Pathobiol-2 - Alex Eberle

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Pathobiologie/Pathobiochemie
Teil 1
Lektion 1
20.09.10
Einführung und Grundlagen
Lektion 2
27.09.10
Gedächtnisstörungen
Pathobiologie der Sucht
Lektion 3
4.10.10
Lektion 4
11.10.10
Pathobiologie der Sinnesorgane
Augenkrankheiten
[ Lektion 5
18.10.10
Herz-Kreislaufkrankheiten ]
Lektion 6
25.10.10
Pathobiologie des Schmerzes
Lektion 7
1.11.10
Neurodegenerative Erkrankungen und andere
Krankheiten des Nervensystems
(Selbststudium)
Hautkrankheiten
1
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
1
Stoff aus dem Lehrbuch zu Lektion 2
G. Thews, E. Mutschler, P. Vaupel
Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie
des Menschen (6. Auflage)
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH
Stuttgart, 2007.
Grundlagen aus der Anatomie/Physiologie:
Kapitel 19 (Psychiatrische Störungen): Seiten 851-858
Bewusstsein, Motivation, Gedächtnis
Kapitel 19: Seiten 823-831
R. Schmidt, F. Lang, G. Thews
Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie (29. Auflage)
Springer Medizin Verlag, 2005.
Integrative Leistungen des Nervensystems
Kapitel 11.3 (Die Emotionen Freude und Sucht):
Seiten 248-253.
2
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
2
Gedächtnisstörungen - Teil 1
Inhaltliche Unterteilung von Gedächtnis
Sensorisches Gedächtnis und kognitives Lernen
Wissensgedächtnis (Kurz- und Langzeitgedächtnis)
Neuronale Plastizität und Lernen
Intrazelluläre Lernkaskaden
Neuropsychologie des Gedächtnisses
3
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
3
Sensorisches Gedächtnis und kognitives Lernen
Informationsfluss ins Kurz- und Langzeitgedächtnis
Sensorische Reize werden für die
Dauer von wenigen hundert Millisekunden zunächst automatisch in
einem sensorischen Gedächtnis
gespeichert, um dort für den oder
die Kurzzeitspeicher kodiert zu
werden und um die wichtigsten
Merkmale zu extrahieren. Das
Vergessen beginnt sofort nach der
Aufnahme. Zusätzlich kann die
gespeicherte Information auch aktiv
ausgelöscht, bzw. durch kurz
danach aufgenommene Information
überschrieben werden.
Die Übertragung der Information aus dem kurzlebigen sensorischen in ein dauerhaftes Gedächtnis kann
auf zwei Wegen erfolgen: der eine ist die verbale Kodierung der sensorischen Daten. Der andere ist ein
nichtverbaler Weg, der von kleinen Kindern und Tieren eingeschlagen werden muss und der auch zur
Aufnahme verbal nicht oder nur schwer zu fassender Erinnerungen dient. Dabei werden vor allem
räumliche Beziehungen als Kontextreize gelernt.
4
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
4
*
Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis
Kurzzeitgedächtnis
Das Kurzzeitgedächtnis dient zur vorübergehenden Aufnahme verbal codierten Materials. Seine Kapazität
ist viel kleiner als die des sensorischen Gedächtnisses. Die Information ist in zeitlicher Ordnung
gespeichert. Vergessen erfolgt durch Ersetzen der eingespeicherten Information durch neue. Die mittlere
Verweildauer im primären Gedächtnis ist kurz. Sie beträgt einige Sekunden bis maximal Minuten. Es
können nicht mehr als 7±2 Informationseinheiten gleichzeitig dort behalten werden. Die Übertragung aus
dem Kurzzeitgedächtnis in das dauerhaftere Langzeitgedächtnis wird durch Üben erleichtert. Die im
Langzeitgedächtnis geformte Gedächtnisspur, das Engramm, verstärkt sich mit jeder Benutzung
(Konsolidierung). Wird der Gedächtnisinhalt über Sekunden bis Minuten ohne Wiederholung am Leben
erhalten und muss eine längere Verzögerung zwischen Aufnahme und Wiedergabe verstreichen, spricht
man von Arbeitsgedächtnis. Das Gedächtnismaterial ist nicht mehr zugänglich und kann bis zur
Wiedergabe nicht mehr geübt werden.
Langzeitgedächtnis
Das Langzeitgedächtnis ist ein dauerhaftes Speichersystem. Die Information ist nach ihrer Bedeutung
gespeichert. Zur bewussten (expliziten) Wiedergabe muss das Gedächtnismaterial aus dem
Langzeitspeicher wieder in das begrenzte Kurzzeitgedächtnis gebracht werden. Die Geschwindigkeit des
Zugriffs ist im primären Gedächtnis schnell und im sekundären langsam. Vergessen im sekundären
Gedächtnis scheint weitgehend auf Störung (Interferenz) des zu lernenden Materials durch vorher oder
anschliessend Gelerntes zu beruhen (proaktive bzw. retroaktive Hemmung).
5
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
5
(*)
Langzeitgedächtnisse
Hirnregionen, die für die verschiedenen Formen von Lernen und Gedächtnis verantwortlich sind
(prozedural)
Zwei Langzeit-Gedächtnissysteme werden unterschieden:
Das prozedurale (Verhaltens-) Gedächtnis und das deklarative (Wissens-) Gedächtnis
Im menschlichen Gehirn sind offensichtlich beide Gedächtnisarten in verschiedenen Hirnregionen realisiert.
6
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6
(*)
Gedächtnissysteme
Implizites, prozedurales Gedächtnis
Prozedurales Gedächtnis (Verhaltensgedächtnis) bezieht sich auf perzeptuelle und motorische Fähigkeiten und einfache Konditionierungsvorgänge (Fahrrad fahren, Karten und Musikinstrumente spielen).
Priming (“Bahnung”) ermöglicht eine erhöhte Wiedererkennungswahrscheinlichkeit für Reize, denen man
zuvor unbewusst begegnet war (Priming verbessert das Identifizieren von Objekten).
Das perzeptuelle Gedächtnis ist mit der Beurteilung von Neuigkeiten oder Familiarität wahrgenommener
Reize befasst.
Im Falle des prozeduralen Lernens kann die Erfahrung das Verhalten ohne Mitwirkung des Bewusstseins
und ohne Zugriff auf einen bestimmten Gedächtnisinhalt verändern.
Explizites, deklaratives Gedächtnis
Das Wissensgedächtnis (semantisches Gedächtnis) ermöglicht die bewusste Wiedergabe von Fakten und
Ereignissen. Es enthält unsere Bildung - Fakten über die Welt, die kontextfrei in unserem Hirn repräsentiert sind.
Episodisches Gedächtnis ermöglicht eine Zeitreise in die eigene Vergangenheit, ist stets kontextbezogen
(Zeit und Ort der Ereignisse sind fixiert) und erlaubt eine Reflexion auf die eigene Person.
7
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
7
Inhaltliche Unterteilung von Gedächtnis
8
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A. Thöne-Otto, H.J. Markowitsch, Gedächtnisstörungen nach Hirnschäden, 2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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(*)
Neuronale Plastizität und Lernen
Alle Lernprozesse sind Ausdruck der Plastizität des
Nervensystems. Lernen wird von Reifung unterschieden,
bei der genetisch programmierte Wachstumsprozesse zu
Veränderungen des ZNS führen, die als unspezifische
Voraussetzungen für Lernen fungieren.
Eine unabdindbare Voraussetzung für Lernvorgänge aller
Art ist die Ausbildung spezifischer synaptischer Verbindungen unter dem Einfluss früher Umweltauseinandersetzung. Die Entwicklung von geordneten Verhaltensweisen und Wahrnehmungen hängt von der adäquaten
Stimulation des jeweiligen neuronalen Systems in einer
frühen, kritischen Entwicklungsperiode ab.
Durch simultanes Feuern wird nicht nur die Stärke der
Verbindung der kooperierenden Synapsen erhöht, sondern
gleichzeitig die der inaktiven benachbarten Synapsen
geschwächt. Der Nervenwachtumsfaktor (NGF) kann aktivitätsabhängig von den Synapsen abgezogen werden, die
dadurch absterben.
Der Abbruch alter, störender Verbindungen ist für die Entwicklung neuer Verhaltensweisen genauso wichtig wie der
Aufbau neuronaler Verbindungen.
Hebb-Regel (Verstärkung der Aktivität aller Synapsen)
9
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9
(*)
Intrazelluläre Lernkaskaden (1)
Assoziatives Lernen lässt sich durch Änderungen der Membraneigenschaften prä- und postsynaptischer
Verbindungen erklären (Untersuchungen an der Meerschnecke Aplysia).
Die Ausschüttung von Serotonin
durch ein Interneuron verursacht die
Schliessung von Kaliumkanälen in
den Synapsen des sensorischen
Neurons und bewirkt damit eine
Verlängerung des Aktionspotentials,
verstärkten Ca2+-Einstrom und verstärkte Ausschüttung des Neurotransmitters.
Molekulare Vorgänge bei der klassischen Konditionierung
Die simultane prä- und postsynaptische Aktivität führt in der postsynaptischen Zelle zu einer Kaskade
intrazellulärer Vorgänge (Langzeitpotenzierung). Am Ende dieser
Kaskade steht die Freisetzung eines
retrograden Messengers (NO, CO,
NGF), welcher in die präsynaptische
Zelle diffundiert und dort die erhöhte
Erregung aufrecht erhält.
10
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
10
(*)
A.
Intrazelluläre Lernkaskaden (2)
A. Abfolge der neuro-chemischen Kaskade während Langzeitpotenzierung im
Hippocampus. B. Regulation der Transkription durch CREB.
B.
11
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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(*)
Neuropsychologie des Gedächtnisses
Die Neuropsychologie untersucht die Zusammenhänge zwischen Gehirn und Verhalten am kranken
Menschen. Dabei werden Patienten untersucht, die umschriebene Zerstörungen der Hirnsubstanz aufweisen.
Aus den gemessenen Ausfällen im Verhalten (z.B. Merkfähigkeitsstörungen) schliesst man auf die Bedeutung
der zerstörten Hirnregion.
Mediales Temporallappen-Hippocampus-System
Das Gedächtnissystem des medialen Temporallappens ist für die Herstellung von assoziativen Verbindungen
bei deklarativem Lernen verantwortlich. Der Hippocampus erhält über den entorhinalen Kortex Informationen
aus allen Assoziationsfeldern des Neokortex sowie aus Teilen des limbischen Systems, vor allem dem Gyrus
cinguli und dem orbifrontalen Kortex sowie aus verschiedenen Regionen des Temporalkortex. Alle diese
Projektionen sind reziprok.
Das hippocampanale System verbindet im Kortex isolierte Gedächtnisinhalte zu einem grösseren Kontext
(Kontextlernen). Fällt dieses System aus, so erscheint uns jede Situation neu, da sie zu keiner der gleichzeitig
vorliegenden Aspekte dieser Situation irgendeine Beziehung hat.
12
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
12
Neurobiologische Störungstheorien
Schematische Übersicht über Hirnstrukturen, die in die Langzeitverarbeitung von Information von
ihrer Aufnahme bis zu ihrem Abruf involviert sind.
13
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Thöne-Otto A., Markowitsch H.J, Gedächtnisstörungen nach Hirnschäden, 2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
13
Gedächtnisstörungen - Teil 2
Definition von Gedächtnisstörungen
Neuropsychologie des Gedächtnisses
Differentialdiagnose von Gedächtnisstörungen
Demenz, Delir und Amnesie
Ätiologie von Gedächtnisstörungen
14
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
14
*
Definition von Gedächtnisstörungen
Störungen der beschriebenen Gedächtnissysteme und -prozesse gehören zu den häufigsten
kognitiven Beeinträchtigungen nach einer Hirnschädigung und haben eine zentrale Bedeutung für die
Frage, ob Patienten nach einer Hirnschädigung wieder in der Lage sind, ein eigenstäniges Leben zu
führen oder auf Unterstützung angewiesen sind.
Gedächtnisstörung ist der Oberbegriff für alle Einbussen des Lernens, Behaltens und des Abrufs
gelernter Information. Dieser Terminus sagt weder etwas über die Ursache dieser Störung aus noch
darüber, ob sie isoliert oder in Kombination mit anderen kognitiven Störungen auftritt.
Amnesie bedeutet klassischer Weise eine isolierte, schwere Störung des Lernens und Behaltens,
während andere kognitive Funktionen wie z.B. Aufmerksamkeit, Sprache oder Intelligenzfunktionen
erhalten sind. Anterograde Amnesie beschreibt die Unfähigkeit, Informationen und Erlebnisse, die
nach der Hirnschädigung gelernt bzw. erfahren wurden, zu behalten. Retrograde Amnesie beschreibt
die Unfähigkeit, Erinnerungen, die vor der Hirnschädigung ins Gedächtnis gelangten, wieder
abzurufen.
Demenz bezeichnet ein Krankheitsbild, bei dem es zu einer schweren Beeinträchtigung verschiedener
kognitiver Funktionen kommt, wobei die Gedächtnisstörung in der Regel das Leitsymptom darstellt.
Meist assoziiert der Begriff eine progrediente Neurodegeneration, die Diagnose Demenz kann jedoch
auch nach Schädelhirntrauma vergeben werden.
15
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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(*)
Differentialdiagnose von Gedächtnisstörungen
Gedächtnisstörung
ja
nein
Akute Symptomatik
ja
Gestörte Aufmerksamkeit
nein
Dementielle Entwicklung
Amnestisches Syndrom
ja
Akuter Verwirrtheitszustand
Ist die Gedächtnisstörung akut aufgetreten und die Aufmerksamkeit intakt, liegt ein Amnesie vor.
Bei akuten Gedächtnisstörungen mit gestörter Aufmerksamkeit spricht man von einem Delir.
Bei chronisch-progredienten Störungen mit anfangs noch erhaltener Aufmerksamkeit handelt es sich
um eine Demenz.
Eschle D. et al., Primary Care 2007, 7(16):263-266
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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Demenz, Delir und Amnesie
Eschle D. et al., Primary Care 2007, 7(17):293-297
17
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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Ätiologie von Gedächtnisstörungen (1)
Gedächtnisstörungen können eine grosse Vielfalt von Ursachen haben.
Dies hängt in erster Linie mit der Vielfalt
der in der Informationsverarbeitung involvierten Hirnregionen zusammen, dann mit
der Wichtigkeit von Informationsschleifen
auf Hirnebene, die dazu führen, dass ein
Bruch an nur einer Stelle zu einem
Diskonnektionssyndrom führt, mit dem
Ergebnis, dass Gedächtnis ein in
mehreren Dimensionen auftretendes Ereignis ist. Infolgedessen treten Gedächtnisstörungen nach den verschiedenartigsten Ätiologien auf (Tabelle).
Trotzdem lassen sich bestimmte Häufigkeiten ausmachen und Zuordnungen
treffen, die man nach den Prozessen der
Informationsverarbeitung oder nach den
involvierten
Strukturen
klassifizieren
kann.
Cerebrovaskuläre Erkrankungen und Epilepsie-korrelierte Krankheitsformen gehören zu den häufigsten mit Gedächtnisstörungen assoziierten Krankheiten.
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Thöne-Otto A., Markowitsch H.J, Gedächtnisstörungen nach Hirnschäden, 2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
18
Ätiologie von Gedächtnisstörungen (2)
Mediales Dienezephalon
Infarkte, Intoxikationen, Tumore,
degenerative Erkrankungen, entzündliche Prozesse
Mediale Temporallappenregion
Epilepsien, Zustand nach Hypoxie / Anoxie,
infektiöse Prozesse, Tumore, Degenerationen
Basales Vorderhirn
Infarkte / Aneurysmen, Degenerationen, Traumata, Tumore
Neocortex
Infarkte, Degenerationen, spongiforme Encephalopathien /
Prionenkrankheiten, entzündliche Prozesse,
Multiple Sklerose / andere demyelinisierende Krankheiten,
Traumata, Tumore
Basalganglien
Intoxikationen / Hypoxien, Kalzifizierungen, Infarkte
Kleinhirn
Degenerationen, Infarkte
Psychogener Formenkreis
Schizophrenie
Thöne-Otto A., Markowitsch H.J, Gedächtnisstörungen nach Hirnschäden, 2004
19
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
19
Schädelhirnverletzungen
Die akute Einwirkung äusserer Gewalt auf Schädelkalotte und Gehirn (Schädel-Hirn-Traumata),
sekundäre Prozesse infolge von Gehirndruckanstieg und Zirkulationsstörungen verursachen eine
Reihe transienter und bleibender Hirnfunktionsstörungen.
Symptome: Bewusstlosigkeit, Verwirrtheit, amnestische Lücken
Die retrograde Amnesie ist fast nicht existent, während die anterograde Amnesie entsprechend dem
Traumaschweregrad sehr variabel ausgeprägt sein kann.
20
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
20
(*)
Infarkte, Aneurysmen, Tumoren
Infarkte können, je nach geschädigter Arterie und danach, ob es sich um Blutungen oder
Verschlüsse handelt, sehr unterschiedlich grosse Hirnareale betreffen. Manchmal (z.B. im
Diencephalon) genügen schon kleine Infarkte, um die episodische und semantische Neugedächtnisbildung das ganze nachfolgende Leben lang unmöglich zu machen. Da thalamische
Kerne multiple Funktionen haben, können nach Mediodorsaliskernläsionen gleichzeitig Störungen
in den Bereichen Gedächtnis, Schlaf und Emotionen auftreten. Infarkte der Arteria cerebri können
recht grossflächig sein.
Patienten mit geplatzten oder zuvor operierten Aneurysmen haben häufig anterograde Amnesien
als Konsequenz.
Vaskuläre Demenzen sind Konsequenz diffuser Hirnschäden und führen zu generelleren intelektuellen Abbauerscheinungen.
Von ihrer Lage her können sowohl Tumore des dritten Ventrikels als solche an der Hirnoberfläche zu Gedächtnisstörungen führen, wobei diese inhaltlich stark differieren können und
sich eventuell operativ bedingt verstärken können.
21
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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(*)
Degenerative Erkrankungen des ZNS
Die am weitesten verbreitete degenerative
Erkrankung ist der Morbus Alzheimer. Der
Formenkreis der Alzheimer-Krankheit umfasst
Demenzen, die auf Verhaltensebene durch
einen kontinuierlich progressiven Abbau
intelektuell-kognitiver Leistungen gekennzeichnet sind (Wortfindungsstörungen, Gedächtnisstörungen, Sprachstörungen bis zu einem
völligen Verlust der Sprache und des reflektierten Bewusstseins).
Auch andere alterskorrelierte degenerative
Erkrankungen (Morbus Parkinson) sind mit
Gedächtnisstörungen verbunden, wobei die
Defizite bei der Parkinson’schen Krankheit
zumindest am Anfang eher im Bereich des
prozeduralen Gedächtnisses liegen.
Eine weitere Form der Altesrdemenz ist die
Picksche Krankheit, die gekennzeichnet ist
durch einen im Vergleich zur AlzheimerKrankheit früheren Krankheitsbeginn (40.-50.
Lebensjahr, durch markante corticale Atrophie
meist der frontalen und temporalen Cortexbereiche und durch Demenz.
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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Wernicke-Korsakoff-Syndrom
Beim Wernicke-Korsakoff-Syndrom (WKS) handelt es sich um zwei
verschiedene Krankheitsbilder, die einen gemeinsamen pathophysiologischen Hintergrund besitzen.
Im Rahmen einer länger dauernden Malnutrition kann es zu einem
kritischen Mangel an Vitamin B1 (Thiamin) kommen.
Klassisch ist ein WKS im Rahmen des chronischen Alkoholismus. Es
wurden jedoch auch Fälle im Rahmen von Essstörungen beschrieben.
Einerseits kann dabei eine Wernicke-Enzephalopathie auftreten, die
charakterisiert ist durch die Trias aus Blickmotorikstörung, Ataxie und
Verwirrtheit. Der Verwirrtheitszustand zeigt beim mangelernährten
Alkoholiker u.U. einen fliessenden Übergang zum Entzugsdelir oder zu
Entzugsanfällen. Erfolgt in der kritischen Phase keine ausreichende
Thiaminsubstitution, kann es zu einem isolierten amnestischen
Syndrom kommen (dem eigentlichen Korsakoff-Syndrom).
Pathologisch-anatomisch und kernspintomographisch sieht man
bilaterale Läsionen in der Corpora mamillaria, im Thalamus und Hirnstamm.
Therapeutisch sind die unverzügliche intarvenöse Gabe von Thiamin
und das Vermeiden einer übermässigen Kohlenhydratzufuhr entscheidend, damit sich die Defizite möglichst zurückbilden.
23
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
23
Virale Enzephalitis
Die durch das Herpes-Simplex-Virus Typ1 (HSV1) ausgelöste Gehirnentzündung ist mir einer Inzidenz
von 1/100’000 die häufigste Form einer akuten Virusenzephalitis. Wird sie früh erkannt und behandelt,
ist die Prognose gut. Unbehandelt sterben jedoch 70% der Patienten, was der Grund dafür ist, dass
schon allein auf Verdacht behandelt werden muss (mit Aciclovir).
Das Herpes-Virus dringt über die Riechnerven in das ZNS ein und gelangt von dort in den
Temporallappen und den Frontallappen des Gehirns, erst nur auf einer Stelle (meist der linken),
später in der Regel beidseitig. Hier kommt es zu Einblutungen und Gewebsuntergang (nekrotisierendhämorrhagische Enzephalitis) und nachfolgend zu einer ausgedehnten Schwellung, was zu den
charakteristischen neurologischen und neuropsychlogischen Herdsymptomen führt: Aphasie,
Hemiplegie, epileptische Anfälle, Nackensteifigkeit, Bewusstseinstrübung, Koma.
Diagnostik
24
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
24
Transiente epileptische Amnesie
Epileptische Foci im medialen Temporallappenbereich stellen dadurch, dass sie oft eine hippocampale
Sklerose bewirken, eine Ursache für Gedächtnisstörungen dar. Auch nach Entfernung epileptischen
Gewebes kommt es häufig zu amnestischen Störungen. Gehäufte und vor allem kurze amnestische
Episoden unter einer Stunde sollen an das Vorliegen einer Epilepsie denken lassen. Die wichtigste
Differentialdiagnose zur TEA ist die transiente globale Amnesie.
Diagnosekriterien: wiederholtes Auftreten von Gedächtnisstörungen in kurzen Intervallen, EEGAuffälligkeiten meist temporal in Form von Spitzenpotentialen, rasche Besserung durch Antikonvulsiva,
retrograde Gedächtnisstörung, ‘amnestic strokes’, delirante Zustände, Dissoziation.
Die TEA wird meist bei älteren Menschen
beobachtet. Ob sie einer künftigen dementiellen Entwicklung vorausgeht, ist bislang
nicht geklärt.
Engmann & Reuter, Akt Neurol 2003, 30:350-353
25
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
25
Transiente globale Amnesie
Die Transiente globale Amnesie (TGA) ist eine in der
Neurologie nicht seltene, an sich benigne und
selbstlimitierende Erkrankung. Sie tritt vorzugsweise in
der zweiten Lebenshälfte auf, mit einem Altersgipfel in
der sechsten Dekade (Inzidenz: 5-10/100`000).
Klinisch ist die TGA gekennzeichnet durch einen akut
einsetzenden, reversiblen Verlust der Fähigkeit, neue
Gedächtnisinhalte zu speichern (anterograde Amnesie) bei gleichzeitig eingeschränktem Erinnerungsvermögen für Ereignisse, die Tage bis Wochen vor
dem Ausbruch der amnestischen Episode vorgefallen
sind (retrograde Amnesie).
26
27/09/10
Sarikaya H & Tettenborn B, Schweiz Med Forum 2006, 6:1082-1084
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
26
Psychisch bedingte Amnesien
Krankheitsbilder
Psychogene Amnesie (Auslöser klar auf psychischer Stressebene)
Psychogener Fuguezustand (Amnesie und ‘Flucht’ vom Heimatort)
Funktionelle Amnesie (kombiniert psychischer und somatischer Hintergrund, z.B. Autounfall)
Multiple Persönlichkeit (Aufspaltung in Personentypen, gegenseitige Existenz ist amnestisch)
Amnestisches Blockadesyndrom (hirnphysiologische Änderungen in gedächtnisrelevanten Strukturen)
Der vermutete Mechanismus auf Hirnebene
basiert auf einer massiven Freisetzung von
Stresshormonen, die in Wechselwirkung mit
Transmittern den normalen neuronalen Informationsfluss innerhalb von Regionen unterbindet, die mit Gedächtnis und emotionaler Verarbeitung zu tun haben.
Auf Hirnebene liess sich im Einzelfall zeigen,
dass es zu einer funktionellen Änderung (Hypoperfusion) in dem gleichen Hirnbereich kommen
kann (B), der auch nach organischer Schädigung (A) zu Gedächtnisabrufstörungen im autobiographischen Altgedächtnisbereich führt.
A
B
Hypoperfusion im rechten Frontotemporalbereich
27
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
27
*
Pathobiologie der Sucht
Definitionen
Suchtmechanismen
• Suchtentstehung
• Mesolimbisches Dopaminsystem
• Toleranz und Abhängigkeit
• Suchtverlauf
• Neuroadaptation
Suchtstoffe
• Alkohol
• Nikotin
• Cannabinoide
• Opiate (Heroin)
• Kokain
• Amphetamine
• Halluzinogene
Therapieansätze
Picasso's The Absinthe Drinker (1901).
Absinthe, a concoction of distilled spirits and plant extracts, was a favorite
narcotic in the Parisian cafes of the 19th century. Its intoxicating qualities,
enjoyed by Toulouse-Lautrec and Modigliani among others, led to
interdiction in France in 1911.
28
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
28
*
Definitionen
Sucht ist ein veralteter Begriff, der eigentlich nur noch in der Umgangssprache Verwendung findet. Die WHO
(Weltgesundheitsorganisation) hat den Begriff “Sucht” durch den Begriff “Abhängigkeit” ersetzt. Heute werden
beide Begriffe häufig nebeneinander genutzt.
Abhängigkeit
Unwiderstehliche Drang, ein Suchtmittel einzunehmen, bzw. bestimmte Handlungen auszuführen, um entweder
ein Gefühl des Wohlbefindens zu erzielen oder um Missempfindungen auszuschalten. Neben der stofflichen
Abhängigkeit umfasst der Begriff auch Spiel-, Ess-, sexuelle Abhängigkeit u.a.
Physische Abhängigkeit
• Entwicklung einer Toleranz: Der Betroffene muss immer mehr von einer Substanz einehmen, um die gleiche
Wirkung zu erzielen (Wirkungsabfall bei gleichbleibender Dosis).
• Wird das Suchtmittel abgesetzt zeigen sich Entzugserscheinungen (Entzugssyndrom).
• Substanzen werden eingenommen, um Entzugserscheinungen zu vermeiden oder zu lindern.
Psychische Abhängigkeit
• Heftiges und gelegentlich unbezwingbares, sehr starkes Verlangen (craving), eine Substanz zu konsumieren
mit dem Ziel, positive Empfindungen herbeizuführen oder unangenehme Empfindungen zu vermeiden.
• Verminderte Kontrolle über den Beginn und das Ende des Konsums sowie über die Menge des Substanzgebrauchs.
• Alltagsaktivitäten sind auf Möglichkeiten und Gelegenheiten zum Substanzkonsum hin ausgerichtet.
• Soziale, familiäre und berufliche Interessen werden vernachlässigt.
• Trotz auftretender schädlicher Folgen wird der Konsum fortgesetzt.
• Verstösse gegen gesellschaftliche Normen (Alkoholkonsum am Morgen)
Sensitisierung
Gesteigerte Reaktion auf die gleiche Dosis
29
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
29
*
Drogengebrauch und Wirkungsumkehr
Abhängig machende Drogen aktivieren im Gehirn das sogenannte “Lust-” oder “Belohnungssystem”,
d.h. tief liegende neurochemische Schaltkreise (mesolimbische und mesokortikale dopaminerge Bahnen),
die zum Wohlgefühl beitragen.
Zwanghafter Drogenkonsum bringt dieses fein eingestellte Signalsystem des Gehirns durcheinander.
Häufig erzeugen Drogen beim Abhängigen Toleranz, d.h. die
initiale Wirkung nimmt bei anhaltender Zufuhr der Droge
allmählich ab.
Beim plötzlichen Absetzen der Droge kommt es zu einer
Wirkungsumkehr. Chronische Zufuhr schwächt die Wirkung der
Droge und verstärkt die Wirkungsumkehr bei Absetzen. Will der
Drogenabhängige die gleiche Wirkung erzielen, muss er die
Dosis steigern.
Die Entzugserscheinungen
Abhängigkeit.
Drogengebrauch und Wirkungsumkehr
führen
zu
einer
physischen
Die psychische Abhängigkeit ist Folge des Verlangens
(“craving”) nach den positiven Wirkungen der Droge und der
Angst vor den neurobiologischen und psychischen Entzugserscheinungen.
30
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
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(*)
Mesolimbisches Dopaminsystem (1)
Die Konzentration zweier Moleküle bestimmt mit, ob die
Toleranz gegenüber der Droge überhand hat oder ob die
Sensitisierung überwiegt: CREB und delta-FosB.
Prefrontal
cortex
CREB bestimmt das Geschehen während des akuten
Missbrauchs. Solange dieses Protein dominiert, leidet der
Süchtige unter Entzugserscheinungen und verlangt nach
mehr Stoff (Toleranz). Dieser Effekt verliert sich nach
einigen Tagen Enthaltsamkeit.
Dopaminerge Bahnen
Nucleus
accumbens
Delta-FosB akkumuliert sich nur langsam, bleibt aber
wochenlang erhalten. Es löst Strukturveränderungen aus,
die für die lebenslange Rückfallgefahr verantwortlich sein
könnten (Sensitisierung).
Ventral tegmental area
Amygdala
Entwicklung von Toleranz und Sensitisierung
1.
Freisetzung von Dopamin aus einer Nervenzelle der Area tegmentalis ventralis
Nervenzelle des Nucleus accumbens empfängt Dopaminsignal
Anstieg der cAMP-Konzentration
Aktivierung von CREB
Eine entscheidende neuronale Bahn des Limbischen Systems (Belohnungs- oder Lustsystem) ist
der Signalweg von der Ventral tegmental area zum
Nucleus accumbens, auf dem der Neurotransmitter
Dopamin eingesetzt wird.
Chronischer Drogenmissbrauch führt zu Veränderungen auf diesem Signalweg.
Expression von Dynorphin (spielt Rolle bei Abhängigkeit und Toleranz)
Dynorphin bewirkt in der Area tegmentalis ventralis, dass weniger Dopamin
freigesetzt wird.
2.
Wiederholte Freisetzung von Dopamin
Anhäufung von delta-FosB
Hemmung der Dynorphin-Synthese
Expression von Proteinen, die die Sensitivität auf den Suchtstoff erhöhen und zu
bleibenden Strukturveränderung am Nucleus accumbens führen könnten.
31
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
31
*
Akuter Drogenkonsum − Zusammenfassung
B.
OpioidRezeptor
D.
B.
F.
D.
A.
OpioidRezeptor
NikotinRezeptor
GlutamatRezeptor
F. Phencyclidine:
Inhibition von
postsynaptischen
Glutamat-Rezeptoren
DopaminRezeptor
C.
E.
A. Stimulantien:
B. Opiate:
C. Nikotin:
D. Alkohol:
E. Cannabinoide:
32
27/09/10
Direkte Erhöhung der Dopamin-Ausschüttung.
Inhibition von GABA-Interneuronen → Dopamin-Ausschüttung wird nicht mehr inhibiert → indirekte Erhöhung der DopaminAusschüttung. Bindung an Opioid-Rezeptoren auf Neuronen des NAc → Wirkung über Gi (wie Dopamin-Rezeptoren).
Direkte Aktivierung von VTA-Neuronen durch Stimulation von Nikotinrezeptoren auf Dopamin-Neuronen. Indirekte Aktivierung durch
Stimulation von Nikotinrezeptoren auf Glutamat-Neuronen → indirekte Erhöhung der Dopamin-Ausschüttung.
Inhibition von GABA-Interneuronen am terminalen Ende → indirekte Erhöhung der Dopamin-Ausschüttung.
Inhibition von Glutamat-Neuronen am terminalen Ende.
Komplexer Mechanismus: Aktivierung von CB1-Rezeptoren (Wirkung über Gi) auf Glutamat- und GABA-Neuronen (am terminalen
Ende) im NAc und auf NAc-Neuronen.
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
32
*
Chronischer Drogenkonsum − Zusammenfassung
Molekulare Veränderungen im VTA
• Basale Dopamin-Konzentration ↓ (CREB ↑, Dynorphin ↑)
→ normale Stimulation der Dopamin-Ausschüttung weniger effektiv →
ursprüngliche Drogenmenge nicht mehr ausreichend
→ Toleranz
(In einigen Publikationen wurden niedrige Konzentrationen der Tyrosin-Hydroxylase in
VTA-Neuronen-Endigungen im NAc gezeigt → Erklärung für die verminderte DopaminProduktion und den Zustand der Toleranz)
• Sensitisierung des Dopamin-Systems
→ Erhöhung der Dopamin-Ausschüttung schon bei geringer Drogenmenge
(In einigen Publikationen wurden erhöhte Konzentrationen der Tyrosin-Hydroxylase im
VTA gezeigt → Erklärung für die erhöhte Dopamin-Produktion und die Sensitisierung bei
chronischer Drogeneinnahme)
• Reduktion der Grösse der VTA-Neuronen;
Axonaler Transport vom VTA zum NAc eingeschränkt
→ Konzentration der Tyrosin-Hydroxylase im VTA höher als im Nac
Molekulare Veränderungen im NAc
ΔFosB ↑, Akkumulation im NAc → Sensitisierung
Affinität der D2-Rezeptoren (Gi-System) für Dopamin ↓
Affinität der D1-Rezeptoren (GS-System) für Dopamin ↑
33
27/09/10
cAMP ↑ → Transkription von CREB ↑ → Toleranz
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
33
(*)
Mesolimbisches Dopaminsystem (2)
Toleranz
34
27/09/10
Sensitisierung
E.J. Nestler & R.C. Malenka, Spektrum der Wissenschaft 6:34-41, 2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
34
(*)
Mesolimbisches Dopaminsystem (3)
Alle Suchtstoffe, unabhängig von ihrer verschiedenen Wirkung im Gehirn, aktivieren gewisse, allen
Suchtstoffen gemeinsame neurochemische Prozesse.
Dopaminerge Neurone (DA) des ventralen tegmentalen Areals (VTA) im Mesenzephalon projizieren zum Nucleus
accumbens (Ncl. acc.) und zum Frontalkortex.
Der Ncl. acc. projiziert mit GABAergen Neuronen direkt oder über das ventrale Pallidum (VP) zum VTA.
Glutamaterge Neurone im medialen Frontalkortex projizieren zum Ncl. acc. und direkt oder indirekt (über den
lateralen Hypothalamus (LH) oder das präpendunkuläre pontine Tegmentum (PPT)) durch das mediale Vorderhirnbündel (MVHB) zum VTA.
35
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
35
*
Verlauf von Suchtverhalten
auf psychologischer (oben) und molekularer Ebene (unten)
Akute Einnahme: Die Bindung der zugeführten Substanz an die Dopamin- oder Opiatrezeptoren der Neurone des
mesolimbischen Dopaminsystems aktiviert G-Proteine, welche die Aktivität der Adenylatzyklase hemmen. Dies führt
zur Abnahme der Aktivität von cAMP und cAMP-abhängigen Proteinkinasen. Durch die Reduktion der cAMPAktivität wird auch die Phosphorylierung von Ionenkanälen und vermutlich anderer zellulärer Effektoren reduziert.
36
27/09/10
Chronische Einahme: Die intrazelluläre Signalübertragung ändert sich radikal. Die Aktivität der AdenylatzyklasecAMP-Systems nimmt zu und die Aktivität der cAMP- oder Ca2+-abhängigen Proteinkinasen führt zu
Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren im Zellkern. Die Transkriptionsvorgänge haben u.a. eine
Hochregulation der Postrezeptorsignalkette für den dopaminergen D1-Rezeptor und eine Herunterregulation für den
D2-Rezeptor zur Folge. Die Erregbarkeit der adaptierten Neurone nimmt dauerhaft zu.
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
36
*
Neuroadaptation im Suchtzustand
A
Biochemische, anatomische und physiologische
Neuroadaptation des mesolimbischen Systems im
Suchtzustand
Im chronischen Suchtzustand (B) schrumpfen die dopaminergen Neurone des mesolimbischen Systems, während die Neurone im Nucleus accumbens mit dem
kompensatorischen cAMP-Anstieg und der beschleunigten Transkription überaktiv werden (über D1-Rezeptoren und das GS-System aktiviert), wenn nicht die
an die Rezeptoren bindende Substanz erneut zugeführt wird. Die Transkription für verschiedene
Moleküle wird aktiviert.
B
Die Affinität der D2-Rezeptoren für Dopamin nimmt mit
zunehmender Drogeneinnahme ab. Diese Veränderung verschwindet Wochen nach Entzug wieder,
während die durch Transkription erzeugten intrazellulären Änderungen über längere Zeit anhalten.
Die biochemischen, morphologischen und physiologischen Veränderungen der Neurone des mesolimbischen Systems, die bei chronischer Einwirkung von
Suchtsubstanzen stattfinden, werden als Neuroadaptation bezeichnet.
37
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
37
(*)
Mechanismen der Drogenwirkung
Ionotroper Mechanismus der Drogenwirkung
(Ionotrope Rezeptoren = Ionenkanäle)
Schnelle synaptische Übertragung
Metabotroper Mechanismus der Drogenwirkung
(Metabotrope Rezeptoren = G-Protein-gekoppelte Rezeptoren)
J. Camí & M. Farré, NEJM 349:975-986, 2003
Langsame synaptische Übertragung
38
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
38
(*)
Plastizität der neuronalen Strukturen
A
B
C
Erhalten Versuchstiere Drogen, die nicht
süchtig machen, weisen die Signalempfangenden Fortsätze von Neuronen im
Nucleus accumbens die normale Dichte
von Dornen auf (A, B). Wenn die Tiere
kokainsüchtig sind, sitzen die Dornen viel
dichter (C). Dieses Phänomen könnte der
Grund für die Sensitisierung und stete
Rückfallgefahr bei einer Sucht sein.
Spektrum der Wissenschaft, 2004
E. Nestler, Nat Rev Neurosci 2:119-128, 2001
39
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
39
Tiermodelle
Tierstudien führten auf die Spur von Gehirnbahnen, in der sich Sucht manifestiert
B
A. Mäuse oder Ratten konnten entweder einzelne Gebiete
ihres Gehirns über eine eingepflanzte Elektrode selbst
stimulieren, wenn sie eine Taste drückten oder sie konnten
durch Drücken auf verschiedene Hebel selbst bestimmen, ob
sie über eine intravenös gelegte Kannüle eine Salzlösung
zugeführt bekommen oder eine typische Rauschdroge.
B. Mäuse oder Ratten konnten zwischen Kammern wählen, in
denen entweder Salzlösungen oder Drogen verabreicht
wurden.
Die Tiere verpassten sich schon nach wenigen
Tagen bereitwillig immer wieder Drogen und
entwickelten ein typisches Suchtverhalten.
40
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
J. Camí & M. Farré, NEJM 349:975-986, 2003
40
(*) Faktoren für die Entwicklung von Abhängigkeit
Die Entstehung einer substanzgebundenen Abhängigkeit ist ein multifaktorielles Geschehen, bei
dem mehrere Faktoren in unterschiedlichem Ausmass zusammen wirksam werden:
• die spezifische Wirkung der Substanzen, allem
voran deren Missbrauchs- bzw. Abhängigkeitspotential;
• die spezifischen Eigenschaften des konsumierenden Individuums mit seinen physiologischen und
psychischen Faktoren, die durch Gene und durch
die eigene Lebensgeschichte bestimmt werden;
• die Besonderheiten des (sozialen) Umfeldes, die
von den allgemeinen soziokulturellen und sozioökonomischen Einflüssen bis zu Besonderheiten des
familiären Kleinraumes reichen.
41
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
41
*
Suchtstoffe
Suchtstoffe sind natürlich vorkommende oder synthetische
Verbindungen, die bei Personen mit entsprechender
Persönlichkeitsstruktur durch wiederholten Gebrauch zur
Abhängigkeit führen können. Diese Abhängigkeit besteht
darin, dass eine oder mehrere Suchtstoffe aufgrund eines
unwiderstehlichen
Dranges
zugeführt
werden,
um
entweder ein Gefühl des Wohlbefindens zu erzielen oder
aber um Missempfindungen auszuschalten.
Von der WHO definierte Stoffgruppen, die zur Abhängigkeit führen können:
Stoffgruppe
Vertreter
Alkohol
Nikotin
Ethanol
Tabak
(Bier, Wein,
Schnaps)
Cannabis Opiate/Opioide Cocain
Haschisch
Marihuana
Morphin
Heroin
Methadon
“Koks”
“Crack”
Amphetamine
Halluzinogene
Amphetamin
MDMA (Ecstasy)
LSD
Psilocybin
Mescalin
42
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
42
*
Alkohol
Alkohol (Ethanol) ist das am meisten gebrauchte Suchtmittel. Es wird vorwiegend mit Bier (50 g EtOH/l),
Wein (120 g EtOH/l) oder Schnaps (400-600 g EtOH/l) konsumiert.
Resorption, Verteilung, Elimination
Die Resorption des Ethanols erfolgt praktisch zu 100% im Gastrointestinaltrakt (20% Magen, 80%
Dünndarm). Die Resorptionsgeschwindigkeit ist abhängig vom Füllungszustand des Magens und der
Magenentleerungsgeschwindigkeit (besonders rasche Anflutung auf nüchternen Magen). Die Verteilung
erfolgt in alle Körpergewebe. Sie entspricht dem prozentualen Wassergehalt der einzelnen Gewebe. Über
90% des aufgenommenen Ethanols wird im Körper metabolisiert. Der Rest (10%) wird im wesentlichen
über die Ausatemluft, den Harn und in geringen Mengen auch über den Schweiss eliminiert.
43
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
43
(*)
Akute Toxizität von Alkohol
Die wichtigste akute Wirkung des Ethanols findet im ZNS statt. Es gibt keinen spezifischen Rezeptor, vielmehr
wird der Ionentransport an der Nervenzellmembran und damit die transmembranale Signalübertragung
beeinflusst.
Das Grosshirn ist besonders empfindlich auf die Alkoholwirkung, wobei hemmende Neurone zunächst stärker
als sedierende in ihrer Funktion supprimiert werden. Dies führt zur Enthemmung, Exzitation und zum Rausch.
Dann kommt es zur Störung im
Okzipitallappen
(Sehstörungen)
und im Zerebellum (Koordinationsstörungen mit Ataxie).
Bei sehr hohen Ethanolkonzentrationen kommt es zur Unterdrückung des retikulär aktivierenden Systems mit Schlafinduktion, Koma und schliesslich durch
Unterdrückung der Formatio reticularis auch zu Atemstörungen.
44
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Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
44
(*)
Chronischer Alkoholismus
Folgekrankheiten durch Alkoholismus
Organschäden werden bei Männern bei regelmässigem Genuss von ca. 80 g Alkohol/Tag beobachtet.
Das entspricht 1,5 l Bier oder 0,6 l Wein. Bei Frauen liegt die Grenze bei 60 g Alkohol/Tag.
45
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
45
(*)
Chronischer Alkoholismus
46
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
46
(*)
Alkoholentzugssyndrom
Ein besonderes Problem ist das Auftreten von Entzugserscheinungen nach freiwilligem bzw. erzwungenem
Absetzen der Ethanolzufuhr. Dies kann bei lange bestehendem Alkoholismus zum Alkoholentzugssyndrom
und im schlimmsten Fall zu Delirium tremens führen, welches immer noch mit einer Letalität von 1−4%
behaftet ist.
Man kann drei Stufen des Alkoholentzugs unterscheiden, wobei von der 1. und 2. Stufe aus die Symptomatik
abklingen kann. Dies dauert in der Regel 3 bis 5 Tage. Kommt es allerdings zum Delirium tremens, kann es
bis zu 10 Tage oder länger andauern.
Als Prädelir bezeichnet man Zustände
mit heftigen vegetativen Erscheinungen, Schreckhaftigkeit und beginnende
Desorientierung. Der Patient ist noch
suggestibel.
Im Vollbild des Delirium tremens findet
man eine schwere psychomotorische
Unruhe. Es treten optische, taktile und
akkustische Halluzinationen auf. Häufig
fühlt sich der Patient verfolgt, er sieht
kleine bewegte Gegenstände und glaubt
sich inmitten von Massenszenen. Der
Ausbruch des Delirium tremens erfolgt
plötzlich, meistens abends und endet in
einem Terminalschlaf.
47
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
47
(*)
Fetales Alkoholsyndrom
Das fetale Alkoholsyndrom (FAS), auch als Alkoholembryopathie (AE) bezeichnet, ist die
Schädigung des Fötus durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol. Der
Ausdruck fetale Alkoholdefekte bezeichnet eine minderschwere Form des FAS.
Die Vergiftung des ungeborenen Kindes mit Alkohol führt zu unterschiedlichen Entwicklungsstörungen in Abhängigkeit vom Reifestadium.
Mögliche Fehlbildungen
Minderwuchs, Untergewicht
mangelndes Unterhautfettgewebe
Mikrozephalie
schrägstehende Augenöffnungen
kurze, flache Nase
schmale Oberlippe
fehlendes od. schwach ausgebildetes Philtrum
Fehlbildungen der inneren Organe
Steissbeingrübchen
Fehlbildung der Genitalien und Extremitäten
Kognitive Störungen
allgemeine Entwicklungsretardierung
Koordinationsschwierigkeiten
Konzentrationsschwierigkeiten
schlechtes Gedächtnis
Hyperaktivität, Schlafstörungen
Schwierigleiten bei der Reizverarbeitung
gestörtes Sozialverhalten
fehlendes Hungergefühl
www.wikipedia.de, www.fasworld.de
48
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
48
(*)
Mechanismus der Alkoholwirkung (1)
Glutamat-Neuron
(stimulierend)
GABA-Neuron
(inhibierend)
Dopamin-Neuron
Dopamin
Normale Bedingungen
Glutamat
GABA hemmt die Glutamat-Wirkung und
damit die Dopamin-Freisetzung.
Unter normalen Bedingungen wird die
Dopamin-Freisetzung genau reguliert.
GABA
Rezeptoren
Neuron feuert “normal”.
49
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
49
(*)
Mechanismus der Alkoholwirkung (2)
Glutamat-Neuron
(stimulierend)
GABA-Neuron
(inhibierend)
Dopamin-Neuron
Dopamin
Glutamat
GABA
Alkohol
Rezeptoren
Alkohol verändert Bedingungen
Alkohol verstärkt die hemmende Wirkung
von GABA und hemmt die GlutamatFreisetzung.
Freisetzung von Dopamin inhibiert.
Neuron feuert nicht.
50
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
50
*
Rauchen
Rauch, der aktiv in die Lunge inhaliert wird,
bezeichnet man als Hauptstromrauch (HSR,
Aktivrauch). Passivraucher atmen vorwiegend
Nebenstromrauch (NSR, Passivrauch).
Zwischen HSR und NSR bestehen eine Reihe
von physikalisch-chemischen Unterschieden.
Im HSR entstehen bis zu 4000 Substanzen, die in
unterschiedlichen Mengen auch im NSR enthalten
sind. Man unterscheidet die Gasphase von der
Partikelphase. Beim Aktivrauch soll das kanzerogene Potential vorwiegend an die Partikelphase
gebunden sein.
Aktivraucher, die 20 Zigaretten/Tag rauchen, nehmen z.B. bis zu 20’000 mal mehr partikelgebundene tabakspezifische Nitrosamine über die Lunge
auf als Passivraucher, die 8 Stunden den NSR
einatmen.
51
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
51
(*)
Nikotin
Tabak enthält 0,2−5% Nikotin. Das Alkaloid Nikotin ist ein starkes Gift. Seine tödliche Dosis für den Menschen
beginnt bei 50 mg, womit es giftiger als Arsen oder Zyankali ist (MAK-Wert: 0,5 mg/m3).
Nikotin wird rasch über die Bronchien und Lungen resorbiert. Ca. 10 Sekunden nach der ersten Inhalation
kann Nikotin im Gehirn nachgewiesen werden. Nikotin wird in der Leber schnell zu Cotinin oxidiert und mit
einer Eliminationshalbwertzeit von 2 Stunden mit dem Harn ausgeschieden.
Durch Aktivierung des Parasympathikus kann es zu einer Steigerung
der Magensaftproduktion und zur
verstärkten Darmtätigkeit kommen.
Über die Aktivierung des Sympathikus und des Nebennierenmarks
(Adrenalinausschüttung) kann es zur
Zunahme der Herzfrequenz, Vasokonstriktion und zum vermehrten Abbau von Fett und Glykogen kommen.
Durch Freisetzung von Vasopressin
kommt es zur antidiuretischen Wirkung und auch zu einem Blutdruckanstieg.
52
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
52
(*)
Schäden durch Tabakrauch
Zusammenhang zwischen dem Zigarettenkonsum und dem gehäuften
Auftreten von Tumoren der Lunge,
der Luftröhre, des Kehlkopfes, der
Mundhöhle, des Ösophagus, des
Pankreas, der Nieren und der Harnblase.
Nikotin ist bei der Entstehung von
Gefässerkrankungen beteiligt. Es
erhöht im Blut den Glucose- und
Fettsäurespiegel, die Plättchenaggregabilität, die Gerinnungsneigung und senkt die fibrinolytische
Aktivität.
Die chronische Einwirkung von Nikotin kann zur koronaren Herzkrankheit, zur peripheren Durchblutungsstörung oder zu zentralen Gefässerkrankungen führen.
53
27/09/10
Für die Folgen des Rauchens sind jedoch nicht nur Nikotin, sondern auch andere im Tabakrauch enthaltene
Substanzen verantwortlich. Viele Substanzen werden erst im Körper zu Kanzerogenen aktiviert und können
mit der Zell-DNA Addukte bilden (O6-Methylguanin), die als erste Stufe in der Entwicklung von Tumoren
angesehen werden.
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
53
(*)
Mechanismus der Nikotinwirkung
a.
b.
54
27/09/10
S.R. Laviolette & D. van der Kooy, Nat Rev Neurosci 5:55-65, 2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
54
*
Cannabis
Cannabis stammt aus der Hanfpflanze Cannabis sativa und
ist die weltweit am meisten gebrauchte illegale Droge.
Zwei Aufbereitungen finden Anwendung:
• Marihuana (getrocknete Blätter und Blüten)
• Haschisch (getrocknetes Harz, höherem Cannabisgehalt)
Die Wirksubstanz ist das Tetrahydrocannabinol (THC).
Ca. 20% des im Rauch enthaltenen THC wird resorbiert.
THC wird zu 90% in der Leber metabolisiert. Nur 1% erscheint unverändert im Urin.
55
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
55
(*)
Wirkungen und Toxizität von Cannabis
Wirkungen
Cannabis führt dosisabhängig zu Wohlbefinden,
Euphorie, Tagträumen, angenehmer Entspannung,
stärkeren sinnlichen Wahrnehmungen (Musik wird
schöner) und zu Veränderung des Raum und Zeitgefühls.
Toxizität
Cannabis verschlechtert das Kurzzeitgedächtnis. Bei
hoher Dosis kann es zu Schwindel, Angstgefühl,
Paranoia und akuten exogenen Psychosen mit
Halluzinationen kommen. Die schlimmste Form ist
das Amotivale Syndrom (null Bock für immer). Der
Gebrauch von Cannabis vermindert die Fertilität und
führt zu embryonalen Missbildungen.
Cannabis ist eine Einstiegsdroge. Etwa 1−5% der
Cannabisraucher steigen auf härtere Drogen um.
99% der Opiatabhängigen haben vor ihrer Sucht
Cannabis geraucht. Auch beim Cannabisgebrauch
sind Flashbacks bekannt.
56
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
56
(*)
Mechanismus der Cannabinoidwirkung (1)
Retrograde Signalgebung
57
27/09/10
R.A. Nicoll & B.E. Alger, Spektrum der Wissenschaft 7:48-55, 2005
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
57
(*)
Mechanismus der Cannabinoidwirkung (2)
Depolarisationsinduzierte Unterdrückung der Hemmung (DSI)
58
27/09/10
R.A. Nicoll & B.E. Alger, Spektrum der Wissenschaft 7:48-55, 2005
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
58
(*)
Mechanismus der Cannabinoidwirkung (3)
Postsynaptische Depolarisation
(GABA)
→ Öffnung von spannungsabhängigen Ca2+-Kanälen
→ Synthese von Endocannabinoiden aus Lipidvorstufen
→ Präsynaptische Aktivierung von CB1-Rezeptoren
(Dopamin)
→ Blockierung der präsynaptischen Ca2+-Kanäle
→ Neurotransmitter-Ausschüttung wird blockiert
59
27/09/10
R.I. Wilson & R.A. Nicoll, Science 296:678-682, 2002
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
59
(*)
Mechanismus der Cannabinoidwirkung (4)
Glutamat-Neuron
(stimulierend)
GABA-Neuron
(inhibierend)
Dopamin-Neuron
Dopamin
Normale Bedingungen
Glutamat
GABA hemmt die Glutamat-Wirkung und
damit die Dopamin-Freisetzung.
Unter normalen Bedingungen wird die
Dopamin-Freisetzung genau reguliert.
GABA
Rezeptoren
Neuron feuert “normal”.
60
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
60
(*)
Mechanismus der Cannabinoidwirkung (5)
Glutamat-Neuron
(stimulierend)
GABA-Neuron
(inhibierend)
Dopamin-Neuron
Dopamin
Glutamat
GABA
Endocannabinoide/THC
Rezeptoren
THC verändert Bedingungen
THC hemmt GABA-Freisetzung.
Glutamat stimuliert Dopamin-Freisetzung.
Neuron feuert stärker.
61
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
61
(*)
Cannabis und Psychosen
Transiente psychotische Episoden (Intoxikationspsychose)
Unter akuter stärkerer Substanzeinwirkung kommt es nicht selten zu kurz dauernden
psychotischen Symptomen, die in der Regel nicht das Ausmass einer klinisch
relevanten psychotischen Störung erreichen.
Psychotische Symptome, die nicht länger als 48 Stunden andauern sollten.
Dosisabhängig kann es zu ausgeprägten akuten psychotischen Reaktionen kommen,
die in ihrer Ausprägung jedoch keine eigene Krankheitsidentität begründen.
Psychotische Symptome bei chronischen Cannabiskonsumenten bei etwa 1.2% der
untersuchten Personen; bei gleichzeitigem Alkoholkonsum lag diese Rate höher.
Länger anhaltende assoziierte psychotische Episoden (Cannabis-Psychose)
Nach akuten hochdosierten sowie nach chronischem höherdosiertem Cannabiskonsum sind länger anhaltende psychotische Episoden mit meist schizophreniformer
Symptomatik beschrieben.
Die Symptomatik dauert dabei länger als 48 Stunden und tritt unmittelbar während
oder innerhalb von 2 Wochen nach dem Cannabiskonsum auf.
Eine Abgrenzung zu schizophrenen Psychosen ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht möglich.
62
27/09/10
U. Bonnet et al., Fortschr Neurol Psychiat 72:318-329,2004
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
62
*
Opiate - Opioide
Heroin gilt als Suchtmittel mit dem stärksten Potential zur Abhängigkeitsentwicklung. Es ist ein
Diacetylmorphin und entsteht durch Acetylierung des Morphins. Dadurch wird eine besonders gute ZNSGängigkeit erreicht. Seine Verteilung erfolgt rasch in Hirn, Niere , Leber und Lunge. Es wird dort über Monoacetylmorphin zu Morphin metabolisiert.
Heroin
6-Monoacetyl-Morphin
Morphin
Morphin bindet vorwiegend an µ-Rezeptoren. Diese sind im gesamten ZNS verteilt. Sie haben eine
besonders hohe Dichte in der Area postrema, dem Nucleus accumbens und Nucleus locus ceruleus und im
limbischen Kortex. Dadurch erklärt sich einerseits die starke atemdepressive, anderersseits die stark
euphorisierende Wirkung dieses Opiates.
Heroin wird vor allem inhalatorisch durch einatmen
des Stoffes über einer erhitzten Folie oder intravenös
(fixen) aufgenommen. Die Halbwertszeit des Heroins
im Serum beträgt weniger als 20 Minuten, die des 6Mono-acetylmorphins ist etwas länger. Über den
Nachweis dieses Metaboliten lässt sich eine Heroinvergiftung beweisen.
63
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
63
(*)
Toxizität von Heroin
Die Heroinvergiftung ist an der Kombination Miosis,
Atemdepression, Zyanose, Blutdruckabfall und
Bradykardie zu erkennen.
Als bedrohliche, unerwünschte Nebenwirkungen
sind neurologische Störungen mit epileptiformen
Anfällen, posthypoxische Hirnschädigungen, Lungenödem, Rhabdomyolyse, Abszesse, Endokarditiden und Nephriden bekannt.
Als Begleiterkrankungen aufgrund des gemeinsamen Gebrauchs von Nadeln kann es zur Übertragung von schweren Infektionserkrankungen wie
Hepatitis B und C sowie HIV-Infektionen kommen.
Bei Heroinpatienten finden sich in der Regel thrombosierte Venenstränge an
den Armen (sog. Fixerstrassen) von multiplen aneinandergereihten Einstichen.
64
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
64
(*)
Mechanismus der Opioidwirkung
Akute Wirkungen
- Inhibition der Neuronen des Locus coeruleus (LC)
- Bindung von µ-Opiat-Rezeptoren an Gi/o
- Erhöhung der Leitfähigkeit der K+-Kanäle
- Inhibition der Na+-Kanäle
- Inhibition der Adenylat-Zyklasen (ACI und ACVIII)
- Verminderte cAMP-Bildung
- Verminderte PKA-Aktivität
- Verminderte Phosphorylierung der Kanäle
- Verminderte Phosphorylierung von CREB
Chronische Wirkungen
- Homöostatische Adaptationen im LC
- Steigerung der Aktivitäten von ACI und ACVIII
- Steigerung der Aktivitäten von PKAC und PKARII
- Erhöhte Aktivierung von CREB
- Erhöhte Aktivierung der Tyrosin-Hydroxylase (TH)
Die intrinsische Erregbarkeit der Neuronen des LC wird
erhöht durch erhöhte Aktivität des cAMP-Signalwegs
und erhöhten Na+-Einstrom.
Abhängigkeit und Entzugserscheinungen
Hyman SE, Annu Rev Neurosci 29:565-598, 2006
65
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
65
(*)
Mechanismus der Opioidwirkung (1)
Endorphine halten unter Normalbedingungen
das Belohnungssystem im Gleichgewicht.
Im Normalzustand wird Dopamin ständig im
Körper ausgeschüttet − die Menge kann entweder
erhöht oder gesenkt werden. GABA hemmt die
Ausschüttung von Dopamin.
Endorphine
a.
GABA
Dopamin
Endorphine
b.
Ein Endorphin-gesteuertes Neuron schüttet Endorphine aus;
die GABA-Ausschüttung wird reduziert und damit die
Dopamin-Ausschüttung erhöht (a). Die Endorphine lösen
sich vom Rezeptor und werden sofort abgebaut.
Endorphine können auch an Dopamin-gesteuerte Neuronen
binden und die Ausschüttung von Dopamin hemmen (b).
→ Endorphine wirken sowohl anregend als auch hemmend.
66
27/09/10
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
66
(*)
Mechanismus der Opioidwirkung (2)
Heroin wird im Körper in Morphium
umgewandelt.
Morphium imitiert Endorphine und
bindet fest an die Rezeptoren der
GABA-gesteuerten Neurone. Die
Ausschüttung von GABA wird
gehemmt; die Dopamin-gesteuerten
Neurone können mehr Dopamin
ausschütten.
Endorphine
Morphium
GABA
Im Vergleich zu Endorphinen wird
Morphium sehr langsam abgebaut.
Die Dopamin-Ausschüttung gerät
ausser Kontrolle und bleibt extrem
hoch.
Dopamin /
Substanz P
Endorphine können auch an Substanz-P-gesteuerte Neuronen binden und die Übertragung der Schmerzsignale
verlangsamen. Morphium verhindert zusätzlich, dass
Substanz P an postsynaptische Neuronen bindet. Das
Schmerzsignal kann nicht mehr weitergeleitet werden.
Auch in diesem Fall wird Morphium langsamer als die
körpereigenen Endorphine abgebaut.
67
27/09/10
→ Gewöhnung und Abhängigkeit!
Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 2
67
*
Kokain
Kokain wird aus den Bättern der Pflanze Erythroxylum coca gewonnen. Es ist ein Alkaloid mit der
Bezeichnung Benzoylmethylecognin. Auf dem Markt ist es als Kokainhydrochlorid in Form von Kristallen,
kleinen Körnchen oder weissem Pulver erhältlich. Diese Form ist wenig flüchtig. Seine alkalische Umwandlung und anschliessende Lösemittelextraktion führt zur flüchtigen freien Base, so dass es auch
geraucht werden kann.
Crack ist eine mit Backpulver und Wasser billig hergestellte freie Base.
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Kokain
Kokainhydrochlorid wird in der Regel geschnupft. Der Effekt tritt innerhalb von 20 Minuten auf und dauert bis
zu drei Stunden an. Das Rauchen der flüchtigen freien Base führt durch das rasche Anfluten über die Lungen
zu einer besonders rasch eintretenden Wirkung und ist damit besonders stark Sucht-erzeugend.
Kokain diffundiert leicht über die Bluthirnschranke. Die höchsten Gewebespiegel finden sich im Gehirn. Kokain
wird im Plasma und in der Leber metabolisiert. Die Metaboliten erscheinen zu 40%, der Rest als unverändertes Kokain im Urin.
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Toxizität von Kokain
Durch die Erhöhung des Sympathikotonus kommt es zu einer Mydriasis, Tachykardie, Tachypnoe und
Hypertonie. Vergiftungen treten auf nach der Applikation von hohen I.v.-Dosen oder nach ununterbrochenem,
wiederholten Gebrauch über mehrere Tage. Die Vergiftungssymptome zeigen sich in Form von
kardiovaskulären, zentralnervösen und pulmonalen Symptomen. Es kommt zu hypertonen Krisen, schwerer
Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkten auch bei jungen Patienten.
Im ZNS manifestiert sich die Vergiftung in Form von starken Kopfschmerzen, epileptischen Anfällen,
ischämischen Insulten, subarachnoidalen oder intrazerebralen Blutungen. Vor allem nach dem Gebrauch von
Crack kommt es zu Bronchialkonstriktionen und zu pulmonalen Infiltrationen.
Eine Nekrose des Nasenseptums muss immer an den chronischen Gebrauch von Kokain denken lassen.
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Mechanismus der Kokainwirkung (1)
Die Wirkung von Kokain beruht auf einer Blockade der Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin
und Dopamin an den neuronalen Synapsen, wodurch es zu einer übermässigen Erregung der postsynaptischen Rezeptoren kommt. Die gewünschte Wirkung von Kokain besteht in einer starken Euphorie. Es
wirkt anregend, beseitigt Müdigkeit, steigert die Kontaktfreudigkeit, erhöht die Konzentrationsfähigkeit und
erzeugt milde und angenehme Halluzinationen.
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(*)
Mechanismus der Kokainwirkung (2)
Dopamin-Neuron
Normale Bedingungen
Durch ein elektrisches Signal wird Dopamin in den synaptischen Spalt ausgeschüttet und bindet an die DopaminRezeptoren des benachbarten Neurons.
Neuron feuert “normal”.
Dopamin
Dopamin-Rezeptoren
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Mechanismus der Kokainwirkung (3)
Dopamin-Neuron
Normale Bedingungen
Nachdem die Information übertragen
wurde, löst sich das Dopamin von seinem
Rezeptor und wird durch spezielle
Transporter aus dem synaptischen Spalt
aufgenommen und rezykliert.
Dopamin
Dopamin-Rezeptoren
Dopamin-Transporter
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(*)
Mechanismus der Kokainwirkung (4)
Dopamin-Neuron
Kokain verändert Bedingungen
Kokain-Moleküle binden sich an die
Dopamin-Transporter und versperren den
Zugang für Dopamin.
Gleichzeitig wird zusätzliches Dopamin
ausgeschüttet, so dass sich immer
grössere Mengen davon im synaptischen
Spalt ansammeln.
Das Belohnungszentrum des Gehirns
wird verstärkt angeregt.
Dopamin
Dopamin-Rezeptoren
Dopamin-Transporter
Kokain-Moleküle
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Amphetamine
Amphetamine sind Substanzen, die vorwiegend stimulierende Wirkungen auf das ZNS haben. Zeitweise gab
es einen legalen Gebrauch als Appetitzügler und Aufputschmittel, um ohne Schlaf länger Leistung erbringen
zu können. Das Methylphenidat (für die Therapie hyperaktiver, konzentrations-schwacher Kinder) und das
Fenfluramin (Appetitzügler) sind noch legal im Handel. Die anderen Amphetamine haben ein grosses
Suchtpotential und sind deshalb verboten.
Aus ihnen haben sich die Designer
Drugs (alles illegale Drogen) entwickelt, die dosisabhängig eine aufputschende und halluzinogene Wirkung haben.
Amphetamine werden fast nur oral
konsumiert. Sie werden von allen
Schleimhäuten gut resorbiert, sind
gut fettlöslich und überwinden leicht
die Bluthirnschranke. Sie werden in
der Leber entweder an der Seitenkette deaminiert oder am aromatischen Ring hydroxyliert und so mit
dem Urin ausgeschieden. Durch
Ansäuern des Urins können sogar
bis zu 80% des unveränderten Amphetamins ausgeschieden werden.
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Wirkung von Amphetaminen
Amphetamine wirken zentral und peripher als
indirekte Sympathomimetika. Sie führen zur vermehrten präsynaptischen Ausschüttung von Dopamin und Katecholamin und wirken als Monoaminooxidase-Hemmer. Gleichzeitig erregen sie
den Serotoninrezeptor und führen im Tierversuch zu einer Serotoninverarmung der Neurone.
Weil Amphetamine rasch zur Toleranzbildung
führen, werden sie meist nur im Intervall missbraucht (in der Regel an den Wochenenden).
Sie führen zu Euphorie, heben das Selbstbewusstsein, mindern den Appetit, geben das Gefühl grosser Stärke, ermöglichen körperliche
Dauerleistungen, setzen das Schlafbedürfnis
herab und führen dosis- bzw. stoffabhängig zu
Halluzinationen.
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Toxizität von Amphetaminen
Milde Vergiftungen durch Amphetamine sind gekennzeichnet durch Angst, Unruhe, Kopfschmerzen, Palpitationen, Übelkeit, Erbrechen und Reizbarkeit.
Schwere Intoxikationszeichen sind Fieber, Verwirrtheit, Stereotypien, Hypertension, Angina pectoris und Herzrhythmusstörungen.
Delirante Zustände, maligne Hyperthermie und
Hypertonie, Krampfanfälle, Rhythmusstörungen,
die kreislaufwirksam werden, und fokale neurologische Ausfälle weisen auf eine schwere
Vergiftung hin. Es kann zum Hitzschlag und
Hirnödem, Rhabdomyolyse mit Nierenversagen,
Verbrauchskoagulopathien und hepatotoxischen
Wirkungen bis hin zum fulminanten Leberausfall
kommen.
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Ecstasy
Ecstasy (3,4 Methylendioxymetamphetamin; MDMA) zählt zu den synthetischen Drogen.
Neurobiologische Wirkung
• Erhöhung der Ausschüttung von Serotonin (akut-toxisches “Serotonin-Syndrom”)
• Blockierung der Rückaufnahme der Neurotransmitter
• Reduktion der Serotonin-Dichte im Gehirn; hirnmorphologische Veränderungen
Unmittelbare Nebenwirkungen des Ecstasy-Konsums
• Pupillenerweiterung und verschwommenes Sehen
• Mundtrockenheit
• Muskelverkrampfungen
• Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit
• Psychosomatische Unruhe
• Trübung der Wachsamkeit
• Motorische Störungen
• Verminderte Urteilsfähigkeit
Nebenwirkungen nach Stunden bis wenigen Tagen nach dem Ecstasy-Konsum
• Schlaflosigkeit
• Antriebslosigkeit
• Depressive Verstimmung
• Angststörungen
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Vergiftungsrisiken
Akut-toxische Zwischenfälle nach überdosiertem Ecstasy-Konsum können lebensbedrohlich sein.
• Krampfzustände
• Dehydration und Überhitzung des Körpers
• Blutdruckabfall
• Herz-Kreislaufstörungen
• Lungenödeme
• Leber und Nierenversagen
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Mechanismus der Amphetaminwirkung
Dopamin-Neuron
Amphetamine ähneln in ihrer chemischen
Struktur dem Dopamin und verdrängen es in
den Speichervesikeln des präsynaptischen
Neurons. So diffundiert Dopamin in den
synaptischen Spalt und stimuliert das
postsynaptische Neuron.
H
H
H
H
H
NH2
H
H
H
HO
H
H
H
CH3
NH2
H
H
H
H
OH
Dopamin
Amphetamin
Dopamin
Amphetamin
Dopamin-Rezeptoren
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Halluzinogene
Halluzinogene sind Substanzen, die Sinnestäuschungen hervorrufen und Sinneseindrücke verändern.
LSD (Lysergsäurediethylamid)
Albert Hofmann (*11.01.1906 - †29.04.2008)
Entdecker von LSD (1938)
LSD - mein Sorgenkind.
Die Entdeckung einer “Wunderdroge”, 1979
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(*)
Halluzinogene
Neue Zürcher Zeitung, 12.03.2008
Albert Hofmann (*11.01.1906 - †29.04.2008)
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Halluzinogene
LSD (Lysergsäurediethylamid)
LSD wird oral aufgenommen und gut aus dem
GTI resorbiert. Die Serumhalbwertzeit beträgt 3
Stunden. LSD wird vorwiegend reduziert, anschliessend glucuroniert und dann mit der
Galle und in geringerer Menge mit dem Urin
ausgeschieden.
LSD reichert sich im Kortex, Hippocampus,
Corpus striatum und in geringerer Menge im
Kleinhirn an. Es bindet an den postsynaptischen Serotoninrezeptor (5-HT2). Bis 60
Minuten nach der Einnahme können auftreten:
Zuckungen, Tachykardie, Hypertension, Hyperreflexie, Rötung des Gesichtes und immer eine
Mydriasis.
Weitere
Halluzinogene:
Psilocybin
(Pilzgift)
Mescalin
(Kakteengift)
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Wirkungen und Toxizität von Halluzinogenen
Wirkungen
Zuerst ändert sich die räumliche Wahrnehmung. Gegenstände scheinen verformt, bewegen sich, zittern und zerfliessen. Geräusche
werden lauter empfunden, als sie wirklich sind.
Das Zeitempfinden ist gestört. Farben verändern sich, oder es kann eine Synästhesie
auftreten (Farben werden gehört, Musik wird
gefühlt). Es entwickelt sich rasch eine Toleranz,
weshalb LSD intermittierend verwendet wird.
LSDTickets
Toxizität
LSD führt zu keinen schweren Vergiftungen.
Psychische Störungen, die 2 bis 12 Stunden
anhalten, äussern sich in einer Euphorie,
später Depression, Depersonalisation, Illusion.
Besonders gefürchtet sind die Horrortrips, die
sich als Panikattacken äussern. Weitere
unangenehme Wirkungen sind die Flashbacks
(erneutes Erleben eines Trips ohne erneute
Einnahme, noch bis zu einem halben Jahr nach
der Ingestion).
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Zusammenfassung
• Abhängigkeitserkrankungen entstehen immer im Spannungsfeld Droge, Person und
Umwelt
• Modelllernen: erste Erfahrungen mit Drogen → positive Verstärkung
• Zustände mit negativen Empfindungen werden durch den Konsum der Droge
gebessert, bestehendes Wohlbefinden wird durch den Konsum der Droge gesteigert
• Über positive Verstärkung kommt es zu regelmässigem Konsum und es entsteht
eine Gewöhnung, die in Missbrauch übergeht, wenn die Droge gezielt eingesetzt wird
→ psychische Abhängigkeit
• Neurobiologische Veränderungen im Gehirn → körperliche Abhängigkeit
• Genetische Faktoren (Bsp. Alkoholerkrankung: 40 bis 60%)
• “Suchtgedächtnis”
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