62 r Genetik und Gentechnik 4 Molekulargenetik 4.1 Nukleinsäuren als Speicher der genetischen Information Bausteine der Nukleinsäuren Bereits 1869 wurde im Zellkern (Nukleus) ein Molekül gefunden, das saure Eigenschaften besaß und daher als Nukleinsäure bezeichnet wurde. Als weitere Bausteine der Kernsäuren entdeckte man Zuckermoleküle, und zwar je nach Nukleinsäuretyp Ribose bzw. Desoxyribose (Desoxyribose enthält ein Sauerstoffatom weniger als Ribose). Aufgrund des verschiedenen Zuckerbestandteils unterscheidet man zwei Arten von Nukleinsäuren, die Ribonukleinsäure (RNS; engl. RNA von acid) und die Desoxyribonukleinsäure (DNS; engl. DNA). Am Aufbau der Nukleinsäuren (DNA bzw. RNA) sind drei Grundbausteine beteiligt: organische Basen, Zucker und Phosphatrest. Bezeichnung Symbol Phosphatrest P Zucker: Desoxyribose (DNA) Ribose (RNA) Z D R Organische Basen: Adenin Guanin Cytosin Thymin (DNA) Uracil (RNA) A G C T U Tab. 2: Bestandteile der DNA bzw. RNA Die Zuckermoleküle Desoxyribose und Ribose sind Pentosen, d. h. Zuckermoleküle mit fünf C-Atomen (die Zahlen in der symbolischen Darstellung in Abb. 42 (siehe S. 63) geben die Nummerierung der C-Atome an). Das molare Verhältnis von Zucker zu Phosphat beträgt stets 1 : 1. Die Verbindung aus einem Zucker(molekül) und einer Base nennt man Nukleosid, die Verbindung aus Zucker, einer Base und Phosphat Nukleotid. Dabei wird der Phosphatrest über das C5-Atom (5') des Zuckers gebunden. Genetik und Gentechnik r 63 Abb. 42: Symbolische Darstellung der Nukleinsäure-Bausteine Ein Nukleotid ist über seinen Phosphatrest mit dem C3-Atom (3') des Zuckers eines weiteren Nukleotids verbunden. Auf diese Weise entsteht eine lange Kette aus einer abwechselnden Folge von Zucker- und Phosphatmolekülen. Das C1-Atom (1') des Zuckers ist jeweils mit einer der vier organischen Basen verknüpft (Polynukleotidstrang = Primärstruktur der DNA/ RNA). In der Abfolge der Basen eines Polynukleotidstrangs ist die genetische Information gespeichert. Vergleichbar mit unserem Alphabet, bei dem eine bestimmte Kombination von Buchstaben ein Wort ergibt, legt eine Kombination aus drei der vier Basen („Buchstaben“) ein Basentriplett („Wort“) fest. Durch Aneinanderreihung vieler Tripletts („Wörter“) entsteht ein Gen („Satz“), das die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein (z. B. Enzym) enthält („Aussage des Satzes“). Abb. 43: Ausschnitt aus einem Polynukleotidstrang (Primärstruktur) der DNA bzw. RNA