Der Nephrologe Zeitschrift für Nephrologie und Hypertensiologie Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin | Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten Elektronischer Sonderdruck für C. Bergmann Ein Service von Springer Medizin Nephrologe 2015 · 10:176–194 · DOI 10.1007/s11560-014-0942-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 C. Bergmann Relevanz der genetischen Diagnostik erblicher Nephropathien in der Klinik Diese PDF-Datei darf ausschließlich für nichtkommerzielle Zwecke verwendet werden und ist nicht für die Einstellung in Repositorien vorgesehen – hierzu zählen auch soziale und wissenschaftliche Netzwerke und Austauschplattformen. www.DerNephrologe.de Leitthema Nephrologe 2015 · 10:176–194 DOI 10.1007/s11560-014-0942-5 Online publiziert: 15. Mai 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Redaktion R.P. Wüthrich, Zürich Das Verständnis teils seltener genetischer Erkrankungen hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht und wichtige Einblicke in pathophysiologische Grundprinzipien auch der häufigen „Volkskrankheiten“ erlaubt. Für viele Erkrankungen hängt die Therapie bereits entscheidend von der Genetik ab, für andere laufen, basierend auf den Erkenntnissen der Grundlagenforschung, entsprechende Studien. Somit gewinnt die genetische Diagnostik im klinischen Alltag zunehmend an Bedeutung, und eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Nephrologe und Humangenetiker ist sinnvoll. Im Folgenden sollen kurz die neuen Möglichkeiten der zunehmend NGS (Next Generation Sequencing)-basierten Analytik vorgestellt und die Klinik und Genetik wichtiger erblicher Nierenerkrankungen erläutert werden. Das seit 2010 geltende Gendiagnostikgesetz (GenDG) hat einen zu begrüßenden Rahmen für die genetische Diagnostik geschaffen, gleichzeitig aber auch zu Verunsicherungen auf Seiten der Ärzteschaft geführt. Grundsätzlich war es schon vor Inkrafttreten des GenDG sinnvolle und übliche Praxis, Patienten über geplante genetische Untersuchungen aufzuklären und ihr Einverständnis zu dokumentieren. Das GenDG unterscheidet: 1.Diagnostische genetische Untersuchungen, die bei Patienten mit klinischen Symptomen durchgeführt werden (sprich: die Konstellation, die für die überwiegende Mehrzahl der Ärzte relevant ist): Diese Untersuchungen können von jedem betreuenden Arzt nach dessen Aufklärung und schriftlicher Einwilligung (z. B. Einverständ- 176 | Der Nephrologe 3 · 2015 C. Bergmann Bioscientia – Zentrum für Humangenetik, Ingelheim Relevanz der genetischen Diagnostik erblicher Nephropathien in der Klinik niserklärung auf dem Anforderungsschein) veranlasst werden. Eine spezielle Qualifikation für die fachgebundene genetische Beratung ist bei diesen genetischen Untersuchungen nicht erforderlich. 2.Vorgeburtliche Untersuchungen oder prädiktive genetische Tests bei gesunden Personen: Bei diesen Untersuchungen muss schon vor der Analyse eine genetische Beratung durchgeführt werden. Der behandelnde Arzt muss diese genetische Beratung empfehlen oder veranlassen, sie aber nicht selbst durchführen. Eine solche genetische Beratung können Ärzte mit der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung, Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Medizinische Genetik“ und Fachärzte für Humangenetik durchführen. Obgleich genetische Untersuchungen im Vergleich zu vielen anderen Untersuchungen in der Medizin verhältnismäßig teuer sind, ist ihr Einsatz für eine optimale Patientenbetreuung, aber auch gesundheitsökonomisch betrachtet, effizient, helfen sie doch, vielfach schneller und somit letztlich auch kostengünstiger zu einer Diagnose zu kommen. Genetische Diagnostik muss zudem in der Regel nur einmalig im Leben eines Patienten durchgeführt werden, da der genetische Befund anders als in anderen Bereichen der Medizin einen stabilen Zustand beschreibt und keine Verlaufs- und Kontrolluntersuchungen im Intervall notwendig sind. Für den niedergelassenen Arzt sind die humangenetische Beratung sowie die genetische Diagnostik grundsätzlich nicht budge- tiert und belasten durch Angabe der Ausnahmekennziffer 32010 auf dem Überweisungsschein nicht das Laborbudget. Aktuell gibt es im Unterschied zu den konventionellen Techniken noch keine eigene EBM-Ziffer für NGS; eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse ist daher nach entsprechendem Kostenvoranschlag möglich. Eine Absprache mit dem die Untersuchung durchführenden Labor erscheint hierbei sinnvoll. Next Generation Sequencing (NGS) Die molekulargenetische Diagnostik erblicher Nephropathien wird vor allem durch die häufig ausgeprägte Heterogenität vor besondere Herausforderungen gestellt. So war und ist eine schrittweise Diagnostik durch konventionelle DNA-Sequenzierung oftmals zeitlich und finanziell sehr aufwändig. In Anbetracht überlappender Phänotypen und zunehmend ausgeprägter Komplexität müssen häufig viele verschiedene Gene als krankheitsrelevant betrachtet werden. In den letzten Jahren wurden neue Verfahren der Hochdurchsatzsequenzierung entwickelt, die unter dem Begriff „Next Generation Sequencing“ (NGS), zusammengefasst werden [20]. Sie beruhen auf der Idee der massiven parallelen Sequenzierung von Millionen DNA-Fragmenten in einem einzigen Sequenzierlauf (. Abb. 1). Zunächst in der Forschung insbesondere für die Identifizierung neuer Krankheitsgene eingesetzt, hat die Anwendung von NGS mittlerweile das gesamte Feld der Humangenetik revolutioniert: So ist es nun im diagnostischen Bereich möglich, ins- Leitthema Abb. 1 8 Darstellung des NGS-Arbeitsablaufs in unserem Institut. 1 Probenvorbereitung: Genomische DNA wird zunächst mittels AFA-Technologie auf einem Covaris-Gerät fragmentiert und mit speziellen Adaptoren versehen. 2 „Sequence capture“: Die gewünschten Genbereiche werden mittels Hybridisierung gegen eine von uns definierte NimbleGen-SeqCap-Library gezielt aus der gesamt-genomischen DNA angereichert. 3 Sequenzierung: Die angereicherten DNA-Fragmente werden auf einer Illumina-Plattform (MiSeq- oder HiSeq-1500-System) sequenziert. (Mit freundlicher Genehmigung von Illumina) besondere auch Krankheitsbilder mit ausgeprägter genetischer Heterogenität umfassend zu analysieren. Gen-Panels ermöglichen die simultane Sequenzierung von mehreren Hundert Krankheitsgenen. Bei der Zusammenstellung der Gen-Panels werden alle Gene, deren Mutationen nach aktueller Literaturlage mit dem entsprechenden Phänotyp verbunden sind, berücksichtigt. Dies bedeutet, dass auch mögliche Differenzialdiagnosen simultan beurteilt oder abgeklärt werden können, was einen großen Vorteil im klinischen Alltag darstellt. » Für Next Generation Sequencing ist die Beachtung strenger Qualitätskriterien essenziell Verschiedene NGS-Plattformen sind auf dem Markt vertreten, wobei Illumina mit seinen Systemen aktuell führend ist. Meist werden die entsprechenden Genabschnitte (Exons und angrenzende intronische Sequenzen) sequenziert, nachdem diese aus der gesamtgenomischen DNA des Patienten angereichert wurden (sog. „sequence capture“). Die NGS-Daten werden durch eine kontinuierlich weiterzuentwickelnde bioinformatische Pipeline prozessiert. Gute Einrichtungen sind in der Lage, bei entsprechender Sequenziertiefe zudem strukturelle Varianten („copy number variations“, CNV) wie größere Stückverluste (Deletionen) und Verdopplungen (Duplikationen) im Genom 178 | Der Nephrologe 3 · 2015 zu detektieren. Diese CNV entgehen regelhaft der konventionellen Sequenzierung. Dies stellt insbesondere einen Vorteil bei solchen Genen dar, für die eine MLPA („multiplex ligation-dependent probe amplification“) als sonstige Methodik zur Detektion größerer Deletionen und Duplikationen nicht verfügbar ist. Für die meisten Gene machen Deletionen/Duplikationen etwa 5–10% aller Mutationen aus, für einzelne Gene kann dieser Prozentsatz jedoch auch deutlich darüber liegen (z. B. HNF1β, NPHP1, CTNS). Mehr noch als für die meisten anderen labordiagnostischen Verfahren ist für NGS die Beachtung strenger Qualitätskriterien essenziell [21]. Ist dies gewährleistet, bieten die neuen Techniken große Vorteile, nicht nur hinsichtlich des Durchsatzes, sondern auch hinsichtlich der Qualität (z. B. Nachweis von CNV und Detektion von Mosaiken). Mittels NGS nachgewiesene pathogene Veränderungen sollten zumindest im diagnostischen Bereich weiterhin mit einer zweiten unabhängigen Methode validiert werden. In der Regel geschieht dies mittels konventioneller Sanger-Sequenzierung bzw. MLPA, Array-CGH („array-based comparative genomic hybridization“) oder quantitativer „Real-time“-Polymerasekettenreaktion (qPCR, bei nachgewiesenen CNV). Der an den einsendenden Arzt übermittelte Befund sollte eine auch für Nichtgenetiker klar verständliche Interpretation der identifizierten Varianten enthalten und von einem erfahrenen Team biomedizi- nischer Experten und Fachärzten für Humangenetik verfasst werden. Grundsätzlich erlaubt die parallele Analyse aller bei einem Patienten differenzialdiagnostisch zu diskutierenden Gene eine bessere Interpretation identifizierter Veränderungen und vermeidet auf diese Weise genetische Fehldiagnosen. Der beschriebene NGS-Ansatz mittels gezielter Anreicherung aller Gene für eine Erkrankung/Erkrankungsgruppe erhöht die Detektionsrate maßgeblich, und der zugrunde liegende genetische Defekt kann in der Mehrzahl der Fälle identifiziert werden. Das rasante Tempo in der Molekulargenetik widerspiegelnd, wird mitunter sogar bereits zu diagnostischen Zwecken eine Sequenzierung des gesamten Exoms (sog. „whole exome sequencing“, d. h. Sequenzierung des proteinkodierenden Teils des Genoms) diskutiert, während die ebenfalls technisch bereits mögliche Untersuchung des gesamten Genoms (sog. „whole genome sequencing“) aktuell für die Diagnostik noch keine Rolle spielt. Die Genetik und deren technische Möglichkeiten entwickeln sich rapide. Wichtig bleibt bei allem technischen Fortschritt jedoch auch weiterhin zu überlegen, wann was am besten ist, sprich welche Art von Untersuchung und welches Vorgehen im Einzelfall am sinnvollsten ist. So mag es für einzelne Erkrankungen weiterhin sinnvoll sein, primär gezielt ein bestimmtes Gen mittels konventioneller Technik zu untersuchen, v. a. wenn das Gen klein und leicht zu untersuchen Zusammenfassung · Abstract ist [z. B. VHL bei Von-Hippel-Lindau (VHL)-Erkrankung]. Bei heterogenen Erkrankungen wie z. B. den Ziliopathien oder dem atypischen hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS) spricht hingegen vieles bereits primär für ein NGS-basiertes Vorgehen. Eine qualitativ hochwertige medizinisch-genetische Betreuung zeichnet sich durch eine strukturierte, interdisziplinäre Herangehensweise aus und gewinnt so zunehmend im klinischen Alltag an Bedeutung. Zystische Nierenerkrankungen Zystische Nierenerkrankungen umfassen eine klinisch und genetisch heterogene Erkrankungsgruppe (. Tab. 1, . Abb. 2). Mit einer Prävalenz von etwa 1:500 zählen sie zu den häufigsten Erbkrankheiten überhaupt [12]. Die wichtigsten Formen umfassen die als Zystennieren bezeichnete autosomal-dominante (ADPKD) und -rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD). Es folgen die heterogenen Gruppen zystisch-dysplastischer Nierenerkrankungen sowie der Komplex der Nephronophthisen (NPHP) und anderer medullär-zystischer Nierenerkrankungen. Die Produkte der verantwortlichen Gene werden unter dem Begriff „Zystoproteine“ zusammengefasst und sind primär im Bereich des Zilium-ZentrosomenKomplexes lokalisiert. Zilien sind antennenartige Ausstülpungen auf der Oberfläche der meisten Zellen, die einen intensiven Informationsaustausch in und zwischen Zellen erlauben und für die Kontrolle des Zellzyklus essenziell sind. Strukturelle und funktionelle Störungen dieser Strukturen führen zu einer Vielzahl sehr unterschiedlicher, kollektiv als Ziliopathien bezeichneter Krankheitsbilder ([2]; . Abb. 3). Zur diagnostischen Abklärung wird als erster Schritt eine abdominale Ultraschalluntersuchung empfohlen. Die Abgrenzung der verschiedenen Entitäten voneinander kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Einen wertvollen Beitrag zur klinischen und genetischen Einordnung kann neben Informationen zur Familienanamnese, Klinik und Morphologie der Fehlbildungen insbesondere auch die in den vergangenen Jahren stark verbesserte molekulargenetische Diagnostik liefern. 180 | Der Nephrologe 3 · 2015 Nephrologe 2015 · 10:176–194 DOI 10.1007/s11560-014-0942-5 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 C. Bergmann Relevanz der genetischen Diagnostik erblicher Nephropathien in der Klinik Zusammenfassung Hintergrund. Die meisten genetischen Nierenerkrankungen sind sowohl klinisch als auch genetisch heterogen. Die genetische Diagnostik gewinnt dabei an Stellenwert für die klinische Betreuung, auch dank der neuen Möglichkeiten des Next Generation Sequencing (NGS) mit Vorteilen bezüglich Effizienz, Kosten und Aussagekraft. Mittels sog. Multigen-Panels ist eine parallele Untersuchung aller differenzialdiagnostisch zu diskutierenden Gene möglich, statt wie bislang nacheinander konventionell „Gen für Gen“ analysieren zu müssen. Schlussfolgerung. Für eine zeitgemäße medizinische Betreuung ist die Einbindung der Genetik wichtig. Das Wissen um den zugrunde liegenden genetischen Defekt trägt zu einer besseren Einschätzung des Krankheitsverlaufs und möglicher Komplikationen bei. Zudem hilft es, die Zahl invasiver Eingriffe zu reduzieren und Therapien sowie das Vorgehen bei Transplantation gezielter zu planen, auch weil das Rekurrenzrisiko entscheidend vom Genotyp abhängt. Schließlich kann auch das erbliche Risiko für Patienten und deren Angehörige in der Regel nur mit einer genetischen Diagnose sicher bestimmt werden. Schlüsselwörter Erbliche Nierenerkrankungen · Genetische Diagnostik · Next Generation Sequencing (NGS) · Gezielte Therapieoptionen · Genetische Beratung Relevance of genetic diagnostics of hereditary neuropathies for clinical aspects Abstract Background. Most genetic kidney disorders are clinically and genetically heterogeneous. Next generation sequencing (NGS) has revolutionized the field of genetic diagnostics and provides rapidly growing insights into the pathomechanisms of hereditary nephropathies and shows advantages in efficiency, cost and specificity. The increasing number of genes that have to be considered in patients with hereditary nephropathies is often challenging to address by conventional techniques. Genetic diagnostics greatly benefit from NGS-based approaches, which allow the parallel analysis of all disease-related genes, e.g. by the use of multigene panels, instead of having to analyze each gene separately. Conclusion. Currently, best practice guidelines for most hereditary nephropathies in- Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) Die ADPKD ist die häufigste lebensbedrohliche genetische Krankheit mit weltweit 10–15 Mio. Betroffenen [12]. Die Mehrzahl der Patienten weist eine Mutation im PKD1-Gen auf, etwa 15–20% zeigen eine Mutation im PKD2-Gen. In der westlichen Welt ist die ADPKD bei 5–10% aller dialysepflichtigen Patienten Ursache clude genetic diagnostics. Knowledge of the underlying genetic defect is advantageous for making decisions regarding transplantation and therapeutic options. Furthermore, it helps to detect and treat complications early and to reduce invasive procedures. Overall, an accurate genetic diagnosis is crucial for genetic counselling, provides information on the recurrence risk and helps to improve the clinical management of patients and their families. Keywords Hereditary nephropathies · Genetic diagnostics · Next generation sequencing (NGS) · Clinical management · Genetic counselling des Nierenversagens. Der ultrasonographische Nachweis von 3 oder mehr Nierenzysten (uni- oder bilateral) im Alter von unter 40 Jahren bei Personen, die aufgrund der Familienanamnese ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer ADPKD haben, gilt als diagnosebeweisend. Es ist davon auszugehen, dass der genetischen Diagnostik im Rahmen einer Risikostratifizierung von Patienten und der sich abzeichnenden Zulassung des V2R-Anta- Tab. 1 Übersicht über genetische Ursachen zystischer Nierenerkrankungen, die eine sehr heterogene und komplexe Erkrankungsgruppe dar- stellen. Für den einzelnen Patienten können die korrekte Diagnose und Einordnung mittlerweile sehr gut mittels Gendiagnostik erfolgen Erkrankung Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) Erbgang AR Gen PKHD1 Genprodukt/Protein Polyductin/Fibrocystin Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) HNF1β-Erkrankung AD PKD1 PKD2 Polycystin-1 Polycystin-2 AD HNF1β/TCF2 HNF1β Von-Hippel-LindauSyndrom (VHL) AD VHL pVHL Tuberöse Sklerose (TSC) AD TSC1 TSC2 Hamartin Tuberin Medullär-zystische Nierenerkrankungen (MCKD) AD Nephronophthise (NPHP) AR MUC1 (MCKD1) UMOD (MCKD2) HNF1β/TCF2 REN NPHP1 INVS/NPHP2 NPHP3 NPHP4 IQCB1/NPHP5 CEP290/NPHP6 GLIS2/NPHP7 RPGRIP1L/ NPHP8 NEK8/NPHP9 SDCCAG8/ NPHP10 TMEM67/ NPHP11 TTC21B/NPHP12 WDR19/NPHP13 ZNF423/ NPHP14 CEP164/NPHP15 ANKS6/NPHP16 IFT172/NPHP17 CEP83/NPHP18 XPNPEP3/ NPHPL1 FAN1 MRE11A SLC41A1 DCDC2 MUC1 (Mucin-1) Uromodulin HNF1β Renin Nephrocystin-1 Inversin Nephrocystin-3 Nephrocystin-4 IQCB1 CEP290 GLIS2 RPGRIP1L NEK8 SDCCAG8 Meckelin IFT139 WDR19 ZNF423 CEP164 ANKS6 IFT172 CEP83 XPNPEP3 FAN1 MRE11A SLC41A1 DCDC2 Klinik Bds. große Nieren, Zysten fusiform, primär im distalen Tubulus- und Sammelrohrbereich Immer auch kongenitale Leberfibrose (mit zunehmendem Alter Komplikation der portalen Hypertension), selten Aneurysmen und Pankreasbeteiligung Bds. große Nieren, Zysten ubiquitär, auch kortikal Häufig Leberzysten, ca. 10% intrakranielle Aneurysmen, ggf. Zysten auch anderer Organe (z. B. Pankreas) Meist zystisch-dysplastische Nieren, aber auch wie ADPKD oder ARPKD imponierend Weitere mögliche Merkmale: MODY-Diabetes, Hyperurikämie, erhöhte Leberenzyme, Hypomagnesiämie, Genitalauffälligkeiten, Pankreasatrophie mit endokriner und exokriner Insuffizienz Häufig große Nieren wie bei ADPKD, außerdem ggf. Hämangioblastom (Gehirn, Rückenmark, Retina), Phäochromozytom, klarzelliges Nierenzellkarzinom Häufig große Nieren wie bei ADPKD 50% Zystennieren, 80% Angiomyolipome Außerdem meist Epilepsie, 50% kognitive Defizite. Pulmonale (z. B. Lymphangiomyomatose) und kutane Manifestationen („white spots“, faziale Angiofibrome, peri-/subunguale Fibrome) Normal große Nieren mit interstitieller Fibrose und kortikomedullären Zysten (evtl. erst später im Verlauf). Ggf. Hyperurikämie Normal große oder kleine hyperechogene Nieren mit interstitieller Fibrose und kortikomedullären Zysten (evtl. erst später im Verlauf) Einige Subtypen aber auch PKD-ähnlich imponierend mit großen Nieren (z. B. INVS/NPHP2) Initial meist Polyurie und Polydipsie, häufig auch Anämie Weitere Organmanifestationen aus dem Ziliopathiespektrum häufig, z. B. Retinitis pigmentosa (Senior-Løken-Syndrom) und Kleinhirnauffälligkeiten (Joubert-Syndrom) Der Nephrologe 3 · 2015 | 181 Leitthema Tab. 1 Übersicht über genetische Ursachen zystischer Nierenerkrankungen, die eine sehr heterogene und komplexe Erkrankungsgruppe darstellen. Für den einzelnen Patienten können die korrekte Diagnose und Einordnung mittlerweile sehr gut mittels Gendiagnostik erfolgen (Fortsetzung) 182 | Erkrankung Erbgang Gen Genprodukt/Protein Klinik Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) AR AR BBS1 BBS2 ARL6 BBS4 BBS5 MKKS BBS7 TTC8 PTHB1 BBS10 TRIM32 BBS12 MKS1 CEP290 FRITZ SDCCAG8 LZTFL1 BBIP1 IFT27 IFT172 ALMS1 Nierenphänotyp mannigfaltig, häufig PKD-ähnlich, aber auch NPHP und Veränderungen des Urogenitaltrakts möglich Andere Hauptkriterien sind Adipositas, Hypogonadismus, Retinadegeneration, Polydaktylie, kognitive Defizite Alström-Syndrom BBS1 BBS2 ARL6/BBS3 BBS4 BBS5 MKKS/BBS6 BBS7 TTC8/BBS8 BBS9 BBS10 TRIM32/BBS11 BBS12 MKS1/BBS13 CEP290/BBS14 WDPCP/BBS15 SDCCAG8/BBS16 LZTFL1/BBS17 BBIP1/BBS18 IFT27/BBS19 IFT172/BBS20 ALMS1 Joubert-Syndrom (JBTS) und verwandte Erkrankungen (JSRD) Primär AR INPP5E/JBTS1 TMEM216/JBTS2 AHI1/JBTS3 NPHP1/JBTS4 CEP290/JBTS5 TMEM67/JBTS6 RPGRIP1L/JBTS7 ARL13B/JBTS8 CC2D2A/JBTS9 OFD1/JBTS10 TTC21B/JBTS11 KIF7/JBTS12 TCTN1/JBTS13 TMEM237/ JBTS14 CEP41/JBTS15 TMEM138/ JBTS16 C5ORF42/JBTS TCTN3/JBTS ZNF423/JBTS19 TMEM231/ JBTS20 CSPP1/JBTS21 PDE6D/JBTS22 EXOC8 TCTN2 ATXN10 MKS1 B9D1 POC1B INPP5E TMEM216 Jouberin Nephrocystin-1 CEP290 Meckelin RPGRIP1L ARL13B CC2D2A OFD1 TTC21B KIF7 Tectonic 1 TMEM237 CEP41 TMEM138 C5ORF42 Tectonic 3 ZNF423 TMEM231 CSPP1 PDE6D EXOC8 Tectonic 2 Ataxin 10 MKS1 B9D1 POC1B Der Nephrologe 3 · 2015 Nierenphänotyp mannigfaltig, zudem Adipositas, Retinadegeneration, Taubheit, Kardiomyopathie, progressive pulmonale, hepatische und renale Veränderungen, endokrinologische Auffälligkeiten (Hypogonadismus, Diabetes mellitus, Hypothyreose, Hyperlipidämie), meist normale Intelligenz Nierenphänotyp mannigfaltig, häufig NPHP-ähnlich Kleinhirnwurmhypoplasie, Retardierung, neonatal unregelmäßiges Atemmuster, Hypotonie, Ataxie und Nystagmus Weitere häufige Merkmale: Polydaktylie, Retinadegeneration, kongenitale Leberfibrose Tab. 1 Übersicht über genetische Ursachen zystischer Nierenerkrankungen, die eine sehr heterogene und komplexe Erkrankungsgruppe darstellen. Für den einzelnen Patienten können die korrekte Diagnose und Einordnung mittlerweile sehr gut mittels Gendiagnostik erfolgen (Fortsetzung) Erkrankung Erbgang Gen Genprodukt/Protein Klinik Meckel-Gruber-Syndrom (MKS) AR MKS1 TMEM216 Meckelin CEP290 RPGRIP1L CC2D2A Nephrocystin-3 Tectonic 2 B9D1 B9D2 TMEM231 IFT88 Zystische Nieren, häufig vergrößert Gewöhnlich letales Krankheitsbild mit Meningoenzephalozele, kongenitaler Leberfibrose, Polydaktylie, Skelettveränderungen, Herzfehler, Mikrophthalmie und Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte Orofaziodigitales Syndrom (OFD) X-chr. und AR AR Ellis-van Creveld-Syndrom (EVC) AR OFD1 TCTN3 DDX59 C5ORF42 SCLT1 TBC1D32 C2CD3 IFT80/WDR56 DYNC2H1 NEK1 IFT139/THM1 IFT172 IFT144/WDR19 WDR34 WDR35/IFT121 WDR60 IFT140 CEP120 EVC EVC2 Zystische Nieren, häufig vergrößert und PKD-ähnlich Auffälligkeiten im Mund-, Gesichts- und Handbereich namensgebend Weitere Veränderungen aus dem Ziliopathieformenkreis häufig, wie z. B. ZNS- und Kleinhirnauffälligkeiten Kurzrippen-Polydaktylie-Syndrome (mehrere Typen, z. B. Jeune-Syndrom) MKS1 TMEM216/MKS2 TMEM67/MKS3 CEP290/MKS4 RPGRIP1L/MKS5 CC2D2A/MKS6 NPHP3/NPHP3 TCTN2/MKS8 B9D1/MKS9 B9D2/MKS10 TMEM231/ MKS11 IFT88 OFD1 TCTN3/OFD4 DDX59/OFD5 C5ORF42/OFD6 SCLT1/OFD9 TBC1D32/OFD9 C2CD3/OFD14 IFT80 DYNC2H1 NEK1 TTC21B IFT172 WDR19/IFT144 WDR34 WDR35 WDR60 IFT140 CEP120 EVC EVC2 Nierenphänotyp mannigfaltig Kurze Rippen und enger Thorax (mit respiratorischer Insuffizienz), kurze Extremitäten, Polydaktylie, Gallengangs- und Pankreasauffälligkeiten Weitere Veränderungen aus dem Ziliopathieformenkreis Nierenphänotyp mannigfaltig Chondroektodermale Dysplasie mit Kleinwuchs, akromesomele Verkürzung der Extremitäten, kurze Rippen, Polydaktylie, Nagel- und Zahnveränderungen, orale Frenula, Herzfehler AD autosomal-dominant, AR autosomal-rezessiv, X-chr X-chromosomal/geschlechtsgebunden, MODY „maturity onset diabetes of the young“. gonisten Tolvaptan (Jinarc®, Otsuka) eine zunehmend bedeutende Rolle zukommt. Klinisch stehen eine Hypertension und eine progrediente Nierenfunktionsverschlechterung mit Volumenzunahme beider Nieren, bedingt durch massive Zystenbildung, im Vordergrund. Die Hälfte aller Patienten ist im Alter von 60 Jahren chronisch niereninsuffizient. Patienten mit einer PKD2-Mutation zeigen im Durchschnitt einen signifikant milderen Krankheitsverlauf als PKD1-Patienten mit einer niedrigeren Prävalenz von Harnwegsinfektionen und arterieller Hypertonie. PKD1-Patienten werden durchschnittlich 20 Jahre früher als PKD2-Patienten terminal niereninsuffizient (58,1 vs. 79,9 Jahre). Nicht nur das betroffene Gen, sondern auch die Art der PKD1-Mutation korrelieren signifikant mit der absoluten Nierenüberlebenszeit [6]. Klinische Symptome treten gewöhnlich nicht vor dem Erwachsenenalter auf. Allerdings ist die Variabilität selbst innerhalb der Familie erheblich. So zeigen etwa 2–5% der Patienten bereits im Kindesalter klinische Zeichen [3], darunter solche mit Potter-Sequenz und beträchtlicher perinataler Morbidität und Mortalität. Familienstudien zeigen, dass ein hohes Wiederholungsrisiko hierfür von rund 50% für Geschwister von frühmanifesten ADPKDPatienten besteht. Kürzlich konnte ein genetisches Prinzip beschrieben werden, welches das hohe Wiederholungsrisiko in Familien mit frühmanifester Verlaufsform erklären hilft [4]. Demnach trägt ein Teil der früh und schwer betroffenen Patien- ten Mutationen in mehr als einem Zystennieren-Gen, oder mehr als eine Genkopie ist bei dominant erblichen Genen betroffen (im Sinne einer erhöhten sog. Mutationslast). Obgleich in erster Linie die Nieren betroffen sind, stellt die ADPKD eine progressiv verlaufende Multisystemerkrankung mit profunder extrarenaler Beteiligung dar. Zysten der Leber sind die mit Abstand häufigste extrarenale Manifestation. Klinisch verhalten diese sich zumeist benigne und führen zu keinen größeren Komplikationen. Zysten in anderen epithelialisierten Organen und Divertikulose sind ebenfalls recht häufig. Leberzysten treten vermehrt bei Frauen und bei rund 75% der ADPKD-Patienten im Alter von Mitte 60 auf. Kardiovaskuläre KomplikaDer Nephrologe 3 · 2015 | 183 Leitthema Für die Einordnung wichtig sind Merkmale wie Alter des Patienten, Nierengröße, Zystenanzahl- und -lokalisation, Familienanamnese, vermuteter Erbgang sowie der Hinweis auf extrarenale Symptome Polyzystisch (Zystennieren: ADPKD und ARPKD) Markzysten (Nephronophthisen und MCKD) Multizystisch-dysplastisch Nieren vergrößert mit erhöhter Echogenität und verwaschener CMD. Im Säuglings- und frühen Kindesalter oft keine Einzelzysten abgrenzbar (v. a. bei ARPKD); mit zunehmendem Alter unterschiedlich große, abgrenzbare Zysten. Nieren eher normal groß oder klein mit erhöhter Echogenität, verminderter CMD und interstitieller Fibrose. Zysten meist erst sekundär bei Nierenversagen, dann typischerweise am Mark-RindenÜbergang lokalisiert. Nierengröße variabel, Nierenstruktur gestört, unruhiges Muster mit unterschiedlich großen Zysten, ggf. später Rückbildung der Niere („Nierenagenesie“, cave FA: häufig klinisch gesunde Familienmitglieder mit unilateraler Nierenagenesie) Normaler elterlicher US u./o. negative FA: ARPKD (v. a. PKHD1, PKD1, PKD2) NPH (NPHP1-20) HNF1ß-Neumutation und andere (häufig auch i. R. von Syndromen u. CAKUT) Auffälliger elterlicher US u./o. positive FA: ADPKD (v. a. PKD1, PKD2) ADMCKD (v. a. MUC1, UMOD) RCAD (HNF1ß) und andere Bei zusätzlichen Fehlbildungen eher denken an: Chromosomenstörungen (praktisch immer mit mentaler Retardierung) Ziliopathien und andere syndromale Erkrankungen: dominant erblich: z. B. TSC, VHL, BOR (Cave: Neumutation und variable Expressivität) rezessiv erblich: z. B. BBS, JSRD, MKS, SRPS, SLS, RHPD, ZS Abb. 2 8 Diagnostischer Algorithmus bei zystischen Nierenveränderungen und typischerweise betroffene Gene: Ein solcher Algorithmus kann stets nur eine vereinfachte Darstellungsform sein. Dominant erbliche Erkrankungen können auch aufgrund stark unterschiedlicher Krankheitsausprägung in der Familie („variable Expressivität“) oder einer Neumutation sporadisch oder autosomal-rezessiv erscheinen. Neben dem klinischen, ultrasonographischen und morphologischen Aspekt der Nierenerkrankung müssen weitere (extrarenale) Fehlbildungen sowie die Familienanamnese (v. a. bei Kindern Ultraschalluntersuchung der Eltern sinnvoll) berücksichtigt werden [ADPKD autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung, ARPKD autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung, MCKD medullär-zystische Nierenerkrankungen ADMCKD autosomal-dominante MCKD, BBS Bardet-Biedl-Syndrom, BOR branchiootorenales Syndrom, CAKUT „congenital anomalies of the kidney and the urinary tract“, CMD kortikomedulläre Differenzierung, FA Familienanamnese, JSRD Joubert-Syndrom-verwandte Erkrankungen, NPH Nephronophthise, MKS Meckel-Gruber-Syndrom, RCAD „renal cysts and diabetes syndrome“, RHPD renohepatopankreatische Dysplasie (Ivemark-Syndrom), SLS Senior-Løken-Syndrom, SRPS „Short-rib“ (Kurzrippen)Polydaktylie-Syndrom (Jeune-Syndrom und andere), TSC tuberöse Sklerose, VHL Von-Hippel-Lindau-Syndrom, ZS ZellwegerSyndrom] tionen der ADPKD sind gefürchtet. Während die Diagnose eines Mitralklappenprolaps zwar häufig (jeder 4. ADPKDPatient), jedoch klinisch meist unbedeutend ist, stellen die bei etwa 8% der Patienten auftretenden zerebralen Aneurysmen eine potenziell lebensbedrohliche Manifestation mit der Gefahr der Hirnblutung dar. Patienten mit positiver Familienanamnese zeigen hierfür ein signifikant erhöhtes Risiko, worauf im Rahmen der Betreuung hingewiesen werden sollte. Goldstandard für die Detektion zerebraler Aneurysmen ist die MR-Angiographie, von einem breiten Massenscreening aller ADPKD-Patienten sollte jedoch Abstand genommen werden. Eine differenzierte Betrachtungsweise mit umfassender Erläuterung der Pros und Cons sowie möglicher Konsequenzen für den Patienten sollte vor Untersuchung erfolgen. 184 | Der Nephrologe 3 · 2015 » Obgleich in erster Linie die Nieren betroffen sind, stellt die ADPKD eine progressiv verlaufende Multisystemerkrankung mit profunder extrarenaler Beteiligung dar Eine Mutationsanalyse bei ADPKD ist u. U. bei folgenden Konstellationen sinnvoll: Fzur Diagnosesicherung bei Patienten mit unklarer zystischer Nierenerkrankung (z. B. zystische Nierenveränderungen ohne positive Familienanamnese); FBeurteilung des Wiederholungsrisikos für eigene Kinder und weitere Familienmitglieder; Fim Rahmen einer Lebendnierenspende zum Ausschluss einer Anlageträgerschaft bei jüngeren Spendern; Fim Rahmen einer Risikostratifizierung geeigneter Patienten für medikamentös-therapeutische Optionen. Aktuell beschränkt sich die Therapie von Patienten mit Zystennieren primär auf die konsequente Behandlung des prognostisch ungünstigen Blutdrucks, die Vermeidung und konsequente Behandlung von Harnwegsinfekten sowie im weiteren Verlauf auf die Behandlung der Niereninsuffizienz. Durch das verbesserte Verständnis der Pathogenese der Zystenbildung mit Identifizierung der verantwortlichen Gene und Charakterisierung der Funktion der verantwortlichen Proteine haben sich neue Behandlungsstrategien eröffnet, und klinische Studien lau- Leitthema Abb. 3 9 Breites klinisches Spektrum der Ziliopathien: Das Erkrankungsspektrum ist mitunter bunt, und praktisch alle Organe können im Rahmen dieser Erkrankungsgruppe betroffen sein; die wichtigsten sind hier schematisch dargestellt. Dennoch zeigen Ziliopathien oftmals ein distinktes Muster an Merkmalen mit hohem Wiedererkennungswert fen ([16]; . Abb. 4). Zudem ist die Zulassung von Tolvaptan (Jinarc®, Otsuka) in einigen Ländern wie Kanada und Japan bereits erfolgt. In anderen ist hiermit zeitnah zu rechnen; so hat die EMA kürzlich eine entsprechende Zulassung in Europa empfohlen. Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkankung (ARPKD) Im Gegensatz zur ADPKD ist die ARPKD typischerweise eine pädiatrische Erkrankung und soll daher hier nur sehr kurz behandelt werden. Wichtig für den Erwachsenennephrologen ist jedoch zu wissen, dass das klinische Spektrum der ARPKD sehr viel breiter ist, als ehemals angenommen, und auch recht mild betroffene erwachsene Patienten mit einer ARPKD beschrieben sind [1]. Mit fortschreitendem klinischen Verlauf, Bildung größerer Zysten und zunehmender interstitieller Fibrose ähnelt die Nierenstruktur mehr und mehr derjenigen bei ADPKD. Hepatobiliäre Komplikationen infolge der obligat 186 | Der Nephrologe 3 · 2015 vorliegenden kongenitalen Leberfibrose können das klinische Bild insbesondere bei älteren Patienten dominieren und der fortschreitende Pfortaderhochdruck zu konsekutiven Komplikationen wie Hypersplenismus und Ösophagusvarizen führen. Die meisten Patienten weisen eine Mutation im PKHD1-Gen auf, jedoch haben auch hier die letzten Jahre eine größere Heterogenität zu Tage geführt [3]. Zystisch-dysplastische Nierenveränderungen (renaler Agenesie-Dysplasie-Komplex) Die Verläufe bei unilateral auftretenden Nierendysplasien und/oder Agenesien sind naturgemäß sehr bunt, während ein beidseitiges Vorgehen häufig nicht mit dem Leben vereinbar ist. Im Ultraschall ist die Nierenstruktur meist aufgehoben, und es imponieren unterschiedlich große Zysten mit insgesamt unruhigem Muster und viel Bindegewebe. Dysplasien und Nierenagenesien sind auch typische Manifestationen des variabel verlaufenden autosomal-dominant er- blichen „Renal-cyst-and-diabetes“-Syndroms (RCAD), dem Mutationen des TCF2/HNF1β-Gens zugrunde liegen [6]. Grundsätzlich muss bei Patienten mit Nierendysplasie und -agenesie eine Vielzahl von Genen diskutiert werden. Weitere klinische Auffälligkeiten jenseits der Niere können den Weg zu einem der vielen genetischen Syndrome mit zystischer Nierendysplasie weisen. Bei isolierter zystischer Nierendysplasie und anderen Veränderungen des CAKUT („congenital anomalies of the kidney and urinary tract“)Spektrums zeigt abgesehen von HNF1β kein anderes Gen eine so hohe Detektionsrate, die eine Einzelgenanalytik aktuell rechtfertigt (anders bei Formen mit ergänzenden extrarenalen Symptomen), sodass sich auch hierbei in Anbetracht ausgeprägter Heterogenität eine Multi-GenPanel-Diagnostik mittels NGS anbietet. Das Manifestationsspektrum bei einer Mutation des HNF1β-Gens ist sehr breit und umfasst neben zystischen Nierenveränderungen eine Reihe weiterer potenzieller Veränderungen. Merkmale, die an eine HNF1β-Mutation denken lassen sollten, sind: Fzystische Nierenveränderungen, FMODY („maturity onset diabetes of the young“)-Diabetes, FGenitalauffälligkeiten, FHyperurikämie/Gicht, Ferhöhte Leberenzyme, FHypomagnesiämie, FPankreasatrophie mit endokriner und/oder exokriner Insuffizienz. Häufig manifestiert sich die Erkrankung lediglich monosymptomatisch. Ein beträchtlicher Anteil der Mutationen (ca. 30–50%) sind große Deletionen auf Chromosom 17q12. Die genetische Einordnung ist auch deshalb von großer Bedeutung für die Patienten und Familien, da rund die Hälfte aller HNF1β-Mutationen de novo entsteht und in diesen Fällen praktisch kein erhöhtes Wiederholungsrisiko besteht, was im Einzelfall eine große Entlastung der Familien darstellen kann. In der Literatur wird eine Funktion von HNF1β als Tumorsuppressor mit möglicherweise erhöhtem Risiko erwachsener Mutationsträger für verschiedene Tumoren (z. B. Nierenzellkarzinome) diskutiert. Im Einzelfall sollte gemeinsam mit dem Potenzielle Interventionen: (1) TNF-Antagonisten (2) Tyrosinkinaseinhibitoren (3) CFTR-Inhibitoren (4) SRC-Inhibitoren (5) MEK-Inhibitoren (6) mTOR-Inhibitoren (7) Metformin (8) CDK-Inhibitoren (9) Triptolide (10) Somatostatin (11) V2-Rezeptor-Antagonisten herunterreguliert bei PKD hochreguliert bei PKD (2) (1) EGF IGF VEGF Cl PC-2 (3) CFTR TNF-α PC-1 – FC Ca2+ Ca2+ PC-1 SHH-Signaling? PKA IKKβ (?) Ca2+ (4) β -Catenin SRC Ca2+ PC-2 (9) PC-2 ER (5) Ras/B-Raf/MEK/ERK GSK3β TSC1/TSC2 PC-1 (7) Rheb Proliferative Transkription Stats, Myc, jun, phos cAMP Cyclin D (8) ATP AMPK (6) mTOR (10) SSTR AC VI (11) V2R Vasopressin Abb. 4 8 Mögliche zukünftige therapeutische Optionen bei Zystennieren, schematische Darstellung einer Nierenepithelzelle mit primärem Zilium an der Oberfläche und der bei Zystennieren gestörten Signalwege mit Kennzeichnung potenzieller pharmakologischer Zielmoleküle („drug targets“): Zahlreiche Ansätze existieren, z. B. für Vasopressin-V2-Rezeptor (V2R)Antagonisten (Vaptane, z. B. Tolvaptan) und Somatostatinanaloga (z. B. Octreotid). Obgleich die Ergebnisse großer klinischer Studien mit mTOR („mammalian target of rapamycin“)-Inhibitoren (Sirolimus und Everolimus) ernüchternd waren, mag dennoch die Substanzgruppe der mTOR-Inhibitoren zukünftig eine therapeutische Option für eine bestimmte Patientengruppe darstellen – ob allein, in Kombination mit weiteren Wirkstoffen oder in anderer Weise (z. B. tubulusspezifisch) appliziert, müssen weitere Studien zeigen. Alle Zystennierenproteine [Polycystin-1 (PC-1), Polycystin-2 (PC-2) und Fibrocystin/Polyductin (FC)] sind subzellulär u. a. im Bereich primärer Zilien lokalisiert. PC-2 spielt zudem eine wichtige Rolle im endoplasmatischen Retikulum (ER). Der Polycystinkomplex reguliert ziliäre Ca2+-Signale und steuert hierdurch die Ca2+-Freisetzung aus dem ER. Eine Reduzierung des intrazellulären Ca2+-Spiegels führt zu gesteigerter cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat)-Konzentration in der Zelle. Die Aktivierung des V2-Rezeptors (V2R) unterstützt dies, während eine Aktivierung des Somatostatinrezeptors (SSTR) einen gegenteiligen Effekt hat. Eine gesteigerte cAMP-Konzentration hat eine vermehrte chloridabhängige Flüssigkeitssekretion und verstärkte Zellproliferation bei Zystennieren zur Folge, u. a. durch Aktivierung des mTOR-Signalwegs (TNF-α Tumornekrosefaktor α, PKD polyzystische Nierenerkrankung, CDK „cyclin-dependent kinase“, TSC „tuberous sclerosis protein“, Rheb“Ras homolog enriched in brain“, GSK3β „glycogen synthase kinase-3β“, AC-VI Adenylylzyklase Typ VI, ATP Adenosintriphosphat, CFTR „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“, ERK extrazelluläre signalregulierte Kinase, MEK „mitogen-activated protein kinase kinase“ (MAPKK), PKA Proteinkinase A, EGF „epidermal growth factor“, IGF „insulinlike growth factor“, VEGF „vascular endothelial growth factor“, AMPK „AMP-activated protein kinase“, SHH „Sonic-hedgehog“-Signalweg) Der Nephrologe 3 · 2015 | 187 Leitthema Abb. 5 8 Proteinnetzwerk bei Podozytopathien und anderen glomerulären Erkrankungen. Links Der glomeruläre Filter besteht primär aus 3 Schichten: fenestriertes Endothel, glomeruläre Basalmembran (GBM), interdigitierende Podozytenfußfortsätze (FP) mit Schlitzmembran (SD); ein elektronenmikroskopisches Querschnittbild zeigt die Schlitzmembran zwischen den benachbarten Podozyten. Rechts Eine Schemazeichnung verdeutlicht bislang bekannte und postulierte Signalwege zwischen extrazellulären Stimuli, Schlitzmembranproteinen und verschiedenen intrazellulären Effektorproteinen, die zahlreiche für den Podozyten wichtige Zellfunktionen steuern. (Aus [10] mit freundlicher Genehmigung von Nature Publishing Group) Patienten ein angemessen erscheinendes Kontroll- und Vorsorgeprogramm (bei bislang fehlenden Leitlinien hierzu) besprochen werden. Familiäre Tumorsyndrome mit zystischen Nierenveränderungen Die ADPKD wird in der Literatur gelegentlich, bezugnehmend auf zellbiologische Gemeinsamkeiten zwischen Zysto- und Tumorgenese, auch als „neoplasia in disguise“ (verkappte/maskierte Neoplasie) bezeichnet. Trotz der Häufigkeit hyperplastischer Polypen und mikroskopischer Adenome der urothelialen Schleimhaut treten Karzinome bei der ADPKD jedoch glücklicherweise selten auf. Der Begriff „neoplasia in disguise“ zielt darüber hinaus auch auf gewisse Ähnlichkeiten und Überlappungen zwischen ADPKD und hereditären Tu- 188 | Der Nephrologe 3 · 2015 morsyndromen wie der VHL-Erkrankung und der tuberösen Sklerose (TSC) hin [11]. Von-Hippel-Lindau (VHL)-Erkrankung Die VHL-Erkrankung wird durch inaktivierende Mutationen des molekulargenetisch leicht zu untersuchenden, nur 3 Exons umfassenden VHL-Tumorsuppressorgens verursacht und geht mit der charakteristischen Entwicklung von Hämangioblastomen in Gehirn, Rückenmark und Retina, oft in Kombination mit Phäochromozytomen, klarzelligen Nierenzellkarzinomen und Zysten in Nieren und Pankreas, einher. Es wurde gezeigt, dass das VHL-Protein die Ziliogenese kontrolliert [9, 24]. Tuberöse Sklerose (TSC) Die TSC ist klinisch ebenfalls sehr variabel und tritt mit einer Prävalenz von 1:6.000 auf [15]. Sie wird durch Mutationen in TSC1 oder TSC2 verursacht. Etwa 90% der Patienten leiden an Epilepsie, die Hälfte weist kognitive Beeinträchtigungen, Autismus oder andere Verhaltensstörungen auf. Viele Patienten weisen jedoch nur vergleichsweise milde Veränderungen ohne jegliche mentale Beeinträchtigung auf. Renale Manifestationen stellen die Haupttodesursache bei erwachsenen Patienten dar: Zystische Nierenveränderungen treten bei 50% auf, Angiomyolipome gar bei 80%. Andere Organe wie Herz und Gehirn können ebenfalls von primär benignen Tumoren befallen sein. Ein Drittel aller weiblichen Patienten zeigt pulmonale Veränderungen, meist in Form einer Lymphangioleiomyomatose. Kutane Manifestationen sind häufig und umfas- sen z. B. „white spots“, faziale Angiofibrome und peri-/subunguale Fibrome. Die TSC und die VHL-Erkrankung können ebenfalls als Ziliopathien bezeichnet werden und zeigen wie die ADPKD und viele Tumoren eine verstärkte Aktivität des mTOR („mammalian target of rapamycin“)-Signalwegs. Die synergistische Funktion von Polycystin-1 und dem TSC2-Genprodukt Tuberin wird auch durch die klinische Beobachtung eines in der Regel schweren und frühen Phänotyps von Patienten mit einer Deletion der auf Chromosom 16p13 benachbart liegenden Gene TSC2 und PKD1 nahegelegt. am häufigsten und beginnt gewöhnlich in der ersten Lebensdekade mit Polyurie, Polydipsie und Anämie. Im Gegensatz zu ADPKD und ARPKD ist der Blutdruck im frühen Krankheitsstadium und bei normaler Nierenfunktion im Allgemeinen normal. Ultrasonographisch imponieren die Nieren eher klein und echogen mit verminderter kortikomedullärer Differenzierung. Zysten bzw. zystisch dilatierte oder irregulär konfigurierte Tubuli treten typischerweise erst sekundär nach eingetretenem Nierenversagen und dann meist im kortikomedullären Übergangsbereich auf. Zystische Nierenveränderungen im Rahmen anderer Ziliopathien Medullär-zystische Nierenerkrankungen (MCKD) Zystische Nierenveränderungen können zudem im Rahmen einer Vielzahl weiterer Syndrome auftreten. Besondere Bedeutung haben dabei neben den NPHP und den medullär-zystischen Nierenerkrankungen (MCKD) die syndromalen Ziliopathien, die klinische und genetische Überlappungen erkennen lassen können [2]. Für nähere Informationen zu den primär in der Pädiatrie eine Rolle spielenden syndromalen Ziliopathien sei auf entsprechende Fachliteratur verwiesen [2, 3]. Die MCKD wird in Anbetracht ihres ebenfalls tubulointerstitiellen Charakters oft simplifiziert als autosomal-dominantes Pendant der NPHP bezeichnet (NPHMCKD-Komplex) und zeigt einen im Allgemeinen weniger schweren Verlauf als die rezessiv erblichen Formen mit Erstmanifestation zumeist erst im Erwachsenenalter. Meist tritt ein Nierenversagen zwischen der 3. und 6. Lebensdekade auf, und in der Biopsie imponieren tubuläre Atrophie und interstitielle Fibrose. Aktuell wird eine neue Nomenklatur für diese Erkrankungsgruppe diskutiert. Das lange hierfür einzige bekannte Gen war UMOD (MCKD2). Dies kodiert Uromodulin, auch bekannt als Tamm-HorsfallProtein, das im Urin physiologisch in der höchsten Konzentration auftretende Eiweiß. UMOD-Mutationen können zu verschiedenen tubulointerstitiellen Erkrankungsbildern einschließlich glomerulozystischer Nierenerkrankung und familiärer juveniler hyperurikämischer Nephropathie führen. Mit MUC1 konnte kürzlich nun auch das für MCKD1 verantwortliche Gen identifiziert werden. Ursächlich ist meist ein Einschub eines Cytosinrests in der variablen repetitiven VNTR-Region des MUC1-Gens, der zur Entstehung eines neuen Stoppkodons und somit zum vorzeitigen Abbruch des Proteins führt. Hierbei handelt es sich um einen einfachen und preisgünstigen Test mit hoher Detektionsrate. Weitere bekannte Gene für autosomal-dominante tubulointersti- Nephronophthise (NPHP) NPHP sind die häufigste genetische Ursache für Nierenversagen bei Kindern und jungen Erwachsenen und beginnen typischerweise mit einem Konzentrierungsdefekt [13]. Klinisch und genetisch ausgesprochen heterogen, sind allen NPHP ein autosomal-rezessiver Erbgang und der tubulointerstitiell-zystische Charakter gemein. Aktuell sind bereits mehr als 20 NPHP-Gene bekannt, weitere Heterogenität ist sicher. NPHP1 ist das am häufigsten betroffene Gen, 20–40% der Patienten tragen eine homozygote NPHP1Deletion; der Anteil der anderen Gene ist durchweg gering, sodass auch hierbei die NGS-Panel-Analytik von Vorteil ist. Die meisten NPHP-Gene verhalten sich zudem pleiotrop, d. h. sie können ein sehr viel breiteres phänotypisches Spektrum als nur eine isolierte NPHP verursachen (z. B. Senior-Løken- oder Joubert-Syndrom). Die juvenile Form der NPHP ist Der Nephrologe 3 · 2015 | 189 Leitthema Bakterien, Aktivierende Oberflächen C3a H2O CFH Bb C3 C3Nef iC3b C3 +B +CFD CFI C3-Konvertase C3bBb CFI CFB B +CFD C3(H2O)Bb Zielzelle Tick-over C3b CFH RCA GAG C3(H2O) CR1/CD35 MCP/CD46 THBD CFH C3a CFI Inflammation C3b CFH RCA GAG C3b Wirtszelle Opsonisierung C3b Properdin/CFP Schutz körpereigener Zellen Amplifikationsschleife C5 convertase (C3b)2Bb C5a + C5b +C6,C7,C8 +C9 Lyse C3bBb Eculizumab C5 RCA GAG Entzündung MAC C5b-9 CR1/CD35 DAF/CD55 MAC VTN, CLU RCA Protectin/CD59 Abb. 6 8 Aktivierung und Regulation der komplexen Signalkaskade des alternativen Komplementweges. Links (Zielzelle) Im Gegensatz zu den beiden anderen Wegen des Komplementsystems ist der alternative Weg (AP) konstitutiv aktiv und wird entweder durch langsame spontane Hydrolyse des Komplementfaktors C3 im Plasma oder beschleunigt durch Kontakt von C3 mit verschiedenen Oberflächen („Tick-over“-Mechanismus) induziert. Dabei wird natives C3 in ein funktionell aktives C3bähnliches C3(H2O)-Molekül konvertiert, das als Untereinheit für die Assemblierung der initialen C3-Konvertase C3(H2O)Bb dient, die nun wiederum C3 proteolytisch in C3a (Anaphylatoxin) und C3b (Opsonin) spalten kann. Bei entsprechendem Trigger opsonisiert C3b pathogene Zelloberflächen und setzt eine positive Amplifikationsschleife in Gang. CFB(B) bindet an C3b und wird durch CFD proteolytisch gespalten (Bb). Die so entstehende C3-Konvertase (C3bBb) wird durch CFP stabilisiert und spaltet wiederum C3 in das anaphylaktische C3a und C3b-Opsonin, das sich an den naheliegenden Zelloberflächen ablagert und der Amplifikation des Aktivierungssignals dient (positiver Feedback-Loop). CFP dient hierbei der Stabilisierung der C3Konvertase. Ungehemmt fördert eine anhaltende C3b-Ablagerung die Aktivierung des terminalen Komplementweges mit der Bildung der entsprechenden Effektormoleküle. C5b iniziiert die Assemblierung des Membranangriffskomplexes (MAC, bestehend aus C5b-9), der letztendlich die Lyse der Zielzelle bewirkt. C5a und C3a rekrutieren Immunzellen, die u. a. zur Phagozytose der Zielzelle führen. Rechts (Wirtszelle) Um körpereigene Zellen vor Komplementschädigung zu schützen, wird der AP durch verschiedene sowohl im Plasma zirkulierende als auch membranständige Komplementfaktoren („regulator of complement activation“, RCA) reguliert (negative Regulation). Membrangebundene RCA fördern entweder die Dissoziation der C3-Konvertase („decay accelerating activity“, CR1 und DAF), dienen als Kofaktoren für die CFI-vermittelte Degradierung von C3b (CR1, MCP, THBD) oder verhindern die MAC-Assemblierung [CD59, in Kombination mit den löslichen Faktoren Clusterin (CLU) und Vitronektin (VTN)]. Zudem erkennt das lösliche CFH Glykosaminoglykane (GAG) auf körpereigenen Zelloberflächen und hemmt die Komplementaktivierung, indem es die Dissoziation von C3bBb fördert und mit CFB um die C3b-Bindung konkurriert. Nach Dissoziation von C3bBb (transiente Inaktivierung) frei werdende Komponenten können wiederum neue Konvertase bilden. Eine permanente Inaktivierung von C3b in iC3b erfolgt CFI-vermittelt durch proteolytische Spaltung. Dabei wirken CFH, MCP, CR1 und wahrscheinlich auch THBD als Kofaktoren tielle Nierenerkrankungen sind REN und HNF1β. Podozytopathien und glomeruläre Erkrankungen Podozytopathien und glomeruläre Erkrankungen stellen in ihrer Gesamtheit die häufigste Ursache einer terminalen Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit dar [10]. Praktisch alle Podo- 190 | Der Nephrologe 3 · 2015 zytenerkrankungen sind durch eine Verschmelzung der Fußfortsätze gekennzeichnet (. Abb. 5). Defekte des glomerulären Filtrationsapparats führen je nach Schweregrad typischerweise zu Proteinurie bzw. zum nephrotischen Syndrom. Das klinische Spektrum schließt häufig auch weitere Symptome wie z. B. eine Mikrohämaturie ein. Überlappungen zu anderen Erkrankungen wie etwa dem Alport-Syndrom sind fließend. Histolo- gisch imponieren die Veränderungen oftmals als fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS), aber auch Befunde wie „Minimal-change“-Glomerulonephritis (MCD), membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN) oder diffusmesangiale Glomerulosklerose (DMS) sind möglich. Mittlerweile sind zahlreiche Gene beschrieben. In Anbetracht der meist unspezifischen Klinik und Histologie ist in der Regel eine große Zahl unter- Leitthema schiedlicher Gene in Betracht zu ziehen. Die Prognose der Nierentransplantation ist in der Regel sehr gut mit fehlender Rekurrenz der Grunderkrankung im Transplantat. Nephrotisches Syndrom/ fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS) Das nephrotische Syndrom ist eine der häufigsten klinischen Manifestationen renaler Erkrankungen. Während steroidsensiblen Formen des nephrotischen Syndroms in erster Linie immunologische Ursachen zugrunde liegen, finden sich bei steroidresistenten Formen (SRNS) auch ohne positive Familienanamnese sehr häufig genetische Ursachen [14]. Die genetische Diagnostik stellt somit einen wesentlichen Bestandteil im Rahmen der Abklärung dar und hat unmittelbare therapeutische Konsequenzen in Bezug auf den Einsatz von Immunsuppressiva. Klinisch können sich diese Defekte isoliert renal oder aber auch komplexer syndromal unter Beteiligung anderer Organe manifestieren. Je nach Lebensalter kommen unterschiedliche Gene primär in Betracht, grundsätzlich handelt es sich jedoch bei SRNS und FSGS um ausgesprochen heterogene Erkrankungsgruppen, die allen bekannten Erbgängen folgen können [8, 19]. Für das Verständnis der Pathophysiologie richtungsweisend, handelt es sich beim glomerulären Filter und der Schlitzmembran um ein dynamisches Netzwerk sehr vieler beteiligter Proteine, die unterschiedliche Signalwege regulieren und so Überleben und Funktion der Podozyten steuern (. Abb. 5). Dieses eng verflochtene Netzwerk erklärt auch, dass Mutationen in unterschiedlichen Komponenten dieses Systems zu vergleichbaren Phänotypen führen. Alport-Syndrom Das Alport-Syndrom ist durch progressive Nierenfunktionsstörung mit terminalem Nierenversagen, Innenohrschwerhörigkeit und ggf. Augenveränderungen (Lentikonus/Katarakt) gekennzeichnet [17]. Insgesamt wird die Häufigkeit des Alport-Syndroms auf etwa 1: 5.000 geschätzt. 1–2% der Dialysepatienten haben 192 | Der Nephrologe 3 · 2015 ein Alport-Syndrom, möglicherweise ist die Prävalenz aber höher, da Symptome teils z. B. als unklare Glomerulonephritis fehlgedeutet werden. Therapeutisch sollten beim Alport-Syndrom ACE-Hemmer zum Einsatz kommen. Verantwortlich sind Mutationen in Genen für Typ-IV-Kollagen, das für die Stabilität der Basalmembran essenziell ist. Bei rund 80% der Patienten mit Alport-Syndrom erfolgt die Vererbung geschlechtsgebunden X-chromosomal und beruht auf Mutationen im COL4A5-Gen. Autosomal-rezessive und autosomal-dominante Erbgänge mit Mutationen in den Genen COL4A3 und COL4A4 treten ebenfalls auf und sind wahrscheinlich häufiger als bislang angenommen. Mutationen in allen 3 Genen können auch zu einer Nephropathie vom Typ der dünnen Basalmembran führen, die häufig auch als benigne familiäre Hämaturie (FBH) bezeichnet wird. Der Begriff FBH ist irreführend, da das klinische Spektrum von (nahezu) symptomlosen Anlageträgern bis hin zu Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz reicht. Bei der Mehrheit der Patienten liegt eine heterozygote Mutation im COL4A3- oder COL4A4-Gen vor. Jedoch können auch Träger einer Mutation im COL4A5-Gen eine (Mikro-)Hämaturie mit Zeichen dünner Basalmembranen aufweisen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Entitäten sind fließend [7]. Morbus Fabry Morbus Fabry ist eine X-chromosomal vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die durch Mutationen im GLA-Gen und einen Mangel des Enzyms α-Galaktosidase verursacht wird. Die Detektionsrate ist sehr hoch, und das Gen ist klein und einfach zu untersuchen. Aufgrund der ungenügenden Enzymaktivität sammeln sich Glykosphingolipide in Blutgefäßen und Organen an, die zu Schlaganfall, Herzinfarkt und Funktionsstörungen vieler Organe führen können. Die Klinik des M. Fabry ist entsprechend bunt und häufig unspezifisch mit Schmerzen, Fieber, verminderter Schweißbildung, Müdigkeit sowie Wärme- und Kälteunverträglichkeit. Des Weiteren klagen Patienten häufiger über schmerzhaft-brennende Parästhesien der Akren, gastrointes- tinale Beschwerden sowie kardiale, zerebrovaskuläre und renale Symptome mit Proteinurie und späterer Nierenfunktionseinschränkung. Entgegen landläufiger Meinung können auch Frauen Krankheitssymptome zeigen. Aufgrund des geschlechtsgebundenen Erbgangs und zufälliger Inaktivierung eines der beiden XChromosomen reicht das Spektrum bei Frauen von symptomlosen Anlageträgerinnen bis hin zu Patientinnen mit dem Vollbild des M. Fabry mit Dialysepflichtigkeit etc. Nur selten zeigt sich selbst bei männlichen Patienten (v. a. in frühen Erkrankungsstadien) das Vollbild der Erkrankung, sodass die meisten Patienten zu spät diagnostiziert und behandelt werden. Angesichts der hohen Kosten wurde die seit einigen Jahren verfügbare Enzymersatztherapie lange sehr kritisch diskutiert, eine frühe Therapie scheint sich aber sehr positiv auf die Symptome und das Fortschreiten der Erkrankung auszuwirken [23]. Atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (aHUS) und verwandte Erkrankungen Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) stellt die häufigste Ursache des akuten Nierenversagens bei Kindern und jungen Erwachsenen dar und ist durch die Trias mikroangiopathische hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und akutes Nierenversagen gekennzeichnet [22]. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung postenteritisch, diarrhöassoziiert (D+, häufig blutig) auf. Shiga(-“like“)-Toxin (Stx)-produzierende enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) und andere Bakterien spielen eine bedeutsame Rolle. In rund 10% aller Fälle ist die Erkrankung nicht primär bakteriell bedingt (D) und wird als aHUS bezeichnet. Ursächlich ist eine unkontrollierte Überaktivierung des alternativen Komplementsystems (. Abb. 6). Das Komplementsystem ist wesentlicher Bestandteil der körpereigenen Immunabwehr und wird in einen klassischen, einen alternativen und einen Lektinweg eingeteilt. Wesentliche Aufgaben sind die direkte Zerstörung von Zellen und Erregern, die Opsonisierung von Fremdpartikeln als Vorbedingung zu deren Phagozytose und die Aktivierung von Abwehrzellen des Immunsystems. Im Gegensatz zu den beiden anderen Wegen des Komplementsystems ist der alternative Weg (AP; . Abb. 6, linke Hälfte: „Zielzelle“) konstitutiv aktiv. Um körpereigene Zellen vor Komplementschädigung zu schützen, wird der AP durch verschiedene sowohl im Plasma zirkulierende als auch membranständige Komplementfaktoren („regulator of complement activation“, RCA) reguliert (negative Regulation; . Abb. 6, rechte Hälfte: „Wirtszelle“). Die feinregulierte Komplexität des Systems lässt erahnen, dass eine Aktivierung des AP und die Klinik eines aHUS durch verschiedenste Veränderungen und Mutationen im Bereich der Signalkaskade resultieren können. Hierzu zählen z. B. aktivierende („gain of function“) Mutationen in C3 und CFB, zu einem Funktionsverlust führende („loss of function“) Mutationen in CFH, CFI, THBD und MCP, sowie Autoantikörper gegen verschiedene Proteine wie z. B. CFH und CFI. » Das hämolytisch-urämische Syndrom stellt die häufigste Ursache des akuten Nierenversagens bei Kindern und jungen Erwachsenen dar Primärer Manifestationsort des aHUS ist die Niere, 20% aller Patienten zeigen zudem extrarenale Beteiligungen (z. B. ZNS oder multiviszeral; [18]). Das aHUS hat im Vergleich zur typischen Form eine deutlich schlechtere Prognose. Vor Einführung der erst seit Kurzem verfügbaren Therapieoption mit Eculizumab (monoklonaler Anti-C5-Antikörper, Handelsname: Soliris®) starben 25% der Patienten, 50–70% wurden dauerhaft dialysepflichtig. Für den Kliniker ist eine Unterscheidung der beiden Formen häufig schwieriger, als anhand der vorgenannten Definitionen zu vermuten, und auch die weitere Labordiagnostik ist oftmals uneindeutig. In der Histologie lassen sich typisches und atypisches HUS nicht unterscheiden, beide sind durch eine thrombotische Mikroangiopathie (TMA) mit endothelialer Hyperplasie und in der Folge Verengung des Gefäßlumens gekennzeichnet. Das aHUS und auch einige Fälle mit typischem HUS sind primär durch Mu- tationen im Bereich des Komplementsystems bedingt, die zu einer erhöhten Aktivität des alternativen Komplementsystems mit Bildung des Membranangriffskomplexes führen. Eine rasche Klärung der Ätiologie ist für die Betreuung der Patienten bezüglich Prognose und Therapie von großer Bedeutung. Die Art der genetischen Prädisposition bestimmt zudem die Prognose nach initialer Phase sowie nach Transplantation. Gemäß allgemeinen Richtlinien ist für alle Patienten mit aHUS neben der Laborkomplementdiagnostik eine umfassende Analyse der bislang beschriebenen genetischen Defekte erforderlich. Es besteht Konsens, dass zumindest die Gene CFH, CFI, MCP, THBD, CFB und C3 auf das Vorliegen von Mutationen zu untersuchen sind. Die Mutationsdetektionsrate beträgt etwa 50%, d. h. in etwa der Hälfte der Fälle lassen sich bei korrekter Stratifizierung der Patienten signifikante Kosten für Therapien einsparen [5]. Das Wissen um die Genetik ist außerdem wichtig im Rahmen einer angestrebten Lebendnierenspende durch einen Angehörigen. Eine Lebendnierenspende durch einen gesunden Mutationsträger („carrier“) ist strikt kontraindiziert. Wird hierbei in Unkenntnis des genetischen Befunds transplantiert, hat dies sowohl für den Spender als auch für den Empfänger oftmals dramatische Konsequenzen. Dialysepflichtigkeit und Transplantatabstoßung (in Zeiten der Organknappheit) verursachen zudem gewaltige Folgekosten. Insgesamt ist somit das Wissen um die Genetik für eine verantwortungsvolle Stratifizierung der Patienten und ein optimales Therapiemanagement unverzichtbar. C3-Glomerulopathien Zentrales diagnostisches Kriterium für die Gruppe der C3-Glomerulopathien (C3G) ist die alleinige oder dominante (mindestens 2-fach stärker als andere Immunglobuline) Ablagerung von Komplement C3; andernfallls ist meist von einer immunkomplexvermittelten Glomerulonephritis auszugehen. Die beiden spezifischen Krankheitsbilder der C3G stellen die MPGN Typ II/“dense deposit disease“ (DDD) und die C3-Glomerulonephritis dar. Als familiäre Form der C3G ist zudem die CFHR5-Nephropathie beschrieben. Im Gegensatz zum aHUS, bei dem die Komplementaktivierung in erster Linie auf der Oberfläche der Zellmembran stattfindet, geschieht dies bei der C3G primär in der Flüssigphase. Mutationen in verschiedenen Genen der Komplementkaskade lassen sich in etwa 20–25% der Fälle nachweisen und betreffen am häufigsten CFH, C3, CFI und MCP. Neben typischen Punktmutationen und spezifischen Risikohaplotypen spielen auch genomische Umbauten und Deletionen, v. a. im Bereich des RCA-Genclusters auf dem langen Arm von Chromosom 1, eine Rolle. In dieser Region befinden sich neben dem Gen für Faktor H auch die sequenztechnisch nahezu homologen Gene CFHR 1–5, wodurch es zu unterschiedlichen Fusionsproteinen kommen kann. Bei 50–80% der C3G-Patienten gelingt der Nachweis von Autoantikörpern, am häufigsten C3-Nephritisfaktor (C3NeF), ein die C3 Konvertase stabilisierender IgG-Antikörper, seltener auch Antikörper gegen die C3-Konvertase, Faktor H und Faktor B. Fälle mit einem Mix aus Mutationen und Autoantikörpern sind ebenfalls beschrieben. Initial tritt meist eine Proteinurie, oftmals als nephrotisches Syndrom, auf. Die C3G führt regelhaft zu einer progredienten Nierenfunktionsverschlechterung und mündet in der Hälfte der Fälle innerhalb von 5 bis 10 Jahren in einer terminalen Niereninsuffizienz. Zur Differenzierung einer genetischen Ursache von einem Autoimmunprozess ist, nicht zuletzt in Hinblick auf therapeutische Ansätze, eine umfassende genetische Analytik (z. B. mittels NGS-Panel) Bestandteil der Diagnostik bei C3G [25]. Warum ist es wichtig, die zugrunde liegende genetische Diagnose zu kennen? Grundsätzlich erscheint es stets von Vorteil, sowohl die Krankheit als auch das Spektrum möglicher Komplikationen zu kennen, um Verlauf und Risiko auch extrarenaler Organmanifestationen, die möglicherweise von einer rechtzeitigen Detektion und Therapie profitieren, besDer Nephrologe 3 · 2015 | 193 Leitthema ser einschätzen zu können. Auch mag die Kenntnis der Genetik in einigen Fällen dazu beitragen, invasive Eingriffe wie Nieren- oder Leberbiopsie zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Eine genaue Beurteilung des genetischen (Wiederholungs-) Risikos ist nur bei Kenntnis des Genotyps möglich. So kann das Wiederholungsrisiko in betroffenen Familien je nach zugrunde liegender Mutation von 0–50% oder selten auch mehr reichen. Gleiches gilt für das Risiko bei Kindern von Patienten. Während dominant erbliche Erkrankungen mit einem in der Regel 50%igen Wiederholungsrisiko einhergehen, resultiert eine zugrunde liegende rezessive Vererbung in einem fast immer praktisch nicht existenten (<1%) Risiko für die eigenen Kinder. Insbesondere für männliche Patienten ist auch die Unterscheidung zwischen autosomaler und X-chromosomaler Vererbung relevant, da ein Vater mit X-chromosomaler Erkrankung nie eigene, ebenfalls betroffene Söhne und somit in der Regel schwer betroffene Kinder haben kann. Die exakte Diagnose genetischer Nierenerkrankungen ist jedoch nicht nur zur besseren Einschätzung der Prognose und zur genetischen Beratung bedeutsam, sondern auch im Rahmen von Nierentransplantationen. Während Patienten ohne nachweisbare genetische Ursache der FSGS und anderer Podozytopathien und Glomerulopathien eine hohe Rekurrenzrate im Transplantat haben, zeigen Patienten mit einer Mutation meist keine Rekurrenz mit guter Prognose. Fazit für die Praxis FEine genaue genetische Beratung mit Erläuterung des zu erwartenden klinischen Verlaufs, des Erkrankungsspektrums und des Wiederholungsrisikos ist nur möglich, wenn der zugrunde liegende Genotyp bekannt ist. FDie neue Methodik des Next Generation Sequencing (NGS) bietet meist deutliche Vorteile in Bezug auf Kosten, Effizienz und Aussagekraft der Diagnostik. FDie NGS-Analytik für heterogene Erkrankungen wird zunehmend auch in der Routine die klassische Stufendia- 194 | Der Nephrologe 3 · 2015 gnostik („Gen-für-Gen“-Analyse) mittels Sanger-Sequenzierung ablösen. FGenetische Diagnostik führt meist zu einer klareren Einschätzung der Erkrankung und einer verbesserten klinischen Betreuung (mit u. a. frühzeitiger Detektion und Monitoring zu beeinflussender, sowohl renaler als auch extrarenaler Manifestationen). FDas Wissen um die zugrunde liegende Mutation hat teils direkte Konsequenzen auf das therapeutische Vorgehen (z. B. beim nephrotischen Syndrom und bei aHUS) und ist im Rahmen von Transplantationen für die Prognose und das Rekurrenzrisiko bedeutsam. Korrespondenzadresse Prof. Dr. C. Bergmann Bioscientia – Zentrum für Humangenetik Konrad-Adenauer-Str. 17, 55218 Ingelheim carsten.bergmann@ bioscientia.de; carsten.bergmann@ uniklinik-freiburg.de Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. C. Bergmann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Literatur 1. Adeva M, El-Youssef M, Rossetti S (2006) Clinical and molecular characterization defines a broadened spectrum of autosomal recessive polycystic kidney disease (ARPKD). Medicine (Baltimore) 85(1):1–21 2. Bergmann C (2012) Educational paper: ciliopathies. Eur J Pediatr 171(9):1285–1300 3. Bergmann C (2015) ARPKD and early manifestations of ADPKD: the original polycystic kidney disease and phenocopies. Pediatr Nephrol 30(1):15–30 4. Bergmann C, Bothmer J von, Ortiz Bruchle N et al (2011) Mutations in multiple PKD genes may explain early and severe polycystic kidney disease. J Am Soc Nephrol 22(11):2047–2056 5. Bresin E, Rurali E, Caprioli J et al (2013) Combined complement gene mutations in atypical hemolytic uremic syndrome influence clinical phenotype. J Am Soc Nephrol 24(3):475–486 6. Cornec-Le Gall E, Audrézet MP, Chen JM et al (2013) Type of PKD1 mutation influences renal outcome in ADPKD. J Am Soc Nephrol 24(6):1006– 1013 7. Deltas C, Pierides A, Voskarides K (2013) Molecular genetics of familial hematuric diseases. Nephrol Dial Transplant 28(12):2946–2960 8. Fogo AB (2014) Causes and pathogenesis of focal segmental glomerulosclerosis. Nat Rev Nephrol 11(2):76–87 9. Gossage L, Eisen T, Maher ER (2014) VHL, the story of a tumour suppressor gene. Nat Rev Cancer 15(1):55–64 10. Grahammer F, Schell C, Huber TB (2013) The podocyte slit diaphragm – from a thin grey line to a complex signalling hub. Nat Rev Nephrol 9(10):587–598 11. Haas NB, Nathanson KL (2014) Hereditary kidney cancer syndromes. Adv Chronic Kidney Dis 21(1):81–90 12. Harris PC, Torres VE (2014) Genetic mechanisms and signaling pathways in autosomal dominant polycystic kidney disease. J Clin Invest 124(6):2315–2324 13. Hildebrandt F, Zhou W (2007) Nephronophthisis-associated ciliopathies. J Am Soc Nephrol 18(6):1855–1871 14. Kari JA, Montini G, Bockenhauer D et al (2014) Clinico-pathological correlations of congenital and infantile nephrotic syndrome over twenty years. Pediatr Nephrol 29(11):2173–2180 15. Krueger DA, Northrup H; International Tuberous Sclerosis Complex Consensus Group (2013) Tuberous sclerosis complex surveillance and management: recommendations of the 2012 International Tuberous Sclerosis Complex Consensus Conference. Pediatr Neurol 49(4):255–265 16. LaRiviere WB, Irazabal MV, Torres VE (2014) Novel therapeutic approaches to autosomal dominant polycystic kidney disease. Transl Res 165(4):488– 498 17. Miner JH, Baigent C, Flinter F et al (2014) The 2014 International Workshop on Alport Syndrome. Kidney Int 86(4):679–684 18. Noris M, Remuzzi G (2014) Cardiovascular complications in atypical haemolytic uraemic syndrome. Nat Rev Nephrol 10(3):174–180 19. Pollak MR (2014) Familial FSGS. Adv Chronic Kidney Dis 21(5):422–425 20. Rehm HL (2013) Disease-targeted sequencing: a cornerstone in the clinic. Nat Rev Genet 14(4):295– 300 21. Rehm HL, Bale SJ, Bayrak-Toydemir P et al (2013) ACMG clinical laboratory standards for next-generation sequencing. Genet Med 15(9):733–747 22. Riedl M, Fakhouri F, Le Quintrec M et al (2014) Spectrum of complement-mediated thrombotic microangiopathies: pathogenetic insights identifying novel treatment approaches. Semin Thromb Hemost 40(4):444–464 23. Rombach SM, Smid BE, Linthorst GE et al (2014) Natural course of Fabry disease and the effectiveness of enzyme replacement therapy: a systematic review and meta-analysis: effectiveness of ERT in different disease stages. J Inherit Metab Dis 37(3):341–352 24. Schmid S, Gillessen S, Binet I et al (2014) Management of von hippel-lindau disease: an interdisciplinary review. Oncol Res Treat 37(12):761–771 25. Zuber J, Fakhouri F, Roumenina LT et al (2012) Use of eculizumab for atypical haemolytic uraemic syndrome and C3 glomerulopathies. Nat Rev Nephrol 8(11):643–657