Quartetto 3 Emerson String Quartet Dienstag 9. März 2010 20:00

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Quartetto 3
Emerson String Quartet
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Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten
daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und
händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus.
Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys, bei sich haben:
Bitte schalten Sie diese zur Vermeidung akustischer Störungen aus.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus
urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.
Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir
Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir
bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause
einnehmen.
Sollten Sie einmal das Konzert nicht bis zum Ende hören können,
helfen wir Ihnen gern bei der Auswahl geeigneter Plätze, von denen
Sie den Saal störungsfrei (auch für andere Konzertbesucher) und ohne
Verzögerung verlassen können.
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Quartetto 3
Emerson String Quartet
Eugene Drucker Violine
Philip Setzer Violine
Lawrence Dutton Viola
David Finckel Violoncello
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Pause gegen 21:00
Ende gegen 22:10
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Charles Ives 1874 – 1954
Streichquartett Nr. 1 »From the Salvation Army« (1897 – 1909)
Chorale. Andante con moto
Prelude. Allegro
Offertory. Adagio cantabile
Postlude. Allegro marziale
1. Violine: Eugene Drucker
Lawrence Dillon *1959
Streichquartett Nr. 5 »Through the Night« (2009)
Variations
Dream-Prelude and Chaconne
Dream-Prelude and Passacaglia
Fantasy Variations
Uraufführung
1. Violine: Eugene Drucker
Pause
Samuel Barber 1910 – 1981
Adagio
aus: Streichquartett h-Moll op. 11 (1936)
1. Violine: Philip Setzer
Antonín Dvořák 1841 – 1904
Streichquartett Nr. 12 F-Dur B 179 op. 96 (1893)
(»Amerikanisches«)
Allegro ma non troppo
Lento
Molto vivace
Vivace, ma non troppo
1. Violine: Eugene Drucker
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Zu den Werken des heutigen Konzerts
Charles Ives: Streichquartett Nr. 1 (1897–1900)
Charles Ives, 1874 – im gleichen Jahr wie Arnold Schönberg – in Danbury (Connecticut) geboren, nimmt eine merkwürdige Sonderstellung
in der Musikgeschichte ein. Die Etiketten, mit denen die Zeitgenossen,
aber auch noch die Nachwelt den amerikanischen Komponisten versahen, sind so verschieden wie widersprüchlich. Man stilisierte ihn
zum ›Vater der amerikanischen Musik‹, zum Begründer einer internationalen Moderne oder gar zum Ahnherrn des Crossovers. Vor allem in
früheren Jahren sah man in ihm jedoch eher den unbekümmerten Yankee, den kompositorisch dilettierenden Amateur, der seinen Lebensunterhalt als Versicherungskaufmann verdiente und Musik nur in der
Freizeit schrieb. Begünstigt wurden diese Sichtweisen durch Ives‘
ebenso umfangreiches wie unübersichtliches Œuvre, das disparate
musikalische Stile und Idiome gleichberechtigt aufgriff und darin den
Anschauungen der neuenglischen Transzendentalisten, insbesondere
Ralph Waldo Emersons Vorstellung von einer grundsätzlichen Verfügbarkeit der phänomenalen Welt, verpflichtet ist. Zudem nahm Ives, da
er das offizielle Musikleben als dekadent und »verweiblicht« empfand,
eine fast eremitenhaften Sonderstellung ein. Bis 1918, als die aufreibende Doppelexistenz des Geschäftsmanns und Komponisten ihren
Tribut mit einem gesundheitlichen Zusammenbruch forderte und
Ives weitgehend zur Aufgabe des Komponierens zwang, entstand der
Großteil seines Œuvres abgeschirmt von der Öffentlichkeit und ohne
öffentliche Aufführungen. Erst die jüngere Forschung entdeckte Ives
als einen überaus professionellen Komponisten, der zum einen über
profunde Kenntnisse der europäischen und der amerikanischen Musik
verfügte und darüber hinaus Kunst und Leben zu versöhnen suchte,
ja seine Visionen unbeugsam gegenüber konservativen Anfeindungen sowie gegen die moderne Massengesellschaft durchzusetzen
wusste.
Ives‘ kammermusikalische Werke – im Wesentlichen ein Klaviertrio, zwei Streichquartette, vier Violinsonaten und etwa 20 weitere
Stücke für verschiedene Besetzungen – bilden einen Mikrokosmos
von Stilen und Techniken, der bis dahin in seiner Originalität und
Radikalität kein Vorbild in der amerikanischen Musik kannte. Das
erste Streichquartett entstand in den Jahren von etwa 1897 bis 1900,
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wobei die vier Sätze auf verschollene Orgelstücke aus Ives‘ Studienzeit
in Yale zurückgehen. Als Organist war Ives mit dem Hymnenrepertoire
der kongregrationalistischen Kirchen der Ostküste besonders vertraut.
In vielen seiner Werke verwandte er solche Hymnen als melodisch-thematisches oder programmatisches Rückgrat. Das gilt auch für das erste
Streichquartett, das Ives From the Salvation Army (Von der Heilsarmee)
bzw. alternativ auch A Revival Service (Ein Erweckungsgottesdienst)
betitelte. Während der erste Satz auf Ives Kompositionsunterricht bei
Horatio Parker zurückgeht, waren die Sätze zwei bis vier (als Orgelvorspiele bzw. -nachspiele) ursprünglich tatsächlich für den liturgischen
Kontext gedacht, worauf auch noch die Satztitel verweisen.
Im ersten Satz (Chorale. Andante con moto), den Ives später in
seiner vierten Sinfonie erneut verwendete, griff er auf die Hymne
»From Greenland‘s Icy Mountains« zurück, deren erste Liedzeile hier
das Soggetto eines Fugatos im altertümlichen 4/2-Takt bildet. In der
Durchführung tritt noch ein weiteres Thema hinzu, das Ives aus der
»Coronation«-Hymne »All Hail the Pow’r of Jesus‘ Name« herleitete. Trotz
vieler harmonischer Lizenzen (Freiheiten gegenüber den Regeln des
strengen Satzes) wirkt dieses Andante con moto wie eine kunstvolle
Übung im alten Stil mit einer eigentümlich distanzierten Ausdruckshaltung. Das anschließende Prelude, ein heiter-tänzerisches Allegro,
das auf Material aus den Hymnen Beulah Land und Shining Shore
basiert, entspricht dann viel eher als das einleitende Fugato einem
Allegro-Kopfsatz eines Streichquartetts. Im langsamen dritten Satz,
dem besinnlichen Offertory, stammt das thematische Material vorwiegend aus der Hymne »Come, Thou Fount of Ev’ry Blessing«, im Mittelteil
mit seinem leicht ironisierenden Tonfall und der entrückten Tonart
Ges-Dur aber auch aus den Hymnen, die Ives bereits im zweiten Satz
verwendete. Nicht zuletzt in der Pizzicato-Begleitung dieses Mittelteils
scheinen Reminiszenzen an die späten Beethoven-Quartette durchzuklingen. Mit dem Finalsatz (Postlude. Allegro marziale) stieß Ives das
Tor zur Neuen Musik und speziell deren Denken in verschiedenen
(Tempo-)Schichten weit auf. Auffällig sind hier vor allem die Überlagerungen von zwei- und dreizeitigen Metren, die am Ende sogar zur
simultanen Notation eines 4/4- und 3/4-Taktes führen.
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Lawrence Dillon: Streichquartett Nr. 5
»Through the Night« (2009)
Dass die altehrwürdige Gattung Streichquartett auch für zeitgenössische Komponisten eine besondere Verpflichtung und Herausforderung, ja einen Ort der bewussten Auseinandersetzung mit der Tradition bedeuten kann, hat in Europa beispielsweise Wolfgang Rihm
mit seinem umfangreichen Schaffen für diese Besetzung gezeigt. Mit
mittlerweile fünf vollendeten Streichquartetten kommt dieser Gattung auch im Œuvre des 1959 in Summit im US-Bundesstaat New Jersey geborenen Komponisten Lawrence Dillon eine große Bedeutung
zu. Dillon, der privat bei Vincent Persichetti sowie in den Klassen von
Milton Babbitt, Elliott Carter, David Diamond, Leon Kirchner und Roger
Sessions studierte, arbeitet seit nunmehr zwölf Jahren an seinem Invisible Cities String Quartet Cycle, einem Zyklus von sechs Streichquartetten, von denen heute das fünfte – eine Auftragskomposition für
das Emerson String Quartet – in Köln uraufgeführt wird. Der Titel des
Zyklus verweist auf Italo Calvinos Buch Le città invisibili (engl. »Invisible
Cities«, dt. »Die unsichtbaren Städte«) aus dem Jahr 1972, von dem
Dillon sich hat inspirieren lassen.
Calvinos zeitdiagnostische Utopien waren für Dillon ein Anlass,
sich kompositorisch intensiver mit dem Erbe der »westlichen« klassischen Musiktradition zu beschäftigen, das nicht erst im 21. Jahrhundert in ein Dilemma geraten ist. So kreist jedes Quartett des 1998
begonnenen Zyklus um eine traditionelle musikalische Form oder
eine bestimmte Idee: Im ersten Quartett (Jests and Tenderness) ist es
das klassische Scherzo, im zweiten (Flight) die (wörtliche) Bedeutung
des Begriffs »Fuge«, im dritten (Air) die Arie und im vierten (The Infinite Sphere) sind es die »periodischen«, auf Wiederholungen basierenden Formen und Techniken. Dabei geht es Dillon keineswegs um
Stilkopien nach Vorbildern alter Meister, sondern eher darum, traditionelle Muster zu hinterfragen und zu erproben, inwieweit sie mit
einer modernen musikalischen Sprache zusammengebracht werden
können. »Die Quartette«, so Dillon, »fokussieren auch jene Punkte, an
denen klassische Formen unter dem Gewicht des zeitgenössischen
Ausdrucks zerfallen. Diese Spannung zwischen Kohärenz und Chaos
ist ein wesentliches Ausdrucksmittel des Zyklus.«
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Im Zentrum des heute uraufgeführten fünften Streichquartetts
stehen die Idee und die Form der Variation, die in allen vier Sätzen
das Geschehen bestimmen: in den beiden Außensätze als regelrechte
Variationsfolge, in den beiden Mittelsätzen dagegen in der Form einer
Chaconne bzw. einer Passacaglia. Zudem kann man alle vier Sätze
gewissermaßen als Variationen über ein gemeinsames Material sehen,
denn sie alle gründen thematisch auf dem walisischen Wiegenlied
All through the Night, dem Dillon auch den Untertitel des Quartetts
Through the Night entlehnte. »Ich kannte die Melodie bereits meiner
frühesten Kindheit«, so Dillon. »Und ich habe sie meinen eigenen Kindern vorgesungen. Ich wollte, dass diese Melodie sich wie ein Faden
durch die gesamte Komposition zieht, so wie es auch ein einzelner
Gedanke schafft, uns die ganze Nacht schlaflos zu halten, und so wie
ein Musikstück eine ganze Lebenszeit durchdringen kann.«
Dillon stellt den ersten drei Sätzen jeweils eine kurze einleitende
Passage voran, wobei gleich der erste Abschnitt des Kopfsatzes zusammen mit den ebenfalls Twilight (Dämmerung, Zwielicht) überschriebenen Schlusstakten der Fantasy Variations eine Art Rahmen bildet, der
zu Beginn und am Ende des Werks mit Flautando-Effekten, Trillern und
Tremolos das flüchtige Licht der Dämmerung assoziieren lässt. In den
vier Sätzen ist das zugrundeliegende Wiegenlied in unterschiedlicher
Weise präsent: mal vordergründig und deutlich – wie in den spielerischen Variationen des ersten Satzes –, mal eher untergründig in Form
von Akkordfortschreitungen – wie in der Chaconne des zweiten Satzes. Auf den scherzoartigen dritten Satz, eine zuweilen (im statischeren Mittelteil) dunkel gefärbte Passacaglia, folgen die im Vergleich zu
den eröffnenden Variationen freieren Fantasy Variations des Finalsatzes, der verschiedene Visionen und Bewusstseinszustände (Absence,
Zephyrs, Shadows, Pastorale, Vigil, Howling, Presence, Twilight) aneinanderzureihen scheint. Die Musik, so Dillon, zeichne hier so etwas wie
eine Nachtwache bei einem kranken Kind nach, das immer wieder von
aufwühlenden Traumbildern verfolgt wird.
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Samuel Barber:
Adagio aus dem Streichquartett h-Moll op. 11 (1936)
Samuel Barber, 1910 inWest Chester (Pennsylvania) geboren, zählte
bereits in der Mitte seines Lebens zu den meistgespielten Komponisten in Europa und Amerika. Begünstigt wurde dies durch sein
Festhalten an einem äußerst expressiven, lyrischen Stil, der den konventionellen Formen und im Wesentlichen auch der tonalen Sprache
des 19. Jahrhunderts verbunden blieb. Nach dem Studium am Curtis
Institute of Music in Philadelphia in den Fächern Klavier, Komposition,
Dirigieren und Gesang hatte Barber ein Dirigier- und Gesangsstudium
in Wien absolviert, dem sich bis zum Anfang der 1940er-Jahre sogar
eine kurze Karriere als Bariton anschloss. Zuvor hatte ihm der amerikanische Rom-Preis von 1935 bis 1937 einen zweijährigen Aufenthalt
an der American Academy in Rom ermöglicht. Neben der Symphony in
One Movement, dem ersten Werk eines amerikanischen Komponisten,
das bei den Salzburger Festspielen (1938) aufgeführt wurde, entstand
in dieser Zeit – im Jahr 1936 – auch das Streichquartett op. 11. Während das im Dezember 1936 in Rom uraufgeführte Quartett verhältnismäßig unbekannt blieb, erlangte sein zweiter Satz – ein Adagio,
das Barbers Vorliebe für elegische, lang ausgesponnene Melodien wie
kaum ein anderes Werk verkörpert – außerordentliche Beliebtheit.
Es wurde zu Barbers bekanntestem Werk, ja einem der populärsten
amerikanischen Musikstücke überhaupt und bei Beisetzungen prominenter Persönlichkeiten ebenso verwendet wie als Filmmusik oder
Remix-Vorlage. Dieser Popularität hatte Barber selbst zunächst Vorschub geleistet, denn er nahm schon 1937/38 das Adagio als Einzelstück aus dem Quartettzusammenhang heraus und bearbeitete es für
Streichorchester. 30 Jahre später – 1967 – ließ er dieser Fassung noch
eine weitere für gemischten Chor (als Vertonung des Agnus Dei) folgen.
Dass Barber mit dem Adagio for Strings seine internationale Reputation
endgültig festigen konnte, lag nicht zuletzt auch an seinem prominenten Fürsprecher: Arturo Toscanini brachte das Adagio for Strings 1938
mit dem NBC Symphony Orchestra in New York zur Uraufführung, die
zudem landesweit im Rundfunk übertragen wurde.
Das Emerson String Quartet spielt im heutigen Konzert freilich den ursprünglichen Streichquartettsatz, der im Vergleich zur
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Streichorchesterfassung zwar klanglich weniger massiv, dafür
jedoch durch den solistischen Streicherklang umso intimer wirkt.
Seine emotionale Intensität bezieht der Satz vor allem aus seinem
elegischen, scheinbar ins Unendliche dahinströmenden Thema, das
Barber zunächst melodisch kleinschrittig aufbaut, dann wieder resignativ zurücknimmt, um es sodann in wellenförmigen Steigerungsbewegungen in gleißendes Licht zu führen, bevor der Satz wieder
resignativ-melancholisch ausklingt.
Antonín Dvořák: Streichquartett Nr. 12 F-Dur B 179 op. 96
(»Amerikanisches«) (1893)
Im Juni 1891 war Antonín Dvořák, der in Amerika einen ausgezeichneten Ruf als Komponist besaß, die hochdotierte Stelle des künstlerischen
Direktors am New Yorker National Conservatory of Music angeboten
worden. Dvořák hatte den Vertrag im Dezember 1891 unterschrieben
und war im September des folgenden Jahres zusammen mit seiner
Frau, der Tochter Otilie und dem Sohn Antonín nach New York gereist,
wo er bis Ende April 1895 leben und arbeiten und mit der Uraufführung seiner neunten Sinfonie (Aus der Neuen Welt) im Dezember 1893
einen seiner größten künstlerischen Erfolge erzielen sollte. Wohl aus
dem Wunsch heraus, Amerika und seine Landschaften und Menschen
besser kennenzulernen, beschloss die Familie im Februar 1893, die
Ferien des bevorstehenden Sommers nicht – wie ursprünglich geplant
– im heimischen Böhmen zu verbringen, sondern im rund 1300 Meilen
von New York entfernten Spillville im Staat Iowa, einer tschechischen
Kolonie am oberen Mississippi.
Während dieser Ferien auf dem Lande, für die selbst die in Prag
verbliebenen Kinder und die Schwägerin Terezie Koutecká in die USA
reisten, brachte Dvořák innerhalb von zwei Wochen sein Streichquartett Nr. 12 F-Dur op. 96 zu Papier. Seinen großen Erfolg verdankt dieses
Werk, das wie keines der dreizehn anderen Quartette des Komponisten mit dem Namen Dvořáks verknüpft ist, wohl in erster Linie seinem
schlichten, melodisch stets eingängigem Tonfall. »Als ich dieses Quartett schrieb«, so Dvořák im März 1895 gegenüber seinem Komponistenkollegen Josef Bohuslav Förster, »wollte ich einmal etwas ganz
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Melodisches und Einfaches machen, und immerfort hatte ich Väterchen Haydn vor Augen, und deshalb ist es im Geist so einheitlich ausgefallen.« Tatsächlich erscheinen die spieltechnischen Anforderungen
in diesem Quartett gegenüber manchen früheren Werken spürbar herabgesetzt, was seine Ursache wohl auch darin hatte, dass Dvořák bei
der Komposition – und eben darin ist sein Verweis auf Haydn durchaus
passend – an das private Musizieren im Freundes- und Familienkreis
dachte. Stilistisch ist der Einfluss Haydns darüber hinaus jedoch kaum
greifbar; umso stärker dafür jedoch die atmosphärische Wirkung des
idyllischen Landlebens auf den naturverbundenen Komponisten, der
nach acht anstrengenden Monaten in der Großstadt die Natur in vollen
Zügen genoss. Ganz unmittelbaren musikalischen Ausdruck finden
die Natureindrücke etwa im dritten Satz in den Imitationen der Vogelstimmen, die Dvořák auf seinen frühmorgendlichen Spaziergängen
aufgespürt hatte.
Ähnlich bedeutend wie die Eindrücke der Natur waren für den
exotischen Tonfall des F-Dur-Quartetts wohl die amerikanische
Folklore und zumal die Musik der indianischen Urbevölkerung des
Landes. Zwar bediente sich Dvořák schon zuvor in seiner Musik modaler
Harmonik und tänzerischer Elemente, wie sie eben für beide Musikkulturen typisch sind. Doch der Einfluss der »neuen Welt« und mithin
der Indianermelodien ist nur schwer von der Hand zu weisen, denn
Dvořák war in Spillville mit Indianern direkt in Kontakt gekommen.
Wie Otokar Dvořák, der Sohn des Komponisten, berichtete, haben
diese auf Bitten seines Vaters mehrere Male so musiziert und getanzt,
wie sie es von ihren Stammesbräuchen her gewohnt waren. Effektvoll spielt Dvořáks »amerikanisches« Quartett mit entsprechenden
folkloristischen Reminiszenzen, mit tänzerischen Elementen und vor
allem mit pentatonischer bzw. modaler Harmonik. So sind etwa die
Hauptthemen aller vier Sätze aus einer pentatonischen Urzelle abgeleitet. Das Seitenthema des ersten Satzes konnte der Dvořák-Forscher
Antonín Sychra sogar unmittelbar auf ein Indianerlied zurückführen.
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Andreas Günther
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Emerson String Quartet
Das Emerson String Quartet, 1976 gegründet und nach dem amerikanischen Dichter und
Philosophen Ralph Waldo Emerson benannt, zählt zu den international herausragendsten
Quartettformationen. Das Ensemble ist für seine einzigartige Aufführungspraxis bekannt:
die Geiger Eugene Drucker und Philip Setzer wechseln sich am ersten Pult ab, und außer
dem Cellisten spielen alle Mitglieder im Stehen. In der laufenden Saison 2009/2010
absolviert das Emerson String Quartet weltweit über 90 Konzerte, darunter drei Konzerte
in der Queen Elizabeth Hall im Londoner South Bank Centre und zwei Konzerte in der
Wigmore Hall. Weitere europäische Auftritte führen das Quartett nach Prag, nach Wien
in das Konzerthaus und den Musikverein, in die Berliner und die Kölner Philharmonie, in
die Laeiszhalle Hamburg, zum Kammermusikfestival nach Oslo und zu der Schubertiade
nach Schwarzenberg. Des Weiteren sind Europa-Tourneen nach Italien, Spanien, Dänemark
und Österreich geplant. Engagements in den USA und Kanada führen das Emerson String
Quartet u. a. nach New York, Philadelphia, New Orleans, San Diego, Boston, Pittsburgh,
Seattle, Houston, Salt Lake City, Calgary, Toronto und Vancouver. In diesem Jahr wird das
Quartett auf einer Asien-Tournee Konzerte in Seoul, Tokyo, Hong Kong und Taipei spielen.
2004 wurde das Emerson String Quartet zum 18. Mal mit dem Avery Fisher Prize ausge-
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zeichnet – ein weiteres Mal als erstes Kammerensemble. 2009/2010 begeht das Quartett
seine 30. aufeinanderfolgende Saison an der Smithsonian Institution in Washington D.C.
Im Herbst 2002 wurde das Emerson String Quartet zum Quartet-in-Residence der Stony
Brook University berufen, um dort Kammermusik zu unterrichten, Meisterklassen zu geben
und Instrumentenkunde zu lehren. Neben diesen Verpflichtungen gibt das Quartett durch
das Jahr hindurch auch mehrere Konzerte im Stony Brook’s Staller Center for the Arts.
Einen besonderen Namen hat sich das Emerson String Quartet mit seinen vielfach ausgezeichneten Einspielungen gemacht. So wurde die Aufnahme der Streichquartette von Béla
Bartók mit zwei Grammy Awards sowie vom Gramophone Magazine als Record of the Year
ausgezeichnet. Ebenso erhielt das Quartett mehrere Grammy Awards für die Einspielung
sämtlicher Streichquartette von Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy und
Dmitrij Schostakowitsch. Im Rahmen seines 30jährigen Bühnenjubiläums sowie seines
mittlerweile 20-jährigen Exklusivvertrags mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft
spielte das Emerson String Quartet ein Doppel-CD-Set mit sämtlichen Streichquartetten
und dem Klavierquintett von Brahms zusammen mit dem Pianisten Leon Fleisher ein. Im
Frühjahr 2008 erschien die CD Bach Fugues, und im Mai 2009 wurde die CD Intime Briefe
mit Werken von Janáček und Martinu veröffentlicht, die im Januar 2010 mit einem Grammy
ausgezeichnet wurde. Eine weiteres Aufnahmeprojekt wurde bereits abgesschlossen:
Dvořáks späte Streichquartette, die Zypressen und das Viola Quintett. Das 3-CD-Set wird
anlässlich der im Mai stattfindenden Konzertreihe Adventures in Bohemia in der neu rennovierten Alice Tully Hall im New Yorker Lincoln Center veröffentlicht werden. In der Kölner
Philharmonie hörten wir das Emerson String Quartet zuletzt im September 2007.
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KölnMusik-Vorschau
13.03.2010 Samstag 20:00
Nach dem Konzert direkt vom
Foyer ins Café-Restaurant
»Ludwig im Museum«
»Ludwig im Museum« ist der Name des
Café-Restaurants im Museum Ludwig, zu
dem Sie ab sofort über die Wendeltreppe
im Foyer direkten Zugang haben.
Lassen Sie Ihren Konzertbesuch bei einem
Essen oder aber auch nur bei einem Glas
Wein gemütlich ausklingen!
Das Café-Restaurant hat bis auf montags
an allen Wochentagen zwischen 10 Uhr und
23 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen auf
ludwig-im-museum.de
BBC Singers
Ensemble intercontemporain
Pierre Boulez Dirigent
Pierre Boulez zum 85.
Arnold Schönberg
Vier Stücke für gemischten Chor op. 27
Pierre Boulez
Dérive 2
für elf Instrumente
Cummings ist der Dichter
für 16 Solostimmen oder
gemischten Chor und Instrumente
Harrison Birtwistle
… agm …
für 16 Stimmen und 3 Instrumentalensembles
Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V.
10.03.2010 Mittwoch 20:00
Piano 4
Krystian Zimerman Klavier
Frédéric Chopin
Sonate für Klavier b-Moll op. 35
Sonate für Klavier h-Moll op. 58
Auswahl aus den Nocturnes, Scherzi und
Préludes.
17.03.2010 Mittwoch 20:00
Philharmonie für Einsteiger 5
Gil Shaham Violine
Johann Sebastian Bach
Partita für Violine solo E-Dur BWV 1006
Sonate Nr. 2 a-Moll BWV 1003
Partita für Violine solo d-Moll BWV 1004
12.03.2010 Freitag 20:00
Internationale Orchester 4
Håkan Hardenberger Trompete
City of Birmingham Symphony Orchestra
Andris Nelsons Dirigent
Richard Wagner
Vorspiel aus:
Die Meistersinger von Nürnberg WWV 96
Joseph Haydn
Konzert für Trompete und Orchester
Es-Dur Hob. VIIe:1
Mark-Anthony Turnage
From the Wreckage
Konzert für Trompete und Orchester
18.03.2010 Donnerstag 12:30
PhilharmonieLunch
Auszüge aus dem Programm mit Werken von
Felix Mendelssohn Bartholdy, Wolfgang
Amadeus Mozart und Richard Strauss
PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik
ge meinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln
und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht.
Medienpartner Kölnische Rundschau.
KölnMusik gemeinsam mit
dem Gürzenich-Orchester Köln
Eintritt frei
Igor Strawinsky
L’oiseau de feu (Der Feuervogel)
Ballett in zwei Bildern für Orchester
Zu diesem Konzert findet in Schulen ein
Jugendprojekt der KölnMusik statt. Gefördert
durch das Kuratorium KölnMusik e.V.
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21.03.2010 Sonntag 16:00
25.03.2010 Donnerstag 20:00
Rising Stars – die Stars von morgen 5
Christine Schäfer Sopran
Matthias Goerne Bariton
Hilary Hahn Violine
Emil Jonason Klarinette
Peter Friis Johansson Klavier
Leonard Bernstein
Sonate für Klarinette und Klavier
Emmy Lindström
Magnolia
für Soloklarinette
Camille Saint-Saëns
Sonate für Klarinette und Klavier Es-Dur op. 167
Claude Debussy
Première Rhapsodie
für Klarinette und Klavier
Anders Hillborg
Tampere Raw
für Klarinette und Klavier
Johannes Brahms
Sonate für Klarinette (oder Viola)
und Klavier op. 120, 1
Nominiert vom Konserthuset Stockholm
15:00 Einführung in das Konzert durch
Bjørn Woll in Zusammenarbeit mit dem
Fono Forum
21.03.2010 Sonntag 20:00
Kölner Chorkonzerte 5
Johanna Stojkovic Sopran
Ilona Markarova Alt
Berthold Schmid Tenor
Se-Jong Chang Bass
Oratorienchor Köln
Bochumer Symphoniker
Andreas Meisner Dirigent
Münchener Kammerorchester
Alexander Liebreich Dirigent
Arien und Instrumentalwerke von
Johann Sebastian Bach
Carl Philipp Emanuel Bach
26.03.2010 Freitag 20:00
Jan Garbarek Group:
Jan Garbarek sax
Rainer Brüninghaus keyb
Yuri Daniel b ·
Trilok Gurtu perc
featuring Special Guest Trilok Gurtu
27.03.2010 Samstag 20:00
Orgel plus … 4
Stummfilm mit Live-Orgel
Thierry Mechler Orgel
Wolfgang Mitterer Orgel, Elektronik, Geräusche
Paul Wegener / Carl Boese
Der Golem, wie er in die Welt kam
(Deutschland 1920)
Friedrich Wilhelm Murnau
Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens
(Deutschland 1922)
Fassung der Murnaustiftung, nahezu
vollständig und dem Original
entsprechend viragierte Fassung
Antonín Dvořák
Stabat Mater op. 58
Arbeitskreis Kölner Chöre
gemeinsam mit KölnMusik
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Ihr nächstes
Abonnement-Konzert
28.03.2010 Sonntag 18:00
08.06.2010 Dienstag 20:00
Dorothee Mields Sopran
Hana Blazíková Sopran
Damien Guillon Altus
Robin Blaze Altus
Colin Balzer Tenor
Hans Jörg Mammel Tenor
Matthew Brook Bass
Stephan MacLeod Bass
Christoph Prégardien Tenor (Evangelist)
Simon Kirkbride Bass (Christusworte)
Quartetto 4
Chor und Orchester Collegium Vocale Gent
Philippe Herreweghe Dirigent
Béla Bartók
Streichquartett Nr. 2 a-Moll op. 17 Sz 67
(1914-1917)
Johann Sebastian Bach
Matthäuspassion BWV 244
Ende ca. 21:30
TV-Aufzeichnung
Kuss Quartett
Jana Kuss Violine
Oliver Wille Violine
William Coleman Viola
Mikayel Hakhnazaryan Violoncello
Wolfgang Amadeus Mozart
Streichquartett Nr. 17 B-Dur KV 458 (1784)
»Jagd-Quartett«
Johannes Brahms
Streichquartett Nr. 3 B-Dur op. 67 (1875)
ON – Schlüsselwerke der Neuen Musik
29.03.2010 Montag 20:00
Sezen Aksu vocals
Sezen Aksu Acoustic Band
Fahir Atakoglu music director, piano ·
Özer Arkun cello
Göksun Çavdar clarinet
Fatih Ahiskalı oud, buzuki, guitar
Nurcan Eren back vocals
Eric van der Westen upright bass
Mustafa Boztüy percussion
Jarrod Cagwin drums, percussion
Sezen Aksu ist die türkische Madonna – eine
Popdiva: Ihre Konzerte füllen Stadien, ihre
Videos flimmern auf allen Musikkanälen
und ihr Leben füllt die Zeitungsspalten. Ihre
Songs sind feministisch, politisch, engagiert.
Doch auch wenn ihre Texte besonders
ein intellektuelles Publikum ansprechen,
begeistert ihre Musik die Massen.
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Philharmonie Hotline +49.221.280280
koelner-philharmonie.de
Informationen & Tickets zu allen Konzerten
in der Kölner Philharmonie!
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Herausgeber: KölnMusik GmbH
Louwrens Langevoort
Intendant der Kölner Philharmonie und
Geschäftsführer der KölnMusik GmbH
Postfach 102163, 50461 Köln
koelner-philharmonie.de
531_KM_09-03-10_d.indd 16
Redaktion: Sebastian Loelgen
Corporate Design: Rottke Werbung
Textnachweis: Der Text von Andreas Günther
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
Fotonachweis: Andrew Eccles, DGG S. 10
Umschlaggestaltung: Hida-Hadra Biçer
Umschlagsabbildung: Jörg Hejkal
Gesamtherstellung:
adHOC Printproduktion GmbH
04.03.2010 13:45:00 Uh
Samstag 13.03.2010 20:00
BBC Singers
Ensemble intercontemporain
Pierre Boulez Dirigent
Arnold Schönberg
Vier Gesänge für gemischten Chor op. 27
Pierre Boulez
Dérive 2
Cummings ist der Dichter ...
Harrison Birtwistle
... agm ...
Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V.
€ 25,– zzgl. VVK-Gebühr
Roncalliplatz
50667 Köln
Philharmonie
Hotline
0221/280 280
koelner-philharmonie.de
Pierre Boulez
zum 85.
in der Mayerschen
Buchhandlung
Neumarkt-Galerie
50667 Köln
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Foto: Harald Hoffmann/DG
04.03.2010 13:45:00 Uh
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