Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Elektrostatik 5 2.1 Elektrische Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Elektrisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3 Elektrisches Potential und Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.4 Gaußscher Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 i Kapitel 1 Einleitung Die Einteilung der Physik erfolgte früher nach den Sinneswahrnehmungen: • Sehen → Optik • Hören → Akustik • Tasten → Mechanik • Temperaturempfinden → Thermodynamik • Schmecken, Riechen → Chemie Aber: Die Sinne können täuschen! Deshalb werden messbare Größen benötigt. Die heute gängige Einteilung erfolgt eher gemäß der Wechselwirkungen (WW): • Gravitation: schwach, langreichweitig relevant für Sterne und Planeten ⇒ Astronomie • elektrische u. magnetische WW: stark, langreichweitig: Relaivitätstheorie zeigt, dass magnetische und elektrische Wechselwirkung nicht voneinan- 1 2 KAPITEL 1. EINLEITUNG der trennbar sind. Endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit elektrischer Felder bewirkt Magnetismus und umgekehrt. Grundlagen für die WW zwischen den Atomen ⇒ (Quanten-) Chemie, Festkörperphysik, Elektronik, Materialwissenschaften,... • starke u. schwache WW: stark, kurzreichweitig: ⇒ Kernphysik, Elementarteilchenphysik Das Messen benötigt Normen bzw. Definitionen für Einheiten. Das wichtigste Einheitensystem ist das S.I. (système international des unités). Es besteht aus 7 Basiseinheiten, von denen 4 für den Elektromagnetismus von Bedeutung sind: • Länge: Meter; [l] = m historisch: Urmeter aus Platin in Paris ≈ 10−6 -ter Teil der Distanz vom Äquator → Pol Problem: thermische Fluktuation → Ersetzung durch: Legierung aus 90% Platin und 10% Iridium mit einer relativen Genauigkeit von 10−7 Heute: Definition als das 1, 6507 · 106 - fache der Wellenlänge des Lichts, das beim Übergang eines Elektrons von 5d5 → 2p10 in 86 Kr emittiert wird (rel. Genauigkeit 10−8 ). Der wichtigste Aspekt der Neuerung ist die ausschließliche Abhängigkeit von Fundamentalkonstanten. • Zeit: Sekunde; [t] = s Definiert durch einen Übergang in Cäsium. Minute ist keine S.I.-Einheit. • Gewicht: Kilogramm; [m] = kg Urkilogramm in Paris. Das Kilogramm ist die einzige Einheit, die noch über ein Vergleichsobjekt definiert ist. Problem: von 1950-1990 50 µg verloren. Zählen von Atomen sehr schwierig. • Stromstärke: Ampère; [I] = A Definition über die Anziehungskraft zweier unendlich langer Drähte, die sich im Vakuum in einem Meter Abstand befinden. • 3 weitere Größen, die in diesem Kurs nicht weiter von Interesse sind. 3 Alle anderen Einheiten können aus den Basiseinheiten zusammengestzt werden. Frequenz: [ω, ν, f ] = Hz = 1s ; Hertz Kraft: [F ] = N = kg·m ; s2 Energie: [E] = J = Newton kg·m2 ; s2 Joule Ladung: [Q] = C = A · s; Coulomb und viele mehr Das S.I. System ist ein metrisches System. Das heisst alle verwendeten Einheiten setzten sich aus den Grundeinheiten - oder einem dezimalen Vielfachen davon - zusammen. Wichtige Kurzformen für dezimale Vielfache: 103 = k, kilo; 106 = M, Mega; 109 = G, Giga; 1012 = T , Tera; 1015 = P , Peta 10−3 = m, milli; 10−6 = µ, mikro; 10−9 = n, nano; 10−12 = p, piko; 10−15 = a, atto Auch üblich: d für dezi (10−1 ) und c für centi (10−2 ) Zurück zu den Wechselwirkungen: Gravitationsgesetz: F1 = γ m1 · m2 R2 − R1 · 2 R12 R12 F1 : Kraft(vektor) auf Massepunkt 1 durch die Anwesenheit der Masse 2 γ: Gravitationskonstante 6, 67 · 10−11 mn : Masse des Körpers n = 1 , 2 m3 kg s2 (1.1) 4 KAPITEL 1. EINLEITUNG R12 : Betrag des Abstandes zw. 2 Körpern R12 = q (x1 − x2 )2 + (y1 − y2 )2 + (z1 − z2 )2 Gravitation ist immer attraktiv! y m1 R1 R2 − R1 m2 R2 x (1.2) Kapitel 2 Elektrostatik 2.1 Elektrische Ladung • Unterscheidung von Ladungen: Man unterscheidet zwei Typen von Ladungen, die per Konvention als ”positiv” bzw. ”negativ” bezeichnet werden. Gleiche Ladungen stoßen sich ab, ungleiche Ladungen ziehen sich an. Wie viele andere Größen ist auch die Ladung quantisiert und die kleinstmögliche Einheit ist die ”Elementarladung”: e = 1, 602 · 10−19 C • für die Materialwissenschaft relevant: QElektron = −e QProton = 1e Manchmal auch das Positron: QPositron = +e. Positron ist Antiteilchen zu Elektron, d.h., Elektron und Positron zerstrahlen in Kollisionen zu Energie. Positron postuliert von Dirac als Antiteilchen zum Elektron, da eine parasitäre Lösung der Dirac Gleichung, die die Quantenmechanik und Relativitätstheorie vereinigt, 5 6 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK nicht wegdiskutiert werden konnte. Positronenspektroskopie misst freie Volumina in Festkrpern; wird insbesondere zur Untersuchung von Versetzungen und anderen Kristallfehlern verwendet. • Die Ladung ist eine strikte Erhaltungsgröße. Selbst auf kurzen Zeitskalen kommt es nicht zu Schwankungen, wie z.B. bei der Energie, die im Rahmen der Unschärferelation, auf kurzen Zeiten nicht erhalten sein muss. Wechselwirkung zwischen Ladungen: F1 = − 1 Q1 · Q2 R2 − R1 · 2 4π ε0 R12 R12 ε0 = 8, 854 · 10−12 (2.1) C2 N · m2 Das Coulomb und Gravitationsgesetzt haben dieselbe Abhängigkeit vom Abstand der Partikel. Deshalb hängt das Verhältnis der Stärke von Punktladungen nicht vom Abstand zweier Punktladungen ab. Verhältnis der Stärke der Wechselwirkung des Coulomb-Potentials und der Gravitation am Beispiel zweier Protonen: |FG | = γ ⇒ m2p 2 R12 2 |FC | 1 e2 R12 = .... = 1, 24 · 1036 = · 2 |FG | 4π ε0 R12 γ m2p Es gilt das ”Superpositionsprinzip” Fi = X j+i − 1 Qi · Qj Rj − Ri · 2 4π ε0 Rij Rij (2.2) 7 2.1. ELEKTRISCHE LADUNG Beispiel 1: Berechnung der Gleichgwichtslage von Ladungen. Q1 = −5 R1 = (0, 0, 0) Q2 = −3 R2 = (10, 0, 0) Gibt es eine Stelle, an der die Kraft auf eine dritte Ladung verschwindet? y Q1 Q2 x Aus Symmetriegründen muss die gesuchte Ladung auf der x-Achse sitzen und im Bereich 0 < x < 10 liegen. Kräftegleichgewicht, wenn alle Beträge der Kraft identisch sind: Q1 · Q3 Q2 · Q3 1 1 2 = 4π ε0 (x1 − x3 ) 4π ε0 (x2 − x3 )2 (2.3) −5 −3 = 2 x3 (10 − x3 )2 Das Lösen der quadratischen Gleichung nach x3 liefert: x3 = 4, 36 und x3 = −34, 36. Aus Symmetriegründen ist x = 4, 36 die richtige Lösung. Da ging der Vektorcharackter des Coulombgesetzes verloren. Rj − Ri durch 1 ersetzt wurde, Rij 8 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Das Superpositionsprinzip gilt auch für kontinuierliche Ladungsverteilungen. Beispiel 2: Kraft eines homogen geladenen Drahtes auf eine Punktladung. ∆Q Für einen homogen geladenen Draht ist die (Längen-) Ladungsdichte: λ = = const. Unter∆x teile Draht in Segmente der Länge ∆x, die jeweils die Ladung ∆Q tragen. y a q Rn + Ra Ra x Draht n Segmente: Rn + Ra = (n · ∆x, −a, 0) ∆Q Rn Aus Symmetriegründen wird nur y-Komponente benötigt, weil sich Beiträge zu Ex von den Segmenten n und −n gegenseitig auslöschen. ∞ X ∆Q (n · ∆x, −a, 0) q √ Fq = − 2 2 2 4π ε0 n=−∞ n · ∆x + a n2 · ∆x2 + a2 ∆Q = ∆x λ q X ∆x λ · (−a) 4π ε0 n (n2 · ∆x2 + a2 ) 23 Z ∞ ∞ X lim ∆x .... ⇒ dx .... gilt : (Fq )y = − mit ∆x→0 aqλ (Fq )y = 4π ε Einheiten : = .... = Z ∞ 1 3 −∞ (x2 + a2 ) 2 x = x′ · a [x] = m qλ ·N 4π ε a (2.5) −∞ −∞ Substitution : (2.4) mit dx dx = a · dx′ [a] = m Z ∞ N = −∞ [x′ ] = 1 1 ′2 1+x ′ 23 dx Wichtig: Die Substitution macht das Integral einheitenlos. Damit können wir das physikalische Gesetz F ∝ 1/a ableiten, ohne irgendetwas rechnen zu müssen. N ist ein rein numerischer also einheitenloser Ausdruck, der nicht von a abhängt. 9 2.2. ELEKTRISCHES FELD 2.2 Elektrisches Feld Coulomb Gesetz: Fi ∼ Qi Fi = Qi X j+i | 1 Qj Ri − Rj 2 4π ε0 Rij Rij {z } (2.6) elektrisches Feld am Ort Ri Das elektrische Feld, das die Ladung am Ort Ri spürt - also das Feld, das von allen anderen Ladungen erzeugt wird - ist lediglich eine Funktion des Ortes Ri der Ladung, aber nicht der Ladung selbst an diesem Punkt. Elektrisches Feld, das eine individuelle Ladung Qj am Ort R erzeugt: E(R) = R − Rj Qj 4π ε0 |R − Rj |3 (2.7) Man kann sehen, dass an jeder Stelle im Raum die Komponenten des E-Feldes kontinuierliche Funktionen sind und differenzierbar, außer an der Stelle, an der eine Punktladung Qj sitzt - dort divergiert das elektrische Feld - der Nenner der rechten Seite von Gleichung (2.7) ist null. Qj ist positiv positive Ladungen sind die Quellen des elektrischen Feldes Qj ist negativ negative Ladungen sind die Senken des elektrischen Feldes Wie man aus Gleichung (2.6) ablesen kann, ist die Richtung des elektrischen Feldes so defi- 10 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK niert, dass es in Richtung der Kraft zeigt, die es auf eine positive Ladung ausübt. Damit laufen die Feldlinien radialsymmetrisch aus einer positiven Punktladung heraus (Quelle) und in eine negative Punktladung (Senke) hinein. Allgemeine Eigenschaften von Feldlinien: • Feldlinien haben keine Start- oder Endpunkte außer in Ladungen. • Feldlinien kreuzen sich nicht, da das E-Feld an jedem Punkt im Raum (in dem keine Punktladung sitzt) einen eindeutigen Wert hat und differenzierbar ist. Dipole und Dipolfelder Ein Dipol ist eine Ladungsverteilung, die aus zwei (oder auch mehreren) Ladungen besteht, die in der Summe neutral ist (und kein verschwindendes erstes Moment hat, siehe unten), also im Falle zweier Ladungen wiefolgt dargestellt werden kann: −Q +Q d Das Dipolfeld ergibt sich aus der Überlagerung der Felder der involvierten Ladungen. Es kann wiefolgt skizziert werden: 11 2.2. ELEKTRISCHES FELD Als idealen Dipol bezeichnet man den (hypothetischen) Grenzfall, in dem der Abstand zwischen den Ladungen d → 0 geht und Q → ∞, sodass p = Q · d konstant bleibt. In vielen Situationen kann man Dipole als ideal nähern, was deren mathematische Beschreibung ungemein vereinfacht, z.B. die Wechselwirkung von Wassermolekülen in der Gasphase. Eigenschaften von Dipolen: • Die Kraft, die ein Dipol auf eine Probeladung ausübt, ist in der Regel nicht in Richtung des Dipols gerichtet, d.h. der Dipol übt keine Zentralkraft aus. • Das Feld eines Dipols hängt offensichtlich von seiner Orientierung bzw. Richtung ab Daher ist er ein Vektor, der wiefolgt definiert ist (warum diese Definition sinnvoll ist sehen wir X später): p = Qn Rn z.B. bei H2 O n y x RO = 0; RH = (x0 , ±y0 , 0) ; p = QO ·0+QH ·((x0 , y0 , 0) + (x0 , −y0 , 0)) = 2QH x0 (1, 0, 0) Der Dipol liegt also auf der x-Achse und entspricht dem Dipol, den man hätte wenn beide H-Atome auf der x-Achse lägen. • Einheit des Dipols: [p] = C · m ”typische” molekulare Dipolmomente: ≈ 1, 6 · 10−29 Cm Angabe sehr unpraktisch ⇒ Einfhrung der Einheit Debye D 12 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK [p] = 1 D = 3, 336 · 10−30 Cm in der Gasphase: pCO = 0, 11 D | pH2 O = 1, 8 D (gas)/ 2, 3 D (liq) {z pNaCl = 8, 5 D } Wir sehen, dass für die kondensierten Phasen (fest, flüssig) dieser Moleküle (die jeweils eine abgeschlossene Elektronenschale haben und daher miteinander weder eine kovalente noch eine metallische Bindung miteinander eingehen) die Schmelztemperatur und Siedetemperatur stark mit dem Dipolmoment ansteigen. Der Dipol ist damit eine wichtige Größe zum Verständnis der Materialeigenschaften dieser und vieler anderer Substanzen. • Da der Dipol die Einheit C·m (statt [Q]=C) hat, muss sein E-Feld für große Abstände wie 1/R3 abfallen - statt 1/R wie bei einer Punktladung. Anmerkung für Fortgeschrittene: Eine Ladungsverteilung, die sich aus zwei identischen aber entgegengesetzt gerichteten Dipolen zusammensetzt, hat keinen (endlichen) Dipol. Die Ladungsverteilung wird dann in führender Ordnung als Quadrupol beschrieben, der die Einheit C·m2 hat und ähnlich wie das Trägheitsmoment in der Mechanik ein 2. Moment darstellt. Ein Quadrupol wird - wie das Trägheitsmoment auch - über eine Matrix (genau genommen einen Tensor zweiter Stufe) beschrieben. Das Feld eines Quadrupols muss aus Einheitengründen mit 1/R4 abfallen. Elektrisches Feld einer homogen geladenen Platte Das Feld eines geladenen Rings auf seiner Symmetrieachse ergibt sich zu: E(Achse) = Ex · ex Ex = 1 Q·x √ 3 4π ε0 R2 + x2 Wir betrachten nun einen Ring endlicher Breite ∆R als Teil einer Ebene. Diese Ebene habe eine konstante (Flächen-)Ladungsdichte. σ= ∆Q = const. ∆A 13 2.2. ELEKTRISCHES FELD y R + ∆R R X x Die Ladung auf einem Ring ergibt sich damit zu: 2 2 ∆Q = σ πRaußen − πRinnen = σπ (R + ∆R)2 − R2 = σπ R2 + 2R · ∆R + O ∆R2 −R2 | {z } Ordnung ≈ 2π R · ∆R · σ, (2.8) sprich die Fläche eines Rings in der Ebene ist Umfang mal Breite - von Korrekturen der Ordung Breite/Umfang abgesehen. ⇒ Beitrag zum Feld durch einen Ring mit Radius R und Breite ∆R: ∆E = x R · ∆R 1 (2π σ) · √ 3 4π ε0 R2 + x2 (2.9) Nun muss über unendlich viele solcher Ringe addiert werden. Wir führen wie vorher auch schon den Übergang von einer Summation zu einem Integral via X Ringe ∆R...... → Z 0 ∞ dR......... 14 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK durch. Ex σ = 2 ε0 Z ∞ 0 √ xR R2 + x2 3 dR R dR Substitution : r = ; dr = macht Integrationsvariable einheitenlos x Z ∞ x σ r = √ 3 dr 2 ε0 0 1 + r2 | {z } rein numerischer Ausdruck N = 1 σ = 2 ε0 ⇒ Feld der Platte wird nur über die Oberflächenladungsdichte definiert, also E∼σ [σ] = Q R2 Felder homogen geladener Platten: ≈ d A = π · L2 15 2.2. ELEKTRISCHES FELD An den Ecken des Kondensators im Bereich der Ordnung d kommt es zur Ausbildung signifikanter Störfelder. Ist d >> L ergibt sich ein Dipol. Felder an Metalloberflächen Metalle haben freie Ladungsträger, die sich so lange bewegen bis kein E-Feld mehr im Metall besteht. E-Feld bewirkt Ladungsfluss, sodass die transversale Komponente Feld einer Ladung vor Metalloberfläche verQ schwindet. E-Feld Metall E-Feld Metall • im Metall keine Feldlinien • ABER: Feldlinien laufen in die Ladung Metall ⇒ auf Metallen stehen Feldlinien senkrecht Das Feld vor einer Metallplatte sieht also ähnlich aus wie das Feld eines realen Dipols, der aus zwei Ladungen besteht. In der Tat sind die Felder sogar identisch, was relativ zwanglos mit Hilfe des Gaußschen Gesetzes, einer alternativen Formulierung des Coulombschen Gesetzes, gezeigt werden. Die Punktladung sitzt also in einem Feld, das genauso groß ist wie das Feld einer entgegengesetzten “Spiegelladung” im Metall. Daher werden Ladungen von Metalloberflächen angezogen. 16 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Bewegung einer Punktladung in einem externen E-Feld Zwei planparallele Platten sind auch als Plattenkondensatoren bekannt. Diese finden unzählige Anwendung in elektronischen Geräten. Eine ist die gezielte Ablenkungen von Elektronen oder anderen Ladungsträgern auf einen Schirm oder ein Target. Die Grundzüge der Dynamik dieser Ladungen werden hier kurz angerissen. • Braunsche Röhre, Kathodenstrahlröhre v Schirm e− Lk Ls Die Überlegungen sind analog zum freien Fall ode zum schiefen Wurf in der Mechanik. Typische Fragestellung: Wie hängt die Position an der die Ladung auf den Schirm trifft von Ey , vx , Lk , Ls ab? Anfangsbedingungen: v = (vx , 0) a= ⇒ Zeit im Kondensator : q · (0, Ey ) m tkond = Lk vx Beim Austritt: L 2 1 q k y = Ey · 2 | m{z } vx } | {z a t2 L q k Ey · vy = m vx (2.10) (2.11) 17 2.3. ELEKTRISCHES POTENTIAL UND ENERGIE 2.3 Elektrisches Potential und Energie Aus der Mechanik wissen wir, dass die Arbeit ∆U, die an einem Massepunkt verrichtet wird, wenn dieser um einen (kleinen) Vektor ∆r verschoben wird, sich zu ∆U = −F · ∆r (2.12) = − |F| |∆r| · cos α errechnet. Sind ∆r und F entgegengesetzt, verrichten wir also Arbeit an dem Massepunkt, sind sie jedoch parallel verrichtet der Massepunkt Arbeit an uns. ∆r α F Wenn ∆r parallel zu ex ist ∆U = −Fx (x, y, z) ∆x (2.13) Es gibt Kräfte bzw. Wechselwirkungen, für die es eine eindeutige Funktion gibt, sodass ∆U . Fx = − lim ∆x→0 ∆x y,z=const (2.14) Kräfte, deren drei Komponenten sich als Ableitungen einer Stammfunktion U(x, y, z) gemäß Gleichung 2.14 schreiben lassen (implizit ∆x → 0), heißen konservative Kräfte: Fx ∆U = − lim − ∆x→0 ∆x y,z=const ∂ U(x, y, z). = − ∂x (2.15a) (2.15b) 18 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Hierbei ist Gleichung (2.15b) die Kurzschreibweise zu Gleichung (2.15a). Man spricht von einer partiellen Ableitung einer Funktion, wenn eine Ableitung gemäß Gleichung (2.15) gebildet wird. Analog gilt z.B. für eine partielle Ableitung nach der y Komponente: ∂ U(x, y, z) = lim ∆y→0 U(x, y + ∆y, z) − U(x, y, z) . ∆y Nicht alle Kräfte lassen sich (in offensichtlicher Weise) als Ableitungen von einer skalaren Funktion schreiben. Beispiele sind alle Kräfte, die von der Geschwindigkeit abhängen, wie z.B. die Stoke’sche Reibungskraft, oder - wie wir später sehen - die Kraft auf eine bewegte Ladung in einem Magnetfeld. Die Stammfunktion einer konservativen Kraft heißt potentielle Energie • 1. Beispiel: Betrachten wir einen Massepunkt im Schwerefeld der Erde, das wir in der Nähe der Erdoberfläche als konstant annehmen können. Das Schwerefeld bewirkt eine Kraft der Größe F = −m · g · ez , wobei m die Masse ist, g ≈ 9.8 m/s2 ist die Erdbeschleunigung, ez ein Einheitsvektor senkrecht zur Erdoberfläche. g F = −m g · ez Die potentielle Energie, die diese Kraft bewirkt, ist U(x, y, z) = m · g · z + U0 , wobei z die Höhe des Massepunktes bezeichnet. ”Beweis”: Fz sowie: Fx ∆U ∂U = − lim =− ∆z→0 ∆z ∂z x,y=const ∂U =0 =− ∂x = −m · g 19 2.3. ELEKTRISCHES POTENTIAL UND ENERGIE Analoge Betrachtungen wie für ... gilt für ein Teilchen vor einer homgen geladenen Platte. Äquipotentiallinien sind Bereiche konstanter potentieller Energie. g • 2. Beispiel: U(x, y) y x 1 2 kr 2 1 = k x2 + y 2 + z 2 2 U = ∂U = −k · x ∂x ∂U Fy = − = −k · y ∂y ∂U = −k · z Fz = − ∂z Fx = − (2.16) Daraus folgt die Newtonsche Bewegungsgleichung: m ẍ = −k x m ÿ = −k y m z̈ = −k z ⇒ in kompakter Vektorschreibweise: m r̈ = −k r 20 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Die Lösung der Bewegungsgleichung ist Inhalt der Dynamik. Zentralpotential Hängt eine potentielle Energie U(x, y, z) nur vom ”Abstand” r = Potential ”Zentralpotential” p x2 + y 2 + z 2 ab, heißt das Spezialfälle von Zentralpotentialen: U = const. · r n n= 2 entspricht dem harmonischen Oszillator (2.17) n = −1 elektrisches Pot. einer Punktladung/Gravitationspotential Kräfte aus Zentralpotentialen: ∂ U(r) ∂x dU ∂r = − dr ∂x Fx = − (2.18) U hängt nur von einer Variablen, nämlich r ab. r selbst hängt jedoch von 3 Variablen ab (⇒ partielle Ableitung). Nebenrechnung (mit U aus 2.17): dU = n · const · r n−1 dr ∂ p 2 ∂r = x + y2 + z2 ∂x ∂x 11 · 2x = 2r x = r y, z = const Einsetzen in 2.18 liefert für die Kraft x ⇒ Fx = − n · const · r n−1 · r 2.3. ELEKTRISCHES POTENTIAL UND ENERGIE 21 Zwei Spezialfälle: • n = 2; const= k 2 k 2−1 x ⇒ Fx = − 2 · r = −k x 2 r • n = −1; const= (2.19) Q1 · Q2 4 π ε0 Fx Fy Fz Q1 · Q2 (−1)−1 x = − (−1) · r 4 π ε0 r Q1 · Q2 1 x = 4 π ε0 r 2 r y ′′ ′′ = r z ′′ ′′ = r ⇒ F= Q1 · Q2 1 r 4 π ε0 r 2 r (2.20) (2.21) ⇒ Die potentielle Energie zweier Ladungen ist U(r) = Q1 · Q2 1 4 π ε0 r (2.22) Definiere das Potential, das eine elektrische Ladung Q hat, die im Ursprung sitzt als: U= Q 1 4 π ε0 r (2.23) 22 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Äquipotentiallinie ⊥ E Q E-Feld [U] = J [Energie] = = Volt [Ladung] C S.I.-Einheit Die abgeleitete Einheit eV also ”Elektronenvolt” ist gängig aber keine S.I.-Einheit. Sie ermöglicht aber schnelles Umrechnen in S.I. Einheiten: 1 eV = 1 e · 1 V Das eV ist eine sinnvolle Einheit für viele elementare Prozesse. Eine Energie von 13.6 eV bedarf es, um atomaren Wasserstoff zu ionisieren. Die Energie elektromagnetischer Strahlung im sichtbaren Bereich liegt bei 1.6 eV bis 3.4 eV. Die thermische Energie bei Raumtemperatur (T = 300 K) ist circa 1/40 eV. 23 2.4. GAUSSSCHER SATZ 2.4 Gaußscher Satz Das Feld einer Punktladung genügt der Gleichung: |E| = 1 Q 4 π ε0 r 2 Desweiteren berechnet sich die Oberfläche einer Kugel, deren Punkte vom Mittelpunkt den Abstand r haben zu: A = 4 π r 2 . Deshalb ist das Produkt aus E = |E| (auf der Kugeloberfläche, also bei konstantem r) und A: E·A = = = Q ε0 1 Q 4 π ε0 r 2 · 4 π r2 (2.24) eine Konstante. Nun ist E ein Vektor. Ebenso kann man einen Flächenvektor A definieren, der senkrecht auf einer Oberfläche eines Objektes (Volumens) steht und von innen nach außen zeigt, z.B. würde man die Oberfläche eines “Deckel” eines Kubus mit Kantenlänge a, der entlang der kartesischen Koordinaten ausgerichtet ist, mit ADeckel = a2 ez bezeichnen. Die Oberfläche des “Bodens” wäre dann ABoden = −a2 ez . Für gekrümmte Oberflächen, wie die einer Kugel, kann man nur kleine Oberflächensegmente betrachten, die man (meist) lokal als nicht gekrümmt annähren kann. Als Beispiel diene die Oberfläche der Erde, die lokal flach erscheint. Bei einer Kugel ist das Oberflächensegment parallel zu r, wenn der Schwerpunkt der Kugel im Koordinatenzentrum liegt. Also ist dA parallel zu r. Wir können also Gleichung 2.24 auch schreiben, indem wir kleine Oberflächensegmente betrachten und dann jeweils deren Beiträge dA · E über die gesamte Kugeloberfläche summieren. Das 24 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK resultierende Integral schreibt man formal wiefolgt: I Dabei bedeutet das Symbol H E dA = 1 Qeingeschlossen . ε0 (2.25) dA... eine Summation bzw. Integration über eine geschlossene Oberfläche, also über die Hülle eines Volumens. ⇒ ∆A · r = ∆A · r · cos α, wobei α der Winkel zwischen ∆A und r ist. Auf der Kugeloberfläche, deren Schwerpunkt im Ursprung des Koordinatensystems liege, ist cos α = 1. Man kann den Ausdruck dA · E auch als “Fluss” des Vektorfeldes E durch die Oberfläche bezeichnen. Betrachten wir als Beispiel wieder unseren Kubus und nehmen ein konstantes EFeld der Form E0 · ez an, also eins das parallel zur z-Achse ist. Die Feldlinien treten dann durch den Boden ein, wo dA · E negativ ist und sie treten durch den Deckel wieder aus, wo dA · E positiv wäre. Insgesamt treten also gleich viele Feldlinien ein wie aus. Durch die Seiten geht kein H “Fluss”, weil in diesem Beispiel E · ex = 0 bzw. E · ey = 0. In diesem Beispiel würde dA · E = 0 gelten, sprich es gibt keinen resultierenden Fluss in den Kubus, denn es fließt durch den Boden soviel hinein, wie durch den Deckel wieder hinausfließt. Der Begriff “Fluss” stammt im Übrigen aus der Strömungslehre, in der man den Begriff dann durchaus wörtlich nehmen darf. Betrachten wir wieder den allgemeinen Fall. Dazu gibt es einige Anmerkungen: Anmerkungen: • Gleichung 2.25 gilt auch, wenn die Ladung nicht im Zentrum der Kugel sitzt (ohne Beweis). • Gleichung 2.25 gilt auch, wenn die Oberfläche eine beliebige Form hat (wieder ohne Beweis). • Gleichung ist isomorph (mathematisch identisch) zum Coulomb-Gesetz. • Eine radialsymmetrische Verteilung ρ (R) = ρ (|R|) kann so behandelt werden, als sei die 25 2.4. GAUSSSCHER SATZ gesamte Ladung im Schwerpunkt der Ladungsverteilung vorhanden. Es sei angemerkt, dass alles, was wir hier gesagt haben, ebenso für das Gravitationsgesetzt gilt, das abgesehen von Konstanten mit dem Coulomb-Gesetz identisch ist. Insbesondere der letzte Punkt unserer Anmerkungen spielt im Gravitationsgesetz eine wichtige Rolle: Die Gravitationswirkung eines Planeten, den man in aller Regel als kugelsymmetrisch annehmen kann, entspricht der Wirkung einer “Punktmasse”, sprich der Gesamtmasse des Planeten, die im Schwerpunkt des Planeten vereinigt ist. Dies gilt auch, wenn die Objekte sich sehr nahe an Planeten befinden, wie z.B. Satelliten. Würde das Coulomb-Gesetz von 1/r 2 abweichen, könnte man das Konzept von Punktmassen, oder analog Punktladungen, nicht vornehmen. So ist die Anziehungskraft zwischen zwei homogenen, nichtgeladenen Kugeln auf der Erde nicht einfach eine Funktion des Abstandes ihrer Schwerpunkte, weil die dominierende van-der-Waals Kraft mit 1/R6 statt mit 1/R2 abfällt. Aus Gleichung 2.25 folgt, dass der Gesamtfluß von elektrischen Feldlinien durch eine geschlossene H Oberfläche gleich null ist, wenn sie keine Ladung umschließt. Ist dA · E positiv bzw. negativ muss die von der Oberfläche eingeschlossene Ladung in ihrer Summe jeweils positiv bzw. negativ sein. Deshalb haben wir vorher davon gesprochen, dass positive Ladungen die Quellen des elektrischen Feldes sind und negative Ladungen ihre Senken. Ebenso bekommt der Satz, dass elektrische Felder Start- und Endpunkte nur in Ladungen haben, eine tiefere Bedeutung. Betrachte den links gezeichneten (infinitesimal) dünnen Diskus. Für ihn gilt: I E dA = 0 Jeder ”Fluss” des Feldes, der in ein Volumen geht (E dA), geht auch wieder unverändert heraus, da keine Ladung im (Diskus-) Volumen enthalten ist. 26 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK E dA = positiv negativ Wenn wir über einen Dipol integrieren, sodass beide Ladungen von unserer Oberfläche eingeschlossen sind, gilt: + − Qeing. = +e + (−e) = 0 ⇒ I E dA = 0 Weitere Konsequenzen des Gauss’schen Satzes sind: • Eine Kugel mit homogener Oberflächenladung hat kein inneres E-Feld. Das Konzept des Massenpunktes bzw. Ladungspunkt bezieht sich also nur auf die Massen/Ladungen, die einen kleineren Abstand vom Ursprung haben als man selbst. • Induzierte Ladungen in Metallen sitzen auf Oberflächen. Ansonsten hätte man elektrische Feldlinien innerhalb eines Metalls, was aber nicht erlaubt ist, weil dann Ladungen anfangen zu fließen, die das E-Feld kleiner machen. Anwendungen: Berechnung elektrischer Felder von hochsymmetrischen Strukturen 1. Beispiel: Feld einer homogen geladenen Kugel. Die Kugel habe den Radius R und die konstante Ladungsdichte ρ = ∆Q . ∆V Berechne das innere E-Feld einer homogen geladenen Kugel mit der Ladungsdichte Aus Symmetriegründen: E ↑↑ r (Kugel im Zentrum) ⇒ I E dA = E · A = E · 4 π r 2 27 2.4. GAUSSSCHER SATZ Berechnung der eingeschlossenen Ladung für r ≤ R: Qeing. = ρ · V 4π 3 = ρ· ·r 3 Eingesetzt in den Gaußschen Satz: 1 4π 3 E ·4πr = ·ρ· ·r ε0 3 ρ ·r E = 3 · ε0 2 Innerhalb der Kugel steigt das Feld linear an. Außerhalb muss es gemäß des Coulombgesetzes abfallen. Daher ergibt sich folgendes Bild: |E| RKugel Interessant: Im Ursprung ist E = 0, was aber aus Symmetriegründen sowieso unvermeidbar war. Eine Einheitenanalyse hätte uns schon ahnen lassen müssen, dass E ∝ ρr sein muss, da das innere Feld gemäß Gauß nicht vom äußeren Radius abhängen kann. ([ρ] = C/m3 ) 2. Beispiel: Homogen geladener Draht Der als undendlich dünne genäherte Draht habe eine homogene (Linien-) Ladungsdichte λ = ∆Q = const. ∆Z 28 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK z r Wenn der Draht durch den Ursprung (0, 0, 0) geht und auf der z-Achse liegt mit R = (x, y, z) ⇒ E (R) = E · 1 · (x, y, 0) | {z } x2 + y 2 | {z } radialer Vektor Abstand von z-Achse p z ADeckel = π · r 2 · ez Da E ↑↑ ex ⇒ kein Fluss durch den Deckel ADeckel = −ABoden |ASeite | = (2 π · r) · |{z} ∆z | {z } Umfang ⇒ ⇒ I Höhe ASeite ↑↑ E E dASeite = ASeite · E(r) = (2 π r · ∆z) · E(r) Qeing. = λ · ∆z 29 2.4. GAUSSSCHER SATZ (2 π r · ∆z) · E(r) = Gleichsetzen liefert: ⇒ E(r) = λ · ∆z ε0 λ 2 π ε0 r Siehe hier Gleichung 2.5, in der wir den Abstand vom Draht mit a statt mit r bezeichnet haben. Die numerische Konstante N , die wir in Gleichung 2.5 haben, ist also N = 2. Die Berechnung des E-Feldes hat sich durch den Gauß’schen Satz stark vereinfacht - und kann nun mit etwas Übung in zwei Zeilen geschehen, statt über die Berechnung eines (komplizierten) Integrals. Allerding mussten wir dazu etwas Mathematik lernen. 3. Beispiel: Feld einer homogen geladene Platte Die als unendlich dünn genäherte Platte liege in der xy Ebene und habe eine konstante Flächen∆Q ladungsdichte σ = ∆A ⇒ E ↑↑ ez : z>0 E ↑↓ ez : z<0 ⇒ E · ∆ADeckel = E · ADeckel E · ∆ABoden = |E| · |ABoden | Es findet kein Fluss durch die Seiten statt E · ∆ASeite = 0 I E dA = E · ADeckel + E · ABoden A = ABoden = ADeckel Qeing. = σ · A eingeschlossene Ladung: ⇒ 2A·E = 1 ·σ·A ε0 oder E= σ 2 ε0 Dies ist auch ein Ergebnis, das wir vorher nur mit sehr viel mehr Aufwand erzielen konnten.