Abendprogramm Scott King

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THE FESTIVAL OF
STUFF – A LAPTOP
LATE-NIGHT FANTASY
EIGN
AIRS
13.7.14
–
SCOTT KING
Der Grafikdesigner Scott King wurde 1969 in Goole in der englischen Grafschaft Yorkshire geboren. In der Vergangenheit sammelte er
Erfahrung als Art Director der Zeitschrift i-D und Creative Director der Zeitschrift Sleazenation, wofür er mit den Preisen „Best Cover“
und „Best Designed Feature of the Year“ ausgezeichnet wurde. Er gestaltete Cover-Artworks für Alben von Suicide, Morrissey und den
Pet Shop Boys. Gelegentlich arbeitet er mit dem Autor und Historiker Matt Worley unter dem Label „CRASH!“ zusammen. Kings Arbeit
wurde vielfach in London und New York sowie in europäischen Galerien ausgestellt, unter anderem im ICA, im KW Berlin, im Portikus,
im White Colums, im Kunstverein München und im Museum of Modern Art, New York. Derzeit wird er von der Galleria Sonia Rosso in
Turin, von Herald St. in London und von Bortolami in New York präsentiert.
Musik / Performance
Uraufführung
Do 10. Juli 2014, 23:00 Uhr
Fr 11. Juli 2014, 23:00 Uhr
Haus der Berliner Festspiele, Seitenbühne
Dauer 70 min
In englischer Sprache
Konzept: Scott King
Musik & Performance: Luke Haines, Mathew Sawyer, Russell Haswell,
The Karaoke Pistols, Lady Bruts of Disco, The Ian Curtis Dance Contest,
Jeremy Deller
Pop-Schrott: Bob Stanley
Texte: Tom Morton, Bob Stanley, Matt Worley
Schnitt: Toby Cornish, Jutojo
Choreografie: Hakan T. Aslan
Performer: Hakan T. Aslan, Kevyn Haile, Eric Minsk, Robin Kulisch,
Gianni Meurer, Sebastian Stert
Produktion: Berliner Festspiele/Foreign Affairs
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds
Mit Unterstützung von: British Council
Foto: © Steve Lazarides
FORE
AFFA
26.6.
GESPRÄCH mit Scott King
Wir haben uns vor sechs Jahren in München
kennengelernt, als Sie eine Einzelausstellung
im Kunstverein München hatten, „Marxist
Disco (Cancelled)“. Sie kommen gerne nach
Berlin und waren sofort Feuer und Flamme,
als wir über Foreign Affairs sprachen. Hatten
Sie das Konzept für das „Festival of Stuff“
bereits fertig in der Schublade liegen?
Normalerweise läuft es so, dass ich viele
halbentwickelte Ideen im Kopf habe, die dort
vor sich hin wabern, und plötzlich werden sie
quicklebendig, wenn sich so jemand meldet
und mit einem halbwegs konkreten Angebot
um die Ecke kommt. Ich tue dann gern so,
als ob die Idee schon voll entwickelt wäre.
Was bedeutet der Titel? Was für ein Festival
erwartet uns und was genau meinen Sie mit
„Stuff“, zu Deutsch „Zeug“ oder „Kram“?
Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit
mit ‚Stuff‘ und habe nie einen besseren
Begriff dafür gefunden. Es ist weder hohe
Kunst, ‚high art‘, noch ‚low art‘ oder ‚middle
art‘, sondern hat mit populärer Kunst zu tun.
Mir geht es schon länger so, dass ich mir
Ausformungen populärer Kunst angucke und
denke, dass das viel besser ist als der ganze
Mist, den ich in Galerien sehe. Meine künstlerische Arbeit befindet sich in einer komischen
Grauzone, niemals richtig Kunst, niemals
richtig Grafikdesign. Mich habe die Zwischen­
räume schon immer am meisten interessiert.
Das „Festival of Stuff“ ist dann aus der Idee
heraus entstanden, dass man doch diese
ganzen fantastischen Clips von obskuren und
irren Bands, die mich so begeistern, und die
theoretisch jeder auf YouTube finden kann,
als ‚Theater‘ präsentieren könnte, wie eine
Art Readymade, das man einfach zeigt bzw.
rekontextualisiert. Ursprünglich bezeichnete
‚Stuff‘ einfach alles, was gut war, egal ob es
sich um Mode, Malerei, Design oder Musik
handelte. ‚Stuff‘ sollte eine Kunstform sein,
die sich jeglicher Kategorisierung entzieht.
Man hätte also ganz einfach behaupten
können, dass diese und jene 7"-Vinyl-Single,
Filmszene, ein T-Shirt, ein Ansteckbutton oder
eine Frisur besser als jeder Duchamps, Koons
oder Pollock sei. Die ehrlichste Kunstform der
Welt, die keinerlei Kategorisierungen kennt.
Genial, oder? Die einzige Kategorisierung für
diesen ‚Stuff‘, dieses ‚Zeug‘, die mir einfiel
war… ‚Stuff‘, ‚Zeug‘. Ich konnte total frei sein,
alles war ‚Stuff‘, ich war nicht mehr abhängig von der Meinung derer, die bestimmen,
was gute Kunst ist und was nicht. Je mehr
Zeit ins Land ging, desto mehr haben wir uns
dann aber konzentriert, auf Rock- und Popmusik. Wir wollten einen Abend auf die
Bühne bringen, der nicht viel länger als sechzig Minuten lang sein sollte. Hier noch Mode
und Architektur und x andere Kategorien
hineinzuquetschen, das wäre nicht sinnvoll
gewesen.
Musik wiederum hat in Ihrem Leben einen
besonderen Stellenwert.
Sie sagten „Einige dieser Fantasien erwecken
wir zum Leben“.
Ich überlege mir nachts oft, dass es doch
eine grandiose Idee wäre, wenn A und B
zusammenarbeiten würden. Ich stellte mir
vor, dass es gut wäre, zusammen mit meinem
Freund Luke Haines, den einige vielleicht
durch seine Bands The Auteurs oder Black
Box Recorder kennen, eine Rockoper zu
schreiben. Ich mailte ihm, er schrieb zurück,
natürlich war er dabei, und nun kommen
Auszüge aus der Oper hier in Berlin zur
Uraufführung! Es geht also auch darum,
bestimmte Begrenzungen abzubauen, die
zwischen mir als Fan und dem ‚Stuff‘ stehen,
indem ich mich selbst einschalte, mit anderen Künstlern zusammenarbeite oder sie
bitte, bestimmte Kunstwerke anzufertigen,
so wie z.B. Russell ­Haswell, der auf meinen
Wunsch hin das Stück „Reflections“ von den
Supremes covert – „Reflections“ hieß auch
damals eine Lam­bretta, die ich als 17-Jähriger
besaß. Wir umgehen so auch das ‚Retrohafte‘,
was man möglicherweise beim reinen Lesen
des Konzepts vermuten könnte. ‚Retro‘ wird
hier nichts sein. Der englische Künstler
Jeremy Deller, der im Rahmen von Foreign
Affairs mit seinem Projekt „Acid Brass“ vertreten ist, wird eine brandneue Arbeit zeigen,
die er für mich angefertigt hat: einen
Fledermaus-Film!
Seitdem ich denken kann, ja. Seitdem es
YouTube gibt, habe ich diese Angewohnheit –
und ich weiß, dass ich damit nicht alleine
bin und es mindestens jedem vierten Leser
dieses Interviews genauso geht –, dass ich
nachts, wenn ich aus dem Pub nach Hause
komme, mir Videoclips anschaue, die ich
liebe, und die ich schon seit Ewigkeiten
kenne, vielleicht schon mein ganzes Leben
lang. Ich gehe völlig in diesem Moment auf
und denke, dass dieser und jener Clip der
beste sei, den ich je gesehen habe. Die Auf­
regung, das Fantasieren und der Alkohol
treiben meine Gedanken an, und ich beginne
mir vorzustellen, wie es sich wohl anfühlte,
wenn ich Ian Curtis wäre, der Sänger von
Joy Division. Ich stehe also auf und fange an,
wie Curtis zu tanzen, dieser ulkige Tanzstil,
der sehr epileptisch aussieht, was wiederum
nicht verwundert, da Curtis bis zu seinem
Freitod tatsächlich Epileptiker war. Einige
dieser Fantasien erwecken wir im Rahmen
des „Festival of Stuff“ zum Leben.
Wir werden einen Tanzwettbewerb sehen, wo
verschiedene Menschen wie Curtis tanzen.
Eine ganz einfache Idee, wenn man nachts
alleine zuhause vor dem Computer sitzt, aber
das dann auch umzusetzen…? Das geht nur,
wenn man die Möglichkeit bekommt, das
„Festival of Stuff“ auf die Theaterbühne zu
bringen.
Lassen Sie uns über die Live-Auftritte im
Rahmen des „Festival of Stuff“ sprechen.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Musik­
clips ausgewählt?
Ian Curtis, den Sänger von Joy Division, die
man später als New Order kannte, wird auch
nochmal thematisiert.
Oh, das sind alles Clips, die meine Freunde
und ich uns schon seit Jahren immer wieder
gegenseitig zeigen. Es ist unsere gemeinsame
Sprache, die wir nun auch mit anderen teilen,
im Rahmen des „Festival of Stuff“. Letztlich
entspringt wirklich alles meinen nächtlichen
Ausflügen in die Welt von YouTube, die uns
eigentlich sponsern sollten.
Der Großteil der Videos wurde von dem eng­
lischen Autoren und Musiker Bob Stanley
ausgesucht, dessen Band Saint Etienne auch
in Deutschland recht bekannt ist. Warum
überließen Sie ihm das Feld?
Bob guckt quasi beruflich den ganzen Tag
nichts anderes als YouTube-Clips, er ist ein
wandelndes, selbstständiges Archiv und
schreibt Bücher über Popkultur. Außerdem
wollte ich diesen Job einfach delegieren an
jemanden, der sich noch besser auskennt als
ich. In Bobs Kopf existierte bereits ein umfassender Katalog mit allen guten und obskuren
Videos, die auf YouTube zu finden sind.
Ist es nicht bemerkenswert, dass die erste
Ausgabe des „Festival of Stuff“ in Berlin
stattfindet und nicht in London?
Vieles von dem, was wir hier zeigen, ist super
britisch, genauso wie die leicht übergewich­
tigen mittelalten Männer, welche die Clips
zusammengestellt haben. Viele Berliner
sprechen ja sehr gut Englisch, leider spreche
ich kein Deutsch, gleichzeitig meine ich, dass
man die Show einfach sehen muss und sich
das meiste auch so mitteilt. Es geht hier
nicht um Verstehen, und man muss sicherlich
auch nicht jede einzelne Referenz verstehen.
Aus vielen Clips spricht Wahnsinn, einige der
Performances sind einfach unglaublich –
man muss nur zwei Augen haben, um das zu
erkennen.
„Ein Lamento für vergessene Pop-Spinner“
lautete eine meiner Notizen, die den Abend
zusammenfassen sollte, nachdem wir
gemeinsam im Pub waren.
Es wird auf jeden Fall wesentlich interessanter als der letzte Besuch in einer Galerie, wir
zeigen eine andere Art von Galerie-Kunst:
Spät abends, im Dunklen, Laser, Nebel, Bier.
Hoffentlich wird es laut genug sein.
Es spricht für Berlin! Ich habe es leider nicht
einfach, was Institutionen in England angeht.
Man könnte sogar fast sagen, dass ich mir
das „Festival of Stuff“ ausgedacht habe, um
in der Lage zu sein, ein Projekt auch ohne
die Unterstützung einer Galerie oder einer
Institution durchziehen zu können, wobei wir
hier im Haus der Berliner Festspiele natürlich
auch in einer Institution sind. Ich freue mich
sehr, dass Foreign Affairs mir hier die Möglichkeiten gegeben hat und spreche jetzt
doch schon mit Einrichtungen in England, ob
wir nicht eine zweite Ausgabe nächstes Jahr
in London zeigen können. Das wiederum wäre
nicht möglich gewesen ohne den ursprüng­
lichen Anschub aus Berlin.
Was die Sprache angeht…
Interview: Martin Hossbach
Veranstalter: Berliner Festspiele · Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH · Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien · Intendant: Dr. Thomas Oberender · Kaufmännische Geschäftsführerin: Charlotte Sieben · Foreign Affairs · Künstlerische Leitung: Matthias von Hartz · Assistenz der künstlerischen Leitung: Maria Rößler · Dramaturgie: Carolin Hochleichter · Musikkurator:
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