1 Land- und Forstwirtschaft, Partner zur Erhaltung der Biodiversität 2 Land- und Forstwirtschaft, Partner zur Erhaltung der Biodiversität1 Einführung Das Übereinkommen über biologische Vielfalt (CBD), das anlässlich des Erdgipfels 1992 in Rio von der Europäischen Union unterzeichnet wurde, definiert biologische Vielfalt wie folgt: ‚die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme‘ (Art. 2). Und seine allgemeinen Ziele werden wie folgt deutlich definiert: ‚ […] die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile, …‘ (Art. 1). Die Erhaltung der biologischen Vielfalt weltweit stellt neben dem Klimawandel und der nachhaltigen Wasserwirtschaft eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar und ist von großer Bedeutung für die europäischen Land- und Forstwirte. Beide nutzen die biologische Vielfalt für ihre Wirtschaftstätigkeit und sind von einem gesunden Ökosystem abhängig. Dieser Abhängigkeit von gesunden Ökosystemen ist man sich in der Land- und Forstwirtschaft in ganz besonderem Maße bewusst. Daher wird der Wahrung der positiven Außenwirkungen eine Schlüsselbedeutung beigemessen. Land- und Forstwirtschaft nehmen ihre Rolle in der Erhaltung der Biodiversität ernst und sind in starkem Maße an einer Zusammenarbeit mit anderen Sektoren interessiert, um das Ziel der Eindämmung der Biodiversitätsverluste bis zum Jahre 2010 zu erreichen. Verpflichtungen, die zur Verbesserung der Biodiversität eingegangen werden, haben oft beachtliche Auswirkungen - finanziell wie auch auf dem Gebiet der Bewirtschaftung - auf Tätigkeiten der Land- und Forstwirtschaft, sodass es einer sachgerechten Bewertung der produzierten Vorteile sowie eines angemessenen Ausgleichs bedarf, um das vorgegebene Ziel zu erreichen. Die landwirtschaftliche Biodiversität trägt zur Ernährungssicherheit und Existenzsicherung bei und stellt die Basis für die Entwicklung der gesamten Nahrungsmittelproduktion dar. Sie ist das erste Verbindungsglied in der Nahrungsmittelkette, das von den Landwirten gefördert und geschützt wird. Was die Wälder betrifft, wird die biologische Vielfalt geradezu von ihnen begründet - seit Jahrhunderten sind Wälder ein Faktor zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Die Länge forstwirtschaftlicher Zyklen stellt eine entscheidende Voraussetzung für biologische Vielfalt sowie für das Funktionieren von Waldökosystemen dar. 1 auf Basis des Positionspapiers von Copa-Cogeca zur Biodiversität (26. Mai 2008) 3 Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Land- und Forstwirtschaft Die Wirtschaftlichkeit der Land- und Forstwirtschaft beruht auf der biologischen Vielfalt und der Natur im Allgemeinen. Dennoch werden der Naturschutz und die Produktion nachwachsender Rohstoffe wie Lebensmittel, Holz oder Futtermittel oft als gegensätzlich dargestellt. Dies spiegelt jedoch die Realität nicht wider, da die für die Land- und Forstwirte bedeutenden Ressourcen von der Natur bereitgestellt werden. Die ‚Ökosystemdienste‘, die von der Natur und insbesondere von der Biodiversität erbracht werden, umfassen die Versorgung mit Food und Non-Food Produkten sowie Schutzfunktionen von Luft, Wasser, Kohlenstoffkreislauf und Klima. Landwirtschaftlich genutzte biologische Vielfalt ist aufgrund ihres Marktwerts von größter wirtschaftlicher Bedeutung. Außerdem sichert sie vielen europäischen Bürgern, die direkt oder indirekt über die vor- und nachgelagerte Produktion im Agrarsektor beschäftigt sind, eine Beschäftigung und ein Einkommen. Durch Maximierung der positiven Auswirkungen von Ökosystemdiensten konnten seit jeher hohe Produktionsniveaus für die Landwirtschaft gewährleistet und dadurch die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gesichert werden. Über Jahrtausende hat der Mensch Pflanzen kultiviert und Tiere gehalten, wofür er durch sorgfältige und gezielte Züchtung die immense genetische Vielfalt der Natur in Anspruch genommen hat. Die Vielfalt europäischer Wälder schafft das Fundament für die Mannigfaltigkeit der von ihnen gebotenen Produkte und Leistungen. Biologische Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten sowie gesunde und funktionsfähige Ökosysteme sind die Voraussetzung für nachhaltige Forstbewirtschaftung und -produktion. Biologische Vielfalt und die von ihr produzierte Variation ist auch eine Quelle für neue Produkte, Dienstleistungen und Innovationen, die für die vielfältigen und sich laufend wandelnden Bedürfnisse der Gesellschaft von Nutzen sind. Pflanzen und Tiere sind einzig und allein über ihre genetische Vielfalt in der Lage, sich den im Wandel begriffenen Umweltund Klimaverhältnissen anzupassen. Dieser Aspekt wird in den kommenden Jahrzehnten sogar noch an Relevanz zunehmen. Folglich ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt eine Notwendigkeit, um die Stabilität, die Nachhaltigkeit und die Produktivität der Land- und Forstwirtschaft sicherzustellen. Die Erhaltung und Optimierung von Mechanismen der Selbstregulierung, wie Nährstoffkreisläufe, Bodensanierung und Abbau organischer Stoffe, Anreicherung des Grundwassers oder Bestäubung reduzieren den Bedarf an externen Zufuhren. Ihr gesamtes Potenzial und ihre vollständige Produktivität können die Land- und die Forstbewirtschaftung nur erreichen, wenn auf das Wissen um funktionsfähige Ökosysteme aufgebaut wird. Die Schlussfolgerung drängt sich auf: Biologische Vielfalt ist eines der Fundamente sowohl für einen nachhaltigen Umweltweltschutz als auch für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft für die biologische Vielfalt Die europäischen Landschaften haben sich über Jahrhunderte hinweg aus einer Wechselbeziehung zwischen landwirtschaftlicher Bodennutzung, Forstwirtschaft und biologischer Vielfalt entwickelt. Der ländliche Raum ist bezeichnend für unseren Kontinent. Die EU-27 wird durch die ländlichen Gebiete geprägt, die 91% des Territoriums darstellen und in denen 56% der Bevölkerung leben. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht darauf, dass ein überwältigender Anteil der land- und forstwirtschaftlichen Fläche auf ländliche Gebiete entfällt, sind Land- und Forstwirte klar als die Hauptlandmanager anzusehen - und als solche fällt ihnen eine Schlüsselrolle in der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen zu. Landund Forstwirtschaft übernehmen aber auch eine herausragende Rolle für die sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Land- 4 Für Kulturen und Nutztiere ist die Vielfalt innerhalb der Arten mindestens ebenso wichtig wie die Vielfalt zwischen den Arten. Diese Vielfalt wurde durch die landwirtschaftliche Nutzung stark ausgeweitet. Das ökologische Wissen der Land- und Forstwirte und ihre Praktiken sowie Genbanken und Züchtungsmaterial, worin die biologische Vielfalt ex situ konserviert wird, sind von größter Bedeutung zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. In Europa bedeutet nachhaltiges Forstmanagement „die Bewirtschaftung (stewardship) und Nutzung von Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmaß, das deren biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität erhält sowie deren Potenzial, jetzt und in der Zukunft die entsprechenden ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, ohne anderen Ökosystemen Schaden zuzufügen”, wie auf der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (MCPFE) definiert. Schutz und Erhaltung der biologischen Vielfalt sind integrierender Bestandteil nachhaltiger Forstbewirtschaftung. Dies spiegelt sich auch in nationalen Forstprogrammen und sonstigen nationalen Instrumenten der Forstpolitik wider. bevölkerung insgesamt. Außerdem tragen für die Land- und Forstwirtschaft genutzte, in nachhaltiger Weise bewirtschaftete Ökosysteme zur Bereitstellung umfassenderer ÖkosystemFunktionen bei - sie stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Viele wildlebende Pflanzen und Tiere hängen unmittelbar von der Existenz einer landwirtschaftlichen Bodennutzung und der Waldnähe ab. Durch die jeweilige landwirtschaftliche Nutzung, insbesondere bei Extensivsystemen, bleiben spezifische Ökosysteme erhalten und können sich fortentwickeln. Auch wenn in der Regel auf dem Feld selbst die Produktion von einer einzigen Kultur dominiert, bleiben dennoch die Grenzstreifen zu benachbartem Ackerland Gebiete von hoher biologischer Vielfalt. Manche Arten leben in Grenzlandschaften zwischen Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen, die kleine Wasserläufe, Moor- oder Sumpfgelände umfassen. Ferner sind eine Reihe von für die Landwirtschaft nützlichen wildlebenden Tieren wie Bestäuberinsekten zum Überleben auf Agrarökosysteme angewiesen, von denen einige - wie Bergweiden - das Ergebnis von landwirtschaftlicher Nutzung sind. Die meisten offenen und semi-natürlichen Habitate sind gegenwärtig abhängig von der landwirtschaftlichen Nutzung und es sind die Quantität und die Qualität dieser Habitate, die in fundamentaler Weise zur Artenvielfalt und -zusammensetzung beitragen. Wenn jedoch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung dieser überaus wertvollen Gebiete eine Änderung erführe oder diese Gebiete aufgegeben würden, könnten eine Vielzahl von Arten vom Aussterben bedroht sein - mit der Folge, dass die biologische Vielfalt verloren ginge. In den letzten Jahren sind bedeutende Leistungen durch spezifische Programme wie Agrarumweltmaßnahmen, Leitlinien zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis, auf Freiwilligkeit basierende Aktionen des Forstsektors, LIFE-Projekte und spezifische Naturschutzprojekte (mit nationaler Finanzierung oder auch von der EU kofinanziert) erzielt worden, um bedrohte Arten zu schützen. Bedeutung für die Praxis, bisherige Aktivitäten und Visionen für die Zukunft Die Landwirtschaft alleine ist nicht imstande, das Ziel des Aufhaltens von Biodiversitätsverlusten bis zum Jahre 2010 zu erreichen: Auch in anderen Sektoren müssen Anstrengungen unternommen werden. In den zurückliegenden Jahren haben die europäischen Landwirte aber bereits viele Schritte in die richtige Richtung getan. Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) spielt eine Schlüsselrolle. Die EU-Agrarpolitik und die europäischen Landwirte haben mittels der laufenden Reform in hohem Maße auf den bestehenden Handlungsbedarf reagiert. Die Entkopplung der Direktzahlungen von der landwirtschaftlichen Produktion ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Erhaltung der biologischen Vielfalt. Durch die Einführung der Cross-Compliance konnte eine weitere Verbesserung der Umweltstandards erreicht werden. Die in den letzten Jahren von den Landwirten unternommenen Anstrengungen werden jedoch erst nach einiger Zeit sichtbar. Schnelle Biodiversitätsgewinne sind ökologisch extrem schwer zu erreichen. Die Verbesserung der Ökosysteme ist kein linearer Prozess - der Regenerierung geht in den meisten Fällen eine Periode der offenbaren Stabilität ohne sichtbare Änderungen 5 voraus. Copa und Cogeca sind sich der Bedeutung der Erhaltung von Ökosystemen bewusst. Daher fordern sie die Institutionen der EU auf, die nötigen Mittel bereitzustellen, um die positiven Umweltwirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeit zu steigern und die nachhaltige Nutzung biologischer Ressourcen zu fördern. Die Landwirte und ihre Genossenschaften unternehmen bereits große Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Umweltleistungen, benötigen jedoch stabile Rahmenbedingungen und eine angemessene Finanzierung. Copa und Cogeca bestehen darauf, dass die Landwirte über finanzielle Maßnahmen unterstützt werden, damit sie die großen Anstrengungen aufzubringen vermögen, die erforderlich sind, um die ländlichen Ökosysteme in einem Zustand der hohen biologischen Vielfalt zu halten. Das Konzept von auf Freiwilligkeit beruhenden Vereinbarungen und Zahlungen zugunsten von Ökosystemdiensten ist für landwirtschaftlich genutzte Flächen wie auch für Wälder fortzuentwickeln. Die gegenwärtigen Praktiken der Forstbewirtschaftung in Europa stellen sicher, dass die ökologischen Werte der Wälder heutzutage ausreichend berücksichtigt werden und die biologische Vielfalt erhalten bleibt. Freiwillige Instrumente, die auf einer korrekten Bewertung der produzierten Umweltleistungen basieren, werden dazu beitragen, die biologische Vielfalt zu steigern. Copa und Cogeca vertreten den Standpunkt, dass auf Freiwilligkeit beruhende Agrarumweltmaßnahmen, die einen Ausgleich für die höheren Produktionskosten oder für niedrigere Erträge bieten, eine zentrale Rolle bei der Erhaltung und weiteren Verbesserung der biologischen Vielfalt spielen. Marginale Flächen und Tiefland zum Beispiel können zum Schutz vor Überflutungen von Bedeutung sein und sollten in ihrer immensen biologischen Vielfalt gewürdigt werden. Den Landwirten muss aber eine Entschädigung für notwendige Anpassungen gezahlt werden. Copa und Cogeca bestehen auf einen angemessenen Finanzierungsmechanismus, der es erlaubt, ein Gleichgewicht zwischen optimierter Produktion und nachhaltiger Erhaltung lebenswichtiger Ökosysteme sicherzustellen. Copa und Cogeca begrüßen das Prinzip der Schaffung eines europaweiten Netzwerkes NATURA 2000 mit dem Ziel der Erhaltung wertvoller Ökosysteme und des Schutzes gefährdeter einheimischer Arten. Die Erhaltungsbedürfnisse sind unter Zugrundelegung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bewerten und es sollte den ökologisch wertvollsten Gebieten Vorrang eingeräumt werden. NATURA 2000 ist für die Land- und Forstwirtschaft von besonderer Relevanz, da der Großteil der jeweiligen Gebiete auf landwirtschaftlich genutzte Flächen und Wälder entfällt. NATURA 2000-Standorte sind oft von traditionellen Bewirtschaftungsmethoden abhängig, die für den heutigen Landwirt nicht länger rentabel sind. Aus diesem Grund müssen ausreichende Finanzmittel und längerfristige Finanzierungskonzepte bereitgestellt werden, um einen Ausgleich für Einkommensverluste zu bieten und so die Landwirte in die Lage zu versetzen, den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem möchten Copa und Cogeca die Bedeutung eines konstruktiven Dialogs zwischen den Entscheidungsträgern, 6 den einzelstaatlichen Verwaltungsbehörden und den Land- und Forstwirten im Hinblick auf eine erfolgreiche Umsetzung des Netzwerks NATURA 2000 hervorheben. Die Mitgliedstaaten sollten ihnen die Möglichkeit bieten, in proaktiver Weise zu Naturschutzpolitiken und zur Ausarbeitung der Bewirtschaftungspläne beizutragen, um die Interessen, aber auch das lokale Wissen des Agrar- und Forstsektors zu integrieren. Wie bereits weiter oben ausgeführt, muss man sich den positiven externen Effekten einer nachhaltigen Bodennutzung bewusst werden. Die biologische Vielfalt ist abhängig von dem Einfluss der Land- und Forstwirte, ihren Praktiken und ihrem ökologischen Wissen. Land- und Forstwirte passen ihre Praktiken durch stetige Nutzung des technischen Fortschritts in Betriebsführung und Maschinenqualität an sich wandelnde Markterfordernisse an. Sofern sichergestellt werden soll, dass diese notwendigen Anpassungsprozesse in umweltfreundlicher Weise vonstatten gehen, müssen sie durch Ausbildungs- und Beratungsdienste unterstützt werden. Ferner sind Anstrengungen im Forschungsbereich (zum Beispiel durch das 7. Forschungsrahmenprogramm) geboten, damit die Landwirte sich neue ökologische Kenntnisse aneignen und dieses Wissen in ihre tägliche Arbeit integrieren können. Der Klimawandel wird beachtliche Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Daher würde diese selbst bei einer idealen umweltfreundlichen Wirtschaftsweise der Landwirtschaft immer noch gefährdet sein. In diesem Zusammenhang weisen Copa und Cogeca darauf hin, welch große Bedeutung der ex situ-Konservierung beizumessen ist. Große Sorge bereitet Copa und Cogeca auch, dass Klimawandel und Globalisierung die Verbreitung von Neobioten, d.h. invasiver gebietsfremder Arten2 beachtlich beschleunigen werden - mit negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. In schweren Fällen kann die Einschleppung - gleichgültig ob beabsichtigt oder zufällig - solcher Arten zum Aussterben einheimischer Arten und Ökosysteme führen, was möglicherweise verheerende Auswirkungen für unsere Landschaft und den Nahrungsmittelsektor haben wird. Daher fordern Copa und Cogeca spezifische Maßnahmen, um gegen Neobioten vorzugehen. Bislang halten sich die zur Bewertung der Auswirkungen auf den Agrarsektor durchgeführten Studien in einem sehr begrenzten Rahmen. In diesem Bereich sollte die Forschungsarbeit deutlich vorangetrieben werden. Die Verstädterung und Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen bringt die Landschaften in agrarischen Gebieten und die biologische Vielfalt ebenfalls in Gefahr - ebenso die durch eine überaus große biologische Vielfalt gekennzeichneten Grenzstreifen. Mit zunehmender Verstädterung werden landwirtschaftlich geprägte Landschaften in Zukunft in ihrer Funktion 2 Invasive gebietsfremde Arten bzw. Neobioten sind nicht-einheimische Arten (zum Beispiel Pflanzen oder Tiere), die die bestehenden Habitate durch ihre Invasion nachteilig berühren - in wirtschaftlicher, umweltbezogener oder ökologischer Beziehung. als Zufluchtsort für wildlebende Arten, und damit auch für die biologische Vielfalt selbst, an Bedeutung gewinnen. Zugleich wird sich der Druck auf die Erzielung höherer Erträge aufgrund der Notwendigkeit, eine größere Weltbevölkerung zu ernähren, und infolge einer wachsenden Nachfrage nach erneuerbaren Energien verschärfen. Copa und Cogeca rufen daher auf, Landwirte zu unterstützen, diesen Prozess in positiver Weise für die biologische Vielfalt zu bewältigen - ohne Beeinträchtigung der Rentabilität, der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und somit auch der Zukunft der europäischen Landwirte. Im letzten Jahrzehnt hat sich der ökologische Landbau in Europa stärker verbreitet. Dieser spielt bei der Erhaltung und Verbesserung der biologischen Vielfalt eine Rolle - nicht nur durch eine andere Einstellung und einen unterschiedlichen Ansatz, landwirtschaftliche Ökosysteme zu bewirtschaften, sondern auch aufgrund des geringeren Einsatzes bestimmter Produktionsmittel. Copa und Cogeca rufen die EU sowie sämtliche Mitgliedstaaten auf, den ökologischen Landbau weiter zu fördern. Copa und Cogeca begrüßen die jüngsten Entwicklungen in der Forstwirtschaft - und insbesondere den Aufbau verschiedener Prozesse in der internationalen Forstpolitik, die den drei Säulen einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung entsprechen. In den letzten zehn Jahren hat sich die mit Wäldern und mit sonstigem bewaldetem Land bedeckte Fläche um nahezu 3% auf rund 1,6 Millionen Quadratkilometer in der erweiterten EU erhöht. Die Forstwirte tun ihr Bestes, um ihre Wälder erfolgreich zu bewirtschaften und so wirtschaftliche, ökologische und soziale Leistungen zu erbringen. Das jährliche Wachstum der Holzbestände übersteigt den jährlichen Holzschlag um mehr als ein Drittel, wodurch über eine nachhaltige Nutzung der Waldbiomasse die starke Abhängigkeit von den begrenzt vorhandenen Fossilkraftstoffen geschmälert werden kann. Die europäischen Wälder stellen gegenwärtig den Großteil der Biomasseversorgung und werden auch in Zukunft eine bedeutende Bioenergiequelle sein. Wichtig ist auch, dass die Rolle der Wälder in der Verlangsamung und Abschwächung des Klimawandels herausgestellt wird. In diesem Sinne sind die Tätigkeiten der Forstwirte zu fördern, während bei der Bodennutzungsplanung dem Schutz der Wälder Vorrang einzuräumen ist. Der Anbau von Energiepflanzen sowie der zunehmende Einsatz von landwirtschaftlichen Rohstoffen bei der Produktion industrieller Materialien wie Polymere, Schmierstoffe, Oberflächenaktivstoffe, Lösungsmittel und Fasern können der Agrarproduktion sowie landwirtschaftlichen Ökosystemen eine größere Diversifizierung bringen. Gleiches gilt für den Einsatz von Pflanzen in der Medizin. Um von den positiven Auswirkungen der Nachfrage nach neuen Produkten und Produktionsfaktoren Nutzen zu ziehen, muss aus der Sicht von Copa und Cogeca die Forschungsarbeit bei Pflanzensorten einschließlich derjenigen, 7 die noch keine Verwendung in der landwirtschaftlichen Produktion finden, sowie in Bezug auf ihren Anbau vorangetrieben werden. COPA und COGECA begrüßen, dass die EU in Einklang mit dem Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit Rechtsvorschriften zur Überwachung und Kontrolle von grenzüberschreitenden GVO-Bewegungen eingeführt hat, um zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt beizutragen, während zugleich die Risiken für die Gesundheit des Menschen Berücksichtigung finden und die Bürger in Bezug auf GVO zu einer freien und aufgeklärten Wahl in die Lage versetzt werden. Schlussbemerkungen Copa und Cogeca möchten darauf hinweisen, dass die Landwirtschaft zur Erhaltung der biologischen Vielfalt unverzichtbar ist. Um sicherzustellen, dass eine nachhaltige Produktion und Naturschutz Hand in Hand gehen, fällt der Kooperation zwischen dem Agrarsektor und der Gesellschaft zur Erfüllung der Naturschutzziele eine Schlüsselrolle zu. Von den Mitgliedsorganisationen von Copa und Cogeca werden Biodiversitätsverluste sehr ernst genommen und sie haben den Anstoß zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen auf nationaler Ebene gegeben, um die positiven Umweltauswirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeiten zu optimieren und die nachhaltige Verwendung biologischer Ressourcen zu fördern. Copa und Cogeca sind sich der Notwendigkeit bewusst, die Aspekte der biologischen Vielfalt in alle Bereiche der EU-Politik - einschließlich der Agrarpolitik - zu integrieren. Dabei fordern sie aber ein Konzept, das den Erfordernissen und Anliegen der Land- und Forstwirte gerecht wird, da deren wirtschaftliche Tätigkeiten direkt von den biologischen Ressourcen abhängig sind. Schließlich rufen Copa und Cogeca die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, die europäische Gesellschaft für die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu sensibilisieren. Es müssen die positiven Außenwirkungen der Land- und Forstwirtschaft in ihrem Beitrag zur Erfüllung des Ziels der Eindämmung von Biodiversitätsverlusten bis zum Jahre 2010 herausgestellt werden. In diesem Zusammenhang müssen die Landwirte für positive Beiträge zur Biodiversität, die die ohnehin schon hohen Standards, die sie seit der Reform von 2003 zu erfüllen haben, übersteigen, honoriert werden. Die Landwirtschaft vermag die biologische Vielfalt nicht zu Nullkosten zu erhalten und umso weniger zu verbessern. Es bedarf folglich einer Stützung für die Landwirte (zwecks Deckung von Mehrkosten und von Einkommensverlusten), wenn Anpassungen landwirtschaftlicher Praktiken notwendig werden, um die Natur und die biologische Vielfalt in unseren Kulturlandschaften zu erhalten. COPA UND COGECA: d i e S t i m m e de r eu r op ä i sc h en L and w i r t e und i h r e r G enossensc h a f t en Copa (Ausschuss der berufsständischen landwirtschaftlichen Organisationen der ­Europäischen Union) und Cogeca (Allgemeiner Verband der landwirtschaftlichen ­Genossenschaften der EU) sind die Organisationen, welche die große Mehrheit der ­Landwirte der Europäischen Union und ihrer Genossenschaften vertreten. Sie stehen für 15 Millionen Menschen, die einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb der Europäischen Union nachgehen, sowie für ­ mehr als 40 000 Genossenschaften. Sie zählen 76 Mitgliedsorganisationen aus den ­Mitgliedstaaten der EU. Ihre Aufgabe besteht darin, die allgemeinen Interessen der ­ Land­wirtschaft zu verteidigen. Copa-Cogeca European Farmers European Agri-Cooperatives 61, Rue de Trèves B - 1040 Brüssel Tel. Fax 00 32 (0) 2 287 27 11 00 32 (0) 2 287 27 00 www.Copa-Cogeca.eu EN(08)1929