P O L I T I K MEDIZINREPORT sung eignen sich nur das freie T3 und das TSH. Treten manifeste Hyperthyreosen auf, so wird nach Gärtner häufig der Fehler begangen, Amiodaron abzusetzen. Hierdurch kann eine weitere Exazerbation auftreten, weil Amiodaron durch die Hemmung der peripheren Konversion von T3 in T4 auch antithyreoidal wirkt. Gärtner empfiehlt eine zusätzliche antithyreoidale Behandlung mit Propycil, das auch die Konversion hemmt. Wenn keine Besserung eintritt, so gilt die subtotale Strumektomie als geeignetste und schnellste Therapieoption. Beim Absetzen von Amiodaron muß die Schilddrüsen- funktion grundsätzlich mindestens über ein halbes Jahr engmaschig im Zeitabstand von vier bis sechs Wochen überprüft werden. Lithium hemmt die Jodorganifizierung und die Schilddrüsenhormonsekretion. Nach Monaten und Jahren kann es dabei zur Entwicklung einer Struma, zu Knotenbildungen oder zu latenter Hypothyreose kommen. Deshalb soll die Schilddrüsenfunktion unter Lithiumtherapie halbjährlich überprüft werden. Bei TSH-Erhöhung oder Größenzunahme der Schilddrüse muß eine Substitution mit Schilddrüsenhormonen erfolgen. Bernhard Albrecht Diagnose der familiären Hypercholesterinämie Neuer DNA-Test erkennt heterozygote Genträger Seitdem zahlreiche Studien bewiesen haben, daß Individuen mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen durch lipidsenkende Maßnahmen Morbidität und Mortalität beeinflussen, lohnt es sich, diese Patienten von solchen mit niedrigem Risiko unterscheiden zu können. Diese Differenzierung war bis jetzt allerdings nicht zu treffen, da eine Heterogenität in der Hyperlipidämie vorliegt. So hat die Hälfte der deutschen Bevölkerung einen Blutcholesterinwert oberhalb der „Normalgrenze“ von 200 mg/dl. Bei den meisten Personen handelt es sich um eine relativ harmlose, eventuell durch Eßgewohnheiten bedingte Hyperlipidämie, die eine geringe Erhöhung des Herzkrankheitsrisikos mit sich bringt. Bei etwa zehn Prozent jedoch liegt die genetisch bedingte familiäre Hypercholesterinämie (FH) vor. Bereits 30 Prozent der FH-Patienten leiden im Alter von 50 Jahren schon an einer symptomatischen Koronargefäßerkrankung, im Alter von 60 Jahren sind es sogar 50 Prozent. Mit einem neuen Test auf molekularbiologischer Basis, dem Oligonucleotide Ligation Assay, kann dem bisher verschwommenen Bild A-360 der Hyperlipidämie eine neue Schärfe verliehen werden, wie Dr. Herbert Schuster vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin anläßlich des Workshops „Innovative Methoden und Technologien für die DNA-Analyse in der molekularen Medizin“ referierte. Lipid grenzwertig Auf molekularer Ebene liegt das Problem im LDL-(low density lipoprotein-)Rezeptor oder am Apolipoprotein B. Der zugrundeliegende, autosomal dominant vererbte genetische Defekt existiert in zwei Typen: Individuen mit der homozygoten Form stellen wegen deutlich erhöhter Blutlipidwerte und anderer klinischer Faktoren zwar ein therapeutisches, jedoch kein diagnostisches Problem dar. In der viel häufiger vorkommenden heterozygoten Form besitzt der Patient eine Kopie des defekten Gens, und die Lipidwerte fallen meist in den Bereich von 220 bis 270 mg/dl. Diese Werte unterscheiden sich nicht sehr von Nicht-FH-Patienten, da die üblichen diagnostischen Methoden der gründlichen Familienana- (28) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 7, 14. Februar 1997 mnese und der Blutlipidwerte nur eine sehr geringe Spezifität besitzen. Erschwerend kommt hinzu, daß in Deutschland schon mindestens 24, weltweit sogar mehr als 150 Mutationen der entsprechenden Gene bekannt sind, was eine DNA-Analyse mit herkömmlichen Methoden arbeitsintensiv macht. Mutationen aufspüren Um eine Vielzahl von Mutationen zu detektieren, hat Schuster den „Oligonucleotide Ligation Assay“ (OLA) entwickelt, mit dem gleichzeitig mehrere Exons analysiert werden können. Dieser Test erkennt 19 häufig vorkommende Mutationen in den für den LDL-Rezeptor und das Apolipoprotein B kodierenden Genen; er bietet somit eine Möglichkeit, größere Bevölkerungsgruppen auf FH hin zu testen. „Die zugrundeliegende Methodik ist nicht neu, aber hiermit haben wir ein neues und viel einfacheres Werkzeug, um dem wachsenden Bedarf der DNA-Diagnostik nachzukommen“, so Schuster. Da der Test derzeit noch validiert wird, sind Änderungen hinsichtlich der Anzahl der zu detektierenden Mutationen durchaus noch möglich – wofür OLA die technischen Voraussetzungen bietet. Laut Schuster eignet sich der DNA-Test, der in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommt, weniger für das einfache klinische Labor, sondern eher für größere Referenzlaboratorien. Hierfür werden lediglich ein paar Blutstropfen auf ein Stück Filterpapier aufgebracht. Es genügt auch eine Speichelprobe auf Teststreifen, die mit der Post verschickt werden können. Patienten mit einem positiven Ergebnis können dann eine gezielte pharmakologische Therapie erhalten und betroffene Familienmitglieder in die Primärprävention mit einbezogen werden. Voraussichtlich wird der Preis für ein Testkit höher sein als die einfache Blutcholesterin-Bestimmung, jedoch reicht laut Schuster eine einzige DNA-Testung, und der Patient hat eine 100prozentige Sensitivität und Spezifität, wodurch eine klare Indikation zur Therapie gestellt werden kann. Sandra Goldbeck-Wood, MD