Weitere Files findest du auf www.semestra.ch/files DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR. Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) KLINISCHE PSYCHOLOGIE Kapitel 6-11 Buch Perrez & Baumann: Klinische Psychologie – Psychotherapie Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) -1- 1 Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 2 6. Klassifikation Def.: Klassifikation sind Bemühungen, die Vielfalt an Einzelerscheinungen in übergeordnete Einheiten zu ordnen. Merkmalsklassifikation: Auf der Basis von Symptom- oder Merkmalskonfigurationen werden höhere Einheiten in Form von Syndromen definiert. Personen werden durch Syndromprofile (vergleichbar den Eigenschaftsprofilen) beschrieben. z.B. MMPI, FPI. Personenklassifikation: Wird in Form von Diagnosen gemacht. Die Elemente der Diagnosen-Systeme sind in der Regel nicht durch notwendige und hinreichende Zugehörigkeitsbedingungen – wie bei Klassen - definiert; vielmehr sind sie durch hinreichende Bedingungen charakterisiert und stellen damit Typen dar. Typen sind geometrische Schwerpunkte in einem Merkmalsraum, wobei zwischen den einzelnen Typen keine exakten Grenzen vorhanden sind. Die Zugehörigkeit zu einem Typus kann durch unterschiedliche Datenkonfigurationen (Merkmalszusammenstellungen) gewährleistet sein, was den Typus von der Klasse unterscheidet (z.B. DSM, ICD). Komorbidität: Auftreten verschiedener ψ Störungen in einer Person. Von Bedeutung für Therapie und Hypothesen zur Ätiologie/Bedingungsanalyse. (Multimorbidität: zusätzlich somatische Störungen). Operationale Diagnostik, bedeutet die Diagnose durch einen Kriterienkatalog (Ein/Ausschlusskriterien) mit Verknüpfungsregeln. - Symptom/e müssen vorhanden sein - Symptom/e dürfen nicht vorhanden sein - Von den Symptomen müssen mind. x vorhanden sein Zusätzlich kommen Zeit- und z.T. Verlaufskriterien hinzu. Bessere Interrater-Reliabilität, aber nicht zwingend homogene und inhaltlich sinnvolle Gruppen. Beispiel: Major Depression, mind. 5 der genannten Symptome müssen vorhanden sein (z.B. depressive Stimmung, Gewichtszu-/abnahme, Interessenverlust, In-/Hypersomnie, etc.). Halluzinationen und weitere psychotische Symptome dürfen nicht vorhanden sein. vgl. DSM-IV. Fehlerquellen im diagnostischen Prozess (Interraterreliabilität ⇓) 1) Patienten- oder Subjektvarianz (Langzeitperspektive): Unterschiedlicher Krankheitszustand bei einem Patienten (z.B. manisch-depressive Phase) 2) Situationsvarianz (kurzzeitige Patientenvarianz): Unterschiedliche Störungsausprägung zu zwei versch. Zeitpunkten 3) Informationsvarianz: Unterschiedliche Infos über den Patienten (z.B. nach Mehrfachhospitalisierung) 4) Beobachtungsvarianz: versch. Beobachter werten die erhobene Information unterschiedlich aus 5) Kriterienvarianz: versch. Untersucher kommen aufgrund des ausgewerteten Materials zu unterschiedlichen Diagnosen Beurteilungskriterien für Klassifikationssysteme • Ziel der Klassifikation: Gesundheitsstatistik, Kommunikationsmittel, Forschungsinstrument, Therapie-Einheiten. • Geltungsbereich: z.B. alle Störungen (ICD), ψ Störungen (DSM) • Klassifikationslogik: Typen (Diagnosen), Klassen, Dimensionen -2- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) • • • • • • • • • F0 F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 F8 F9 3 Klasseneigenschaften: Zuordnung zu einer oder mehreren Einheiten möglich, d.h., eine Person kann nur einer oder mehreren Einheiten angehören. Komorbidität zugelassen Klassifikationseinheiten: Personen ( z.B. Diagnosen); Merkmale ( z.B. Eigenschaften, Syndrome); Situationen usw. Klassifikationsbasis: Auswahl der Datenebenen. Symptomatik, Schweregrad der Störung, Ätiologie, Verlauf und Therapie Datenquellen: Selbst-, Fremdbeobachtung, apparative Verfahren Gewinnung der Einheiten: klinisch, theoretisch, algorithmisch Definition der Einheiten: keine, textl. Umschreibung, Kriterienkatalog Zuordnungsregeln: keine, implizite Regeln bei Glossar, explizite Regeln, math.-stat. Algorithmen Formale Genauigkeit: Reliabilität, Interraterreliabilität Kriterien der Theorienbeurteilung: Präzision, logische Konsistenz, Nutzen ICD-10 Organische, einschliesslich symptomatischer psychischer Störungen Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen DSM-IV (Achse I & II) Delir, Demenz, amnestische und anderer kognitive Störungen Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen Schizophrenie und andere psychotische Störungen Affektive Störungen Angststörungen, Somatoforme Störungen, Dissoziative Störungen, Anpassungsstörungen Verhaltensauffälligkeiten mit körperli- Esstörungen, Schlafstörungen, Sexuelle chen Störungen und Faktoren und Geschlechtsidentitätsstörungen (auch F6) Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Persönlichkeitsstörungen, vorgetäuschte Störungen, Störungen der Impulskontrolle, nicht anders klassifiziert Intelligenzminderung Störungen, die gewöhnlich zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder AdoEntwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen leszenz diagnostiziert werden mit Beginn in der Kindheit und Jugend Psychische Störungen aufgrund eines medizinischen Krankheitsfalls Andere klinisch relevante Probleme (auch F5) ICD-10 Code F Fa Klassifikations- Bedeutung Beispiel ebene einstellig Psychische Störung Hauptkategorie umfasst versch. als zusammen- F1: Psychische und Verhaltensgehörig betrachtete Störungen störungen durch psychotrope Substanzen -3- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) Fab Kategorie einzelne Störungseinheiten Fab.c Subkategorie Fab.cd Zusatzspezifikationen Spezifikationen (inhaltlich, Art, Schweregrad) Spezifikation u.a. aufgrund von Verlauf, somatischer Syndromatik, inhaltliche Gestaltung nur bei einigen Subgruppen verwendet Fab.cde Zusatzspezifikationen 4 F14: ψ und Verhaltensstörung durch Kokain F14.2: Abhängigkeitssyndrom von Kokain F14.24: Abhängigkeitssyndrom von Kokain, bei gegenwärtigem Substanzgebrauch F14.241: Abhängigkeitssyndrom von Kokain, bei gegenwärtigem Substanzgebrauch, mit körperlichen Symptomen ICD-10: Forschungskriterien genauer, ähnlich DSM-IV ICIDH – Klassifikation für Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen ICD-10 DSM-IV alle Krankheiten nur ψ Störungen klinisch-kombinatorische Vorge- stärkere Orientierung an empirihensweise, Konventionen scher Forschung Glossar, Kriterienkataloge vergleichbar. DSM-IV: Symptomatik ⇒ Beeinträchtigung in versch. Funktionsbereichen Zuordnungsregelen implizit & explizit explizit, Entscheidungsbäume Autorenschaft WHO APA Anzahl Versionen Mehrere Eine Darstellung allg. Beschreibungen Lehrbuchtext Multiaxialität in Vorbereitung expliziter Bestandteil Geltungsbereich Gewinnung der Einheiten Definition der Einheiten Achse I Achse II Achse III Achse IV Achse V Achse I Achse II Achse III Achse IV Achse V Achse VI DSM-IV Klinische Störungen, andere klinisch relevante Probleme Persönlichkeitsstörungen, geistige Behinderung (Störungen die im jungen Alter diagnostiziert werden). Medizinische Krankheitsfaktoren Psychosoziale und umgebungsbedingte Problem (9 Hauptbereiche z.B. wirtschaftliche Probleme) Globale Erfassung des Funktionsniveaus (10 Abstufungen, z.B. Aktuelle Situation oder höchstes Niveau während mind. 2 Monate im vergangenen Jahr) Multiaxiales System für Kinder und Jugendliche Klinisch-psychiatrisches Syndrom Umschriebene Entwicklungsstörungen Intelligenzniveau Körperliche Symptomatik assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung (vgl. V DSM) -4- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 5 Checklisten: Zusammenstellung der relevanten Kriterien (meist Symptome), freie Interviews, Entscheidungsbäume, setzt Erfahrung voraus, Training. Internationale Diagnosechecklisten (IDCL) Strukturierte Interviews: Ablauf, Inhalt und Formulierung der Fragen festgelegt. Auswertung festgelegt (tw. computerisiert). Standardisierte Verfahren: Zusätzliche Spezifizierung, wie Antwort des Patienten zu bewerten sind. Kritik gegenüber den Klassifikationssystemen: • Phänomenologische Kritik: Diagnosen als Vergröberung ≠ Individualität. Aber nur berechtigt, falls Abstimmung auf konkrete Person fehlt (allg. Aussagen ⇒ Individualität) • Verhaltenstherapeutisch Kritik: Diagnosen geben keine Behandlungsplan, für Praxis wenig aussagekräftig ⇒ Heute weniger, weil immer mehr Zusammenhänge zw. Diagnosen und Interventionen aufgezeigt werden • Sozialpsychologische Kritik: Labelling. Aber: nicht Label, sondern Störungscharakteristika bzw. Wissen um Hospitalisierung nachteilig • Methodische Kritik: Diagnosen zu wenig reliabel. Verbesserung durch Standardisierung. Interraterreliabilität (= Übereinstimmung unterschiedlicher Beurteiler), Retestreliabilität (= Stabilität= Übereinstimmung von Beurteiler zwischen verschiedenen Zeitpunkten, doch müssten die Zeitabstände relativ kurz sein: max. 1 Tag, da sonst die Situationsvarianz miteinfliesst). • Inhaltliche Kritik (Validität): Keine Validierung wie bei Tests möglich. Forschungsbegleitet. Konventionen oft fraglich. Homogenisieren was heterogen ist. Grosser Auflösungsgrad: Unterschied wenn doch gleich? Zus.hang zw. Diagnosen und Intervention zu vage • Persönlichkeitspsychologische Kritik: Vernachlässigung dimensionaler Konzepte unter Favorisierung des typologischen Ansatzes. Datenquellen vermixt (Selbst/Fremd) bzw. unterlassen (Verhaltensbeobachtung). • Berufspolitische Kritik: Diagnosen den Medizinern dienlich, Psychologen wollen auch ihr Stück vom Schoggikuchen. 7. Klinisch-psychologische Diagnostik Funktionen klinisch-psychologischer Diagnostik: • Beschreibung: Ausgangsbasis der übrigen Funktionen. Laienaussagen (Beschwerden, Klagen) werden in spezifische Diagnostik-Fragen übersetzt • Klassifikation: Aufbauend auf Patientenbeschreibung. Zuordnung zu Klassifikationssystemen mittels expliziten ( z.B. DSM IV) oder impliziten ( z.B. ICD 10 ) Zuordnungsregeln. • Erklärung: Diagnostik trägt zur Erklärung bei, indem sie möglichst präzise und umfassend die dafür notwendigen Daten liefert • Prognose: Vorhersage von Verläufen ψ Störungen mit oder ohne Intervention. Aussagen zur Erfolgswahrscheinlichkeit von Therapien = Prädiktorforschung • Evaluation: Bewertung, basiert meist auf Veränderungsmessungen. -5- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 6 Problemlösen in der Diagnostik: Die Beantwortung ψ Fragestellungen und das Bereitstellen von Entscheidungsgrundlagen (=Ziel des diagnostischen Prozesses) geschieht im Rahmen eines Problemlöseprozesses. Die diagnostischen Aussagen bzw. Entscheidungen werden in einem komplexen Prozess gewonnen und haben Hypothetischen Charakter. Bei der klinischpsychologischen Interventionsdiagnostik ständige Überprüfung und Rückkoppelung von Hypothesen und Interventionsschritten, was einem dynamischen Problemlöse- und Entscheidungsprozess entspricht. Eigenschaftsdiagnostik: Ziele: Vorhersage von Verhalten, basierend auf zugrundeliegenden Traits, welche Verhalten bestimmen. Charakteristika: Annahme von zeit- und situationsunabhängigen Traits. Traits aus Verhaltens-/Erlebensstichprobe erschlossen, Faktoranalyse, Testtheorie, Verankerung im Verhalten oft vage. Einsatzbereiche: Forschung, Hypothesenbildung, Beschreibung/Klassifikation ψ Merkmale für Evaluation von Interventionen. Bei Realisierung von Interventionen nur geringen Stellenwert. Im Konzept der BIG-FIVE findet sich auch die Eigenschaftsdiagnostik. Verhaltensdiagnostik: Ziele: Hinweise zur Entstehung, Erklärung, Aufrechterhaltung, Änderungsmöglichkeiten eines Verhaltens mittels Verhaltensanalyse. Grundlagen: SORKC Verhaltensmodell von Kanfer & Saslow (1965). Charakteristiken: Heuristiken, die mehr nach Brauchbarkeit als nach Wissenschaftlichkeit bewertet werden. Funktionale Verhaltensanalyse ⇒ Hypothetisches Bedingungsmodell (auf Beobachtungen und Theorie aufbauend) ⇒ Grundlage für Intervention. Welches Problem ist Mittelpunkt, welche Bedingungen erhalten es aufrecht, Änderungsbedürftigkeit? Messungen individueller Reaktionen auf versch. Lebenssituationen. Einsatzbereiche: Hypothesenprüfung im Einzelfall, individuelle Anpassung der störungsspezifischen Therapie. • • • Zielanalyse: Welches Problem soll verändert werden Problemanalyse: Welche Bedingungen erhalten Problem aufrecht Therapieplanung: Welche Möglichkeiten für Veränderung 1) Situative Verhaltensanalyse S (αβγ) ⇒ O (βγ) ⇒ R (αβγ) ⇔ C (αβγ) S: Ausgangssituation O: Organismusvariable (Selbstregulationssystem) R: Problematisches Verhalten C: Konsequenzen α: externe Variablen, situative Einflüsse β: psychologische Personen-Variablen (Gedanken, Erwartungen, Einstellungen etc.) γ: biologisch-physiologische Variablen 2)Vertikale Verhaltensanalyse, Plananalyse Pläne, Regeln, Ziele. Verhalten = f(Ziele, Pläne). Längerfristige Motivation, Situationsübergreifende Lernprozesse, übergeordnete Ziele (Bsp. Attraktiv sein, nicht ausrasten, der Beste sein, Gesund leben etc.) 3)Analyse von Systembedingungen -6- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 7 Struktur und Dynamik von Systemen, Systemregeln, Regelkonflikte. Mittlerer Auflösungsgrad der Schemata wäre gut. Integration von Eigenschafts- und Verhaltensdiagnostik zur Objektivitäts- und Reliabilitätssteigerung der Verhaltensanalyse und Therapieanpassung. Formen der Veränderungsmessung ( = Prozessdiagnostik =Erfassen von Veränderungen) • Indirekte: Bildung von Differenzen zwischen Statusbeurteilungen • Direkte: direkte Einschätzung von Veränderungen bei einem Messpunkt, indem zu einem Bezugspunkt Vergleichsaussagen getroffen werden ⇒ für Zweipunkterhebung • Beurteilung von Therapiezielverwirklichung: Feststellung der Veränderung von einem Ausgangszustand (Therapiebeginn) in einen Zielzustand (Therapieende) • Beurteilung des Status nach einem Zeitintervall bzgl. des Normbereichs ( z.B. Schwere Ausprägung auf Depressionsskala zu Therapiebeginn, nach Therapieende = Werte normal) Probleme der Veränderungsmessung: • Gedächtnisprozesse • Änderung der Beurteilungskriterien • Verschiebungen in der Gewichtung einzelnen Symptome • Testtheoretische Annahmen nur für ein, aber nicht für mehrere Messpunkte gegeben. Multimodalität (Datenebenen, -quellen, te/Funktionsbereiche) Datenebenen • biologisch/somatische Ebene • ψ, Erleben und Verhaltensebene • soziale Ebene: Netzwerk • ökologische Ebene: materiell Untersuchungsverfahren, Konstruk- Verhaltensorientierte Ansätze: ( Lang, 1971):motorisch beobachtbare bzw. Verhaltensebene, subjektiv-kognitive Ebene, somatisch-psychophysiologische Ebene. Oder: BASIC – ID ( behavior, affect, sensation, imagery, cognition, interpersonal, drugs) nach Lazarus (1973). Datenquellen • Person • Andere Personen • Apparative Verfahren, Verfahren der Leistungs- und Intelligenzdiagnostik mittels Papier und Bleistift Selbst-Fremdbeurteilung: Häufig nicht völlig unterschiedliche Verfahrensgruppe, da Einstufung auf Fremdbeurteilungsskalen auf Aussagen des Patienten beruhen. Unterschiedliche Beurteilungen mit unterschiedl. Aussagebereichen ⇒ Nichtübereinstimmungen. Wert/Objektivität: Beide haben ihren Platz. Verschiedene Untersuchungsverfahren (Datengewinnung) L (Life), Q (Questionnaire), T (Test) • Selbstbeobachtung, Selbstbeurteilungs-Fragebögen • Fremdbeobachtung, -beurteilung • Fremdbeobachtung, Verhaltensbeobachtung -7- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 8 • Interview • Leistungsdiagnostik • Felddiagnostik, Selbst-/Fremdbeobachtung • Projektive Verfahren • Inhaltsanalytische Verfahren Breitband (z.B. Interview) – Schmalband (d2) Psychologische Tests • Standardisierung • Gewinnung von Verhaltensstichprobe, Eigenschaftsdiagnostik • Quantifizierung (Messung der Merkmale) • Gütekriterien Erfassung interpersoneller Systeme (z.B. soziales Netzwerk) Felddiagnostik (Tagebücher, Handhelds) Konstrukte in Multimodalität. Globale Konstrukte. Soziale Netzwerke, Bewältigung, Gesundheitszustand, Wohnqualität, Lebensqualität. Validierung lässt zu wünschen übrig. Probleme der Multimodalität: Neben Gütekriterien weitere Kriterien zu beachten, Nützlichkeit, Effizienz, Durchführung, Zumutbarkeit. Keine genauen Leitlinien der Auswahl der Verfahren. Interpretationsproblem bei sich widersprechenden Daten. Leitlinien promoten. -8- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 9 8. Epidemiologie Def.: Untersuchung von Verteilung und Determinanten der Krankheitshäufigkeit beim Menschen. Psychiatrische E. beschäftigt sich mit der räumlichen und zeitliche Verteilung ψ Störungen oder anderer gesundheitsrelevanter Variablen in der Bevölkerung und den untersch. Häufigkeiten ihres Auftretens im Zusammenhang mit demographischen, genetischen, Verhaltens- und Umweltfaktoren (deskriptive E.). Die analytische E. untersucht Bedingungen des Auftretens und des Verlaufs ψ Störungen mit dem Ziel, das Wissen über Ursachen, Risikound Auslösefaktoren von Krankheitsepisoden und Krankheitsfolgen zu vertiefen. Aufgaben (A) und Ziele (Z) Deskriptive Epidemiologie (A) Feststellen der Krankheitsverteilung über Raum und Zeit in Abhängigkeit von Umwelt, Persönlichkeit und Organismus Analytische Epidemiologie (A) Untersuchung von Entstehung, Verlauf und Ausgang von Krankheiten (A) Ermittlung von individuellen Krankheitsrisiken (A) Prüfung von Hypothesen über kausale Beziehungen zwischen Umweltfaktoren und Krankheit (Z) Lieferung von Daten für die Planung und (Z) Erforschung von Zusammenhängen und Evaluation von Gesundheitseinrichtungen Determinanten von Krankheiten, Untersuchung des Zusammenhangs mit Risikofaktoren Prävalenz: Gesamtzahl aller Krankheitsfälle, die in einer definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz) oder während einer Zeitperiode (Periodenprävalenz) vorhanden sind Inzidenz: Häufigkeit des Neuauftretens einer Krankheit innerhalb eines bestimmten Zeitraums unabhängig davon, ob die Erkrankung am Ende der Zeitperiode noch bestehe oder nicht. Wahre Prävalenz: in Bevölkerung im Rahmen einer Feldstudie erfasst Administrative Prävalenz: für Behandlungseinrichtungen erfasst = Inanspruchnahmeraten Relatives Risiko: Auftreten einer Krankheit in Pop. mit/ohne Risikofaktor, Erkrankung häufiger/seltener Epidemiologische Trias: Wirt ( = die von einer Krankheit betroffene Person) – schädliches Agens ( = ein auf den Wirt einwirkende akute oder chronische Belastung, psychischer oder sozialer Natur) – Umwelt AV Falldefinition: Dimensionale und kategoriale Ansätze. Exakte Falldefinition essentiell für E. Objektivierbare Konstrukte heranziehen. Grenzen bestimmen, Fall/Nicht-Fall. Multiaxiale Klassifikation. Fallidentifikation: Standardisierte Interviews zu bevorzugen. UV Gebietsmerkmale (demographische, statistische Daten). ⇒ ökologischer Fehlschluss. Soziodemographische Daten (Geschlecht, Alter, Familienstand, soziale Schicht). -9- Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 10 Ökologischer Fehlschluss: Falsche Folgerung von Erkenntnissen aus Gebietseinheiten oder hoch aggregierte Daten auf kleiner Einheiten oder Aggregate (z.B. Verhalten von Individuen). Mögliche Gründe für häufigeres Auftreten bestimmter ψ Erkrankungen in Unterschicht: • Mehr soziale Stressoren, chronische Belastungen wie Unsicherheit am Arbeitsplatz/Arbeitslosigkeit • Geringere soziale Ressourcen • Geringere Ressourcen im Bereich Einkommen, Vermögen, Wissen, Informationsquellen • Geringere persönliche Ressourcen, negative Persönlichkeitsmerkmale, Fatalismus, Hilflosigkeit, Coping, Selbstwertgefühl, Attributionen Kausale Richtung nicht eindeutig interpretierbar! Vor- und Nachteile Epidemiologischer Projektdesigns 1. Querschnittstudien: einmalige Untersuchung fixiert auf Zeit und Raum ⇒ Momentaufnahme 2. Prospektive Longitudinalstudien: Events lassen sich in zeitliche Reihenfolge bringen, Kausalaussagen. + Inzidenz, natürlicher Verlauf und Ausgang lassen sich bestimmen 3. Fallkontrollstudien: Indexgruppe (= Personen mit einer bestimmten Krankheit) im Vergleich mit Kontrollgruppe. Geeignet für Ermittlung von Risikofaktoren für seltene Störungen od. von Wirksamkeit von Interventionen. Grosse Fehlermöglichkeit, wenn Indexgruppe aus einer bestimmten Behandlungseinrichtung rekrutiert werden, deren Inanspruchnahme starken selektiven Faktoren unterliegt 4. Interventionsstudien: Experimentelle E., vermuteter kausaler Faktor modifiziert. Ursache Wirkung ermittelbar, Risikofaktor aufdeckbar, reproduzierbar. Oft nicht durchführbar, ethische Probleme 5. Auswirkungen von z.B. Naturkatastrophen. State vor dem Event schlecht festzustellen. Retrospektiv. Primärerhebungen: Direkte Erhebung durch Untersucher. Sekundärerhebungen: Nutzer ≠ Erheber. Primärerhebungen + Möglichkeit einer überprüfbaren und erschöpfenden Erhebung durch kontrollierbare Erheber und standardisierte Messmethoden in einheitlichem Setting - aufwendig, ungeeignet für Untersuchung seltener Krankheiten Sekundärerhebungen + Möglichkeit der Benutzung von standardisierten, im Rahmen des ICD-10 entwickelten Erhebungsverfahren + Daten aus amtlichen Statistiken oft für lang Zeiträume vorhanden + Erhebung an breiter Bevölkerung/seltene Krankheiten + Untersuchung von Sachverhalten möglich, die aufgrund von ethischen, rechtlichen oder praktischen Gründen nicht in Primäruntersuchung studiert werden können - vgl. nächster Punkt Erschwerte Vergleichbarkeit von Prävalenzraten versch. Studien aufgrund: • abhängig von Krankheitsdauer • abhängig von Lebenserwartung - 10 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) • • • • 11 Wissen nötig über wahre vs. administrativer Prävalenz, auf welchen Versorgungsebenen Daten beruhen Fehlen von exakten Falldefinitionen, künstliche Grenze zw. Fall/Nichtfall unkontrollierte Fallidentifikation untersch. Altersgruppen berücksichtigt in versch. Studien Morbiditätsrate: vom Erfassungszeitraum abhängig Versorgungsebenen für epidemiologische Studien: • Inanspruchnahmeuntersuchungen psychiatrischer u.a. Dienste. ⇒ Versorgungsplanung. Hinweise auf Morbiditäts-/Inanspruchnahmefaktoren • Bevölkerungsbezogene kumulative Fallregister: fortlaufende Registrierung der Kontakte mit ψ Einrichtungen. Berechnung von Inzidenz, Wiederbehandlung & Prävalenzraten, Evaluation • Erhebung von Hausärzten: Neurotische, psychosomatische KH erst zum Hausarzt. Gut, wenn Deckung gross (Angebot, Kosten) • Feldstudien: Stichprobe an Allgemeinbevölkerung. Ausschluss selektiver Faktoren. Probanden: Freiwillig, Aufwand, Motivation der Teilnehmer Praktische Bedeutung der Epidemiologie: • Entwicklung von Methoden der Vorbeugung. Behandlung und Rehabilitation und Prüfung der Wirksamkeit und Risiken (Therapieforschung) • Evaluation von Einrichtungen und Systemen der Versorgung psychisch Kranker, die der organisatorischen Umsetzung bewährter Therapie- und Rehabilitationsverfahren dienen, besonders im Hinblick auf Wirksamkeit und Kosten (Versorgungsforschung). 9. Ätiologie/Bedingungsanalyse Lehre von den Krankheitsursachen Multikausalität (≠ Monokausalität z.B. Chromosomenanomalie) • Biologisch/Somatische Ebene (z.B. Hyperthyreose) • psychische Ebene (z.B. kognitive Defizite) • soziale Ebene (z.B. Partnerkonflikte) • ökologische Ebene (z.B. Wohnverhältnisse) Vier Phasen möglicher Ursachenzeitpunkte 1. Prä- & Perinatale Phase: Genetische Faktoren, Einflüsse während der Schwangerschaft (pränatal), während der Geburt (+/-) 2. Sozialisations-, Entwicklungsphase: Persönlichkeitsveränderungen aufgrund von Einflüssen anderer Personen und Institutionen (Umwelt). Vulnerabilisierende/Protektive Faktoren. 3. Phase vor dem Ausbruch (Prodromalphase): Oft schleichender Übergang. Krankheitswert, Hilfesuche etc. Suche nach Auslöser, kritische Lebensereignisse. UrsacheWirkung nicht eindeutig (z.B. Wahrnehmungsverzerrung). 4. Phase nach Störungsausbruch: Die Störung aufrechterhaltenden Bedingungen. Protektive oder schädigende Faktoren (z.B. EE). 1-3 Akquisitionsbedingungen (⇒ für Prävention wichtig und zur Ätiologieforschung im engeren Sinne), 4 Performanzbedingungen (Für Therapie wichtig und zur Bedingungsanalyse). Resilizenz = keine Störung trotz vulnerabilisierender Faktoren. - 11 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 12 Marker = Indikatoren für eine Störung. Trait-Marker: Vor der Störung vorhanden, Messung von Vulnerabilität. State-Marker werden nur während der Störung gemessen, Aussagen über weiteren Verlauf. Diathese-Stress-Modelle: Störungen werden im Zusammenspiel zwischen Anlage und Belastung erklärt. Endzustände von ψ Störungen • Heilung, Genesung (Gleiches Niveau wie vorher, Mindestzeit der Vollremission) • Vollremission (Keine Zeichen von Symptomen mehr, nicht sicher ob KH nochmals auftritt) • Teilremission (Einzelne Symptome bleiben vorhanden z.B. Schizophrenie mit Residualsymptomen) • Chronifizierung (Störung bleibt auf Mindestniveau bestehen) • Persönlichkeitsveränderung (postmorbide Persönlichkeit) • Tod Methodische Gesichtspunkte zur Versuchsplanung ätiologischer Studien Zahl der Erhebungszeitpunkte • Prospektive Längsschnittstudien (Problem: auch nur Ausschnitt aus Verhalten, Generationeneffekt) • fiktive Längsschnittstudien (Problem: Kohorten und Zeiteffekte, z.B. Arbeitslosigkeit) • retrospektive Studien (Gedächntiseffekte) • Querschnittsstudie (oft korrelativ, quasi-experimentell, Ausgangsunterschiede, Interpretationsprobleme). Stichprobenselektion • Normalpopulation • Risikogruppen • Klinische Gruppen Abbildungsgenauigkeit Phänome• Klinische Studien ne/Untersuchung • Analogstudien Zahl der untersuchten Personen • Einzelfallstudien • Gruppenstudien Ausmass an Einflussnahme der Untersucher • Laborstudien • Feldstudien Analyseform • Interdependenzananlye (Korrelativ) • Dependenzanalyse (Ursache-Wirkung) ⇒ Frage der Spezifität von Aussagen Interpretation der Befunde (v.a. Querschnitt) • Symptom-Variante: S ist Teil der Störung X • Variante Aufrechterhaltung der Störung: S folgt aus X • Ursache-, Bedingungsvariante: S führt zu X • Vulnerabilitätsvariante: S erhöht Risiko für X - 12 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 13 Problemfelder von Analogstudien ( =bilden die zu untersuchende Realität nur partiell oder vergleichsweise ab, z.B. Tieruntersuchungen oder Computersimulationen): • Gattung • Störungsausprägung • Untersuchungspersonen • Zeitdimension • Setting, UV • Untersuchungsverfahren Siehe dazu Tabelle 3 Seite 146 im Perrezbuch 10. Genetische Faktoren Genort ( =genetischer Locus) = Ort, wo bestimmte genetische Informationen vorgesehen sind Genotyp = Erbbild, Gesamtheit der Erbanlagen. Der Genotyp gibt die genetische Situation an einem bestimmten Genort für beide Chromosomen an. Jeweils 2 gleiche Chromosomen (paarig), 22 an der Zahl, homozygot, wenn Info auf beiden Chromosomen gleich, ansonsten heterozygot. Am Ort vorhandene Info = Gen Verschiedene Varianten an einem Genort = Allele = Gene mit gleichartiger Funktion (z.T. untersch. Güte) am gleichen Ort. 23. Chromosom = Geschlechtschromosom (♀: XX/♂ :XY) Phänotyp = Erscheinungsbild, Summe der ausbildeten Merkmale eines Organismus. Abhängig vom Genotyp. Heterozygote phänotypische Wirkung = dominante Genwirkung. Nur Homozygote Wirkung = rezessive Genwirkung. Sämtliche Bedingungsfaktoren, die sich nicht auf Strukturunterschiede in der DNS zurückführen lassen, werden als umgebungsbezogen betrachtet (familiär vs. individuumspezifisch). Reduzierte Expressivität eines Gens in Abhängigkeit der Umgebung. Phänotyp-Genotyp-Interaktion: passiv, reaktiv, aktiv. Suszeptibilitätsgen: Beeinflusst die Manifestationswahrscheinlichkeit eines Merkmals. Forschungsmethoden der klinisch. orientierten genetischen Forschung: Ohne Genetische Marker • Familienstudien: Familiäre Häufung von Merkmalen der Erkrankungen, prospektive Längsschnittstudien bei Personen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko (High-RiskStudien) • Zwillingsstudien: Unterform der Fam.-Studien. Vergleich Übereinstimmung zwischen Ein- vs. Zweieiige Zwillinge. Probleme: Annahme von Gleichheit von Umgebungsbedingungen: für 2eiige fraglich, Frage differentiellen Erziehungsverhalten. Repräsentativität der Studien (für alle Zwillinge, für Population). • Adoptionsstudien: Einfluss der fam. Umgebungsfaktoren. Vergleich Prävalenzraten zwischen wegadoptierten Kindern von Merkmalsträgern vs. von Eltern ohne dieses - 13 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) 14 Merkmal. Vergleich Prävalenzraten zwischen biolog. Eltern von erkrankten Adoptivpersonen vs. gesunden Adoptivpersonen. Vergleich Prävalenzraten zwischen Wegund Nichtwegadoptierten von biolog. Eltern mit dem Merkmal. Probleme: Selective Placement, Zeitpunkt der Adoption, Adoption als KLE. • Segregationsanalysen: biometrische Analysen der fam. Häufungsmuster, Schluss auf Übertragungsmodus. (z.B. dominant, rezessiv) Mit Genetischen Marker • Assoziationsstudien: Zusammenhang zwischen Varianten eines Gens und Auftritt der Erkrankung. Indexfall und gesunde Mitglieder in der Familie. • Kopplungsstudien: Untersuchung von Familien mit mehr als einem Erkrankungsfall, Zusammenhang mit genetischer Variation an einem Genort • Tiermodelle: Manipulation der Genotypen durch Züchtungsexperimente. Vorteile: Bestimmte Varianten menschl. Verhaltens bei Tieren modellierbar. Systematisch besser zu untersuchen. Genotyp bei Tieren manipulierbar, system. Züchtungsexperiment. Speziesübergreifende Isomorphien. Unterschiede zwischen früher und später beginnende DAT ( Demenz vom AlzheimerTyp): • Fam. Fälle haben im Durchschnitt ein früheres Erkrankungsalter • Je ein kausales Gen auf Chromosomen 1, 14, 21 entdeckt für früh beginnende DAT, diese für später beginnende DAT irrelevant • Frühe Fälle evt. monogene Erkrankungen, spätere eher komplexe Störungen Schizophrenie Ermittelte Schätzung für durch genetische Faktoren erklärbare ätiologische Varianz bei ca. 50%, familiäre Umgebungsfaktoren weniger entscheidend. Wahrscheinlich mehrere begünstigende Gene. Affektive Störungen: Twin-Studies: Schätzung des genet. Anteils bei bipolarer Störung ≈50% > unipolare Störung. Erklärung des Geneinflusses auf ätiologische Varianz relativ klein. Angststörungen Keine gesicherten eigenständigen Bedingungsfaktoren. Wahrscheinlich, das genetische Komponente über ein einziges Gen vermittelt wird. Noch nicht viel genaueres über begünstigende und kausale Gene. Alkoholismus Ev. genetisch vermittelte protektive Mechanismen Persönlichkeitsfaktoren Faktoren mit erhöhten genetischen Einflüssen: Neurotizismus (Risikofaktor für Depressionen), Introversion-Extraversion, Psychotizimus Genetische Beratung • Beratung bei familiär gehäuft auftretenden und genetisch teildeterminierten Störungen, bei denen weder kausale noch Suzeptibilitätsgene identifiziert sind. Risikoeinschätzung aufgrund Wiederholungsziffern aus Familienstudien - 14 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) • • 15 Beratung bi Störungen für die risikomodulierende Gene bekannt sind. (z.B. DAT). Vorsicht wenn keine Therapien möglich sind. Beratung bei Störungen, für die kausale Gene bekannt sind. Pränatale-Diagnostik. Prädiktive-Diagnostik. Psychosoziale Unterstützung essentiell. 11. Biochemische Aspekte (grobe Linien) Biogene Amine (Botenstoffe): • • • • Dopamin: Dopaminerge Nervenzellen (Substantia nigra, ventrales Tegmentum, Hypothalamus). Fünf identifizierte Dopamin-Rezeptoren. Kontrolle ziel- & zweckgerichteten Verhaltens, motorische Zuwendung auf Reize mit emotionaler und motivationaler Bedeutung. Dopamin-Systeme in Verbindung mit v.a. Parkinson (Degeneration substantia nigra ⇒ Levodopa), dann Schizophrenie (funktionelle Überaktivität von Dopamin) und depressive (⇒ Antidepressiva erhöhen Aktivität bestimmter Dopamin Rezeptoren) Störung. Noradrenalin: Bedeutsamer Botenstoff nicht nur im sympathischen Nervensystem, sondern auch wichtiger Neurotransmitter im ZNS. Hirnstamm, locus coeruleus. Aktivierende Funktion, Aufmerksamkeit, Konzentration, Wachheit. Stress ⇒ noradrenerge Wirkung (bei Panikattacken, PTSD, Angststörungen). Anxiolytika Inhibition. Eher unspezifische Aktivierung, Korrelate auch mit Aggressivität u.a. aktivierenden Wirkungen, bei Depression Unteraktivität. Serotonin: Im Hirnstamm (Raphé-Kern). 20 Rezeptoren. Verbindung zwischen Locus Coeruleus und Raphé-Kern ⇒ wechselseitige Beeinflussung. Serotonerge System für Entspannung und Ruhe, Schlaf. Pathophysiologische relevante Veränderungen u.a. bei depressiven Störungen, Zwangsstörungen, Phobien, PTSD, Bulimie, Autismus, Schlaf-, Schmerz sowie Motorische Störungen. Defizit an Serotonin als wesentlicher Vulnerabilitätsfaktor bei Depression. Verhalten ⇒ neurochemische Veränderungen. Aminosäuren: Glutamat (Lern- und Gedächtnisprozesse), GABA (inhibitor. im ZNS, Benozdiazepine) Endokrine Systeme: Hirnanhangdrüse (Hypophyse), Zirbeldrüse (Epiphyse) Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinde-Achse Hypothalamus Corticotropin-Releasing Factor (CRF) und Vasopressin (von einigen CRFFaktoren als Co-Faktor ausgeschüttet) verursachen die Freisetzung des Adrenocorticotropen Hormons (ACTH) aus dem Hypophysen-Vorderlappen. ACTH gelangt in Blutbahn und führt zur Produktion und Freisetzung von Cortisol aus der Nebennierenrinde. ACTH und Cortisol regulieren im Sinn negativer Rückmeldung die Freisetzung von CRF. CRF bewirkt neben der Freisetzung auch die Synthese von ACTH. CRF ⇒ Stressstörungen, Angststörungen, ACTH, Cortisol ⇒ • Anpassung des Organismus an Belastungen • Auslösung von Stressreaktionen: Blutdruck, Herzrate, Adrenalin-, Noradrenalin, ACTH ⇑, Magen- und Dünndarmaktivität ⇓, Dickdarmaktivität und Ausscheidungsfunktion ⇑ • Synchronisierung der endokrinen, autonomen und behavioralen Stressreaktionen - 15 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) • 16 Auslösung von Angstreaktionen Hypercortisolismus Inhibition von CRF und ACTH Infektionskrankheiten ⇑ ev. auslösender u/o aufrechterhaltender Faktor für Depression Hypocortisolismus Desinhibition von CRF und ACTH Schmerzschwelle ⇓ Auftreten atopischer, psychosomatischer Störungen⇑ Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden Achse GnRH ⇒ FSH, LH. Leydig-Zellen Testosteronproduktion, Seroli-Zellen: Steuerung der Samenreifung, Freisetzung Inhibin. Stress hemmt GnRH ⇒ Sterilität. Psychotrope Funktion von Hormonen: Nach Schwangerschaft, Klimakterium ⇒ Wegfall von Östrogen und Progesteron vulnerabilisierend. Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen Achse Schilddrüsenüberfunktion (Wärmeintoleranz, Schwitzen⇑, Herzklopfen, Nervosität⇑, Tremor, Gewichstverlust), Schilddrüsenunterfunktion (⇒ depressive Symptome). Wachstumshormon und Prolaktin Stress ⇒ Wachstumshormon ⇑ ⇒ mindern CRF-Wirkung. Oxytocin Reproduktionsprozesse. Begünstigt autonome Geburtreaktionen, Milchproduktion, Suche nach gegengeschlechtlichen Partner. Vasopressin Hypothalamisches Arginin-Vasopressin wird auch als Antidiuretisches Hormon (fördert Wasserretension) bezeichnet. Bei physischem Stress ⇑, bei psychischem Stress⇓ ⇒ Enuresis nocturna. Melatonin Freisetzung bei zunehmender Dunkelheit. Schlafsteuerung. Präventive Funktion. Wird bei JetLag und Einschlafstörungen eingesetzt. Unspezifische Immunabwehr Spezifische Immunabwehr Immunzellen (z.B. Makrophagen) vernichten • Lymphozyten erkennen und binden Pathogene durch Phagozytose und präsentiehochspezifisch ein Antigen ren antigene Fragmente auf ihrer Oberfläche • B-Lymphozyten: Vernichtung des ⇒ Aktivierung der spezifischen ImmunabAntigens über Produktion spezifischer Antikörper wehr • Zytotoxische T-Zellen binden virusinfizierte und entartete Zellen und eliminieren diese über Ausschüttung toxischer Substanzen. Kognitive Prozesse können Immunsystem beeinflussen. Bei bidirektionale Beeinflussung könnten Faktoren wie Bewertung des Stressors, Coping, soziale Unterstützung eine Rolle spielen. ⇒ Einfluss auf Immunsystem/Gesundheit mittels Psychotherapie. - 16 - Klinische Psychologie Perrez-Baumann Kapitel 6-11; Korrekturfassung von Bettina Jordi ([email protected]) - 17 - 17