Schimpanse ca. 58fach)
Ein zusätzlicher Hirnlappen (Temporallappen) wird während der Entstehung
der Wülste und Einsenkungen (Gyri und Sulci) herausgebildet.
Laut Prof. Dr. Rahmann ist "die Ausprägung von Bewusstsein bei uns Menschen [...]
zweifelsfrei an unser Gehirn gebunden".
Er hebt hervor, dass eine besondere Aufmerksamkeit der außerordentlich hohen
synaptischen Plastizität zukommt, da Synapsen "zeitlebens neu gebildet werden
können, bei erhöhter nervöser Beanspruchung verstärkt werden können, bei
Nichtgebrauch dagegen atrophieren".
In den Nervenzellkörpern werden Substanzen gebildet mit denen die Nervenenden
versorgt werden. Diese Stoffe werden mit einer Geschwindigkeit von ca. 1-3 mm pro
Stunde bzw. mit bis zu 100 mm pro Tag transportiert und "sorgen auch - im Falle von
Nervenfaser-Verletzungen - für deren Regeneration". ([PG02], S 26)
Regeneration
Wie können sich Gehirnstrukturen regenerieren; dieses Thema hat natürlich mit dem
vorigen Punkt, der Plastizität, viel zu tun. Man fand vor ca. 20 Jahren heraus, dass es
einige wenige Stammzellen im Hirn gibt. Diese bieten die Möglichkeit im Fall einer
Verletzung in gewissem Umfang zu differenzieren und kleinere Verletzungen der
Struktur zu reparieren.
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Die Entwicklung des Hirns beim Menschen
In [GS06] hebt Gilbert in einem Randabschnitt zum Thema "Unique Development of
the human Brain" 5 Punkte hervor, die das menschliche Gehirn in seiner Entwicklung
von der anderer Spezies inklusive anderer Primaten unterscheidet:
1.
2.
3.
4.
5.
“The retention of the fetal neuronal growth rate after birth”
“The migration of cells from the prosencephalon to the diencephalon”
“The activity of transcription”
“The specific form of the FOXP2 gene”
“The continuation of brain maturation into adulthood”
Insbesondere das postnatale Wachstum des
Hirns geht beim Menschen noch für gut zwei
Jahre fast unvermindert weiter. In der ersten
Zeit nach der Geburt werden pro Minute
ungefähr 250.000 Neurone neu hinzugeschaltet. Auf zellularer Ebene werden
sekündlich 30.000 neue Synapsen pro
Quadratzentimeter neu gebildet. ([GS06], S.
391)
In der Vorlesung „Signalverarbeitung in
neuronalen
Netzen“,
die
ich
im
Wintersemester 2007/08 besucht habe,
sprach Herr Professor Dr. Helmut Glünder eigentlich in Bezug auf künstlich Neuronale
Netzwerke, die sich weit entfernt vom
biologischen Vorbild entwicklen - ebenfalls
über Algorithmen zur Selbststrukturierung
und Mustererkennung - hier ging es in einem
Vortrag darum zu verstehen, wie die
Nervenenden des Auges je einen Bildpunkt in
den Cortex liefern und diese Informationen
dort zu einem Bild zusammengesetzt werden,
obwohl doch der Nervenfaserstrang nicht
geordnet im Hirn ankommt.
Abb. 13: Vergleich des Hirngewichtes
Mensch – Schimpanse (A)
Relatives Hirngewicht verschiedener
Primaten (B) (aus [GS06], S. 391)
Die vorhandene Struktur muss erst noch logisch organisiert werden, um ihrer
Funktion nachzukommen. Es ist – in Anlehnung an den bereits hervorgehobenen
Aspekt der Entwicklung unter zeitlich-räumlichen Bedingungen – anzunehmen, dass
die enormen Leistungen des menschlichen Gehirns und die Tatsache als einzige
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Spezies einem solch ausergewöhnlichen postnatalen Hirnwachstum zu unterliegen
unmittelbar miteinander verknüpft sind.
Die Struktur des Neocortex wird zur funktionellen Reife geführt, während die
eigentliche strukturelle Entwicklung noch fortschreitet.
Räumlich zeitliche Bedingungen, sowie sensorische Reize und die Interaktion neuer
Nervenzellen mit der bereits entstandenen Struktur führen das Hirn in den ersten
Lebensjahren zu der funktionalen Einheit, die den Menschen kennzeichnet. Im
Rahmen der Vorlesung Entwicklungsbiologie an der TUD pflegt Herr Professor Dr. P.
Layer die Studenten immer daraufhinzuweisen "Gene sind viel, aber nicht alles!". Die
Entwicklung des Nervensystems, insbesondere des eigentlichen Großhirns ist ein gutes
Beispiel dafür, wie weitere Faktoren als die Erbanlagen allein die Entstehung einer
Struktur determinieren.
Funktion & Struktur
Die funktionale Einheit des Gehirns ist die einzelne Nervenzelle oder auch das Neuron,
dessen genaue Form jedoch stark variiert. Der allgemeine Aufbau eines Neurons sowie
einige verschiedene Ausprägungen sind in der folgenden Abbildung aus [HG04] (S.
338) dargestellt.
Abb. 14: Allgemeiner Aufbau einer Nervenzelle sowie schematische Darstellung verschiedener
spezieller Neurone, aus [HG04] S. 338
Nervenzellen besitzen wie jede andere Zelle auch einen Zellkern, der sich im
Zellkörper, dem Soma, befindet. Das Soma hat einen bis viele Fortsätze, die Dendriten,
welche Informationen in Form von chemischen Signalen entweder von anderen
Neuronen oder aber direkt von den Rezeptoren der Sinnesorgane aufnehmen können.
Die „Verarbeitung“ der Information erfolgt im Zellkern, das einen elektrischen Impuls
über das Axon, einen in der Regel unverzweigten Fortsatz, an andere nachgelagerte
Neurone oder innervierte Muskeln aussenden kann. Das Axon kann unterschiedlich
lang sein, von wenigen µm bis zu über einem Meter und unter Umständen auch
Kolaterale, also seitliche Abzweigungen ausbilden.
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Am Ende des Axons befinden sich synaptische Endknöpfchen, die über einen
synaptischen Spalt – über den die chemische Aussendung eines Stoffes, dem
Neurotransmitter erfolgt – an nachgelagerte Zellen angebunden sind. Eine Synapse ist
also eine Art Kontaktstelle zwischen einer Nervenzelle und einer nachgelagerten
Nerven, Sinnes- oder Muskelzelle.
(vgl. [HG04], S338ff und vorangegangenen Abschnitt über „Axonales Wachstum“ für
weitere Informationen.)
Wie bereits erwähnt werden laut Gilbert beim Menschen selbst postnatal über ca.
250.000 Neurone und sekündlich 30.000 neue Synapsen gebildet. Der Mensch hat
nach groben Schätzungen also 100 Milliarden bis 1 Billion Neurone und eine
unverhältnismässig größere Zahl an Synapsen. Laut Vorlesungsunterlagen ist das
Maximum an Synapsen ca. 8 Monate nach der Geburt erreicht. Von da an beginnt
zwischen dem 1. und 11. Lebensjahr eine selektive Elimination um ca. 40% hin zum
Erwachsenenniveau. Das Dendritenwachstum selbst, also die Möglichkeit mit anderen
Zellen zu interagieren steigt weiter an.
Abb. 15: (links) Anzahl an Synapsen über die Zeit
Abb. 16: (rechts) Schmatische Darstellung der Dendriten bei Geburt und im 1., 3., 6., 15., 24. Monat
Eine in der Vorlesung angesprochene Variante wie man sich die gespeicherte
Informationen im menschlichen Gehirn vorstellen kann, wären „Gedankenwege“, eine
Art stabiler Signalkaskade, die über rückkopplungsähnliche Schleifen die
Informationen speichern. Die späte Reifung des menschlichen Gehirns und die Art der
Veränderung der Synapsenzahl und Dichte lässt die Vermutung naheliegen, dass die
Summe des Gelernten und die Erfahrungen auch über die Struktur der Verschaltung,
also der angelegten oder aufgegebenen Synapsen verarbeitet wird.
Die Funktionalität des Hirns wird also aktiv eintrainiert, während es noch im Aufbzw. Umbau ist.
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Das Struktur und Funktion immer Hand
in Hand gehen wird auch an der Art wie
die funktionellen Felder des Gehirns
angelegt sind deutlich.
Untersuchungen der Großhirnrinde, des
Cortex, haben gezeigt, dass die
sensomotorischen Felder die gleiche
Topologie wie die Gewebe der einzelnen
Körperregionen zueinander haben.
(s. [LW92])
Abb. 18: Funktionelle Felder der Großhirnrinde
Eine bekannte Abbildung, die diesen
Zusammenhang verdeutlicht zeigt den
sensorischen bzw. motorischen Cortex
jeweils skizziert mit dem „dazugehörigen
Humunculus“.
Abb. 19: Darstellung des sensorischen und motorischen Cortex aus [LW92], S. 19
Während die makroskopische Struktur des Gehirns relativ stabil und invariant
erscheint, ist die eigentliche Funktion nur durch stete innere Umbauprozesse gegeben.
Zwar entstehen Struktur und Funktion in gewisser Weise zunächst „gleichzeitig“, doch
Lernen kann man bis ins hohe Alter: Auch wenn die teilweise viele Monate
(Dendritenwachstum) oder Jahre später (Myelinisierung) stattfindenden, postnatalen
Prozesse abgeschlossen sind, kann das Gehirn neue Informationen verarbeiten und
Muster einlernen; diese Prozesse spielen sich auf den einzelnen Neuronen, den
funktionalen Grundeinheiten des System, ab und regen diese zum Umbau ihrer
synaptischen Verbindungen an.
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Zusammenfassung
In der vorliegenden Ausarbeitung wurden die Vorlesungsinhalte zum Thema
„Neurogenese in der Embryonalentwicklung“ zusammengefasst und von einer
zunächst eher entwicklungsbiologischen Seite her aufgezeigt.
Der Prozess der Neurogenese wurde eingebettet in die Embryogenese beschrieben und
es wurde der Zusammenhang der verschiedenen Themenkomplexe die im Rahmen
der Neurogenese als Forschungsfeld auftreten aufgezeigt bzw. die dahinterliegenden
Fragestellungen angesprochen.
Neben allgemein feststellbaren Prozessen der Entwicklungsbiologie und der
Erläuterung funktionaler Teilaspekte wurden vor dem Hintergrund der Vorlesung
Humanbiologie den Menschen betreffende Fakten recherchiert und an den
entsprechenden Stellen eingearbeitet.
Die drei zentralen Ergebnisse, die auch im Laufe der Vorlesung als solche benannt
wurden, sind gesellschaftlich-ethischer, entwicklungsbiologischer und prozessualer
Natur:
Einerseits ist die Verfügbarkeit zukünftiger therapeutisch einsetzbarer Verfahren im
Wesentlichen von den Fortschritten der Grundlagenforschung und deren
Erkenntnissen abhängig, andererseits sind bei der Entstehung neuer Nervenzellen
Stammzellen beteiligt, deren wissenschaftliche Untersuchung ganz allgemein wieder
ethische Fragen aufwirft, die bei der Stammzellenforschung ja allgemein im Raum
stehen.
Ein wichtiges Fazit aus entwicklungsbiologischer Sicht ist die Feststellung, dass Gene
allein noch keinen Organismus hervorbringen können. Rein technisch steht ausser
Frage, dass selbst bei noch so ausgeklügelter Genexpression die Erbinformation alleine
nicht genügt, um einfach gesagt „ein Gehirn entstehen zu lassen“!
Eng verknüpft mit dieser Erkenntnis ist die Frage nach anderen Mechanismen, welche
die Entstehung einer funktionsfähigen Struktur bedingen.
Eine erste Antwort darauf liefert die Betrachtung der Neurogenese im Rahmen der
Embryogenese. Räumliche und zeitliche Randbedingungen kommen zu den
ablaufenden Prozessen hinzu um deren weiteren Verlauf zu determinieren. Das Fazit
dieser Anschauungen lässt sich in der Aussage zusammenfassen, dass es immer ein
zeiträumliches Entwicklungsgeschehen gibt, das einen laufenden Entwicklungsprozess
charakterisiert.
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Literaturverzeichnis
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Die Programmierung des kindlichen und jugendlichen Gehirns
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Academic Press Inc., 1999
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Abb. 2:
Abb. 3:
Abb. 4:
Abb. 5:
Abb. 6:
Abb. 7:
Abb. 8:
Abb. 9:
Abb. 10:
Abb. 11:
Abb. 12:
Abb. 13:
Abb. 14:
Abb. 15:
Abb. 16:
Abb. 18:
Abb. 19:
Das Hirn als Zentrum des Bewusstseins. Carter 1999: Mapping the Mind (aus
Vorlesungsfolien entnommen)
Phylogenetisches Stadium und weitere Entwicklungsstufen am Beispiel verschiedener
Embryonen (aus Vorlesungsfolien entnommen, nach Gilbert, Developmental Biology, 1998
Schematische Darstellung der Entstehung des Neuralrohres aus [GS06] S. 388 Gewebsanteile
des Neuralrohres: Gelb: Dorsal (alar) / Grün: Ventral (basal)
Schematische Darstellung der Umformung der Morula zur Blastula
Schematische Darstellung der Umformung der Morula zur Blastula
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c6/Blastulation.png
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Blastulation.png; Stand: 02. Juli 2008, 21:54 Uhr
(Bildrechte: Public domain, Weltweit frei verwendbar)
Schematische Darstellung der Gastrulation
Schematische Darstellung der Gastrulation
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/31/Gastrulation.png
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Gastrulation.png; Stand: 02. Juli 2008, 21:55 Uhr
(Bildrechte: Public domain, Weltweit frei verwendbar)
Schmeatischer Ablauf der Neuralrohrbildung unter dem Einfluss der Chorda dorsalis.
aus [GS06], Seite 376
Maus 8-12 dpc. Neuralrohrschluß, Somitogenese, Organbildung (aus Vorlesungsfolien
entnommen, nach Bard 94 Embryos)
Darstellung der räumlichen Hirnentwicklung beim Menschen nach [ZIG99]
Schematische Darstellung des PNS nach Vesalius
De humani corporis fabrica libri septem, Andreas Vesalius 1514-1564
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/03/Vesalius_Fabrica_p332.jpg
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Vesalius_Fabrica_p332.jpg;
Stand: 02. Juli 2008, 22:03 (Bildrechte: Public domain, Weltweit frei verwendbar)
Wachstumskegel eines Axons.
Oben: Transmissions Elektronen Mikroskop Aufnahme
Unten: Aufnahme mit Fluoreszenzfärbung
Aus [GS06] S. 395
Skizze eines von Schwannschen Zellen umgebenen Axons im Längs- und Querschnitt aus
[HG339], S 339
Dorsale Ansicht des menschlichen Hirns, Fortschritt der Myelinisierung der corticalen
Oberfläche. Von links: bei 5, 8, 12, 16, 20 Jahren. Aus [GS06] S. 393.
Vergleich des Hirngewichtes Mensch – Schimpanse (A), Relatives Hirngewicht verschiedener
Primaten (B); aus [GS06] S. 391
Allgemeiner Aufbau einer Nervenzelle sowie schematische Darstellung verschiedener
spezieller Neurone, aus [HG04] S. 338
Anzahl an Synapsen über die Zeit
(aus Vorlesungsfolien entnommen, nach Huttenlocher 1990)
Schmatische Darstellung der Dendriten bei Geburt und im 1., 3., 6., 15., 24. Monat (aus
Vorlesungsfolien entnommen)
Funktionelle Felder der Großhirnrinde (aus Vorlesungsfolien entnommen, nach Spektrum d.
Wissenschaft)
Darstellung des sensorischen und motorischen Cortex aus [LW92], S. 19
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