Biologie: Grundlagen der Genetik, Mendel VORSSA 2009/CK 1. Mendel entdeckt die Vererbungsregeln Der Augustinermönch Johann Gregor Mendel gilt als Begründer der wissenschaftlichen Vererbungslehre (Genetik). Im Garten des Augustinerklosters in Brünn führte er um 1860 seine grundlegenden Experimente durch. Auch heute noch bilden die mendelschen Regeln die Grundlage für die Züchtung von Tier‐ und Pflanzensorten. Mendel arbeitete bei seiner Suche nach den Regeln der Vererbung vor allem mit der Saaterbse. Zu Beginn seiner Arbeit besorgte sich Mendel 34 verschiedene Erbsensorten. Er säte die Erbsen aus und züchtete die Pflanzen zwei Jahre lang im Klostergarten. Dabei stellte er fest, dass auf einigen Beeten ausschliesslich gleich aussehende Erbsen wuchsen. Solche Pflanzen, die ohne Ausnahme ein bestimmtes Merkmal über mehrere Generationen beibehalten, heissen reinerbig. Eine erste, wichtige Voraussetzung für das Gelingen seiner Untersuchungen war, dass Mendel mit solchen reinerbigen Sorten experimentierte. Darüber hinaus liegt seine besondere Leistung im methodischen Ansatz, in dem er drei grundlegende Ideen vereinigt hat. 1. Er beschränkte sich bei seinen Untersuchungen zunächst auf ein einziges Merkmal. Das heisst, dass er bei einer Versuchsreihe mit Erbsenpflanzen beispielsweise nur auf die Farbe der Blüten achtete; zu allen anderen Merkmalen, wie Wuchsform oder Samenfarbe, machte er in diesem Fall keine Aussage. 2. Mendel überliess seine Kreuzungen nicht dem Zufall, sondern setzte gezielt bestimmte Experimente ein. Seine Versuche konnten deshalb jederzeit wiederholt und die Ergebnisse überprüft werden. 3. Er wertete seine Ergebnisse statistisch aus. Dazu musste Mendel sehr viele Experimente durchführen, um möglichst umfangreiches und abgesichertes Zahlenmaterial zu erhalten. Denn die von ihm entdeckten Regeln sind Wahrscheinlichkeitsaussagen, die nur für eine grosse Anzahl von Nachkommen gelten. Welches Merkmal im Einzelfall auftritt, lässt sich daher nicht sicher voraussagen. Für seine ersten Experimente wählte Mendel eine Erbsensorte mit grünen Samen aus und bestäubte sie mit Pollen von gelbsamigen Pflanzen. Diese Elterngeneration (Parentalgeneration) erbrachte in ihren Hülsen nur gelbe Erbsen. Alle Nachkommen in der Tochtergeneration, der 1. Filialgeneration (F1), sahen also gleich (uniform) aus. Zur Kontrolle führte Mendel die umgekehrte Kreuzung durch: Pollen der grünsamigen Sorte wurde auf die Narbe von gelbsamigen Erbsenpflanzen übertragen. Auch jetzt traten wieder ausschliesslich gelbe Samen in der F1‐ Generation auf. In gleicher Weise untersuchte Mendel sechs weitere Merkmale. In allen Fällen waren die Mischlinge der F1‐Generation uniform für das jeweilige Merkmal. Beispielsweise ergab eine Kreuzung von rot blühenden mit weiss blühenden Erbsenpflanzen stets rote Blüten; kreuzte er Pflanzen mit runden Samen mit solchen, die kantige Samen hatten, so waren die Erbsen in der F1‐Generation immer rund. Mendel bezeichnete das in der F1‐Generation unterdrücke Merkmal als rezessiv, das auftretende als dominant. Das führte zur Frage, ob das rezessive Merkmal völlig verloren gegangen sei. Mendel brachte deshalb die gelben F1‐ Erbsen zum Keimen, vermehrte sie durch Selbstbestäubung und untersuchte das Aussehen der nächsten Generation (F2). Von 258 Pflanzen erntete er 8023 Samen, davon waren 6022 gelb und erstaunlicherweise 2001 grün. Das entspricht recht genau einem Verhältnis von 3 : 1. Mendel kontrollierte dieses Ergebnis bei allen sieben untersuchten Merkmalen. Sets tauchte in der F2‐Generation das zweite Merkmal der Eltern wieder im gleichen Verhältnis auf. Diese Ergebnisse werden heute so zusammengefasst: 1. mendelsche Regel (Uniformitätsregel): Kreuzt man zwei Individuen einer Art, die sich in einem Merkmal reinerbig unterscheiden, sind die Nachkommen in der F1‐Generation untereinander gleich. Das gilt auch bei reziproker Kreuzung. 2. mendelsche Regel (Spaltungsregel): Kreuzt man die Mischlinge der F1‐Generation untereinander, so treten in der F2‐Generation auch die Merkmale der Eltern in einem festen Zahlenverhältnis wieder auf. Beim dominant‐rezessiven Erbgang erfolgt die Aufspaltung im Verhältnis 3 : 1. Biologie: Grundlagen der Genetik, Mendel VORSSA 2009/CK 2. Das Kreuzungsschema – ein Modell erklärt die Versuche Das Kreuzungsschema soll am Beispiel der Saaterbse für die Vererbung des Merkmals „Blütenfarbe“ vorgestellt werden: Man geht davon aus, dass nicht das beobachtbare Merkmal (weisse Blütenfarbe) an die Nachkommen weiter gegeben wird, sondern nur eine Anlage für das Merkmal. Diese Anlage ist nicht sichtbar und wird als Gen bezeichnet. Da es weisse und rote Erbsenblüten gibt, gibt es auch zwei Anlagen, die parallel vorkommen können. Diese zwei Zustandsformen eines Gens heissen Allele. Es gibt also das Allel für die Ausbildung der roten Blütenfarbe und jenes für die Ausbildung der weissen Blütenfarbe. Man kennzeichnet das Allel für das dominante Merkmal durch einen grossen (=A), das für das rezessive Merkmal durch den gleichen kleinen Buchstaben (=a). Da sich die reinerbigen, rot blühenden Pflanzen der P‐Generation in ihrem Verhalten bei Kreuzungsexperimenten von denen in der F1‐Generation unterscheiden, geht man davon aus, dass jede Pflanze in ihren Zellen nicht nur ein, sondern zwei Allele eines Gens besitzt. Es bestehen demnach drei Möglichkeiten: AA: reinerbig dominant (rot blühend) aa: reinerbig rezessiv (weiss blühend) Aa: mischerbig (rot blühend). Diese typische Allelkombination bezeichnet man als Genotyp der Erbsenpflanze. Dieser Genotyp legt eindeutig das Erscheinungsbild, den Phänotyp fest. Dem gleichen Phänotyp kann aber ein unterschiedlicher Genotyp zugrunde liegen, wie am Beispiel der rot blühenden Erbsen zu erkennen ist. In den Keimzellen wird immer nur ein Allel eines Gens weitergegeben. Nach der Befruchtung besitzt das sich entwickelnde Lebewesen dann immer wieder zwei Allele, eines vom Vater und eines von der Mutter. Dadurch ist es möglich, das Ergebnis eines Kreuzungsversuches zu erklären bzw. statistisch vorauszusagen. 2.1. Die Rückkreuzung Die Kreuzung zwischen reinerbigen Lebewesen liefert nach der 1. mendelschen Regel gleichartig aussehende Nachkommen. Kreuzt man zwei Mischlinge miteinander, so besagt die 2. mendelsche Regel, dass beim dominant‐rezessiven Erbgang zwei verschiedene Merkmalsausprägungen im Verhältnis 3 : 1 auftreten. Wenn die Nachkommen de F1 wiederum miteinander gekreuzt werden, bezeichnet man das als Rückkreuzung oder Testkreuzung. Damit kann ein Züchter herausfinden, ob (in unserem Beispiel) die roten Erbsenblüten reinerbig oder mischerbig sind. Aufgabe: Angenommen, bei den roten Erbsenblüten handelt es sich durchgehend um a. reinerbige Pflanzen b. mischerbige Pflanzen in welchem Verhältnis treten die Blüten in der F2 auf? Unterscheide zwischen Phänotypen und Genotypen. Biologie: Grundlagen der Genetik, Mendel VORSSA 2009/CK 3. Der intermediäre Erbgang Nicht alle Erbgänge folgen dem dominant‐ rezessiven Erbgang. Werden beispielsweise bei der Wunderblume rotwüchsige und weisswüchsige Pflanzen miteinander gekreuzt, so erscheinen in der F1‐Generation ausschliesslich Pflanzen mit rosa Blüten. Dieser Erbgang, bei der die Merkmalsausprägung zwischen den beiden elterlichen Erscheinungsbildern liegt, nennt man intermediär. Kreuzt man die F1‐Indivituen untereinander, so treten in der F2‐Generation neben den rosa Hybridformen – entsprechend der Spaltungsregel – die Erscheinungsbilder der Parentalgeneration in einem bestimmten Verhältnis wieder auf. Aufgabe: Beschrifte die Kreuzungsschemen und male die Blüten entsprechend aus. 4. Übungen zum Kreuzungsschema 1. 2. 3. 4. 5. a. "Sommersprossen" (S) ist dominant über "keine Sommersprossen" (s). Eine Frau hat Sommersprossen (Genotyp SS), ihr Mann hat keine (Genotyp ss). Werden ihre Kinder Sommersprossen haben oder nicht? Erstelle das Kreuzungsschema. b. Welchen Genotyp könnte die Frau mit den Sommersprossen auch haben? Wie würde das Kreuzungs‐ schema dann aussehen? Mit welcher Wahrscheinlichkeit hätten die Kinder Sommersprossen? Dunkle Haarfarbe ist dominant über helle. Eine dunkelhaarige Frau und ein blonder Mann haben zusammen Kinder. Welche Haarfarben sind zu erwarten? Es gibt zwei mögliche Kreuzungsschemen. Zeichne beide. Verwende D für dunkel und d für hell. Gib je die Wahrscheinlichkeiten an. Eine Pflanze mit gelben Blüten wird mit einer Pflanze mit weissen Blüten gekreuzt. Es entstehen 50% Pflanzen mit gelben Blüten und 50% Pflanzen mit weissen Blüten. Weiss ist dominant über gelb. Wähle geeignete Buchstaben und erstelle das Kreuzungsschema. Eine Pflanzensorte mit grossen Blättern (Genotpy gg) wird mit einer zweiten gekreuzt, die kleine Blätter (Genotyp kk) besitzt. In der nächsten Generation tauchen nur mittelgrosse Blätter auf. Hier handelt es sich um eine intermediäre Vererbung, das heisst, dass hier nichts dominant oder rezessiv ist, sondern die beiden Eigenschaften "gemischt" werden. In solchen Fällen werden für die Genotypen zwei verschiedene Kleinbuchstaben verwendet. Erstelle das Kreuzungsschema. Welches auffällige Merkmal wird beim Menschen intermediär vererbt?