5 / 2008 - Newsletter Liebe Leserinnen und Leser, vom 29. April bis 13. Juni 2009 steht das Schwetzinger Schloss wieder ganz im Zeichen der Musik. Bevor Sie das ausführliche Programm der Schwetzinger Festspiele 2009 in den Händen halten und am 08. Dezember der Kartenvorverkauf startet, möchten wir Sie an dieser Stelle mit der Vorstellung der Musiktheaterproduktionen und der Themenschwerpunkte auf die neue Festivalsaison einstimmen. In rund 50 Veranstaltungen werden wieder zahlreiche international erfolgreiche Künstler, aber auch eine Reihe von jungen Hochbegabten, zu erleben sein. Uraufführung Im Rahmen der sogenannten „Schwetzinger Dramaturgie“, die in jeder Spielzeit eine zeitgenössische und eine neu zu entdeckende „alte“ Oper vorsieht, wird 2009 ein Werk Wolfgang Rihms auf die Bühne gebracht. Auf der Basis von Goethes Gedicht „Proserpina“ wird der Komponist den mythischen Stoff neu deuten und weiterdenken lassen. Hans Neuenfels ist bei der Uraufführung verantwortlich für die Inszenierung, Jonathan Stockhammer übernimmt die musikalische Leitung des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR und der Damen des Vokalensembles Stuttgart. Einzige Solistin und Hauptdarstellerin ist die Sängerin Mojca Erdmann. Der mythologische Stoff des Raubs der Proserpina, auch als Persephone oder Kore bekannt, hat seit Monteverdis Zeit Komponisten und Schriftsteller immer wieder zu Interpretationen, Neudeutungen und Weiterführungen des Themas veranlasst. Proserpina, vom Todesgott Hades geraubt und geliebt, ist dazu verdammt, auf ewig in der Unterwelt zu bleiben. Ihre Mutter Demeter verdorrt in ihrem Schmerz über den Verlust der Tochter die Erde und bringt Zeus dazu, mit ihr gemeinsam zu Hades herabzusteigen, um Proserpina zurückzuholen – allerdings unter einer Bedingung: Proserpina darf in der Unterwelt noch kein Mahl zu sich genommen haben. Da Proserpina jedoch (nur) vier Granatapfelkerne gegessen hat, kommt es zu der Übereinkunft, die junge Frau im Verlauf eines jeden Jahres für vier Monate in die Unterwelt zu Hades zu schicken. Den Rest des Jahres darf sie auf der Erde bei ihrer Mutter verbringen. Auch Goethe nahm sich Proserpinas Geschichte an und nutzte sie als Plattform für eine künstlerische Botschaft. Sein Monodrama, das zunächst als tragisches Intermezzo innerhalb der Burleske „Triumph der Empfindsamkeit“ (1778) diente, wurde später zu einem Gedicht, „das ich für Gluck auf den Tod seiner Nicht machen soll“, umgearbeitet. Handelt es sich hier also um eine in Auftrag gegebene Totenklage? Oder stecken doch eher persönliche Erlebnisse Goethes selbst in diesem dramatischen Werk? Auf der Grundlage von Goethes Monodrama wird eine neue Lesart der mythologischen Thematik entstehen. Der Komponist Wolfgang Rihm Mojca Erdmann In der „Eroberung von Mexico“ (Hamburg, 1992) setzte Rihm sich mit den Archetypen Mann/Frau auseinander. Seine folgenden Musiktheaterwerke „Ari/Ariadna“ (2002) und „Penthesilea“ (2005) konzentrieren sich auf in diesem Sinne archetypisch weibliche Schicksale. Die Frau ist handlungsgebendes Element und fungiert als Basis dramatischer © Felix Broede Seite 1 5 / 2008 - Newsletter Handlung. „Das Musiktheater suche ich dort, wo es als nur durch Musik begründbare Veranstaltung sich zeigt“ – Handlung ist nichts als das „Melos des Geschehens“. Wolfgang Rihm, geprägt von der Musik Stockhausens, Weberns, Lachenmanns und Nonos, zählt zu den produktivsten und meistgespielten Komponisten seiner Generation. Sein Schaffensprinzip richtet sich nach der Idee des „work in progress“. Es gilt der geschlossene Werkbegriff jedes einzelnen Werkes, dieses muss und will jedoch in den Gesamtkontext des künstlerischen Schaffens einbezogen werden: „Ich habe die Vorstellung eines großen Musikblocks, der in mir ist. Jede Komposition ist sogleich ein Teil von ihm, als auch eine in ihn gemeißelte Physiognomie“ (Rihm 1998). Mit dem Begriff der „Übermalungen“ verdeutlicht Rihm sein zugrunde liegendes Prinzip: Erg änzungen, Weiterführungen, Verknüpfungen, Spiegelung und Rückführung. Dabei dient das Zugrundelegen klassischer Stoffe, Dramen oder auch Musik konsequent als Dreh- und Angelpunkt. Rihm nimmt Themen auf und erarbeitet diese neu, sucht Deutungsmöglichkeiten und schildert diese durch seine Musik. Die von ihm beleuchteten Themen sind bezeichnenderweise nie in sich abgeschlossen, sondern immer Teil eines großen Ganzen – alles ist ein Prozess, jede Handlung entwickelt sich aus einer anderen und führt zu einer neuen. Wolfgang Rihm © Universal Edition Eric Marinitsch Der Regisseur Hans Neuenfels In Szene gesetzt wird die Uraufführung Wolfgang Rihms von einem der originellsten Künstler der deutschen Theaterszene: Hans Neuenfels. An zahlreichen europäischen Bühnen hat der Regisseur aufsehenerregende Inszenierungen herausgebracht, mitunter sehr umstritten wegen seines meist kritischprovozierenden, assoziativen und collagehaften Stils. Grundlage seiner Operninterpretationen ist immer wieder das InBeziehung-Setzen gesellschaftlicher und historischer Hintergründe mit der Gegenwart. Hans Neuenfels Der in Krefeld geborene Neuenfels erhielt seine Schauspiel- und Regieausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Als seinen „geistigen Vater“ bezeichnet er den Surrealisten Max Ernst, ein Jahr war er dessen Assistent. Schon in den 60er Jahren avancierte der junge Neuenfels zu einem der kreativsten Regisseure seiner Zeit. 1974 begann mit der Inszenierung von „Il Trovatore“ in Nürnberg seine Karriere als Opernregisseur. Herausragende Arbeiten waren auf diesem Gebiet unter anderem „Macbeth“ und „Aida“ in Frankfurt, „La forza del destino“, „Rigoletto“ und Zimmermanns „Soldaten“ an der Deutschen Oper Berlin. Mit der Uraufführung von Adriana Hölszkys „Die Wände“ bei den Wiener Festwochen feierte Neuenfels einen weiteren großen Erfolg. Viel Beachtung fanden auch seine Interpretationen Seite 2 5 / 2008 - Newsletter von Zemlinskys „Der König Kandaules“ an der Volksoper Wien und von Meyerbeer „Le prophète“ an der Wiener Staatsoper. Seine Inszenierung der „Entführung aus dem Serail“ am Staatstheater Stuttgart wurde 1998 zur Aufführung des Jahres gekürt. Auch als Filmemacher, Schriftsteller und Redner tritt Hans Neuenfels immer wieder in Erscheinung. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil, so der CICERO Rednerpreis im Jahr 2003. Zweimal – 2005 und 2008 – wurde er „Opernregisseur des Jahres“. Konzert der derzeit renommierteste Bandoneon-Solist, Juan José Mosalini, gemeinsam mit dem Gitarristen Leonardo Sánchez neben anderem Tango Nuevo präsentieren. Das Schwetzinger Publikum darf nun gespannt sein auf eine Deutung des klassischen Stoffes durch die Musik Wolfgang Rihms und die Inszenierung von Hans Neuenfels. Wolfgang Rihm: PROSERPINA 2., 4. und 5. Mai 2009, Rokokotheater Grenzgänge Juan José Mosalini © Promo Arton Wo liegen die Grenzen zwischen Jazz, Weltmusik und Klassik? Seit 10 Jahren laden die Schwetzinger Festspiele immer wieder profilierte MusikerInnen ein, sich auf diese spannende Gratwanderung zu begeben. In der Saison 2009 stehen Percussionisten im Zentrum: Im reizvollen Gegensatz konzertieren an zwei Abenden „Altmeister“ Peter Sadlo und einer der jüngsten, aber auch erfolgreichsten Virtuosen diese Fachs, der junge ARDPreisträger Johannes Fischer. Zur Unterstützung bringt Sadlo neben seinem Schlagzeug-Kollegen Klaus Schwärzler auch die außergewöhnlich begabten, bei Karl-Heinz Kämmerling am Mozarteum in Salzburg studierenden „Klavierschwestern“ Alice Sara und Mona Asuka Ott mit. Johannes Fischer hat für seinen Abend die Flötistin Nari Hong und den Oboisten Christian Hommel mit ins Boot geholt. Neben diesen beiden im wahrsten Sinne des Wortes „schlagfertigen“ Veranstaltungen wird in einem weiteren „Grenzgänge“- Grenzgänge: 22. Mai 2009 Johannes Fischer, Percussion; Nari Hong, Flöte; Christian Hommel, Oboe 22. Mai 2009 Juan José Mosalini, Leonardo Sánchez, Gitarre Bandoneon; 11. Juni 2009 Peter Sadlo, Klaus Schwärzler, Schlagzeug; Alice Sara Ott, Mona Asuka Ott, Klavier Seite 3 5 / 2008 - Newsletter Emerson String Quartet Wiener Klassik – Klassische Moderne Das für seinen einfühlsamen und dynamischen Vortragsstil gefeierte und mit zahlreichen Preisen geehrte Emerson String Quartet ist heute eines der weltweit führenden Kammermusikensembles. Seit 1979 spielen die Musiker in der selben Besetzung – an den Violinen Eugene Drucker und Philip Setzer, von denen jeder abwechselnd den Part des Primarius übernimmt, der Bratschist Lawrence Dutton und am Cello David Finckel. Berühmt geworden ist das in New York ansässige Emerson String Quartet vor allem mit dem Repertoire der Alten Welt: Beethoven, Mendelssohn, Brahms, Bartók, Schostakowitsch – von all diesen Komponisten haben sie das Gesamtwerk für Streichquartett eingespielt. In seinen Programmen ist das Ensemble bestrebt, stilistische Kontraste herauszuarbeiten, die als dramaturgisch belebende Elemente zur Geltung kommen. Vielfältig ist daher sein Repertoire und reicht von den Fugen Johann Sebastian Bachs über die großen amerikanischen Komponisten Ives und Barber bis hin zu mindestens einer jährlichen Uraufführung zeitgenössischer Musik. Reflektion und Kontrastierung sind die gestalterischen Elemente, die für den Zuhörer immer wieder zu neuen Entdeckungen bei Altbekanntem führen. Dementsprechend stellt das Emerson String Quartet bei seinem fünftem Gastspiel in Schwetzingen der Wiener Klassik die Klassische Moderne gegenüber und schafft auf diese Weise einen reizvollen Diskurs verschiedener Stile. Emerson String Quartet © Andrew Eccles Emerson String Quartet 27. Mai 2009 Wiener Klassik und Klassische Moderne I 28. Mai 2009 Wiener Klassik und Klassische Moderne II 29. Mai 2009 Wiener Klassik und Klassische Moderne III Tickets, Fragen, Kontakt Das vollständige Programm der Schwetzinger Festspiele 2009 finden Sie im FestspielLeporello und in unserem Programmbuch; beide Publikationen liegen an den bekannten Vorverkaufsstellen aus. Ausführliche Informationen erhalten Sie zusätzlich über das Festspielbüro (Telefon: 07221 / 9294990, Fax: 07221 / 929-4995, e-mail: [email protected]) oder Internet ( www.schwetzinger-festspiele.de ). Der Kartenvorverkauf startet am 08. Dezember 2008. Tickets gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen oder über den SWR Ticketservice unter der Rufnummer 07221 / 300-500. Schwetzinger Festspiele GmbH, Hans-Bredow-Straße, 76530 Baden-Baden, Telefon: 07221 / 929 4990 Fax: 07221 / 929 4995 e-mail: [email protected], Internet: www.schwetzinger-festspiele.de Redaktion: Peter Stieber (verantwortlich), Britta Amtsberg Seite 4