Positionspapier zur Biodiversität (26. Mai 2008) - Copa

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Ausschuss der berufsständischen landwirtschaftlichen Organisationen
der EU
Allgemeiner Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der
EU
EN(08)1929:6 - TR/IB
Orig.: Englisch
Positionspapier zur Biodiversität
(26. Mai 2008)
1.
2.
3.
4.
5.
Einführung
Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Landwirtschaft, die Fischerei und die
Forstwirtschaft
Bedeutung der Landwirtschaft, der Fischerei und der Forstwirtschaft für die
biologische Vielfalt
Bedeutung für die Praxis, bisherige Aktivitäten und Visionen für die Zukunft
Schlussbemerkungen
Rue de Trèves, 61  B-1040 Bruxelles   32-2-287 27 11  Fax 32-2-287 27 00  E-mail : [email protected]  www.copacogeca.eu
2
1.
Einführung
Im Hinblick auf die bevorstehende Neunte Konferenz der Vertragsstaaten (COP9) des
Übereinkommens über biologische Vielfalt (CBD) im Mai 2008 in Deutschland legen COPA
und COGECA hiermit ihre Ansichten zur biologischen Vielfalt dar.
Biologische Vielfalt - oder Biodiversität – ist ein Schlüsselbegriff des Naturschutzes und
umfasst den Reichtum des Lebens in seinen verschiedenen Ausprägungen.
Das Übereinkommen über biologische Vielfalt (CBD), das anlässlich des Erdgipfels 1992 in
Rio von der Europäischen Union unterzeichnet wurde, definiert biologische Vielfalt wie folgt:
'die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem
Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu
denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten
und die Vielfalt der Ökosysteme' (Art. 2).
Und seine allgemeinen Ziele werden wie folgt deutlich definiert:
' […] die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile
und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen
Ressourcen ergebenden Vorteile, …' (Art. 1).
Die Erhaltung der biologischen Vielfalt weltweit stellt neben dem Klimawandel und der
nachhaltigen Wasserwirtschaft eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
dar und ist von großer Bedeutung für die europäischen Landwirte, Fischer und Waldbesitzer.
Alle drei nutzen die biologische Vielfalt für ihre Wirtschaftstätigkeit und sind von einem
gesunden Ökosystem abhängig.
Dieser Abhängigkeit von gesunden Ökosystemen ist man sich in der Land- und
Forstwirtschaft in ganz besonderem Maße bewusst. Daher wird der Wahrung der positiven
Außenwirkungen der land- und forstwirtschaftlichen Produktion sowie der Reduktion ihrer
nachteiligen Umweltwirkungen eine Schlüsselbedeutung beigemessen. Die Land- und
Forstwirtschaft nehmen ihre Rolle in der Erhaltung der Biodiversität ernst und sind in starkem
Maße an einer Zusammenarbeit mit anderen Sektoren interessiert, um das Ziel der
Eindämmung der Biodiversitätsverluste bis zum Jahre 2010 zu erreichen. Verpflichtungen,
die zur Verbesserung der Biodiversität eingegangen werden, haben oft beachtliche
Auswirkungen - finanziell wie auch auf dem Gebiet der Bewirtschaftung - auf Tätigkeiten der
Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei, sodass es einer sachgerechten Bewertung der
produzierten Vorteile sowie eines angemessenen Ausgleichs bedarf, um das vorgegebene
Ziel zu erreichen.
Landwirtschaft und biologische Vielfalt sind eng miteinander verflochten. Diese gegenseitige
Abhängigkeit bringt der Begriff ‘landwirtschaftliche Biodiversität’ deutlich zum Ausdruck. Er
umfasst
sämtliche
Bestandteile
der
biologischen
Vielfalt,
die
für
die
Agrarnahrungsmittelproduktion von Relevanz sind: die Verschiedenartigkeit und Variabilität
von Tieren, Pflanzen und Mikro-Organismen auf der Ebene der genetischen Anlagen, der
Arten und der Ökosysteme im Allgemeinen als auch der Agrarökosysteme im Speziellen. Die
landwirtschaftliche Biodiversität trägt zur Ernährungssicherheit und Existenzsicherung bei
und stellt die Basis für die Entwicklung der gesamten Nahrungsmittelproduktion dar. Sie ist
das erste Verbindungsglied in der Nahrungsmittelkette, das von den Landwirten gefördert
und geschützt wird.
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Was die Wälder betrifft, wird die biologische Vielfalt geradezu von ihnen begründet - seit
Jahrhunderten sind Wälder ein Faktor zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Die Länge
forstwirtschaftlicher Zyklen stellt eine entscheidende Voraussetzung für biologische Vielfalt
sowie für das Funktionieren von Waldökosystemen dar. Wälder übernehmen aber auch eine
herausragende Rolle für die sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Bevölkerung in den
ländlichen Räumen.
2.
Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Landwirtschaft, die Fischerei und
die Forstwirtschaft
Die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft beruht auf der
biologischen Vielfalt und der Natur im Allgemeinen. Dennoch werden die Interessen des
Naturschutzes und die der Produktion nachwachsender Rohstoffe wie Lebensmittel, Holz
oder Futtermittel oft als gegensätzlich dargestellt. Dies spiegelt jedoch die Realität nicht
wider, da die für die Landwirte und Waldbesitzer bedeutenden Ressourcen von der Natur
bereitgestellt werden. Die 'Ökosystemdienste', die von der Natur und insbesondere von der
Biodiversität erbracht werden, umfassen die Versorgung mit Food und Non-Food Produkten
sowie Schutzfunktionen von Luft, Wasser, Kohlenstoffkreislauf und Klima.
Der immanente Wert der biologischen Vielfalt, der nicht nur durch den wachsenden und für
den Agrar-, Forst- und Fischereisektor bedeutenden Öko-Tourismus zum Ausdruck kommt,
sollte hoch geschätzt werden. Daher sind der ästhetische und kulturelle Wert der
biologischen Vielfalt aufgrund des Einflusses auf das Erscheinungsbild unserer europäischen
Landschaften nicht zu unterschätzen.
Landwirtschaftlich genutzte biologische Vielfalt ist aufgrund ihres Marktwert von größter
wirtschaftlicher Bedeutung. Außerdem sichert sie vielen europäischen Bürgern, die direkt
oder indirekt über die vor- und nachgelagerte Produktion im Agrarsektor beschäftigt sind,
eine Beschäftigung und ein Einkommen. Durch Maximierung der positiven Auswirkungen
von Ökosystemdiensten konnten seit jeher hohe Produktionsniveaus für die Landwirtschaft
gewährleistet und dadurch die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gesichert
werden. Über Jahrtausende hat der Mensch Pflanzen kultiviert und Tiere gehalten, wofür er
durch sorgfältige und gezielte Züchtung die immense genetische Vielfalt der Natur in
Anspruch genommen hat.
Die Vielfalt europäischer Wälder schafft das Fundament für die Mannigfaltigkeit der von
Wäldern gebotenen Produkte und Leistungen. Biologische Vielfalt innerhalb der Arten und
zwischen den Arten sowie gesunde und funktionsfähige Ökosysteme sind die Voraussetzung
für nachhaltige Forstbewirtschaftung und -produktion. Biologische Vielfalt und die von ihr
produzierte Variation ist auch eine Quelle für neue Produkte, Dienstleistungen und
Innovationen, die für die vielfältigen und sich laufend wandelnden Bedürfnissen der
Gesellschaft von Nutzen sind.
Pflanzen und Tiere sind einzig und allein über ihre genetische Vielfalt in der Lage, sich den
im Wandel begriffenen Umwelt- und Klimaverhältnissen anzupassen. Dieser Aspekt wird in
den kommenden Jahrzehnten sogar noch an Relevanz zunehmen. Folglich ist die Erhaltung
der biologischen Vielfalt eine Notwendigkeit, um die Stabilität, die Nachhaltigkeit und die
Produktivität von Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft sicherzustellen. Es ist wichtig,
die Rolle herauszustellen, die Wälder bei der Abschwächung des Klimawandels spielen.
Die Erhaltung und Stabilisierung von Mechanismen wie Selbstregulierung,
Nährstoffkreisläufe, Bodensanierung und Abbau organischer Stoffe, Wasserreinheit oder
Bestäubung reduzieren den Bedarf an externen Zufuhren. Dies ist durch eine erhöhte
Nährstoffverfügbarkeit, verbesserte Wassernutzung und Bodenstruktur und natürliche
Bekämpfung von Krankheiten innerhalb von Agrarökosystemen sowie Wäldern zu erreichen.
Ihr gesamtes Potential und ihre vollständige Produktivität können die Land- und die
Forstbewirtschaftung nur erreichen, wenn auf das Wissen um funktionsfähige Ökosysteme
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aufgebaut wird. In der maritimen Umwelt ist biologische Vielfalt ebenfalls von Bedeutung für
die Nachhaltigkeit der natürlichen Meeresressourcen.
Die Schlussfolgerung drängt sich auf: Biologische Vielfalt ist eines der Fundamente sowohl
für einen nachhaltigen Umweltweltschutz als auch für eine nachhaltige Landwirtschaft,
Fischerei und Forstwirtschaft.
3.
Bedeutung der Landwirtschaft, der Fischerei und der Forstwirtschaft für die
biologische Vielfalt
Die europäischen Landschaften haben sich über Jahrhunderte hinweg aus einer
Wechselbeziehung zwischen landwirtschaftlicher Bodennutzung, Forstwirtschaft und
biologischer Vielfalt entwickelt. Der ländliche Raum, der von den Europäern wie auch von den
Touristen aus aller Welt hoch geschätzt wird, ist bezeichnend für unseren Kontinent. Die
EU-27 wird durch die ländlichen Gebiete geprägt, die 91% des Territoriums darstellen und in
denen 56% der Bevölkerung leben. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht darauf, dass
ein überwältigender Anteil der land- und forstwirtschaftlichen Fläche auf ländliche Gebiete
entfällt, sind Landwirte und Waldbesitzer klar als die Hauptlandmanager anzusehen - und als
solche fällt ihnen eine Schlüsselrolle in der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen
Ressourcen zu.
Viele wildlebende Pflanzen und Tiere hängen unmittelbar von der Existenz einer
landwirtschaftlichen Bodennutzung und der Waldnähe ab. Durch die jeweilige
landwirtschaftliche Nutzung - insbesondere bei Extensivsystemen, beispielsweise die
Beweidung von Feuchtgebieten mit Schafen - bleiben spezifische Ökosysteme erhalten und
können sich fortentwickeln. Auch wenn in der Regel auf dem Feld selbst die Produktion von
einer einzigen Kultur dominiert, bleiben dennoch die Grenzstreifen zu benachbartem
Ackerland Gebiete von hoher biologischer Vielfalt. Manche Arten leben in Grenzlandschaften
zwischen Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen, die kleine Wasserläufe, Mooroder Sumpfgelände umfassen. Ferner sind eine Reihe von für die Landwirtschaft nützlichen
wildlebenden Tieren wie Bestäuberinsekten und Prädatoren zum Überleben auf
Agrarökosysteme angewiesen, von denen einige - wie Bergweiden - das Ergebnis von
landwirtschaftlicher Nutzung sind.
Die meisten offenen und semi-natürlichen Habitate sind gegenwärtig abhängig von der
landwirtschaftlichen Nutzung und es sind die Quantität und die Qualität dieser Habitate, die
in fundamentaler Weise zur Artenvielfalt und -zusammensetzung beitragen. Wenn jedoch die
landwirtschaftliche Bewirtschaftung dieser überaus wertvollen Gebiete eine Änderung
erführe oder diese Gebiete aufgegeben würden, könnten eine Vielzahl von Arten vom
Aussterben bedroht sein - mit der Folge, dass die biologische Vielfalt verloren ginge.
Die Aquakultur ist offensichtlich von natürlichen Wasserkörpern abhängig, wodurch Anreize
entstehen, das aquatische Umfeld vor negativen Umweltwirkungen, wie Verschmutzung, zu
schützen. In der CBD wird die wichtige Rolle, die traditionelle gemeinschaftliche
Bewirtschaftungspraktiken für die Erhaltung der aquatischen Biodiversität spielen, anerkannt.
Lokales Wissen ist ein integraler Bestandteil des Managements landwirtschaftlicher
Biodiversität. Für Kulturen und Nutztiere ist die Vielfalt innerhalb der Arten mindestens
ebenso wichtig wie die Vielfalt zwischen den Arten. Diese Vielfalt wurde durch die
landwirtschaftliche Nutzung stark ausgeweitet. So gibt es zum Beispiel weltweit ca 5.000
verschiedene Kartoffel- und über 10.000 verschiedene Bohnenarten. Das ökologische
Wissen der Landwirte und Fischer und ihre Praktiken sowie Genbanken und
Züchtungsmaterial, worin die biologische Vielfalt ex situ konserviert wird, sind von größter
Bedeutung zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und insbesondere der landwirtschaftlichen
Biodiversität.
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In Europa bedeutet nachhaltige Forstbewirtschaftung „die Verantwort und Nutzung von
Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmaß, das deren biologische
Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität erhält sowie deren Potenzial, jetzt
und in der Zukunft die entsprechenden ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen
Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, ohne anderen
Ökosystemen Schaden zuzufügen”, wie auf der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in
Europa (MCPFE) definiert. Schutz und Erhaltung der biologischen Vielfalt sind seit langem
integrierender Bestandteil nachhaltiger Forstbewirtschaftung. Dies spiegelt sich auch in
nationalen Forstprogrammen und sonstigen nationalen Instrumenten der Forstpolitik wider.
In den letzten Jahren sind bedeutende Leistungen durch spezifische Programme wie
Agrarumweltmaßnahmen, auf Freiwilligkeit basierende Aktionen des Forstsektors, LIFEProjekte und insbesondere Naturschutzprojekte (mit nationaler Finanzierung oder auch von
der EU kofinanziert) erzielt worden, um bedrohte Arten zu schützen. Cross-Compliance und
die Leitlinien zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis haben ebenfalls einen positiven
Einfluss. Auf Freiwilligkeit beruhende Aktionen erlauben innovative Ansätze und Instrumente
zur Erhaltung und für Verbesserungen der biologischen Vielfalt. Die Forstzertifizierung ist
eines der auf Freiwilligkeit beruhenden Instrumente, die in beachtlichem Maße zur Qualität
forstwirtschaftlicher Tätigkeiten sowie der Forstbewirtschaftung beigetragen haben.
Außerdem tragen für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und die Fischerei genutzte, in
nachhaltiger Weise bewirtschaftete Ökosysteme zur Bereitstellung umfassenderer
Ökosystem-Funktionen bei - sie stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander.
4.
Bedeutung für die Praxis, bisherige Aktivitäten und Visionen für die Zukunft
Die Landwirtschaft alleine ist nicht imstande, das Ziel des Aufhaltens von
Biodiversitätsverlusten bis zum Jahre 2010 zu erreichen: Auch in anderen Sektoren müssen
Anstrengungen unternommen werden. In den zurückliegenden Jahren haben die
europäischen Landwirte aber bereits viele Schritte in die richtige Richtung getan.
Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) spielt eine Schlüsselrolle. Die EU-Agrarpolitik und die
europäischen Landwirte haben mittels der laufenden Reform in hohem Maße auf den
bestehenden Handlungsbedarf reagiert. Die Entkopplung der Direktzahlungen von der
landwirtschaftlichen Produktion durch die Betriebsprämienregelung ist ein wichtiger Schritt in
Richtung der Erhaltung der biologischen Vielfalt. Durch die Einführung der Cross-Compliance
konnte eine weitere Verbesserung der Umweltstandards erreicht werden. Die positiven
Anstrengungen der Landwirte in den letzten Jahren werden jedoch erst nach einiger Zeit in
der biologischen Vielfalt sichtbar. Schnelle Biodiversitätsgewinne sind ökologisch extrem
schwer zu erreichen. Die Verbesserung der Ökosysteme ist kein linearer Prozess - der
Regenerierung geht in den meisten Fällen eine Periode der offenbaren Stabilität ohne
sichtbare Änderungen voraus.
Beachtliche Fortschritte wurden auch bezüglich der Berücksichtigung der biologischen
Vielfalt in der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) erzielt. Im Zuge ihrer Reform ist der alte
einjährige Ansatz der Beschlussfassung u.a. durch mehrjährige Bewirtschaftungspläne und
Wiederauffüllungspläne im Sinne einer nachhaltigen Nutzung der Fischbestände ersetzt
worden.
COPA und COGECA sind sich der Bedeutung der Erhaltung von Ökosystemen bewusst.
Daher fordern sie die Institutionen der EU auf, die nötigen Mittel bereitzustellen, um die
positiven Umweltwirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeit zu steigern und die nachhaltige
Nutzung biologischer Ressourcen zu fördern. Die Landwirte und ihre Genossenschaften
sowie die Fischer unternehmen bereits große Anstrengungen zur Verbesserung ihrer
Umweltleistungen, benötigen jedoch stabile Rahmenbedingungen und eine angemessene
Finanzierung, die diese Umweltdienste erlauben.
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COPA und COGECA bestehen darauf, dass die Landwirte über finanzielle Maßnahmen
unterstützt werden, damit sie die großen Anstrengungen aufzubringen vermögen, die
erforderlich sind, um die ländlichen Ökosysteme in einem Zustand der hohen biologischen
Vielfalt zu halten.
Das Konzept von auf Freiwilligkeit beruhenden Vereinbarungen und Zahlungen zugunsten
von Ökosystemdiensten ist für landwirtschaftlich genutzte Flächen wie auch für Wälder
fortzuentwickeln. Die gegenwärtigen Praktiken der Forstbewirtschaftung in Europa stellen
sicher, dass die ökologischen Werte der Wälder heutzutage ausreichend berücksichtigt
werden und die biologische Vielfalt erhalten bleibt. Freiwillige Instrumente, die auf einer
korrekten Bewertung der produzierten Umweltleistungen basieren, werden dazu beitragen,
die biologische Vielfalt zu steigern.
COPA und COGECA vertreten den Standpunkt, dass auf Freiwilligkeit beruhende
Agrarumweltmaßnahmen, die einen Ausgleich für die höheren Produktionskosten oder für
niedrigere Erträge bieten, eine zentrale Rolle bei der Erhaltung und weiteren Verbesserung
der biologischen Vielfalt spielen. Marginale Flächen und Tiefland zum Beispiel können zum
Schutz vor Überflutungen von Bedeutung sein und sollten in ihrer immensen biologischen
Vielfalt gewürdigt werden. Den Landwirten muss aber eine Entschädigung für notwendige
Anpassungen gezahlt werden. COPA und COGECA bestehen auf einen angemessenen
Finanzierungsmechanismus, der es erlaubt, ein Gleichgewicht zwischen optimierter
Produktion und nachhaltiger Erhaltung lebenswichtiger Ökosysteme sicherzustellen. Durch
die EU-Förderung der Diversifizierung entstehen eine Reihe von weiteren Möglichkeiten:
neue Märkte
für ‘Nischenprodukte’, Öko-Tourismus und Initiativen zugunsten der
wildlebenden Fauna und Flora.
COPA und COGECA begrüßen das Prinzip der Schaffung eines europaweiten Netzwerkes
NATURA 2000 mit dem Ziel der Erhaltung wertvoller Ökosysteme und des Schutzes
gefährdeter einheimischer Arten. Die Erhaltungsbedürfnisse sind unter Zugrundelegung
wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bewerten und es sollte den ökologisch wertvollsten
Gebieten Vorrang eingeräumt werden. NATURA 2000 ist für die Land- und Forstwirtschaft
von besonderer Relevanz, da der Großteil der jeweiligen Gebiete auf landwirtschaftlich
genutzte Flächen und Wälder entfällt. Dies kann exemplarisch anhand der Umsetzung von
Natura 2000 in Frankreich veranschaulicht werden: 41% des NATURA 2000-Gebiets sind mit
landwirtschaftlich genutzten Flächen und 39% mit Wäldern bedeckt. Diese Standorte sind
aber oft von traditionellen Bewirtschaftungsmethoden abhängig, die für den heutigen
Landwirt nicht länger rentabel sind. Aus diesem Grund müssen ausreichende Finanzmittel
und längerfristige Finanzierungskonzepte bereitgestellt werden, um einen Ausgleich für
Einkommensverluste zu bieten und so die Landwirte in die Lage zu versetzen, den
gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Desgleichen bleibt die biologische
Vielfalt der forstlichen Natur durch Gewährleistung der Erhaltung der biologischen Vielfalt in
gewerblich bewirtschafteten Wäldern und durch ein ausreichendes Netzwerk von
Erhaltungsgebieten gewahrt. Von Relevanz ist NATURA 2000 auch für die Fischerei, da
Meeresstandorte einbezogen sind und für diese Gebiete Bewirtschaftungsmaßnahmen
verabschiedet werden müssen. Außerdem möchten COPA und COGECA die Bedeutung
eines konstruktiven Dialogs zwischen den Entscheidungsträgern, den einzelstaatlichen
Verwaltungsbehörden und den Landwirten, den Waldbesitzern und den Fischern im Hinblick
auf eine erfolgreiche Umsetzung des Netzwerks NATURA 2000 hervorheben. Die
Mitgliedstaaten sollten ihnen die Möglichkeit bieten, in aktiver Weise zur Ausarbeitung der
Bewirtschaftungspläne beizutragen, um die Interessen, aber auch das lokale Wissen des
Agrar-, Forst- und Fischereisektors zu integrieren.
7
Wie bereits weiter oben ausgeführt, muss man sich den positiven externen Effekten einer
nachhaltigen landwirtschaftlichen Bodennutzung bewusst werden. Die biologische Vielfalt
und insbesondere die landwirtschaftliche Biodiversität sind abhängig von dem Einfluss der
Landwirte, ihren Praktiken und ihrem ökologischen Wissen. Landwirte und Fischer passen
ihre Praktiken durch stetige Nutzung des technischen Fortschritts in Betriebsführung und
Maschinenqualität an sich wandelnde Marktsituationen an. Sofern sichergestellt werden soll,
dass diese notwendigen Anpassungsprozesse in umweltfreundlicher Weise vonstatten
gehen, müssen die Landwirte und Fischer durch Ausbildungs- und Beratungsdienste
unterstützt werden. Ferner sind Anstrengungen im Forschungsbereich (zum Beispiel durch
das 7. Forschungsrahmenprogramm) geboten, damit sie sich neue ökologische Kenntnisse
aneignen und dieses Wissen in ihre tägliche Arbeit integrieren können.
Der Klimawandel wird beachtliche Auswirkungen auf die terrestrische wie auch auf die
aquatische biologische Vielfalt haben. Daher würde diese selbst bei einer idealen
umweltfreundlichen Wirtschaftsweise der Landwirtschaft immer noch gefährdet sein. In
diesem Zusammenhang weisen COPA und COGECA darauf hin, welch große Bedeutung
der ex situ-Konservierung beizumessen ist. Genbanken und Züchtungsmaterialien zur
Konservierung der biologischen Vielfalt ex situ sind von überaus großer Bedeutung für die
Erhaltung der landwirtschaftlichen Biodiversität.
Große Sorge bereitet COPA und COGECA auch, dass Klimawandel und Globalisierung die
Verbreitung von Neobioten, d.h. invasiver gebietsfremder Arten1 beachtlich beschleunigen
werden - mit negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und insbesondere die
landwirtschaftliche und aquatische Biodiversität. In schweren Fällen kann die Einschleppung
- gleichgültig ob beabsichtigt oder zufällig - solcher Arten zum Aussterben einheimischer
Arten und Ökosysteme führen, was möglicherweise verheerende Auswirkungen für unsere
Landschaft, die Frisch- und Meereswasserökosysteme und den Nahrungsmittelsektor haben
wird. Daher fordern COPA und COGECA spezifische Maßnahmen, um gegen Neobioten
vorzugehen. Bislang halten sich die zur Bewertung der Auswirkungen auf den Agrarsektor
durchgeführten Studien in einem sehr begrenzten Rahmen. In diesem Bereich sollte die
Forschungsarbeit deutlich vorangetrieben werden.
Die Verstädterung und Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen bringt die Landschaften in
agrarischen Gebieten und die biologische Vielfalt ebenfalls in Gefahr - ebenso die durch eine
überaus große biologische Vielfalt gekennzeichneten Grenzstreifen. Mit zunehmender
Verstädterung werden landwirtschaftlich geprägte Landschaften in Zukunft in ihrer Funktion
als Zufluchtsort für wildlebende Arten, und damit auch für die biologische Vielfalt selbst, an
Bedeutung gewinnen. Zugleich wird sich der Druck auf die Erzielung höherer Erträge
aufgrund der Notwendigkeit, eine größere Weltbevölkerung zu ernähren, und infolge einer
wachsenden Nachfrage nach erneuerbaren Energien verschärfen. COPA und COGECA
rufen daher auf, Landwirte zu unterstützen, diesen Prozess in positiver Weise für die
biologische Vielfalt zu bewältigen - ohne Beeinträchtigung der Rentabilität, der
Wettbewerbsfähigkeit sowie der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und somit der Zukunft der
europäischen Landwirte.
Desgleichen werden auch die Fischerei und die Aquakultur durch andere Meeresnutzer und
deren Tätigkeiten negativ betroffen. Aus der Sicht von COPA und COGECA ist eine
sachgerechte Meeresraumplanung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von größter
Bedeutung.
1
Invasive gebietsfremde Arten bzw. Neobioten sind nicht-einheimische Arten (zum Beispiel Pflanzen
oder Tiere), die die bestehenden Habitate durch ihre Invasion nachteilig berühren - in
wirtschaftlicher, umweltbezogener oder ökologischer Beziehung.
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Im letzten Jahrzehnt haben sich der ökologische Landbau und die ökologische Aquakultur in
Europa stärker verbreitet. Diese spielen bei der Erhaltung und Verbesserung der
biologischen Vielfalt eine Rolle - nicht nur durch eine andere Einstellung und einen
unterschiedlichen Ansatz, landwirtschaftliche und maritime Ökosysteme zu bewirtschaften,
sondern auch aufgrund des geringeren Einsatzes bestimmter Produktionsmittel. COPA und
COGECA rufen die EU sowie sämtliche Mitgliedstaaten auf, den ökologischen Landbau
weiter zu fördern.
COPA und COGECA begrüßen die jüngsten Entwicklungen in der Forstwirtschaft - und
insbesondere die Entwicklung verschiedener Prozesse in der internationalen Forstpolitik, die
den drei Säulen einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung entsprechen. In den letzten zehn
Jahren hat sich die mit Wäldern und mit sonstigem bewaldetem Land bedeckte Fläche um
nahezu 3% auf rund 1,6 Millionen Quadratkilometer in der erweiterten EU erhöht. Die
Waldbesitzer tun ihr Bestes, um ihre Wälder erfolgreich zu bewirtschaften und so
wirtschaftliche, ökologische und soziale Leistungen zu erbringen. Das jährliche Wachstum
der Holzbestände übersteigt den jährlichen Holzschlag um mehr als ein Drittel, wodurch
durch eine nachhaltige Nutzung der Waldbiomasse die starke Abhängigkeit von den
begrenzt vorhandenen Fossilkraftstoffen geschmälert werden kann. Für einen Großteil der
europäischen Wälder werden Umweltschutzprogramme angeboten und sie werden in
Einklang mit dem Prinzip, den Kriterien und den Indikatoren der nachhaltigen
Forstbewirtschaftung bewirtschaftet, die vom MCPFE und von der EU-Kommission
anerkannt werden. Die Wälder der EU stellen gegenwärtig den Großteil der
Biomasseversorgung und werden auch in Zukunft eine bedeutende Bioenergiequelle
darstellen.
Wichtig ist auch, dass die Rolle der Wälder in der Verlangsamung und der Abschwächung
des Klimawandels herausgestellt wird. In diesem Sinne sind die Tätigkeiten der Waldbesitzer
zu fördern, während bei der Bodennutzungsplanung dem Schutz der Wälder Vorrang
einzuräumen ist.
COPA und COGECA vertreten den Standpunkt, dass die positive Auswirkung von
Energiepflanzen auf die Fruchtfolge und die biologische Vielfalt sowie deren möglicher
Anbau zu Non-Food-Zwecken Berücksichtigung finden sollte. Der zunehmende Einsatz von
landwirtschaftlichen Rohstoffen bei der Produktion industrieller Materialien wie Polymere,
Schmierstoffe, Oberflächenaktivstoffe, Lösungsmittel und Fasern kann der Agrarproduktion
sowie landwirtschaftlichen Ökosystemen eine größere Diversifizierung bringen. Gleiches gilt
für den Einsatz von Pflanzen in der Medizin. Um von den positiven Auswirkungen der
Nachfrage nach neuen Produkten und Produktionsfaktoren Nutzen zu ziehen, muss aus der
Sicht von COPA und COGECA die Forschungsarbeit bei Pflanzensorten, die noch keine
Verwendung in der landwirtschaftlichen Produktion finden, sowie in Bezug auf ihren Anbau
vorangetrieben werden. Dies wird neben einem positiven Beitrag zur Biomasseproduktion
auch eine Verringerung der Energieabhängigkeit der EU sowie eine Reduktion der
Treibhausgasemissionen zur Folge haben.
Gentechnisch veränderte Organismen werden im Cartagena Protokoll über die biologische
Sicherheit behandelt, das im Jahre 2002 von den CBD-Vertragsstaaten verabschiedet
wurde. Von COPA und COGECA wird durchaus anerkannt, dass der Einsatz der
Gentechnologie in der Landwirtschaft Möglichkeiten bietet, um eine nachhaltige Produktion
zu erreichen. Sie legen aber zugleich Wert darauf, dass den Landwirten die Wahl bleiben
muss, diese Technologie in Anspruch zu nehmen oder nicht. Es muss eine konstante
Überwachung nach der Freisetzung durchgeführt werden, um den Gesundheits- und
Umweltschutz kontinuierlich sicherzustellen. COPA und COGECA treten für die Erstellung
von deutlich gekennzeichneten und eingegrenzten Flächen für die Gentechnologieforschung
ein.
9
5.
Schlussbemerkungen
COPA und COGECA möchten darauf hinweisen, dass die Landwirtschaft zur Erhaltung der
biologischen Vielfalt unverzichtbar ist. Um sicherzustellen, dass eine nachhaltige Produktion
und Naturschutz Hand in Hand gehen, fällt der Kooperation zwischen dem Agrarsektor und
der Gesellschaft zur Erfüllung der Naturschutzziele eine Schlüsselrolle zu. Von den
Mitgliedsorganisationen von COPA und COGECA werden Biodiversitätsverluste sehr ernst
genommen und sie haben den Anstoß zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen auf
nationaler Ebene gegeben, um die positiven Umweltauswirkungen landwirtschaftlicher
Tätigkeiten zu optimieren und die nachhaltige Verwendung biologischer Ressourcen zu
fördern.
COPA und COGECA sind sich der Notwendigkeit bewusst, die Aspekte der biologischen
Vielfalt in alle Bereiche der EU-Politik - einschließlich der Agrar- und Fischereipolitik - zu
integrieren. Dabei fordern sie aber ein Konzept, das den Erfordernissen und Anliegen der
Landwirte, der Waldbesitzer und der Fischer gerecht wird, da deren wirtschaftliche Tätigkeit
direkt von den biologischen Ressourcen abhängig sind.
Schließlich rufen COPA und COGECA die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, die
europäische Gesellschaften für die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu sensibilisieren. Es
müssen die positiven Außenwirkungen der Landwirtschaft, der Fischerei und der
Forstwirtschaft in ihrem Beitrag zur Erfüllung des Ziels der Eindämmung von
Biodiversitätsverlusten bis zum Jahre 2010 herausgestellt werden. In diesem
Zusammenhang müssen die Landwirte für positive Beiträge zur Biodiversität, die die ohnehin
schon hohen Standards, die sie seit der Reform von 2003 zu erfüllen haben, übersteigen,
honoriert werden. Die Landwirtschaft vermag die biologische Vielfalt nicht zu Nullkosten zu
erhalten und umso weniger zu verbessern. Es bedarf folglich einer Stützung für die
Landwirte (zwecks Deckung von Mehrkosten und von Einkommensverlusten), wenn
Anpassungen landwirtschaftlicher Praktiken notwendig werden, um die Natur und die
biologische Vielfalt in unseren Kulturlandschaften zu erhalten.
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