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TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERGAKADEMIE FREIBERG
Das Unendliche und die stereographische Projektion
Hat es Sie nicht auch schon einmal gestört, dass man nicht durch Null teilen kann? Ist 1/0 nicht
vielleicht unendlich groß? Im Reich der komplexen Zahlen gibt es eine relativ einfache Lösung dieses
Problems, wenn man die komplexe Zahlenebene um einen sogenannten unendlich fernen Punkt“
”
erweitert.
Die Geschichte beginnt vor fast 2000 Jahren, als der griechische Universalgelehrte Claudius
Ptolemäus in seinem Werk Planisphaerium“ eine Methode zur Kartographie des Himmels beschrieb.
”
Um die als sphärisch angenommene Himmelskugel auf eine ebene Landkarte abzubilden, verwendet Ptolemäus die stereographische Projektion. Die Äquatorebene der Kugel bildet dabei die Kartenebene und jeder
Punkt der Kugeloberfläche (mit Ausnahme
des Nordpols) wird durch einen vom Nordpol
ausgehenden Strahl auf diese projiziert.
Umgekehrt entspricht bei der stereographischen Projektion jedem Punkt z der Kartenebene ein
Punkt P der Sphäre, wobei der Nordpol N ausgespart ist. Wenn sich der Punkt z vom Mittelpunkt
O der Kugel immer weiter entfernt, nähert sich der entsprechende Punkt P dem Nordpol, der deshalb als unendlich ferner Punkt“ z = ∞ betrachtet wird. Nach einer geeigneten Erweiterung der
”
Rechenoperationen gilt dann tatsächlich 1/0 = ∞.
Die Darstellung komplexer Zahlen auf einer Kugel wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts von
Bernhard Riemann eingeführt, man spricht deshalb auch von der Riemannschen Zahlenkugel.
Wählt man bei der stereographischen Projektion den Südpol S als Projektionszentrum, so kann
man sich die Umgebung des unendlich fernen Punktes bequem in der Ebene anschauen. Die umseitige Abbildung zeigt das Phasenportrait des Resultats der Division des Polynoms z18 − z durch
z − 1 in einer Umgebung von z = ∞. Dieser Quotient ist selbst ein Polynom
f (z) =
z18 − z
= z17 + z16 + . . . + z2 + z.
z−1
Der Punkt z = ∞ befindet sich im Mittelpunkt des Quadrats, der Punkt z = 1 liegt rechts davon. Im
unendlich fernen Punkt besitzt f eine Polstelle, es gilt f (∞) = ∞. (Für Experten: aus dem Farbverlauf
in der Umgebung dieses Punktes lässt sich außerdem ablesen, dass es sich um eine Polstelle der
Ordnung 17 handelt, dies ist gerade die Ordnung des Polynoms). Die anderen markanten Punkte, in
denen alle Farben des Farbkreises zusammentreffen, sind die Nullstellen des Polynoms f (z), also
Punkte z mit f (z) = 0. Sie liegen alle auf einem Kreis mit dem Radius 1.
Claudius Ptolemäus (ca. 90 – ca. 160)
war ein griechischer Mathematiker, Geograph, Astronom, Astrologe, Musiktheoretiker und Philosoph.
Ptolemäus wirkte als Bibliothekar an der berühmten antiken Bibliothek in Alexandria. Insbesondere
sein fundamentales 13-bändiges Werk Megiste Syntaxis“ (heute meist als Almagest“ bezeichnet)
”
”
war bis zum Ende des Mittelalters ein Standardwerk der Astronomie und Mathematik. Neben einem
ausführlichen Sternenkatalog enthält es eine Verfeinerung des von Hipparchos vorgeschlagenen
geozentrischen Weltbildes.
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