Nachhaltigkeit und grüne Korridore: Verkehr und Umweltkosten, hin zu einem Modell der Green Economy Paolo Angelini Ministerium für Umwelt-, Landschafts- und Meeresschutz Generaldirektion für nachhaltige Entwicklung, Klima und Energie Trient, 6. September 2011 Schlüsselelemente der Präsentation: 1) Verkehrsszenarien in der EU: die Alpen 2) Verkehr, Transport, Ökosysteme 3) Verkehr und Lebensqualität: eine Kosten-NutzenRechnung 4) Die grünen Korridore: mögliche Ansätze 5) Die „Green Economy“: Entwicklung, Umweltqualität, territorialer Wohlstand 6) Welche Perspektiven für die grünen Korridore im Kontext der Green Economy? Erreichbarkeit und Verkehrsszenarien in der EU: die Alpen Alpenquerender Güterverkehr 1980-2009 Moncenisio / Fréjus – Brenner Mio. Tonnen / Jahr (Netto) Frankreich Schweiz Österreich Straße Eisenbahn Straße Eisenbahn Straße Eisenbahn Insgesamt Insgesamt Insgesamt Legende: Straße Eisenbahn einschließlich kombinierter Verkehr Beispiel: Modal Shift und Zuwachs im alpenquerenden Güterverkehr (Daten Alpinfo, 2009) MA: Laut Angaben der Europäischen Kommission wird der Güterverkehr in Europa zwischen 2000 und 2020 insgesamt um 50% zunehmen. Welche Infrastrukturpolitik? Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt Der Verkehr wirkt sich – genauso wie andere Tätigkeiten – negativ auf die Umwelt aus, mit unerwünschten Folgen für die Ökosysteme (Angesichts der Hochwertigkeit der alpinen Ökosysteme kann der Schaden zum Beispiel in den Alpen besonders groß sein, d. h. es kommt zu einer quantitativen und qualitativen Verschlechterung der „von den Ökosystemen erbrachten Leistungen“, die ökonomisch bewertet werden können) Verkehr und Umwelt > Lebensqualität • Infrastrukturen, soziale Vorteile: Wirtschaftsentwicklung, Bewegungsfreiheit, Zugänglichkeit zu hochwertigen Gütern und Dienstleistungen, mehr Auswahl und besserer Zugang, Entwicklung von sozialrelevanten Verkehrsdiensten (Mobilität), überregionaler sozialer Zusammenhalt • Umwelt: die Umweltverschmutzung nimmt mit steigendem ProKopf-Einkommen ab (Kuznets). Die Lebensqualität ist abhängig von der Qualität der Umwelt: QdV: Hin zu Verkehrsinfrastrukturen, die mit einer qualitativ hochwertigen Umwelt verträglich sind! (Green Corridors) Verkehr und Umwelt > Sozialkosten Externe verkehrsbedingte (Sozial-) Kosten sind: Umweltverschmutzung, Lärmbelastung, Unfälle, CO2-Emissionen, Staus auf Infrastrukturen; sie können auch finanziell bewertet werden (vgl. EEA, 2006): Ziel der grünen Korridore ist die MINIMIERUNG der externen Kosten und die MAXIMIERUNG der Vorteile der Infrastrukturnetze (z.B. TEN-T) Es gilt die integrierte Gesamtbilanz von Kosten und Nutzen zu berücksichtigen und die geeignetsten Methoden zur entsprechenden Bewertung zu finden (zum Beispiel monetär: $,€) Infrastrukturen und Umweltauswirkungen des Verkehrs 105% 100% 100.00% 100% 100% 100% 96.3% 95.7% 95% 89.7% 90% 85% Old Regime New Regime 84.1% 80% 75% NOx Die in AlpFRail geschätzten Auswirkungen (2006) PM10 CO2 Energy Der Fall Schweiz: Transitbesteuerung von Schwerfahrzeugen nach Leistung und zurückgelegten Strecken Die durch den Straßenverkehr bedingten Emissionen können durch den Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnetzes beträchtlich gesenkt werden (EU Interreg Alpfrail; CH) Erreichbarkeit und Verkehrsszenarien in der EU: die Alpen Die Erreichbarkeit ist eine (notwendige, aber nicht ausreichende) Voraussetzung für die Wirtschaftsentwicklung auf regionaler Ebene in der EU (und darüber hinaus). Im allgemeinen besteht eine enge und positive Beziehung zwischen Erreichbarkeit und regionaler Wirtschaftsentwicklung. In der EU weisen 2/3 der Regionen mit guter Erreichbarkeit auch großen wirtschaftlichen Erfolg und gute Wettbewerbsorientierung auf. (Espon, 2009) Die verschiedenen Infrastrukturen bewirken unterschiedliche Arten der Erreichbarkeit: die Straßen „kontinuierlich“, die Eisenbahn „punktuell“ (Verkehrsknoten), die Flughäfen fördern die polyzentrische Entwicklung und begünstigen die globale Integration. Wünschenswert ist die „multimodale“ Erreichbarkeit, die „Hotspots“ generiert. 2001-2006: Multimodale Erreichbarkeit, EU: +8,7% Green Corridors Elemente für eine gute Politik der grünen Korridore: 1) Geringere Länge 2) Geringere Neigung 3) Nutzung erneuerbarer Energien für den Transport entlang des Korridors (H2, Wasserkraft) 4) Multimodale Korridore, die die externen Kosten integrieren und Anreize zur Nutzung des günstigsten Korridors schaffen Policy: • Ein grüner Korridor bietet Vorteile und generiert Kosten: Zur Bewertung der Nachhaltigkeit ist eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen: Wie? • Element einer Politik der „vollständigen Klimaneutralität“ im Alpenraum: das Gebiet ist imstande, den Klimawandel im Sinne der Anpassung und Milderung ehrgeizig zu bewältigen, ist aber auf der Suche nach zusätzlichen Vorteilen. • Element einer Angebotspolitik als Reaktion auf eine strukturierte soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachfrage. Alle Elemente verdienen Beachtung! • Eine für öffentliche und private Beteiligung offene Politik, deren Maßnahmen auf Rationalisierung, Sicherheit und Effizienz im Einsatz der Ressourcen (zum Beispiel VOLVO Green Corridors: Fahrspuren für den Schwerverkehr, auf denen der Gütertransport abgewicklet wird), auf die Förderung neuer Technologien sowie auf Management- und Logistikprozesse ausgerichtet sind Green Economy & Green Corridors: einige Gemeinsamkeiten • Soziale Ziele (Verkehr, Zugang zu den Dienstleistungen, Wirtschaftsentwicklung) • Umweltverträglichkeit von Infrastrukturen und die den Ökosystemen und ihren Leistungen zuerkannte Bedeutung • Umweltressourcen als Energiequelle für nachhaltigen Verkehr („Resource efficiency“) • Wechselwirkung und Störung der Ökosysteme durch Infrastrukturen (Ecological Connectivity), ihre Bedeutung für die Aufwertung der Ökosysteme (zum Beispiel Wälder) als Erholungsraum und andere Arten der Nutzung von Ökosystemen (Versorgung mit Gütern, Ansiedlung, usw.) • Rolle der Verkehrsinfrastrukturen: zwischen Ausgleich der Umweltauswirkungen und Chancen durch „Modal Shift“ • Beitrag der grünen Korridore zur „Lebensqualität“: Es sind Ad hocIndikatoren für die Umwelt und über die Umwelt hinaus erforderlich! Perspektiven und Schlußfolgerungen • Verkehrsinfrastrukturen und Lebensqualität: Es ist erforderlich eine Analyse sowohl der Kosten als auch der verkehrsbedingten Nutzen zu erarbeiten • Grüne Korridore und nachhaltige Gebietsentwicklung können in einer umfassenden Perspektive von Umweltqualität (zum Beispiel weitreichende Klimaneutralität) miteinander Schritt halten • Mögliche Nutzung von Infrastrukturen, die Zugang zu abgelegenen Gebieten schaffen (zum Beispiel geschützte Gebiete) • Integration und Green Economy: Viele Akteure arbeiten im Sinne der Green Economy zusammen, mögliche Vernetzung zwischen Umwelt und Wirtschaftsentwicklung (Win-win-Politik) • Die externen Verkehrskosten zulasten der Umwelt und ihre Vorteile: Auswirkungen der Infrastrukturen und deren Ausgleich durch wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile (Spillover) (zum Beispiel im Falle des Modal Shift): Die grünen Korridore sind eine vielversprechende theoretische Perspektive!