Antikörper als Sonden für jedes einzelne menschliche Eiweiß

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Presseinformation der Technischen Universität Braunschweig
Nr. 95 vom 1. Juni 2006
Antikörper als Sonden für jedes
einzelne menschliche Eiweiß
EU fördert neues Verbundprojekt
Antikörper sind nicht nur wichtige Bestandteile der menschlichen
und tierischen Immunabwehr. Sie können auch dazu dienen, die
Geheimnisse der Proteine zu entschlüsseln und damit helfen, zu
verstehen, wie Zellen funktionieren. Die Europäische Union
fördert jetzt ein EU-weites Forschernetzwerk. Ziel ist es,
Antikörper gezielt so herzustellen, dass sie jedes einzelne
menschliche Eiweiß aufspüren können. 30.000 bis 100.000
verschiedene Antikörper werden benötigt, um die Aufgabe zu
bewältigen – ein Unterfangen von den Ausmaßen des
Humangenomprojekts.
"Die drei Milliarden Buchstaben der menschlichen Gene zu
kennen heißt noch lange nicht, zu verstehen, was ihr
biologischer Sinn ist“, sagt Prof. Stefan Dübel von der TU
Braunschweig, der in der von ihm geleiteten "Antikörperfabrik"
bereits auf nationaler Ebene mit Förderung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung ähnliche Ziele
verfolgt. „Hierzu muss man eine weitere Gruppe von Stoffen
untersuchen, die Eiweiße (Proteine). Eiweiße sind die
Substanzen, die unser Körper mithilfe der Information auf den
Genen herstellt, sie sind sozusagen die Übersetzung der
Erbsubstanz in räumliche und biochemisch funktionelle
Einheiten. Um eine Analogie zu benutzen: Die Gene sind nur der
Bauplan für ein Haus, die Eiweiße aber die wirklichen
Mauersteine, Dachziegel und Rohrleitungen. Und sie sind
wesentlich schwerer wissenschaftlich zu untersuchen als DNA,
da man für jedes einzelne Protein eine eigene, völlig neu zu
erzeugende Nachweis-Sonde braucht. Hat man solche Sonden
aber einmal hergestellt, so kann man einzelne Eiweiße in der
Zelle färben und damit ihre Verteilung in Zelle und Gewebe
ermitteln. Mehr noch, das Eiweiß kann gereinigt und auf weitere
Funktionen getestet werden. Dies ist notwendig, weil für den
größten Teil der auf den Genen verschlüsselten
Proteinstrukturen die Funktion noch nicht bekannt ist."
Die Sonden, die die Forscher nun in großer Zahl erzeugen, sind
vor allem Antikörper-Moleküle, die in unserem Körper die
Aufgabe haben, uns gegen Krankheitserreger zu schützen,
indem sie daran „andocken“ (binden), um die Erreger so für die
Immunabwehr zu markieren. Damit bieten sie beste
Voraussetzungen, um auch an neue, unbekannte Proteine zu
binden. Die Braunschweiger Wissenschaftler können diese
Immunantwort im Reagenzglas nachahmen, sodass keine
Versuchtiere mehr zur Herstellung von Antikörpern notwendig
sind. Geplant ist sogar, eine Roboterstraße zur Erzeugung dieser
Bindemoleküle einzurichten, um den großen Bedarf besser
handhaben zu können.
Diese Antikörperfabrik ist nun auch Bestandteil eines
europaweiten Netzes zur Herstellung von Bindern gegen jedes
menschliche Eiweiß, denn die Europäische Kommission fördert
ab dem Sommer die Vernetzung der Labors, die solche Sonden
suchen, unter dem Titel "Proteome Binders". Ende letzter Woche
fand das erste Treffen der Mitglieder dieses Netzwerkes aus
ganz Europa in Heidelberg statt, an dem auch eine Reihe
Braunschweiger Forscher beteiligt waren. Prof. Dübel sieht darin
eine optimale Ergänzung zum Braunschweiger Ansatz: "Die
wissenschaftliche Aufgabe ist so umfangreich, dass wir sie auf
viele verschiedene Labors verteilen müssen - jede helfende
Hand verbessert unsere Erfolgschancen. Immerhin werden wir
30.000 bis 100.000 verschiedene Antikörper herstellen müssen.
Im Moment hat Europa auf diesem Forschungsgebiet noch einen
Vorsprung vor den USA, diese Chance wollen wir nutzen, indem
alle Labors europaweit zusammenarbeiten. Denn insbesondere
für die Krebsforschung wird dieses Programm sicher weitere
Durchbrüche bringen."
Über die Antikörperfabrik:
Die "Antikörperfabrik" (http://www.antibody-factory.de) ist eine
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im
Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN)
geförderte Initiative. Ziel ist die Entwicklung von Methoden zur
Bereitstellung von Antikörpern für die Forschung, insbesondere
auf den Gebieten der Proteomik und klinisch relevanter Themen.
Die „Antikörperfabrik“ vereinigt dazu Beiträge aus vier
Forschungsinstituten: dem Institut für Biochemie und
Biotechnologie der Technischen Universität Braunschweig, der
Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in
Braunschweig, dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik
(Berlin) und dem Deutschen Ressourcenzentrum für
Genomforschung (RZPD) in Heidelberg und Berlin.
Über die Technische Universität Braunschweig und ihren
Schwerpunkt Lebenswissenschaften
Die TU Braunschweig (http://www.tu-braunschweig.de), heute
Alma mater für 14.000 Studierende, wurde bereits 1745
gegründet und ist die Technische Universität mit der ältesten
Tradition in Deutschland. Unter den 66 Studiengängen und den
zahlreichen Forschungsgebieten bilden die
Lebenswissenschaften einen besonderen Schwerpunkt. Einmalig
ist die enge Verknüpfung der Lebenswissenschaften, welche die
Biologie, Biotechnologie, Chemie und Pharmazie umfassen, mit
den ebenfalls breit vertretenen Ingineurwissenschaften, z.B. in
den Bereichen Biotechnologie oder Bioinformatik. Weitere
Attraktivität gewinnt die Biotech-Forschung in Braunschweig
durch die Zusammenarbeit mit den renommierten
außeruniversitären Forschungseinrichtungen vor Ort.
Über "ProteomeBinders"
Die von der EU im Rhamen ihres 6. Rahmenprogramms
geförderte Vernetzungsinitative "ProteomeBinders" wird von
Prof. Mike Taussig am Babraham Institute in Cambridge
koordiniert. 25 verschiedene Labors aus ganz Europa haben sich
mit dem Ziel zusammengeschlossen, die Voraussetzungen für
die Herstellung von Nachweissonden für jedes menschliche
Eiweiß zu schaffen. Braunschweig ist darin mit zwei Labors der
Technischen Universität und der Gesellschaft für
Biotechnologische Forschung (GBF) beteiligt
(http://cbi.labri.fr/ProteomeBinders).
Weitere informationen:
Antikörperfabrik
Technische Universität Braunschweig
Institut für Biochemie und Biotechnologie
Prof. Dr. Stefan Dübel
Spielmannstr. 7
38106 Braunschweig
Phone: 0531 / 391-5731
Fax: 0531 / 391-5763
[email protected]
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