KAPITEL III [Der Staat und das politische Leben] Spanien heute Die spanische Verfassung von 1978 Sie wird als Konstitution des Konsenses bezeichnet, da sie als Ergebnis der Verhandlungen und Vereinbarungen der verschiedenen im Parlament vertretenen Parteien entstand. Die Konstitution von 1978 trat am 29. Dezember desselben Jahres in Kraft, nachdem sie am 6. Dezember vom spanischen Volk in einem Referendum bestätigt worden war. Diese Konstitution ist mit einer Präambel, 169 in 10 Abschnitte unterteilten Artikeln und mehreren Übergangs- und Zusatzbestimmungen nach der Verfassung von 1812 die umfangreichste der spanischen Geschichte. Artikel 1 erklärt Spanien zu einem sozialen und demokratischen Rechtsstaat, der sich zu Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und politischem Pluralismus als den obersten Werten bekennt. Ferner schreibt der Artikel fest, dass die Staatsgewalt vom spanischen Volk ausgeht und dass die politische Form des spanischen Staates die einer parlamentarischen Monarchie ist. Die „Magna Charta“ ist eine umfangreiche Sammlung öffentlicher Grundrechte und -freiheiten aller Staatsbürger und spricht sich für den Staat der Selbstverwaltungen aus. Hervorzuheben ist ebenfalls das Prinzip der Gewaltenteilung des Staates: Legislative, Exekutive und Judikative. Das Verfassungsgericht. Es ist der oberste Hüter der Verfassung, unabhängig von allen anderen Verfassungsorganen und allein der Verfassung und dem Ausführungsgesetz 2/1979 vom 3. Oktober 1979, durch das seine Zuständigkeiten und Funktionen geregelt werden, gegenüber verantwortlich. Das Verfassungsgericht ist mit 12 vom König ernannten Richtern besetzt. Vorgeschlagen werden sie vom Abgeordnetenhaus durch Dreifünftelmehrheit (4 Richter), vom Senat ebenfalls durch Dreifünftelmehrheit (4 Richter), von der Staatsregierung (2 Richter) und vom Richterwahlausschuss (2 Richter). Die Ernennung erfolgt für einen Zeitraum von 9 Jahren, und alle drei Jahre werden ein Drittel der Richter ausgewechselt. Ihre Die Väter der Verfassung 108 [Der Staat und das politische Leben] Wiederwahl für eine zweite Amtsperiode ist nicht möglich. Die Zuständigkeiten des Gerichts können in drei große Bereiche unterteilt werden: Erstens überprüft es die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze, zweitens löst es Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Staat und den Autonomen Regionen bzw. zwischen Letzteren untereinander und drittens ist es dafür zuständig, die Grundrechte der Bürger zu schützen, die sich über den Weg der Verfassungsbeschwerde an das Gericht wenden, nachdem sie bereits alle anderen Rechtsmittel ausgeschöpft haben, um sich gegen eine Verletzung dieser Rechte zu wehren. Zur Einlegung solcher Rechtsmittel sind sowohl die Bürger, der Bürgerbeauftragte als auch die Staatsanwaltschaft berechtigt. Die Institutionen Die Krone Die politische Form des spanischen Staates ist die einer parlamentarischen Monarchie. Der König symbolisiert in seiner Rolle als Staatsoberhaupt die Einheit und Beständigkeit des Staates. Er übt eine schiedsrichterliche und Die Verfassung von schlichtende Funktion aus, um die ordnungsgemäße 1978 ist die Arbeit der Institutionen zu gewährleisten und ist Grundlage für die der höchste Repräsentant des spanischen Staates nach außen. politische Zur Ausübung dieser Funktionen hat die VerOrganisation des fassung dem Monarchen eine Reihe von Kompespanischen Staates tenzen übertragen: Billigung und Bekanntmachung von Gesetzen, Vorschlagen eines Kandidaten für und hebt die das Amt des Ministerpräsidenten, Ernennung von vermittelnde und Ministern und das Recht auf Einholen von Informäßigende Funktion mationen über Staatsangelegenheiten. Je nach Art der Angelegenheit ist es die Aufgabe des Ministerdes Königs hervor präsidenten, der Minister oder, wenn es sich um den Vorschlag des Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten handelt, des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, die Entscheidungen des Königs gegenzuzeichnen. Die 25 Jahre der Krone. Am 22. November 2000 feierte der spanische König Juan Carlos I. de Borbón sein 25. Thronjubiläum. Hervorzuheben ist seine vermittelnde Rolle während dieser Zeit, die ihm die Verfassung zur Schlichtung politischer und ideologischer Auseinandersetzungen zugedacht hat, sowie sein tadelloses Verhalten während des Putschversuchs am 23. Februar 1981, wodurch er die Krone zu einem Garanten der Institutionen und demokratischen Werte gemacht hat. Anlässlich des 25. Jahrestages seiner Proklamation fand der König in einer Rede vor dem Parlament folgende Worte: 109 Spanien heute Der König am Tag seines 25. Thronjubiläums „…Spanien hat in dieser Zeit starke Veränderungen durchgemacht und es war nicht immer einfach. Wir haben eine Verfassung geschaffen, in der alle Meinungsgruppierungen, alle politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte ihre Wünsche und Rechte wiederfinden…“ „…Die Krone nahm mit Selbstverständlichkeit ihre Aufgabe wahr, auch als man sich von ihr Unloyalität der Verfassung und damit dem Volke gegenüber wünschte…” „…Wir leben in einer Demokratie, die sich auf eine im Konsens entstandene Verfassung stützt, Ergebnisse der Parlamentswahlen und die ein wesentliches Element für von 1996 und 2000 das Zusammenleben war, ist und auch in Zukunft sein wird…” Partei Sitze 1996 Sitze 2000 „…Zum wiederholten Male möchPP 156 183 te ich meine Zufriedenheit und meiPSOE 141 125 nen Stolz darüber zum Ausdruck CIU 16 15 bringen, hier anwesend zu sein, bei einem so festlichen und symbolIU 21 8 trächtigen Empfang. Es ist nicht an PNV 5 7 mir, Bilanz dieser 25 Jahre zu zieCC 4 4 hen. Dennoch möchte ich dem spaBNG 2 3 nischen Volke ausdrücklich und PA 1 innigst für die Zeichen der ZuneiERC 1 1 gung und Unterstützung danken, die IC-V 1 1 ich im Laufe dieser Jahre erhalten EA 1 1 habe. Der König muss der König aller CHA 1 Spanier sein und muss sich den WünUV 1 schen und der Identität des ganzen HB 2 spanischen Volkes gegenüber verQuelle: Innenministerium pflichten…” 110 [Der Staat und das politische Leben] Legislative Die Cortes Generales (Parlament). Die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt des Staates obliegt dem Parlament, das das spanische Volk vertritt und die Regierungsgeschäfte kontrolliert. Das Parlament besteht aus zwei Kammern: dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Es handelt sich somit um ein Zweikammersystem, und zwar um den „nicht identischen“ Typ, da die Kompetenzen der beiden Kammern nicht vergleichbar sind. Abgeordnete und Senatoren werden für vier Jahre gewählt. Das Parlament kann auf die Initiative des Ministerpräsidenten hin vorzeitig aufgelöst werden. Abgeordnetenhaus, Madrid Das Abgeordnetenhaus. Es besteht aus 350 Abgeordneten. Alle Gesetzesentwürfe müssen zunächst ausnahmslos im Abgeordnetenhaus geprüft werden. Der Senat hat das Recht, ein Veto einzulegen oder eine Änderung des vom Abgeordnetenhaus formulierten Textes vorzunehmen. Die endgültige Entscheidungsgewalt liegt nach erneuter Prüfung beim Abgeordnetenhaus. Diese Kammer ist es auch, die den Ministerpräsidenten wählt, ihn aber auch zum Rücktritt zwingen kann, sei es durch ein Misstrauensvotum oder indem sie dem Ministerpräsidenten auf die Vertrauensfrage hin nicht die erforderliche Zustimmung gibt. Der Senat. Er stellt laut Verfassung die Kammer der territorialen Vertretung dar. Der Senat besteht aus 256 Senatoren (208 durch allgemeine Direktwahl gewählt (4 pro Provinz) und 48 von den gesetzgebenden Versammlungen der Autonomen Gemeinschaften ernannt). Diese Kammer kann die Regierung mit der Vollmacht ausstatten, die notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um eine Autonome Region dazu zu zwingen, ihren von der Verfassung oder anderen Gesetzen eingeErgebnisse der Senatswahlen forderten Verpflichtungen nachzuvon 1996 und 2000 kommen oder zu verhindern, dass sie Partei Sitze 1996 Sitze 2000 gegen dass allgemeine Interesse SpaPP 112 127 niens handelt. Die EntscheidungsPSOE 81 61 macht des Senats hat Vorrang vor der CIU 8 8 des Abgeordnetenhauses, wenn es PNV 4 6 darum geht, Gesetze zu erlassen, die die notwendigen Prinzipien zur HarCC 1 5 monisierung der gesetzlichen BestimPIL 1 1 mungen der Autonomen Regionen PACTE 1 festschreiben, sofern dies im allgeQuelle: Innenministerium meinen Interesse liegt. 111 Spanien heute Die Exekutive Die Regierung. Der spanische Verfassungstext weicht kaum von denen ab, die heute im Parlamentarismus üblich sind. Die Regierung ist die Exekutive, erfüllt gesetzgeberische Funktionen und ist für die Aufstellung des Staatshaushalts verantwortlich. Ferner hat sie die Möglichkeit per Notgesetze zu regieren, die vom Abgeordnetenhaus ratifiziert werden müssen. Die Regierung ist für die Innen- und Außenpolitik, die Zivil- und Militärverwaltung und die Landesverteidigung verantwortlich. Die Regierungsbildung erfolgt in Spanien in zwei Schritten. Zunächst legt der Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten dem Abgeordnetenhaus sein Regierungsprogramm vor und später, nachdem die Kammer ihm ihr Vertrauen ausgesprochen hat und er vom König ernannt wurde, schlägt er diesem die Ernennung der Minister vor. Dies und die Leitung der Regierungsgeschäfte führen dazu, dass die Figur des Regierungschefs innerhalb der internen Organisation des Regierungsapparats eine herausragende Stellung einnimmt. Man kann im Fall der spanischen Verfassung sogar von einem Premierminister sprechen. Über die Struktur der Exekutive wird kaum etwas in der Verfassung gesagt. Es wird lediglich auf die stellvertretenden Ministerpräsidenten hingewiesen und auf die „vom Gesetz festgelegten“ Minister verwiesen, ohne deren Zahl festzulegen. Stellvertretende Ministerpräsidenten und Minister werden auf Vorschlag des Ministerpräsidenten vom König ernannt und von ihres Amtes enthoben. Der kollegiale Vorstand ist der Ministerrat, bestehend aus dem Ministerpräsidenten, dem oder den stellvertretenden Ministerpräsidenten und den Ministern. Sie kommen normalerweise einmal wöchentlich zusammen. Die derzeitige Regierung besteht aus dem Ministerpräsidenten, zwei stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Ministeramt und 14 Ministern, von denen einer kein eigenes Ressort besitzt. Organe zur Kontrolle der Regierung Es gibt zwei direkt dem Parlament unterstellte Institutionen, denen von der Verfassung Fachaufgaben zur Kontrolle der Regierung zugeschrieben wurden. Der Rechnungshof. Nach Artikel 136 der Verfassung ist der Rechnungshof das oberste Aufsichtsorgan zur Prüfung der Rechnung über Einnahmen und Ausgaben und der Wirtschaftsführung des Staates sowie des öffentlichen Sektors. Wie bereits erwähnt, untersteht er direkt dem Parlament. Eventuell auftretende Konflikte hinsichtlich seiner Kompetenzen oder Zuständigkeiten werden vom Verfassungsgericht gelöst. Dies ist im Ausführungsgesetz 2/1982 vom 12. Mai 1982 geregelt. Präsident des Rechnungshofes wird eines seines Mitglieder. 112 [Der Staat und das politische Leben] Ernannt wird er durch den König auf Vorschlag einer aus den 12 Mitgliedern und dem Staatsanwalt bestehenden Versammlung für eine Amtszeit von drei Jahren. Der Bürgerbeauftragte. Die spanische Verfassung von 1978 schuf die Institution des Bürgerbeauftragten als parlamentarischen Beauftragten zum Schutz der Grundrechte. Das heißt, dass den Bürgern zur Einforderung ihrer Rechte neben dem Verwaltungs- und Gerichtsweg auch der immer häufiger angerufene Bürgerbeauftragte zur Verfügung steht. Er ist dazu berechtigt, die Tätigkeit der Minister, leitender Beamter, anderer Beamter und jeder im Dienste der öffentlichen Verwaltung stehenden Person zu überwachen und vor dem Parlament darüber zu berichten. Er untersteht keinem Zwangsmandat, erhält keine Anweisungen von Behörden und führt seine Aufgaben unabhängig und nach eigenem Ermessen aus. Der Bürgerbeauftragte wird laut dem Ausführungsgesetz 3/1981 vom 6. April 1981, das diese Institution fordert, für eine Amtszeit von 5 Jahren vom Parlament gewählt. Vermehrt wird dieses Amt auch in den Autonomen Regionen geschaffen. Beratungsgremien der Regierung Der Staatsrat. Er ist das oberste Beratungsgremium der Regierung. Seine Zusammensetzung und seine Zuständigkeiten sind im Ausführungsgesetz 3/1980 vom 22. April 1980 geregelt. Seine Hauptfunktion ist die Beratung und er beschränkt sich dabei auf die Abgabe einer fundierten Meinung zu dem Thema der jeweiligen Anfrage. Zusammengesetzt ist er aus der Versammlung, dem ständigen Ausschuss und den Bereichen. Die Versammlung wiederum setzt sich aus dem Präsidenten, den ständigen Beratern, den Beratern, die es aufgrund ihres Amtes sind, den gewählten Mitgliedern und dem Generalsekretär zusammen. Judikative Die Rechtsprechung geht laut der Verfassung vom Volke aus und wird in Vertretung des Königs von Richtern und Kollegialrichtern durchgeführt. Hervorzuheben ist hierbei in erster Linie die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, da sie einer einzigen aus Richtern und Kollegialrichtern bestehenden Gerichtsbarkeit obliegt. Nur für den militärischen Bereich wird wie in fast allen Demokratien eine gesonderte Militärgerichtsbarkeit anerkannt. Die Ausübung der Jurisdiktionsgewalt ist das Monopol der ordentlichen Gerichte. Die Bürger und die öffentliche Gewalt sind verpflichtet, die Justiz zu unterstützen. Die Prinzipien, von denen die Justizverwaltung in Spanien wie auch in anderen Rechtsstaaten geleitet wird, sind Gleichheit (Gesetzesbindung), Unentgeltlichkeit (es gibt Pflichtverteidiger für jene Personen, die nicht über ausreichende finanzielle Mit- 113 Spanien heute Die Rangordnung der Rechtsvorschriften in der spanischen Rechtsordnung Verfassung Verfassungsreformgesetze Internationale Verträge Autonomiestatuten Ausführungsgesetze Staatsgesetz, Regionalgesetz, Verfügungen mit Gesetzeskraft (Gesetzesverordnungen und Gesetzesdekrete) Verordnungen (Dekrete, Ministerialverfügungen, Runderlasse usw.) Weitere Rechtsvorschriften (Gewohnheitsrecht, allgemeine Rechtsprinzipien, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes) Quelle: Eigenproduktion tel verfügen), Öffentlichkeit (die Beratung des Gerichts und das Abstimmungsergebnis bleiben abgesehen von der Veröffentlichung abweichender Stimmen geheim) und Mündlichkeit (in den zweisprachigen Autonomen Regionen kann die andere offizielle Sprache verwendet werden, sofern keine Partei die Verwendung der spanischen Sprache beantragt). Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit, Unabsetzbarkeit und die Gewissenhaftigkeit der Richter und Kollegialrichter, die einzig dem Gesetz gegenüber verantwortlich sind, und die Selbstverwaltung der Justiz durch den Generalrat für Gerichtswesen. Der Oberste Gerichtshof. Er ist, abgesehen von die Grundrechte betreffenden Angelegenheiten, die in den Kompetenzbereich des Verfassungsgerichts fallen, die höchste richterliche Instanz des Staates. Ihr Vorsitzender ist gleichzeitig Vorsitzender des Generalrats für Gerichtswesen und wird auf Vorschlag dieses Rats vom König ernannt. Der Generalrat für Gerichtswesen. Er ist das leitende Organ der Richter und Kollegialrichter. Ein Ausführungsgesetz legt die Funktionsweise und Leitung der Gerichte fest sowie das Statut der Mitglieder des Generalrats und ihre Aufgaben. Vorsitzender dieses Organs ist der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes. Ferner gehören ihm 20 weitere Mitglieder an, die vom Parlament mit einer Dreifünftelmehrheit gewählt und vom König für fünf Jahre ernannt werden. Zwölf von ihnen müssen das Amt eines Richters oder Kollegialrichters innehaben. 114 [Der Staat und das politische Leben] Der Generalstaatsanwalt. Er wird nach Beratungen mit dem Generalrat für Gerichtswesen von der Regierung vorgeschlagen und vom König ernannt. Die Aufgabe des Generalstaatsanwalt ist es, Anklagen zum Schutz der Rechte der Bürger und der vom Gesetz geschützten öffentlichen Interessen zu erheben, sei es auf Verlangen des Gerichts oder der Betroffenen. Ferner liegt es in seiner Verantwortung, über die Unabhängigkeit der Gerichte zu wachen und ihnen gegenüber das Interesse der Gesellschaft zu wahren. Die Symbole des Staates Die Flagge. Die spanische Flagge wurde von König Carlos III. per Königliches Dekret vom 28. Mai 1785 zur Nationalflagge erklärt. In der Verfassung von 1978 findet sich folgende Regelung hinsichtlich ihres Aussehens: „Die spanische Flagge besteht aus drei horizontal verlaufenden Streifen, rot, gelb und rot, wobei der gelbe Streifen doppelt so breit ist wie jeder der beiden anderen”. Im Gesetz 39/1981 steht in Artikel 1 Folgendes: „Die spanische Flagge symbolisiert die Nation. Sie ist das Zeichen der Hoheit, Unabhängigkeit, Einheit und Integrität des Vaterlandes und repräsentiert die höchsten in der Verfassung ausgedrückten Werte”. Das Wappen. Das spanische Wappen hat seit seiner Einführung zu Zeiten der Katholischen Könige im Laufe der Geschichte eine Reihe von Veränderungen erfahren. Regelungen zu dem heutigen Wappen finden sich im Gesetz 33/81 und in den Königlichen Dekreten 2964/81 vom 18. Dezember 1981 und 2267/82 vom 3. September 1982. In diesen Dekreten werden das offizielle Modell des spanischen Wappens und die Farben seiner einzelnen Elemente veröffentlicht und die Verwendung desselben geregelt. Es muss auf den Nationalflaggen abgebildet sein, die sich inner- und außerhalb aller offiziellen Gebäude, Schiffe, Flugzeuge und sonstigen Einrichtungen der Streitkräfte und staatlichen Sicherheitskräfte befinden, sowie auf den von Seiner Majestät dem König gebilligten und verkündeten Gesetzen und auf den Urkunden, die er im Zusammenhang mit internationalen Verträgen unterzeichnet. 115 Spanien heute Die Nationalhymne. Der Ministerrat genehmigte am 10. Oktober 1997 die Wesensart der Nationalhymne und die Bestimmungen, die ihre Verwendung regeln. Am folgenden Tag wurde dazu das Königliche Dekret 1560/97 im Staatsanzeiger veröffentlicht. In ihm wird der Ursprung der Nationalhymne auf den Grenadier- oder Königsmarsch zurückgeführt. Im Anschluss an das Dekret wurde die Partitur zum ersten Mal in der Version für Symphonieorchester, für Blaskapelle und für die Orgel mit den jeweiligen Instrumentenstimmen abgedruckt. Es gibt eine Vollversion (52 Sekunden) und eine Kurzversion (27 Sekunden). Es wird genau festgelegt, zu welchen Anlässen die jeweiligen Versionen zu spielen sind. Die territoriale Organisation des Staates Die Autonomen Regionen und die Städte mit Autonomiestatus Der politische und verwaltungstechnische Dezentralisierungsprozess, der mit der Ausarbeitung des 8. Abschnitts der spanischen Verfassung von 1978 begann, hat in kaum mehr als 20 Jahren zu tief greifenden Veränderungen hinsichtlich der territorialen Organisation des Staates geführt. Der Übergang von einem stark zentralisierten Modell hin zum heutigen Spanien der Autonomen Regionen wurde durch einen Prozess der Kompetenzübertragung vom Staat zu jeder einzelnen der 17 Autonomen Regionen und den zwei Autonomen Städten (Ceuta und Melilla) ermöglicht. Als Ergebnis dieses Prozesses ist Spanien heute eines der am wenigsten zentralisierten Länder Europas. Die neue Verfassung Mit dieser neuen Staatsorganisation hat Spanihat eine en einen neuen und einzigartigen Weg gefunden, grundlegende die Einheit der Nation zu sichern. Parallel dazu hat es eine natürliche Möglichkeit geschaffen, die es Änderung der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen hinsichtlich der Vielfalt des Landes, die die historische Realität bereiterritorialen chert, erlaubt, sich auf harmonische Weise zu entwickeln. Kurz gesagt, es handelt sich um ein Modell, Gliederung des das auf den Grundprinzipien der Einheit, AutonoStaates mit sich mie, Gleichheit und Solidarität basiert. gebracht Jede einzelne Autonome Region verfügt über eine Verfassungsgrundnorm, das Autonomiestatut, in der Aspekte geregelt sind wie die Zuständigkeit der eigenen Regierung, die Funktionsweise des eigenen Parlaments, die ent- 116 [Der Staat und das politische Leben] sprechende Verwaltungsrechtsordnung oder die Gesamtheit der Kompetenzen, über die jede Region verfügt. Bei der Aufteilung der Kompetenzen zwischen Staat und Autonomen Regionen wird zwischen ausschließlichen Kompetenzen des Staates und der Autonomen Regionen, gemeinsamen Kompetenzen von Staat und Autonomen Regionen und gleichberechtigten Kompetenzen, die sowohl der Staat als auch die Autonomen Regionen für sich in Anspruch nehmen können, unterschieden. Im Falle eines Kompetenzkonflikts ist es die Aufgabe des Verfassungsgerichts, diesen auszuräumen. Die ausschließlichen Kompetenzen sowohl des Staates als auch der Autonomen Regionen schließen die Gesetzgebung als auch die diesbezüglichen Ausführungsbefugnisse ein. Zur Ausübung dieser von den Autonomen Regionen als eigene beanspruchten Kompetenzen verfügen diese über einen spezifischen institutionellen Rahmen, der sich im Wesentlichen auf zwei Grundelemente stützt: das Parlament und die Selbstverwaltung. Das Regionalparlament. Dieser Institution obliegt die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt hinsichtlich der Angelegenheiten, bei denen die Autonome Region über diesbezügliche Kompetenzen verfügt. Ferner obliegt es dem Parlament, unter seinen Mitgliedern den Präsidenten der Autonomen Region zu wählen und die autonome Regierung zu kontrollieren. Die autonome Regierung. Sie setzt sich aus dem Präsidenten der Autonomen Region und dem Regierungsrat zusammen. Ihre Funktion ist es, die hinsichtlich der auf die Autonome Region übertragenen Kompetenzen anfallenden gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Aufgaben wahrzunehmen. Aus wirtschaftlicher und finanzieller Sicht verfügen die Autonomen Regionen über weitgehende Handlungsfreiheit. Sie können ihren eigenen Regionalhaushalt beschließen und über Abgaben, Gebühren und Steuergebühren die Höhe ihrer eigenen Einnahmen selbst festlegen. Diese Maßnahmen sind mit denen der Nationalregierung zu koordinieren, die für die allgemeine Wirtschaftsplanung und die Aufrechterhaltung der interregionalen Solidarität verantwortlich ist. Hinsichtlich der Solidarität ist es die Aufgabe der Nationalregierung sicherzustellen, dass alle Spanier unabhängig von ihrem Wohnort die gleichen Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Dienstleistungen haben. Dieses System der Kompetenzaufteilung ermöglicht die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips, durch das dem Bürger die Verwaltung näher gebracht wird. Innerhalb der institutionellen Beziehungen gelten die Prinzipien der Treue und der Zusammenarbeit als Voraussetzung allen politischen Handelns. 117 Spanien heute Die Kommunalverwaltung Die Stadträte, Provinzialräte, Gemeinderäte und Inselräte. Wenn die Autonomen Regionen die Verwaltungseinheiten des Staates auf regionaler Ebene bilden, so sind es die Gemeinden, Provinzen und Inseln auf lokaler Ebene. Die heutige Aufteilung in Provinzen geht auf das erste Drittel des 19. Jh. (1833) zurück und wurde nur 1927 leicht geändert. Die Geschichte der Gemeinden Spaniens ist weitaus älter und lässt sich bis tief ins Mittelalter zurückverfolgen. Es gibt 50 Provinzen und 8.107 Gemeinden (2001), deren Größe gemessen an ihrer Einwohnerzahl stark variiert. 4.926 Gemeinden (60,76%) haben eine Bevölkerung von unter 1.000 Einwohnern und bei 6.962 Gemeinden (85,88%) liegt die Einwohnerzahl unter 5.000. Nur 118 Gemeinden (1,50%) verfügen über mehr als 50.000 Einwohner und bei 15 Provinzhauptstädten liegt die Bevölkerungszahl bei unter 100.000. Was die Organisation angeht, sind die Regierungs- und Verwaltungseinrichtungen der Gemeinden die Gemeinde- bzw. Stadträte, der Provinzen die Provinzialräte, der Inseln die Cabildos genannten Gemeinderäte auf den Kanaren und die Inselräte auf den Balearen. Den Gemeinde- bzw. Stadträten stehen die Bürgermeister vor und setzen sich aus den stellvertretenden Bürgermeistern, den übrigen Ratsmitgliedern und dem Beratergremium zusammen. Die Ratsmitglieder werden nach dem Verhältniswahlrecht direkt von den Einwohnern der Gemeinde gewählt. In Gemeinden mit 100 bis 250 Einwohnern liegen zur Wahl freie Listen und in Gemeinden mit über 250 Einwohnern feste Listen aus. Der Bürgermeister wird von den Ratsmitgliedern durch absolute Mehrheit gewählt. Wird die absolute Mehrheit nicht erreicht, wird das Ratsmitglied zum Bürgermeister ernannt, das die am meisten gewählte Liste anführt. In den Gemeinden mit freien Listen wird das Ratsmitglied zum Bürgermeister ernannt, das die meisten Stimmen aus der Bevölkerung auf sich vereint. Die Gemeindeversammlung ist ein Sondersystem, das normalerweise in Gemeinden mit weniger als 100 Einwohnern Anwendung findet. Es gibt allerdings auch Gemeinden, in denen dieses System aus Tradition oder aufgrund eines Gemeindebeschlusses und unter Zustimmung der Autonomen Region verwendet wird. Bei dieser Form der Gemeindeverwaltung wählen die Gemeindemitglieder den Bürgermeister direkt nach dem Mehrheitswahlsystem. Es ist dies ein authentisches Beispiel direkter Demokratie. Bei den Wahlen auf Gemeindeebene genießen nicht nur die Wähler spanischer Nationalität das aktive und passive Wahlrecht, sondern auch die Bürger anderer Länder der Europäischen Union mit Wohnsitz in Spanien und Ausländer, deren Heimatländer ein Gegenseitigkeitsabkommen mit Spanien unterzeichnet haben. 118 [Der Staat und das politische Leben] Die Provinzialräte werden von den Gemeinderatsmitgliedern der Provinz aus ihrer Mitte gewählt. Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, Gemeinden und vor allem jene mit geringen finanziellen Eigenmitteln und verwaltungstechnischen Möglichkeiten zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ferner stellen sie dort das Angebot der im Gemeindegesetz festgeschriebenen Mindestleistungen sicher. Die Provinzialräte bestehen aus einem von den Provinzialratsmitgliedern gewählten Vorsitzenden, aus zwei stellvertretenden Vorsitzenden, den Ratsmitgliedern und dem Beratergremium. In den Autonomen Regionen, die nur aus einer Provinz bestehen, gibt es keinen Provinzialrat. Dessen Kompetenzen, Mittel und Ressourcen werden von der jeweiligen autonomen Regierung übernommen. Die Gemeinderäte der Kanarischen Inseln und die Inselräte der Balearen sind die Regierungs- und Verwaltungsorgane der Inseln. Die Mitglieder der Gemeinderäte der Kanarischen Inseln werden direkt von den Gemeindemitgliedern gewählt. Der Vorsitzende jeder Insel ist der erste Kandidat der Liste, auf die die meisten Stimmen entfallen. Die Inselräte der Balearen setzen sich aus den Abgeordneten des Parlaments der Autonomen Region zusammen. Sie sind es, die den Vorsitzenden des Inselrates aus ihrer Mitte wählen. 119 Spanien heute Autonome Region Andalusien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Sevilla Fläche (km2) 87.595 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 7.403.968 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 84,53 BIPmp (Millionen) 1999 12.090.181 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 13 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 58 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft:7,8% Industrie: 13,5% Bauwesen: 8,8% Dienstleistungen: 69,8% Autonome Region Aragonien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Zaragoza Fläche (km2) 47.720 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 1.199.753 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 25,14 BIPmp (Millionen) 1999 3.017.648 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 3,2 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 90 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft:5,3% Industrie: 27,4% Bauwesen: 6,8% Dienstleistungen: 60,4% 120 [Der Staat und das politische Leben] Asturien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Oviedo Fläche (km2) 10.604 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 1.075.329 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 101,40 BIPmp (Millionen) 1999 2.235.948 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 2,4 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 76 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 2,5% Industrie: 22,4% Bauwesen: 9,9% Dienstleistungen: 65,2% Autonome Region Balearen • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Palma de Mallorca Fläche (km2) 4.992 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 878.627 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 176,00 BIPmp (Millionen) 1999 2.158.264 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 2,3 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 101 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 2,1% Industrie: 9,7% Bauwesen: 6,2% Dienstleistungen: 82% 121 Spanien heute Autonome Region Baskenland • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Vitoria-Gasteiz Fläche (km2) 7.234 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 2.101.478 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 290.50 BIPmp (Millionen) 1999 5.915.933 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 6,4 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 94 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 1,6% Industrie: 30,9% Bauwesen: 7% Dienstleistungen: 60,5% Autonome Region Extremadura • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Mérida Fläche (km2) 41.634 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 1.073.381 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 25,78 BIPmp (Millionen) 1999 1.581.048 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 1,7 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 55 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 12,2% Industrie: 10,3% Bauwesen: 10,7% Dienstleistungen: 66,8% 122 [Der Staat und das politische Leben] Autonome Region Galicien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Santiago de Compostela Fläche (km2) 29.575 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 2.732.926 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 92,40 BIPmp (Millionen) 1999 5.085.379 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 5,5 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 64 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 7,1% Industrie: 21,7% Bauwesen: 9,2% Dienstleistungen: 62% Autonome Region Kanarische Inseln • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Santa Cruz de Tenerife und Las Palmas de Gran Canaria Fläche (km2) 7.492 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 1.781.366 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 237,66 BIPmp (Millionen) 1999 3.599.880 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 3,9 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 76 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 3,2% Industrie: 9,8% Bauwesen: 9,1% Dienstleistungen: 77,9% 123 Spanien heute Autonome Region Kantabrien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Santander Fläche (km2) 5.321 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 537.606 2 Bevölkerungsdichte (Einw./km ) • Flagge: 101.03 BIPmp (Millionen) 1999 1.174.225 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 1,3 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 77 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 5% Industrie: 23,3 Bauwesen: 7.7% Dienstleistungen: 64% Autonome Region Kastilien-La Mancha • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Toledo Fläche (km2) 79.461 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 1.755.053 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 22,08 BIPmp (Millionen) 1999 3.312.598 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 3,6 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 67 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 10,4% Industrie: 20,3% Bauwesen: 10,2% Dienstleistungen: 59,1% 124 [Der Staat und das politische Leben] Autonome Region Kastilien-León • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Valladolid Fläche (km2) 94.224 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 2.479.425 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 26,31 BIPmp (Millionen) 1999 5.379.305 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 5,8 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 77 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 7,5% Industrie: 23,4% Bauwesen: 8,5% Dienstleistungen: 60,6% Autonome Region Katalonien • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Barcelona Fläche (km2) 32.113 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 6.361.365 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 198,09 BIPmp (Millionen) 1999 17.700.892 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 19 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 100 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 1,5% Industrie: 29,7% Bauwesen: 6,7% Dienstleistungen: 62% 125 Spanien heute Autonome Region La Rioja • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Logroño Fläche (km2) 5.045 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 270.400 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 53,59 BIPmp (Millionen) 1999 702,95 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 0,8 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 90 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 10,4% Industrie: 31,7% Bauwesen: 6,7% Dienstleistungen: 51,3% Autonome Region Madrid • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Madrid Fläche (km2) 8.028 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 5.372.433 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 669,21 BIPmp (Millionen) 1999 16.124.700 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 17,3 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 101 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 2,1% Industrie: 9,7% Bauwesen: 6,2% Dienstleistungen: 82% 126 [Der Staat und das politische Leben] Region Murcia • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Murcia Fläche (km2) 11.314 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 1.190.378 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 105,21 BIPmp (Millionen) 1999 2.147.902 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 2,3 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 68 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 8,7% Industrie: 18,9% Bauwesen: 8,6% Dienstleistungen: 63,9% Regionalrechtsgebiet Navarra • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Pamplona Fläche (km2) 10.391 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 556.263 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 53,53 BIPmp (Millionen) 1999 1.630.890 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 1,8 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 97 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 4,3% Industrie: 34,2% Bauwesen: 6,6% Dienstleistungen: 54,9% 127 Spanien heute Gemeinschaft Valencia • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Valencia Fläche (km2) 23.255 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 4.202.608 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 180,71 BIPmp (Millionen) 1999 8.856.409 BIPmp regional/BIP national (%) 1999 9,5 BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 76 BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 3,5% Industrie: 23,8% Bauwesen: 7,8% Dienstleistungen: 65% Ceuta • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Ceuta Fläche (km2) 20 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 75.694 2 • Flagge: Bevölkerungsdichte (Einw./km ) 3.784,70 BIPmp (Millionen) 1999 – BIPmp regional/BIP national (%) 1999 – BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 – BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 0,3% Industrie: 2,8% Bauwesen: 4,9% Dienstleistungen: 92% 128 [Der Staat und das politische Leben] Melilla • Lage: • Sozioökonomische Daten: Hauptstadt: Melilla Fläche (km2) 12 Bevölkerung (gemeldete Einw.) Melderegister 2001 • Flagge: 68.789 Bevölkerungsdichte (Einw./km2) 5.732,41 BIPmp (Millionen) 1999 – BIPmp regional/BIP national (%) 1999 – BIP per capita (Kaufkraftstandard) (Durchschnitt EU15=100) 1997 – BIP nach Sektoren • Wappen: Landwirtschaft: 0,3% Industrie: 2,8% Bauwesen: 4,9% Dienstleistungen: 92% 129 Spanien heute Die Sprachen Spaniens Artikel 3 der Verfassung legt fest, dass Spanisch (Kastilisch) die offizielle Landessprache ist und dass jeder Spanier verpflichtet ist, sie zu kennen und das Recht hat, sie zu verwenden. Alle weiteren Sprachen Spaniens gelten in den entsprechenden Autonomen Regionen gemäß deren Verfassung ebenfalls als offizielle Sprachen. Ferner erachtet der Artikel die unterschiedlichen linguistischen Formen Spaniens als Reichtum und kulturelles Erbe, das besonders zu achten und zu schützen ist. Zum ersten Mal in der spanischen Geschichte wird den Autonomen Regionen Baskenland, Galicien, Katalonien, Balearen und Valencia das Recht zuerkannt, ihre Sprache zu verwenden (Baskisch, Galicisch, Katalanisch und Valencianisch), ohne dass dadurch jedoch die kastilische oder spanische Sprache vernachlässigt wird. Spanisch und die Sprachen Spaniens: Ein lebendiges Kulturerbe Die offizielle Landessprache ist Kastilisch, die Sprache des alten Königreichs von Kastilien. Bei ihrer Verbreitung im 16. und 17. Jh. wurde diese Sprache in steigendem Maße als Spanisch bekannt. Seit damals gibt es beide Bezeichnungen für diese Sprache. Es scheint weithin akzeptiert zu werden, dass Spanisch auf internationaler Ebene der angemessene Terminus für diese Sprache ist, während der Begriff Kastilisch innerhalb der Landesgrenzen bevorzugt wird, da es hier noch weitere Sprachen gibt, die ebenfalls zu den spanischen Sprachen zählen. Aus diesem Grunde steht in der Verfassung: „Kastilisch ist die offizielle Landessprache”. Spanisch entstand ebenso wie die übrigen romanischen Sprachen als Folge der Fragmentierung des Latein über einen langen Zeitraum hin, der im 4. Jh. begann und im 10. Jh. endete. Im 13. Jh. war es bereits eine Kultursprache. Aus der Volksdichtung ist das von einem anonymen Autor stammende Gedicht Cantar de Mío Cid aus dem 12. Jh. hervorgegangen. In ihm wird eine derart meisterliche Beherrschung der Dichtkunst offenbar, dass man von einer alten literarischen Tradition bereits lange vor ihm ausgeht. So entstanden in den Mönchsklöstern die hervorragenden mittelalterlichen Klerikerdichtungen, deren höchster Vertreter Gonzalo de Berceo war. König Alfons X. der Weise (1221-1284) gilt mit der Verfassung seiner geschichtlichen, juristischen und wissenschaftlichen Werke in romanischer Sprache als der Schöpfer der kastilischen Prosa. 1492 war reich an bedeutenden historischen Ereignissen, die die Sprache entscheidend beeinflussen sollten. Mit der Vertrei- 130 [Der Staat und das politische Leben] bung der Juden, die sich im südlichen und östlichen Mittelmeerraum niederließen, entstand das Jüdisch-Spanische, eine Variante, die heute noch gesprochen wird und ihre Wurzeln im Spanisch des 15. und 16. Jh. hat. Im selben Jahr machte der Lateinlehrer der Universität von Salamanca, Elio Antonio de Nebrija, auf die Komplexität und den Reichtum aufmerksam, die das Kastilisch erreicht hatte und entschied, eine Grammatik nach einem Muster zu verfassen, das in der damaligen Zeit den klassischen Sprachen vorbehalten war. Seine Grammatik sollte die erste Grammatik einer Vulgärsprache werden. Zu Beginn des 16. Jh. war Kastilisch bereits auf der ganzen Iberischen Halbinsel verbreitet und begann, sich in eine internationale Sprache zu verwandeln. Ihr Ruhm breitete sich über den Rest Europas aus, vor allem in Italien und Flandern, aber auch in Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Das entscheidende Ereignis war allerdings die Entdeckung Amerikas im Jahre 1492. Kastilisch ist die Sprache, die über den Atlantik zu den neuen Ländern gelangte und dort viele aus den Eingeborenensprachen stammende Elemente in sich aufnahm. Schon Christoph Kolumbus notierte einige dieser neuen Wörter: Kanu, Tabak, Kaiman. Im Laufe von 5 Jahrhunderten etablierte sich dort die kastilische Sprache und breitete sich von Feuerland bis hin zum Rio Grande und wie im Falle der Philippinen sogar noch weiter aus. Das alte Kastilisch hat sich zum Spanisch gewandelt. Als Goldenes Zeitalter der spanischen Literatur gelten das 16. und 17. Jh. Während dieser Zeit entwickelte sich die spanische Sprache, bereicherte und festigte sich weitgehend. Dichter wie Garcilaso de la Vega, Fray Luis de León, San Juan de la Cruz, Francisco de Quevedo und Luis de Góngora, Dramaturgen wie Lope de Vega, Tirso de Molina und Pedro Calderón de la Barca, Humanisten wie die Brüder Alfonso und Juan de Valdés sowie Benito Arias Montano, Überseechronisten wie Bartolomé de las Casas und Bernal Díaz del Castillo, auf dem amerikanischen Kontinent geborene Schriftsteller wie der Inka Garcilaso und Sor Juana Inés de la Cruz, literarische Gattungen wie der Schelmenroman (Lazarillo de Tormes, Guzmán de Alfarache) und Prosaschriftsteller wie Baltasar Gracián lassen eine faszinierende literarische Welt entstehen, in der schließlich das Werk Miguel de Cervantes hervorgehen soll, Romanische Miniatur Pelayo und seine Krieger 131 Spanien heute dem Autor, der wie kein anderer die spanische Sprache repräsentiert. Zwischen 1550 und 1670 erreicht die spanische Kultur ihr größtes Ansehen in Europa. Der Quijote zum Beispiel wird im 17. Jh. etwa 10-mal in Madrid aufgelegt und weitere 20 Auflagen erscheinen in spanischer Sprache in anderen europäischen Städten. Die Zahl der Übersetzungen liegt weit höher. Cervantes schreibt deshalb in der Widmung im zweiten Teil seines Werkes die humorvolle Bemerkung, dass ihn sogar der chinesische Kaiser eingeladen hat, eine spanische Schule zu leiten. Erst im 18. Jh. stabilisiert sich die Sitz der Entwicklung der spanischen Sprache und verwandelt sich in die Königlichen moderne Sprache, die sie heute ist. Die idiomatischen StruktuAkademie für ren haben sich seither nicht geändert, das Vokabular ist weitgeSprachforschung hend gleich geblieben und es ist zu keinen grundlegenden phonetischen oder morphosyntaktischen Länder und Gebiete, Verschiebungen gekommen. in denen Spanisch die In das Jahr 1713 fällt die Gründung der Königlioffizielle Sprache ist chen Akademie für Sprachforschung, deren AufgaÄquatorialguinea be darin besteht, die Sprache zu vereinheitlichen, Argentinien Regeln aufzustellen und sich um eine korrekte VerBolivien wendung zu bemühen. Der erste große Beitrag der Chile Akademie ist das umfangreiche Wörterbuch DiccioCosta Rica nario de Autoridades (Wörterbuch der PersönlichDominikanische Republik keiten), das zwischen 1726 und 1739 veröffentlicht Ecuador wurde. Seinen Titel verdankt es der Tatsache, dass El Salvador zur Definition der Wörter Zitate großer SchriftstelGuatemala ler verwendet wurden. Kurz darauf erschienen ein Honduras Rechtschreibwörterbuch (1741) und eine GrammaKolumbien tik (1771), die fortlaufend überarbeitet werden. Am 8. Oktober 1999 wurde der neuen Rechtschreibung Kuba der spanischen Sprache von den 22 Akademien (19 Mexiko iberoamerikanische, die spanische, die philippiniNicaragua sche und die nordamerikanische Akademie) in San Panama Millán de la Cogolla zugestimmt. Es handelt sich hierParaguay bei um ein von allen unterstütztes Werk, bei dem Peru nicht mehr auf den traditionellen spanischen StandPuerto Rico punkt hinsichtlich der Rechtschreibung bestanden Spanien wurde, und somit eine Stärkung der spanischen SpraUruguay che in der Welt erzielt werden konnte. Venezuela Spanisch ist eine Sprache, die sich seit dem 16. Jh. in einem ununterbrochenen Ausdehnungspro- 132 [Der Staat und das politische Leben] zess befindet. Ende des 19. Jh. gab es ca. 60 Millionen Benutzer der spanischen Sprache. Hundert Jahre später wird Spanisch von fast 400 Millionen Menschen gesprochen und ist nach Chinesisch, Englisch und Hindi die am vierthäufigsten gesprochene Sprache der Welt. Alles deutet darauf hin, dass sich dieser Trend auch über das 21. Jh. hinaus fortsetzen wird. Heute ist Spanisch die offizielle Sprache in 20 Ländern und eine der drei offiziellen und Arbeitssprachen in vielen internationalen Organisationen. Die USA sind mit ihren 35 Millionen Hispanos nach Mexiko, Spanien, Kolumbien und Argentinien die fünfte Nation weltweit hinsichtlich ihrer Einwohner mit der Muttersprache Spanisch. Der Anteil der Spanisch sprechenden Menschen an der Weltbevölkerung beläuft sich unter Einbeziehung allein der Länder, in denen Spanisch die offizielle Landessprache ist, auf ungefähr 6%. Dem gegenüber steht ein Anteil an 8,9% Englisch sprechender und ein Anteil an 1,8% Französisch sprechender Menschen. Ebenfalls bedeutend ist die Tatsache, dass 94,6% der Einwohner, die in Ländern wohnen, deren offizielle Landessprache Spanisch ist, diese Sprache sprechen. Dieser Prozentsatz liegt weit über dem, der in Ländern verzeichnet wird, in denen Französisch (34,6%) oder Englisch (27,6%) die Landessprache ist. Es gibt zwei Umstände, die das heutige Spanisch begünstigen: Zum einen die Homogenität der Sprache, die unabhängig des Herkunftslandes bzw. der gesprochenen Variante eine problemlose Verständigung unter den Sprechern ermöglicht. Zum anderen die Tatsache, dass es sich um eine Sprache handelt, in der eine ganze Reihe Schriftsteller von internationalem Ruf schreiben. Beides trägt zweifelsohne zum Prestige dieser Sprache bei. Der Hauptanteil der Spanisch sprechenden Menschen findet sich auf dem amerikanischen Kontinent. Dort leben neun von zehn aller spanischen Muttersprachler. Jeden Tag erweist sich Spanisch aufs Neue als zweitwichtigste Sprache in der internationalen Kommunikation von heute und immer mehr Menschen wollen diese Sprache erlernen. 1991 wurde das Instituto Cervantes gegründet, um die Lehre der spanischen Sprache und die Verbreitung der Kultur von Spanisch sprechenden Ländern zu fördern. Es ist eine gemeinnützige Institution, die von einer Stiftung geleitet wird, deren Ehrenvorsitzender der König von Spanien ist. Der spanische Ministerpräsident ist geschäftsführender Vorsitzender. Katalanisch. Es gehört neben Kastilisch, Portugiesisch, Französisch und anderen zu der Gruppe der westromanischen Sprachen. Seit der Einführung der Demokratie in Spanien hat diese Sprache eine bedeutende Wiederbelebung erfahren. Ihre Verwendung in Bildungseinrichtungen, in der öffentlichen Regionalverwaltung, die in ihr verfassten außerordentli- 133 Spanien heute Kreuzgang des Instituts für katalanische Studien 134 chen literarischen Werke sowie ihre Verwendung in Fernseh- und Rundfunksendungen, Tageszeitungen, Büchern, in der Musikbranche usw. bestätigen ihr schnelles Wiederaufleben. Das Eindringen der katalanischen Sprache ins tägliche Leben vollzog sich, ohne Spannungen in der Gesellschaft hervorzurufen und mit einer breiten Zustimmung der Bevölkerung und gesellschaftlicher Gruppen. Dies wird von allen während der letzten Jahre durchgeführten Umfragen bestätigt. Neueren Beurteilungen der Situation zufolge stellt die Sprachfrage für die breite Bevölkerungsmehrheit (drei Viertel aller Einwohner) kein Problem für das Zusammenleben dar. Katalanisch ist zusammen mit Kastilisch die offizielle Sprache in Katalonien (1979) und auf den Balearen (1983). Außerhalb Kataloniens wird diese Sprache in Andorra, in den an Katalonien grenzenden Randgebieten Aragoniens und in den nördlich der Pyrenäen gelegenen Gebieten Roussillon und Cerdagne sowie in der italienischen Stadt Algher (Sardinien) gesprochen. Die katalanische Sprache taucht in schriftlicher Form erstmals in der zweiten Hälfte des 12. Jh. auf. Aus dieser Zeit gibt es in Katalanisch juristische, wirtschaftliche, religiöse und geschichtliche Texte. Der erste bekannte Text, der vollständig in katalanischer Sprache abgefasst wurde, ist die Übersetzung eines kleinen Fragments des Liber iudiciorum, ein Gesetzeskodex der Westgoten aus der 2. Hälfte des 12. Jh. Ihr erstes literarisches Universaltalent kennt die katalanische Sprache seit dem 13. Jh.: Ramón Llull. Er ist der erste Schriftsteller, der diese Sprache als normales Kommunikationsmittel in Prosatexten und auch als nützliches Werkzeug verwendet, um seiner kulturellen Herkunft Ausdruck zu verleihen. Doch erst im 15. Jh. sollte die Erzählkunst mit Joanot Martorell zu wahrer Größe finden. Sein Werk Tirant lo Blanc gilt als der erste moderne Roman in der europäischen Literatur. Im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges (1705-1715) schließt Philipp V. alle in Katalonien noch vorhandenen Regierungseinrichtungen und verfügt die Inkraftsetzung der für alle Gebiete der Krone von Kastilien geltenden Gesetze. Katalanisch wurde in der Folgezeit wiederholt verboten und sogar regelrecht unterdrückt. Die Einführung in größerem oder geringerem Maße und [Der Staat und das politische Leben] der Gebrauch der Sprache in ihrem eigenen Gebiet hing seit dem 18. Jh. eher von politischen als von strikt soziokulturellen Gegebenheiten ab. Im 19. Jh. beginnt eine Zeit der wirtschaftlichen, kulturellen und nationalen Renaissance, die in Katalonien als „Renaixença“ bekannt ist. Die katalanische Sprache wird dank des Dichterwettbewerbs Juegos Florales (Blumenspiele) und so bedeutender Persönlichkeiten wie Jacint Verdaguer, Narcís Oller und Àngel Guimerà als Vehikel literarischer Schaffenskunst wiederbelebt. Die Renaixença bewirkte ein aufkeimendes Bewusstsein hinsichtlich der fehlenden Einheit bei der Verwendung der Sprache (es gab keine einheitlichen Regeln für die Schriftsprache) und der Notwendigkeit, Rechtschreibregeln auszuarbeiten. Die Gründung des Institut d’Estudis Catalans (1907) (Institut für katalanische Studien) ermöglichte mit der Veröffentlichung der Normes ortogràfiques (Rechtschreibregeln) (1913), des Diccionari ortogràfico (1917) (Wörterbuch der Rechtschreibung) und der Gramàtica catalana de Fabra (1918) (Katalanische Grammatik von Fabra) die Erstellung eines Regelwerks der katalanischen Sprache. Valencianisch. Das Autonomiestatut der Autonomen Region Valencia legt im Artikel 3 Valencianisch und Kastilisch als offizielle Sprachen der Region fest. Ferner bestätigt der Artikel, dass die Regionalregierung von Valencia die normale und offizielle Verwendung beider Sprachen garantiert und die notwendigen Maßnahmen ergreift, um ihre Beherrschung sicherzustellen. Darüber hinaus ist der Wiederbelebung der valencianischen Sprache besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In der Literatur gelangte diese Sprache im 15. und Anfang des 16. Jh. zu besonderem Ruhm, doch mit den Herzogen von Kalabrien begann der allmähliche Einzug des Kastilischen in die Schriftsprache, obwohl Valencianisch im täglichen Leben auch weiterhin gesprochen wurde. Ende des 19. Jh. leitete die als Renaixença bekannte Bewegung in künstlerischen Wettbewerben und in Literaturveröffentlichungen eine leichte Wiederbelebung der Sprache ein, die bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts andauerte. 1932 erhielten die Sonderregeln zur Rechtschreibung in der Provinz Castellón ihre Gültigkeit. Sie wurden von den valencianischen Schriftstellern vierzig Jahre hindurch problemlos befolgt. Das valencianische Parlament beschließt mit dem Gesetz 7/1998 vom 16. September 1998 die Einrichtung der Valencianischen Akademie für Sprachforschung. Artikel 3 dieses Gesetzes besagt, dass die Funktion dieser Akademie die Festlegung und, wo nötig, die Ausarbeitung von Sprachnormen der valencianischen Sprache ist. 135 Spanien heute Manuel de Larramendi, Dreisprachiges Wörterbuch für Kastilisch, Baskisch und Latein. San Sebastián, 1745 Baskisch. Diese Sprache ist eine der ältesten Europas. Hinsichtlich ihrer Ursprünge teilen sich die Meinungen. Einige Linguisten nehmen an, dass sie aufgrund einiger Ähnlichkeiten mit dem Georgischen mit den indogermanischen Sprachen verwandt ist. Heute wird im Baskenland, in Navarra und im französischen Teil des Baskenlandes Baskisch gesprochen. Die ersten in Baskisch geschriebenen Texte lassen sich mit dem 1545 von Bernard Dechepare veröffentlichten Linguae Vascomum Primitiae ins 16. Jh. zurückdatieren. Einige Jahre später fertigte Joan Leizarraga 1571 eine baskische Übersetzung des Neuen Testaments (Testamentu Berná) an. 1979 erklärte das Autonomiestatut Baskisch zur offiziellen Sprache der Autonomen Region des Baskenlandes. Seither wurden zahlreiche Regelwerke ausgearbeitet und verschiedene Organismen und Einrichtungen geschaffen, um die Kompetenz der baskischen Sprache zu verbessern, ihren Gebrauch zu fördern und ihr Ansehen zu erhöhen. Die Sprachpolitik der baskischen Regierung hat während der letzten 20 Jahre die Konsolidierung, Vereinheitlichung und die Verbreitung der baskischen Sprache in allen Bereichen verfolgt. Dazu wurden ein baskischer Radio- und Fernsehsender gegründet, spezielle Sprachlehrmodelle für das Bildungswesen erarbeitet und verstärkt der Erwachsenenunterricht zum Baskischlernen gefördert. Der diesbezüglich aufgestellte Maßnahmenkatalog konzentriert sich speziell auf die Bereiche Standardisierung und Modernisierung der baskischen Sprache, Schulausbildung, Kommunikationsmedien in Baskisch, Verwaltung und Arbeitswelt und schließlich auf das kulturelle Schaffen und spezielle Förderprogramme. Galicisch. Diese romanische Sprache ist dem Latein weitaus näher als Kastilisch. Sie wird in ganz Galicien sowie in den Grenzgebieten Asturiens, Leóns und Zamoras gesprochen. Ihre beste Zeit in der Literatur erlebte sie während des Mittelalters. Die Cantigas de Santa Mª de Alfonso X El Sabio (Lieder an die Heilige Maria von König Alfons X. dem Weisen) sind beispielhaft für den Gebrauch und das Prestige dieser Sprache in der Literatur des ausgehenden 13. Jh. Gegen Ende des Mittelalters beginnt für die galicische Sprache und Literatur aus verschiedenen historischen, ideologi- 136 [Der Staat und das politische Leben] schen, politischen und kulturellen Gründen eine lange Zeit des Niedergangs, die als „schwarze Jahrhunderte“ bezeichnet wird. Es wird die Gelegenheit verpasst, für das Galicische in der Renaissance ein sprachliches Regelwerk (Wörterbuch und Grammatik) auszuarbeiten, so wie es bei den anderen romanischen Sprachen geschah. Trotz dieses Umstandes wurde die Sprache in der Bevölkerung auch weiterhin gesprochen. Nachdem 400 Jahre vergangen waren (eine zum Verschwinden einer Sprache ausreichende Zeit), war das Galicische dank der mündlichen Überlieferung im Volke immer noch lebendig. Das 19. Jh. zeichnet sich in Galicien durch das „Rexurdimento” (Wiederbeleben) in der Literatur und durch die Bewegungen zur Verteidigung der Einzigartigkeit - auch der linguistischen - aus. 1863 veöffentlichte Rosalía de Castro ihr literarisches Werk Cantares Gallegos (Galicische Lieder) und zeigte damit, dass ein Volk seiner Kultur über die Sprache treu bleiben kann. 1905 wird die Königliche Akademie Galiciens gegründet und damit der Prozess der Wiederbelebung der Sprache institutionalisiert. Die „Irmandades da fala” (Bruderschaften der Sprache), die Gruppe “Nós” und andere gesellschaftliche Bewegungen unterstützen und fördern die Treue des Volkes seiner Sprache gegenüber. Nachdem das Trauma des spanischen Bürgerkriegs (1936-39) und dessen Folgen auch hier überwunden waren, begann man ab 1960 hinter sich zu lassen, was Celso Emilio Ferreiro als „Longa noite de Pedra” (Lange steinige Nacht) bezeichnete. Die Treue des galicischen Volkes seiner Sprache gegenüber wird durch die Ausarbeitung des Autonomiestatuts (1981), der offiziellen Anerkennung der Rechtschreib- und Morphologienormen der galicischen Sprache (1982) und der Zustimmung im galicischen Parlament zum Gesetz zur Sprachnormierung (1983) von offizieller Seite gewürdigt. Die Gruppe Nós förderte die Treue des galicischen Volkes zu seiner Sprache Das politische Leben: Historische und konstitutionelle Grundlagen Im Laufe des 19. Jh. bis hin zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs 1936 gab es in Spanien sieben Verfassungen und verschiedene sich ähnelnde Projekte und Reformvorschläge, die nie umgesetzt wurden. 137 Spanien heute Diese Eigentümlichkeit der spanischen Verfassungsgeschichte geht bis auf ihre Ursprünge zurück. Der erste spanische 1812 in Cádiz verkündete Verfassungstext wurde zwei Jahre später von König Ferdinand VII. bei seiner Rückkehr nach Spanien außer Kraft gesetzt. Damit wurde der Versuch im Keim erstickt, die Staatsgewalt über die politische Organisation des Ancien Régime zu stülpen und es begann eine Phase der Konspirationen, des Sektierertums und des Exils. Die großen politischen Veränderungen im Spanien des 19. Jh. gehen nicht von der Verfassung aus, sondern von dem Für oder Wider die minimale Verfassungsidee. Es geht um die Frage der Staatsgewalt, d.h. um die Durchsetzung des Demokratieprinzips oder des Monarchieprinzips. Der typiOhne die von den scherweise doktrinäre Gedanke der geteilten Hoheitspolitischen und gewalt überwog in Spanien bei weitem die Ideale der gesellschaftlichen Demokratie. Dies wird anhand folgender Zahlen deutlich: Die auf den Gedanken der nationalen StaatsKräften gewalt oder der Volksherrschaft basierenden Verdemonstrierte fassungen (jene von 1812, 1837, 1869 und 1931) Zurückhaltung und waren insgesamt 22 Jahre in Kraft, während die Verfassungen, bei denen sich das Parlament und die Umsicht wäre der Monarchie die Staatsgewalt teilten (jene von 1834, Übergang zur 1845 und 1876), 62 Jahre in Kraft waren. Demokratie nicht Es ist daher nicht überraschend, dass es in einer Gesellschaft, die von Jahrhunderte andauernden möglich gewesen Spannungen gezeichnet war, die ihren Ausdruck in tief greifender sozialer Ungleichheit fanden, zu regelmäßig wiederkehrenden Krisen, Wechsel der politischen Systeme und Gewaltausbrüchen kam, die schließlich in den Bürgerkrieg von 19361939 mündeten. Angesichts eines solch mühsamen Wegs durch die Geschichte verlief der politische Wechsel nach dem Tod Francos 1975 hin zur Demokratie in geradezu sanften Bahnen. Das Fundament zu diesem Wechsel wurde bereits in den siebziger Jahren gelegt. Spaniens Wirtschaft erfreute sich damals eines beschleunigten Aufwärtstrends, der zweifelsohne dazu betrug, den Drang nach Öffnung des politischen Systems zu verstärken und die Überkommenheit der Diktatur noch deutlicher zu machen. Ein einzigartiges Paradox des spanischen Übergangs in die Demokratie ergab sich aus der Tatsache, dass die rechtspolitischen Normen der Diktatur, die so genannten Grundgesetze, herangezogen wurden, um ein neues Grundgesetz auszuarbeiten, das eine Brückenfunktion zwischen der Vergangenheit und der neuen Demokratie erfüllen sollte. Dieses Gesetz, das Gesetz zur politischen Reform, wurde im September von der Regierung unter Vorsitz Adolfo Suárez’ erarbeitet und vom Parlament fast einstimmig gebilligt. Mit der Unterzeichnung dieses Gesetzes verfügte dieses Parlament, das als Erbe des vorherigen Regimes anzusehen war, sein eigenes Ver- 138 [Der Staat und das politische Leben] schwinden. Gegen Ende des Jahres wurde das Gesetz in einem Referendum, bei dem die Opposition erfolglos zur Stimmenthaltung aufrief, mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Die Vorschriften des Gesetzes ermöglichten die Durchführung der ersten demokratischen Wahlen im Juni 1977. Ohne die gemäßigte und kluge Haltung der Mehrheit der politischen und gesellschaftlichen Kräfte, ohne das vom ganzen spanischen Volk demonstrativ gezeigte Verantwortungsbewusstsein und die entschiedene Verpflichtung zum Übergang zur Demokratie seitens des spanischen Königs Juan Carlos I. wäre all dies nicht möglich gewesen. Die politischen Parteien Die spanische Verfassung definiert die politischen Parteien in ihrem Artikel 6 als Ausdruck des Pluralismus, Mittel zur Kanalisierung des Volkswillens und Instrumente zur politischen Mitbestimmung. Sie schützt ihre Gründung und ihre Aktivitäten und legt fest, dass ihre Strukturen und Funktionsweise demokratisch sein müssen. Indem sie sie als Grundelemente des politischen Lebens beschreibt, bietet die Verfassung ihnen einen rechtlichen Sicherheitsrahmen und vermeidet, dass sie aufgrund autoritärer Organisationsformen oder Praktiken das politische System gefährden. Das Gesetz zur Regulierung der politischen Parteien von 1978 verfügt ihre Gründungsfreiheit und nennt Kriterien hinsichtlich ihrer demokratischen Strukturen. Das Ausführungsgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (1987) regelt die Grundzüge der öffentlichen Parteifinanzierung. Das wesentliche Kriterium ist hierbei deren Vertretung im Parlament. Da ihre Mitgliederzahlen weit unter denen anderer Parteien Europas liegen, ist eine öffentliche, auf den Wahlergebnissen basierende Finanzierung notwendig. Das Parteiensystem spiegelt die gemäßigte ideologische Einstellung der spanischen Wählerschaft seit Beginn des Übergangs zur Demokratie wider. Mehr als 150 Parteien oder Wahlbündnisse stellten sich 1977 mit etwa 4.500 Kandidaten zur Wahl. Diese große Zahl wurde durch die Entscheidung der Wähler jedoch drastisch reduziert. Es gibt ungefähr 500 formal im entsprechenden Register eingetragene Parteien. Nur 20 von ihnen erfüllen die minimal notwendigen Organisationsanforderungen und noch weniger sind es, die in signifikanter Weise im nationalen oder in den regionalen Parlamenten vertreten sind. Folgende politische Parteien oder Wahlbündnisse sind derzeit im nationalen Parlament vertreten: Partido Popular - PP (Volkspartei) Sie ist die derzeitige Regierungspartei. Sie wurde 1976 unter dem Namen Alianza Popular - AP (Volksallianz) von Manuel Fraga Iri- 139 Spanien heute barne gegründet. Die PP definiert sich als die Partei der Freiheiten und ist als Mitte-Rechts-Partei einzustufen. In den Wahlen von 1977 war ihr Ergebnis noch äußerst bescheiden. Doch schon 1982 verwandelte sie sich in die Partei mit dem zweithöchsten Wählerzulauf im Land und stieg zur ersten Oppositionspartei auf. Ihre Fortschritte in den Parlamentswahlen von 1986 und 1989 waren gering. Einen weiten Schritt nach vorn machte sie 1991 bei den Regional- und Gemeindewahlen. Dieser Trend setzte sich auch in den Parlamentswahlen von 1993 fort. 1996 erreichte sie die relative Mehrheit und wurde Regierungspartei. Auch aus den Regional-, Gemeinde- und Europawahlen am 13. Juni 1999 ging sie siegreich hervor. Ihren großen Sieg errang sie im Jahr 2000 mit der absoluten Mehrheit von 183 Sitzen bei den Parlamentswahlen. Partido Socialista Obrero Español - PSOE (Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens) Sie ist die älteste Partei Spaniens. Gegründet wurde sie 1879 von Pablo Iglesias, der Jahre später auch die Gewerkschaft „Unión General de Trabajadores“ - UGT (Allgemeine Arbeitergewerkschaft) gründete. 1979 nahm die PSOE Abschied von ihren marxistischen Forderungen, um sich den von der Mehrheit der sozialdemokratischen Kräfte Westeuropas vertretenen Thesen anzupassen. Im politischen Spektrum Spaniens gehört sie zur gemäßigten Linken. Aus den Parlamentswahlen von 1977 und 1979 ging sie als stärkste Oppositionspartei hervor. Bei den Gemeindewahlen von 1979 zog sie als Regierungspartei in die wichtigsten Rathäuser des Landes ein. Im Oktober 1982 erzielte sie mit 202 Abgeordneten bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit. Sie regierte bis 1993, als sie bei den Wahlen die relative Mehrheit erhielt. Bei den Parlamentswahlen im März 1996 musste sie die Regierungsverantwortung an die PP abgeben. In Jahr 2000 erzielte sie mit 125 Sitzen ihr schlechtestes Wahlergebnis überhaupt, obwohl sie die zweitstärkste Partei blieb. José Mª Aznar mit José Luis Rodríguez Zapatero 140 [Der Staat und das politische Leben] Izquierda Unida - IU (Vereinigte Linke) Gegründet 1986 handelt es sich um ein Wahlbündnis, das politisch links einzuordnen ist und aus folgenden Parteien besteht: Partido Comunista de España (PCE), Partido de Acción Socialista (PASOC), Izquierda Republicana (IR) und Candidatura Unitaria de Trabajadores (CUT). Auf der 7. Landesversammlung der Partei der sozialistischen Aktion (PASOC) wurde beschlossen, der Organisationsstruktur der IU den Rücken zu kehren, um die Parteisouveränität zurückzugewinnen. Vertreter des kritischen Flügels der Partei entschieden sich jedoch für die Schaffung einer Strömung, um in kollektiver Weise an dem IU-Projekt weiterzuarbeiten. José Mª Aznar mit Jordi Pujol Federació Convergència i Unió - CIU (Föderation Konvergenz und Union) Es handelt sich hierbei um ein aus zwei gemäßigt nationalistischen Parteien bestehendes Bündnis, das seit 1980 die Regierung in der Autonomen Region Katalonien stellt. Diese beiden Parteien sind die liberale Demokratische Konvergenz von Katalonien (CDC) und die christliche Demokratische Union von Katalonien (UDC). Bei den Parlamentswahlen von 1993 und 1996 war ihr Beitrag zur Regierbarkeit des Landes entscheidend. 1993 unterstützten sie die PSOE, als sie nicht die absolute Mehrheit erzielte, und 1996 die PP, die sich damals in derselben Lage befand. Partido Nacionalista Vasco - PNV (Nationalistische Baskenpartei) Diese Partei wurde 1895 von dem bekannten baskischen Politiker Sabino Arana gegründet. Sie ist eine gemäßigte christlich-nationale Partei und stellt die Regierung des Baskenlandes. Bei den Regionalwahlen 2001 präsentierte sie sich in einer Koalition mit der Partei Eusko Alkartasuna, von der sie sich Jahre zuvor getrennt hatte, und gewann die Wahlen mit relativer Mehrheit. José Mª Aznar mit Juan José Ibarretxe Coalición Canaria - CC (Kanarische Koalition) Diese Anfang 1986 gegründete Gruppierung besteht aus einer Reihe kleinerer politischer Formationen der Kanarischen Inseln: 141 Spanien heute Agrupaciones Independientes de Canarias (AIC), Asamblea Majorera (A.M.), Centro Canario Nacionalista (CCN), Iniciativa Canaria und Partido Nacionalista Canario (P.N.C.). Verbunden sind sie durch ihre gemäßigt nationalistische und zentralistische Ausrichtung. Sie stellt die Regierung der Autonomen Region der Kanarischen Inseln. Gemischte Gruppen Ein wichtiges Phänomen im Parteiensystem Spaniens ist das Vorhandensein regionaler oder nationalistischer politischer Formationen, die sowohl auf Landesebene als auch auf Regional- und Gemeindeebene vertreten sind. Zusätzlich zu den drei genannten Gruppen sind weitere zu nennen, die über eine eher geringe Vertretungsstärke verfügen: Bloque Nacionalista Galego (BNG), Esquerra Republicana de Catalunya (ERC), Eusko Alkartasuna (EA), Chunta Aragonesista (CHA), Iniciativa per Catalunya-Verds (ICV) und Partido Andalucista (PA). Parlaments-, Regional-, Gemeinde- und Europawahlen Die Teilnahme der Spanier am politischen Leben erfolgt über die Wahl von Vertretern. Es werden Wahlen auf vier verschiedenen Ebenen durchgeführt. Die Parlamentswahlen. Bei diesen Wahlen werden die Volksvertreter des nationalen Parlaments gewählt. Jede der beiden Parlamentskammern verfügt über ein eigenes Wahlsystem. Für das Abgeordnetenhaus gilt ein leicht abgeändertes Verhältniswahlrecht. Die Wahlkreise entsprechen den Provinzgrenzen und verfügen aus der Logik des Systems heraus über mehrere Kandidaten. Die Kandidaten werden auf festen Listen präsentiert. Die Anzahl der in jedem Wahlkreis zu Die Teilnahme der wählenden Abgeordneten errechnet sich wie folgt: Spanier an der Jeder Wahlkreis erhält automatisch mindestens zwei Sitze. Die übrigen Mandate werden proportional Politik erfolgt über nach der Bevölkerungszahl auf die Provinzen vervier Wahlen auf teilt. Aufgrund der demographischen Ungleichheit unterschiedlichen unter den Provinzen verfügt die Mehrzahl der Wahlkreise über eine niedrige Sitzzahl. Bei der AuszähEbenen lung der Stimmen findet das Verfahren nach d’Hondt Anwendung. Danach werden die erzielten Stimmen jeder Partei nacheinander durch 1, 2, 3 usw. geteilt, bis die Zahl der Sitze des entsprechenden Wahlkreises erreicht ist. Anschließend werden den höchsten Quotienten Sitze zugeordnet, wobei die restlichen unberücksichtigt bleiben. Eine gesetzliche Sperrklausel von 3% schließt die Kandidaten von der Sitzverteilung aus, die diesen Prozentsatz nicht erreichen. Diese Sperrklausel besitzt nur in großen Wahlkreisen Gültigkeit. 142 [Der Staat und das politische Leben] Das spanische Wahlsystem Wahlkörper (Spanier im Alter von mind. 18 Jahren) Politische Parteien und Wahlbündnisse Parlamentswahlen Zweikammerparlament 350 Abgeordnete des Abgeordneten hauses 208 Senatoren 48 Senatoren pro Autonome Region Regionalwahlen Parlamente der Autonomen Regionen und der Städte mit Autonomiestatut Gemeinderatswahlen Europawahlen Europäisches Parlament 85.572 Gemeinderatsmitglieder 64 Europaparlamentarier 1.169 50 Mitglieder Abgeordnete der Parlamente der 17 von Ceuta Regionalparamente und Melilla (gleichzeitig Gemeinderatsmitglieder) 1.250 Provinzialratsmitglieder Ministerpräsident 17 Präsidenten der Autonomen Regionen 2 Präsidenten der mit Autonomiestatut ausgestatteten Städte (gleichzeitig Bürgermeister) 8.104 Bürgermeister 43 Präsidenten der Provinzialräte Quelle: Eigenproduktion Der Senat verfügt über ein Mehrheitswahlsystem mit Einschränkungen in Wahlkreisen mit mehreren Kandidaten. Jeder Wähler kann bis zu drei der vier in jedem Wahlkreis aufgestellten Kandidaten wählen. Gewählt wird durch Kennzeichnung der gewünschten Kandidaten in einer Einheitsliste mit allen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführten Kandidaten. Nach diesem Verfahren werden 208 Senatoren gewählt. Dazu kommen noch 46 weitere Senatoren, die von den Parlamenten der Autonomen Regionen ernannt werden (ein Senator pro Autonome Region und ein weiterer pro 1 Million Einwohner). Das Wahlverfahren für den Senat ist außergewöhnlich in Spanien, denn sowohl bei den Wahlen zu den Parlamenten der Autonomen Regionen als auch bei den Gemeinde- und Europawahlen wird ein Wahlverfahren verwendet, das dem für das Abgeordnetenhaus ähnelt. Diese Ausnahme wird damit begründet, dass der Senat eine territoriale Kammer ist. Die Regionalwahlen. Sie erfolgen in allen 17 Autonomen Regionen Spaniens und in den Städten Ceuta und Melilla, die über ein eigenes Autonomiestatut verfügen. Bei diesen Wahlen werden die Vertreter der entsprechenden Parlamente gewählt. Ihre Größe variiert entsprechend der Einwohnerzahl der jeweiligen Auto- 143 Spanien heute nomen Region zwischen 33 und 135 Sitzen. Eine Ausnahme bildet hierbei das Baskenland. Dort werden unabhängig von der Einwohnerzahl jedem historischen Gebiet 25 Abgeordnete zuerkannt. Die Gemeinderäte der Städte Ceuta und Melilla bestehen ebenfalls aus 25 Personen. Die Gemeindewahlen. Sie finden zeitgleich mit den Regionalwahlen in 13 Autonomen Regionen statt (da das Autonomiestatut von Katalonien, des Baskenlandes, Galiciens und Andalusiens die Möglichkeit einer vorzeitigen Parlamentsauflösung vorsieht, können die Präsidenten dieser Autonomen Regionen das Datum für die Wahl in ihren Regionen festsetzen). Die Spanier der über 8.000 Gemeinden wählen ihre Gemeinderatsmitglieder in direkter Wahl. Anschließend wählen die Gemeinderatsmitglieder einen Bürgermeister. Der Wahlkreis ist die Gemeinde. Die Europawahlen. Bei dieser Wahl wählen die Spanier 64 Vertreter in das Europaparlament. Der Wahlkreis ist das gesamte Staatsgebiet. Ebenso wie bei den Abgeordnetenhauswahlen erhält der Wähler auch hier eine feste Liste. Bei der Zuweisung der Sitze findet dasselbe Verfahren Anwendung wie bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Regional- und Gemeindewahlen. Die Bürger und die Verwaltung Das demokratische System hat die Ende der 50er Jahre bereits vorhandenen Konzepte im Bereich der Regelbestimmungen für die Organisation der staatlichen Verwaltung und deren Beziehung zu den Bürgern vollkommen umstrukturiert, obschon diese für ihre Zeit schon sehr fortschrittlich waren Diese Umstrukturierung bestand im Wesentlichen in der Annäherung der Verwaltung an die Verwalteten. Erreicht wurde dies durch die Autonomie lokaler Verwaltungseinrichtungen, die Schaffung der Verwaltungen der Autonomen Regionen und durch eine Beteiligung der Bürger in den sie betreffenden Verwaltungsangelegenheiten. Das Prinzip der Rechtmäßigkeit beim öffentlichen Handeln erfordert nicht nur die vollständige Unterwerfung der Verwaltung unter das Gesetz, sondern auch die Möglichkeit aller Bürger, sich über die Verwaltungstätigkeit offen zu informieren (Öffentlichkeitsprinzip). Ferner muss die Möglichkeit bestehen, bei durch die Verwaltung verursachten Schäden eine Entschädigung zu erhalten. Dazu können Beschwerden eingereicht werden, die zunächst von der Verwaltung selbst bearbeitet werden und dann, falls es notwendig sein sollte, an die Verwaltungsgerichtsbarkeit weitergeleitet werden. Die letzte Instanz ist in einem solchen Fall der Oberste Gerichtshof. 144 [Der Staat und das politische Leben] Die Verteidigung der Freiheiten Die Rechte und Freiheiten der Bürger sind in Titel I der Verfassung zusammengefasst und werden in drei Abschnitte gegliedert. Jedem von ihnen wird aus rechtlicher Sicht ein bestimmter Grad an Schutz zuerkannt. Im ersten Abschnitt werden die den höchsten Schutz genießenden Grundrechte und Grundfreiheiten aufgeführt: das Recht auf Leben und körperliche und moralische Unversehrtheit; die Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses, der Religion und des Kults; die Freiheit und Sicherheit; das Recht auf Ehre, auf die persönliche und familiäre Intimsphäre und das Recht auf das eigene Bild; das Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes und Freizügigkeit im nationalen Hoheitsgebiet; das Recht auf freie Äußerung und Verbreitung von Gedanken und Meinungen; das Recht auf Versammlung, Vereinigung und Teilnahme; das Recht auf wirksamen Schutz durch Richter und Gerichte; prozessrechtliche und strafrechtliche Garantien; das Recht auf Erziehung; das Recht, sich frei gewerkschaftlich zu organisieren und das Recht, Petitionen individuell oder kollektiv vorzubringen. Diese Rechte und Freiheiten werden allein durch Ausführungsgesetze geregelt, zu deren Verabschiedung die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus erforderlich ist. Sie sind durch ordentliche Rechtsverfahren geschützt, die auf dem Vorrangsund Abkürzungsprinzip basieren. Bei Ausschöpfung des ordentlichen Rechtswegs können sie auch durch eine Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsgericht eingefordert werden. Die Verfassung von 1978 definiert Spanien als sozialen und demokratischen Rechtsstaat, der sich zu Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und politischem Pluralismus als den obersten Werten bekennt. Eine zweite Gruppe fasst jene Rechte und Pflichten zusammen, deren Schutz im Wesentlichen auf der Notwendigkeit beruht, sie stets wie Gesetze zu behandeln. Sie sollen die Bürger zu aktiven Mitgliedern der Gemeinschaft machen und sie dazu befähigen, ihr eigenes Los mitzubestimmen (Antragsrecht, Wahlrecht, Recht auf die Gründung politischer Parteien auf Initiative der Bürger hin). Im dritten Abschnitt sind die Leitprinzipien der Sozial- und Wirtschaftspolitik enthalten. Hier werden die Sozialgesetze (Recht auf Arbeit, Gewerkschaftsrecht, Recht auf Unternehmensfreiheit, Recht auf Schutz der Gesundheit, Recht auf Kultur, Recht auf Umwelt usw.) geregelt. Abgesehen von den o.g. verfahrenstechnischen Garantien besitzt das System zum Schutz der Grundrechte in Spanien einen komplizierten Aufbau, angefangen bei dem Grundlegenden (Aufbau der Sicherheitsstrukturen) bis hin zu den die Sicherheit garantierenden Einrichtungen (Verfassungsgericht). 145 Spanien heute Sicherheitskräfte und -polizei Die öffentliche Sicherheit liegt ausschließlich im Kompetenzbereich des Staates. Ihre Aufrechterhaltung obliegt der Landesregierung. Die Regelung der Kompetenzen bezüglich der Sicherheit ist im Ausführungsgesetz über die Sicherheitskräfte und -polizei von 1986 festgeschrieben. Die Sicherheitskräfte und -polizei sind: a) Die der Landesregierung unterstellten Sicherheitskräfte und -polizei des Staates. Ihr Einsatzgebiet dehnt sich auf den gesamten Staat aus. Sie bestehen aus der Staatspolizei und der Guardia Civil. Ihre Aufgabe ist es, die freie Ausübung der Rechte und Freiheiten zu schützen und die Sicherheit der Bürger zu garantieren. Die Staatspolizei ist ein dem Innenministerium unterstelltes bewaffnetes Organ von zivilem Charakter. Sie übt ihre Funktionen in den von der Regierung bestimmten Provinzhauptstädten, Gemeindegebieten und Stadtkernen aus. Die Guardia Civil ist ein Sicherheitskörper, der Mitte des 19. Jh. erschaffen wurde. Es handelt sich bei ihr um ein dem Innenministerium und Verteidigungsministerium unterstelltes bewaffnetes Organ von militärischem Charakter. Sie übt ihre Funktionen in allen übrigen Gebieten des spanischen Hoheitsgebiets zu Land und zu Wasser aus. b) Die den Autonomen Regionen unterstellte Polizei. Einige Autonome Regionen haben im Rahmen der ihnen durch ihr Autonomiestatut zuerkannten Kompetenzen ein eigenes Polizeiorgan geschaffen, das in der Verfassung und im Ausführungsgesetz über die Sicherheitskräfte und -polizei festgeschriebene Beobachtungsund Schutzaufgaben wahrnimmt. Zu diesen Polizeiorganen gehören unter anderem die Mosos d´Esquadra in Katalonien, die Ertzaina im Baskenland und die Policía Foral in Navarra. c) Die den Gebietskörperschaften unterstellte Polizei. Bei dieser Polizei handelt es sich um bewaffnete Organe von zivilem Charakter mit hierarchischem Aufbau und Organisation. Die örtliche Polizei ist im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Anwendung und Umsetzung der speziellen am Ort geltenden Vorschriften verantwortlich. Der Kampf gegen den Terrorismus Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie auf die Freiheit der Meinungsäußerung sind grundlegende in der spanischen Verfassung verankerte Rechte. Diese Rechte werden ebenso wie in anderen Ländern durch den Terrorismus gefährdet, der sich in die größte Gefahr für die Bürger, die demokratischen Gesellschaften und den Rechtsstaat verwandelt hat. Diese Gefähr- 146 [Der Staat und das politische Leben] dung kam in besonders dramatischer Weise durch die Anschläge vom 11. September 2001 zum Ausdruck. Diese tragischen Ereignisse haben jedoch das Bewusstsein für die globale Reichweite des Problems geschärft und die Notwendigkeit deutlich gemacht, nachdrücklich, auf globaler Ebene und vereint auf den Terrorismus zu reagieren und die internationale Zusammenarbeit zu fördern, um ihn auszulöschen. Dies kommt in der Resolution 1373 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und in den während der außerordentlichen Versammlung des Europäischen Rats am 21. September 2001 getroffenen Entscheidungen zum Ausdruck, die einen Antiterrorismusplan festlegten. Dieses gravierende Problem sorgt in Europa für äußerste Besorgnis. Daher ist der Kampf gegen den Terrorismus in einem Raum der Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit vorrangig. Zudem ist er das oberste Ziel während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2002. In Spanien begannen die terroristischen Aktivitäten der ETA bereits vor der Einführung der Demokratie in den 60er Jahren. Sie verfolgen ein klares Ziel: Erzwingung der Unabhängigkeit des Baskenlandes unter Anwendung von Gewalt. Dazu bediente sich die ETA der Methoden bewaffneter Terrororganisationen wie Verbrechen, Entführung und Erpressung. Mit der Ankunft der Demokratie, die allen Parteien und Organisationen unabhängig von ihren Zielen und Ideen die Tore zur aktiven Arbeit öffnete, und nach einer Generalamnestie im Jahre 1977, hoffte die gesamte spanische Gesellschaft, dass die ETA den bewaffneten Kampf beenden würde. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Die Terrororganisation beschloss nicht nur, die Gewalt nicht zu beenden, sondern sie intensivierte ihre kriminellen Aktivitäten. Die spanische Verfassung von 1978 hat den so genannten Staat der Selbstverwaltungen geschaffen und garantiert den Autonomen Regionen damit das Recht auf Selbstverwaltung. In einer Wahl von 1979 entschieden sich 90% der Basken für das Autonomiestatut des Baskenlandes. Es schreibt dieser Region einen Grad an Kompetenzautonomie und Selbstverwaltung zu, der den anderer Autonomer Regionen in der Welt weit übersteigt. Einige der Bereiche, in denen die baskische Regierung über Kompetenzen verfügt, sind die Justizverwaltung, „Concierto Económico“ (Finanzabkommen zur Regelung der steuerlichen Beziehungen zwischen der Zentralregierung und dem Baskenland), Infrastruktur, Industrie- und Wirtschaftsförderung, Raumordnung, Gesundheit, Bildung und Ausbildung, Kultur und Verkehrswesen. Ferner verfügt das Baskenland über eine eigene Finanzbehörde und eine eigene Polizei. Alle spanischen Regierungen waren den Folgen des Terrorismus ausgesetzt und sind unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Mittel gegen ihn vorgegangen. Die spanische Gesellschaft 147 Spanien heute und besonders die baskische und ihre Institutionen sind Opfer der terroristischen Anschläge der ETA. Eine Ahnung von der Größenordnung des Problems mag vielleicht die Anzahl der Opfer geben: Ende 2001 waren es nahezu 1000. Heute läuft jede Person in Spanien Gefahr, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Baskenlandes ein Opfer der Terroraktionen der ETA zu werden, unabhängig davon, welchen Beruf sie ausübt, welcher Gesellschaftsschicht sie angehört oder welche politische Einstellung sie hat. Hinzuzufügen sind den von der ETA als Ziel ausgewählten Opfern nämlich jene, die es aufgrund der wahllos verübten Attentate an öffentlichen Orten gibt. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die spanischen Gesetze weder die Todesstrafe noch das politische Verbrechen kennen. In Spanien gibt es niemanden, der aus politischen Gründen im Gefängnis ist. Die demokratischen Kräfte haben im Laufe der Jahrzehnte nicht nachgelassen, die ETA aufzufordern, die Waffen niederzulegen, der Gewalt zu entsagen und die demokratischen Spielregeln zu akzeptieren. Im Laufe der Zeit hat sich die Kluft zwischen der ETA und der Gesellschaft vertieft. Zeugen hierfür sind die Massendemonstrationen zum Zeichen der Ablehnung und als Antwort auf die Attentate in allen Städten Spaniens und die systematische und allgemeine Verurteilung dieser Gewaltakte in allen Medien. Am 8. Dezember 2000 unterzeichneten die beiden großen Parteien PP und PSOE ein Abkommen über die Freiheit und gegen den Terrorismus, in dem sie erklären, dass „die Gewalt moralisch verwerflich und vollkommen unvereinbar mit einem politischdemokratischen Handeln ist”. Sie stimmen überein, dass „die terroristische Gewalt unter keinen Umständen zu politischen Vorteilen führt”, da „der Frieden, das freie Zusammenleben und die Achtung der Menschenrechte keine verhandelbaren Werte sind”. Dieses Abkommen wurde von den wichtigsten Sozialpartnern und gesellschaftlichen Gruppen bestätigt. Während dieses ganzen Prozesses hat die intensive Arbeit der Sicherheitskräfte nicht nachgelassen. Dies bestätigt sich durch die Zerschlagung terroristischer Kommandos, die Verhaftung von ETA-Mitgliedern sowie die Sicherstellung umfangreicher Materialien zur Durchführung von Attentaten. Im Antiterrorkampf zählt Spanien auf die Unterstützung und Zusammenarbeit mit anderen Staaten, in denen festgestellt wurde, dass sich dort ETA-Mitglieder aufhalten. Die Zusammenarbeit mit Frankreich wird sowohl auf politischer als auch auf juristischer Ebene immer enger. Auch das Auslieferungsverfahren ist zwischen Spanien und zahlreichen europäischen und iberoamerikanischen Staaten, mit denen die Zusammenarbeit gegen die ETA intensiviert wurde, zu einem gewöhnlichen Vorgang geworden. 148