SOMS Screening für Somatoforme Störungen Seminar: Testen und Entscheiden Dozentin: G. H. Franke Referentin: Mandy Rogalla Datum: 08.12.2009 Inhalt I. Überblickartige Beschreibung II. Testgrundlage III. Testdurchführung IV. Testverwertung V. Erfahrungen im individualdiagnostischen Einsatz I. Überblicksartige Beschreibung Titel SOMS ‐ Screening für Somatoforme Störungen (2., vollständig überarbeitete und neu normierte Auflage) Autoren Winfried Rief, Wolfgang Hiller Erscheinungsjahr 2008 Verlag Hans Huber Preis 92,00 € I. Überblicksartige Beschreibung ‐ Materialien Testbestandteile Testmappe* ► Manual 40,00 € ► 10 x SOMS‐2 Fragebogen 8,00 € ► 10 x SOMS‐7T Fragebogen 8,00 € ► 10 x SOMS‐2 Auswertebogen 1 3,50 € ► 10 x SOMS‐2 Auswertebogen 2 3,50 € ► 10 x SOMS‐2 Auswertebogen 3 3,50 € ► 10 x SOMS‐7T Auswertebogen 5,50 € Software / PC‐Version* ► PC‐Version inkl. 50 lokale Durchführungen und Manual 280,00 € ► PC‐Version 50 weitere lokale Durchführungen 30,00 € ► 1 lokale Durchführung 3,50 € (Testing on Demand) ► 20 x Befindlichkeitstagebücher 10,00 € ► 5 x Kurven des Befindlichkeitstagebuchs 10,00 € Test komplett ► 1 Durchführung HTS 5,25 € Web Edition 92,00 € * www.testzentrale.de I. Überblicksartige Beschreibung Diagnostische Zielsetzung Kurzbeschreibung: • dient der Erfassung von körperlichen Beschwerden, die nicht auf eine organische Erkrankung zurückzuführen sind • Selbstbeurteilungsfragebogen unter Berücksichtigung der klassifikationsrelevanten Kriterien zur Somatisierung (DSM‐IV, ICD‐10) Anwendungsbereich: • Medizin und Psychosomatik, klinische Psychologie, somatoforme Störungen, Gesundheitspsychologie (ambulant und stationär) • sowohl klinisch als auch im Forschungsbereich • Ab 16 Jahren II. Testgrundlage Theoretische Grundlagen / Konstrukte • orientiert sich an den psychiatrischen Klassifikationsschemata ICD‐10 und DSM‐IV (Symptomlisten) • Enthält keine Skalen, sondern SOMS2J (Statusdiagnostik) erfragt in 68 Items das Vorhandensein der Symptome in den letzten 2 Jahren (dichotom ja / nein) SOMS7T (Verlaufsmessung) erfragt in 53 Items das Vorhandensein und die Intensität der Symptome in den letzten 7 Tagen II. Testgrundlage Überblick Items - Einschlusskriterien Somatoforme Störungen nach DSM‐IV Somatoforme Störungen nach ICD‐10 Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen wiederholte Darbietung körperlicher Symptome nicht medizinisch begründbar, dennoch hartnäckige Forderung nach weiteren Untersuchungen Symptome erklären nicht alleine Art und Ausmaß des Leidens sowie innerliche Beteiligung des Patienten nicht absichtlich erzeugt Patient leugnet psychische Ursachen körperliche Symptome kein diagnostizierbarer medizinischer Krankheitsfaktor histrionisches Verhalten (aufmerksamkeitssuchend) Eigenes Kapitel Somatoforme Störungen Kapitel 4 – neurotische, Belastungs‐ und somatoforme Störungen II. Testgrundlage Itembeispiele Einschlusskriterien II. Testgrundlage Somatoforme Störungen ‐ Klassifikation DSM IV – Somatoforme Störungen ICD 10 ‐F45 Somatoforme Störungen 300.81 Somatisierungsstörung F45.0 Somatisierungsstörung 300.81 Undifferenzierte somatoforme Störung F45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung 300.11 Konversionsstörung F44.~ Dissoziative und Konversionsstörung 300.7 Hypochondrie F45.2 Hypochondrische Störung 300.7 Körperdysmorphe Störung 307.xx Unterform der hypochondrischen Störung ‐‐‐ F45.3 Somatoforme autonome Störung Schmerzstörung F45.4 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung ‐‐‐ F45.8 Sonstige somatoforme Störungen ‐‐‐ F45.9 Nicht näher bezeichnete somatoforme Störungen II. Testgrundlage Überblick Symptomliste / Items Symptome Items Beispielitems Schmerzsymptome 9 1. 2. Kopf‐ o. Gesichtsschmerzen Schmerzen im Bauch o. in der Magengegend Gastro‐intestinale Symptome 14 16. Unverträglichkeit von verschiedenen Speisen 20. Häufiger Durchfall Kardiovaskulär 7 24. Herzrasen oder Herzstolpern 26. Schweißausbrüche (heiß oder kalt) Haut‐ und urogenitale Symptome 3 31. Flecken / Farbänderungen auf der Haut 32. Sexuelle Gleichgültigkeit Pseudoneurologische Symptome 14 34. Koordinations‐ oder Gleichgewichtsstörungen 41. Unangenehme Kribbelempfindungen Für Frauen 5 48. Schmerzhafte Regelblutungen 51. Erbrechen während der gesamten Schwangerschaft Für Männer 1 53. Impotenz oder Störungen des Samenergusses II. Testgrundlage Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion Erste Fassung SOMS (1990 ‐ 1992) Ziel: möglichst alle Personen mit somatoformen Störungen aus Gesamtstichprobe herausfiltern • Zeitfenster: 2 Jahre • Grundlage: Somatisierungsstörungen nach DSM ‐ III‐R • Entwicklung und Validierung auf Grundlage von N=108 psychosomatischen Patienten, N= 101 gesunde Kontrollpersonen • Gründe für die Überarbeitung: − Revision von DSM‐III‐R nach DSM‐IV (Änderung der Kriterien der Somatisierungsstörung) − Kriterien des ICD‐10 fehlten im Fragebogen II. Testgrundlage Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion Aktuelle Fassung SOMS ‐ 2J (1995 ‐ 1996) Traitversion SOMS‐2J • Erfassung der körperlichen Beschwerden der letzten 2 Jahre • berücksichtigt alle körperlichen Symptome nach DSM‐IV und ICD‐10 für − eine Somatisierungsstörung − für somatoforme autonome Funktionsstörung • zentrale Ein‐ und Ausschlusskriterien • vereinfacht die Klassifikation von Somatisierungspatienten und Identifikation von Risikopopulationen II. Testgrundlage Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion Aktuelle Fassung SOMS ‐ 7T Stateversion SOMS‐7T: • Erfassung der körperlichen Beschwerden und ihrer Intensität • Zeitfenster: die letzten 7 Tage • Verfahren zur Veränderungsmessung (z.B. zur Therapieevaluation) • berücksichtigt alle körperlichen Symptome wie SOMS‐2J • Verzicht auf zentrale Ein‐ und Ausschlusskriterien Zusatzmaterial • Befindlichkeitstagebuch, Kurve des Befindlichkeitstagebuchs Testkonstruktion aufgrund der Orientierung an Klassifikationssystemen nachvollziehbar III. Testdurchführung • Vorlegen des SOMS zur selbstständigen Bearbeitung durch Probanden • Lesen der Testinstruktion SOMS‐2J • Bearbeitungszeit: 5 ‐ 20 Minuten III. Testdurchführung Formales Transparenz • Items klar und verständlich, Auswahl „ja“ oder „nein“ • Durch Testinstruktion wird Probanden verdeutlicht, worum es geht gegeben Zumutbarkeit und Akzeptanz • SOMS erfragt alle Arten von körperlichen Beschwerden, unter denen Probanden leiden können, sollen alle Symptome angeben • Ethische Grenzen evtl. bei Items zur Sexualität berührt (andere Kulturkreise), können in Ausnahmefällen weggelassen werden Zumutbarkeit und Akzeptanz gegeben III. Testdurchführung Formales Verfälschbarkeit • Sozial erwünschtes Antwortverhalten möglich, aber eher unwahrscheinlich • Es sollten möglichst alle Items beantwortet werden, um Somatisierungsindex genau bestimmen zu können Störanfälligkeit • Bei den Fragebögen nicht gegeben • Zusatzmaterial (Befindlichkeitstagebuch und Kurven) benötigt eine Einführung zur Handhabung IV. Testverwertung Auswertung des SOMS • Vier Somatisierungsindizies möglich: 1. Somatisierungsindex DSM‐IV 2. Somatisierungsindex ICD‐10 3. SAD‐Index ICD‐10 (somatoform autonomic dysfunction) 4. Beschwerdenindex Somatisierung • Vergleich der Rohwerte mit Prozenträngen der Normtabellen • Abgleich der Ein‐ und Ausschlusskriterien IV. Testverwertung Objektivität Durchführungsobjektivität/ Auswertungsobjektivität: • SOMS ‐2J und SOMS‐7T in Durchführung und Auswertung standardisiert • übersichtliche Darstellung einzelner Schritte in der Testauswertung; Erhöhung der Auswertungsobjektivität durch jeweilige Auswertebögen Durchführungs‐ und Auswertungsobjektivität gegeben Interpretationsobjektivität: • Vorliegen von Vergleichswerten durch Normierung • Keine Hinweise zur Interpretierbarkeit • Durch Orientierung an Klassifikationssystemen (Verdachts‐) Diagnosestellung möglich Interpretationsobjektivität gegeben IV. Testverwertung SOMS ‐ 2J Reliabilität Interne Konsistenz • Stichprobe: 484 Patienten einer psychosomatischen Klinik Index Cronbachs Alpha Beschwerdeindex (Somatisierung) .88 Somatisierungs‐ index DSM‐IV .79 Somatisierungs‐ index ICD‐10 .73 SAD‐Index .75 Retest‐Reliabilität • (72h) an alter Fassung* • Stichprobe: 51 Patienten einer psychosomatischen Klinik Variable r tt Somatisierungs‐ index DSM‐III .85 Beschwerdeindex (alte Fassung) .87 IV. Testverwertung SOMS ‐ 2J Validität Inhaltliche Validität • Orientierung an Symptomlisten der Klassifikationssysteme gegeben Externe / Kriteriumsvalidität • Summenscores im SOMS zeigen deutliche Zusammenhänge zum Inanspruchnahmeverhalten medizinischer Dienste ( Rief, 2002) gegeben Differentielle Validität • Differenziert hoch signifikant zwischen Somatisierungspatienten und Gesunden gegeben IV. Testverwertung Validität Konstruktvalidität • Korrelationen der Somatisierungsindizes mit Skalen der SCL‐90‐R Skala „Somatisierung“ (r = .48 bis r = .59 ) Skala „Ängstlichkeit“ (r = .45 bis r = .52) • Korrelationen der Somatisierungsindizes mit Skalen des FPI‐R Skala „körperliche Beschwerden“ (r = .48 bis r = .55) Signifikante Korrelationen mit Skala „Emotionalität“(r = .29 bis r = . 38) konvergente Validität gegeben (mittel) IV. Testverwertung Normierung • Erhebung der Daten zur Normierung zwischen 1992 und 2003 • Normtabellen mit nach Geschlecht getrennten Prozentrangwerten für die 4 unterschiedlichen Somatisierungsindizes • Getrennte Normdaten für psychosomatische Patienten und Gesunde psychosomatische Patienten (psychosomatische Klinik), N= 484 Kontrollgruppe unauffällige Personen, N= 101 (Elefant, 1996) Größere Stichprobe der Allgemeinbevölkerung („Gesunde“), N= 2050 (Grundlage der Normtabellen für Gesunde) IV. Testverwertung Bandbreite und Informationsausschöpfung • erfragt alle diagnostisch relevanten Symptome und Einschlusskriterien • Alle Items werden zur Berechnung des jeweiligen Somatisierungsindex genutzt gegeben Ökonomie und Fairness • kurze Bearbeitungs‐ und Auswertungszeit • Keine Benachteiligung bestimmter Populationen gegeben Änderungssensitivität • Beim SOMS‐2J zeitstabile Traitmessung, beim SOMS ‐7J gegeben V. Erfahrungen im individualdiagnostischen Einsatz • Test verständlich, schnell durchführbar • teilweise verwirrend, da Symptome durchaus auch bei Gesunden auftreten • Auswertung ca. 10 Minuten Kritik Sehr umfangreiches Manual, Möglichkeit zur Status‐ und Veränderungsmessung, Tagesprotokolle etc. Enger Bezug zu Klassifikationssystemen (Sicherheit der Diagnose) Gute Sensitivität zur Differenzierung der Störungsbilder Aktuelle Normierungen und ständige Weiterbearbeitung Umfangreiches Testmaterial: Gefahr der Unübersichtlichkeit für unerfahrene Anwender Hinweise auf Forschungsbedarf hinsichtlich Unschärfe einiger Störungsbilder in den Klassifikationssystemen Keine Interpretationshinweise hinsichtlich klinisch relevanter Grenzbereiche Literaturverzeichnis Morschitzky, H. (2007). Somatoforme Störungen: Diagnostik, Konzepte und Therapie bei Körpersymptomen ohne Organbefund (2. Ausg.). Wien, New York: Springer. Nanke, A. & Rief, W. (2003). Zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen bei Patienten mit somatoformen Störungen. Psychotherapeut (48), 329‐ 335. Verfügbar unter: DOI 10.1007/s00278‐003‐0323‐4. Rief, W. (2003). SOMS: Screening für Somatoforme Störungen. In E. Brähler, J. Schumacher & B. Strauß (Hrsg.), Diagnostische Verfahren in der Psychotherapie. 2., unveränd. Aufl. (Diagnostik für Klinik und Praxis, S. 331–334). Göttingen: Hogrefe Verl. für Psychologie. Rief, W. & Hiller, W. (2008). Screening für somatoforme Störungen: SOMS (2., vollständig überarb. und neu normierte Aufl.). Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Huber. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! ☺