Trendmäßige Besserung des Gewinn

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Nr. 57 / Dezember 2006
Trendmäßige Besserung des Gewinn-Niveaus in Deutschland
Dieser Vergleich wird häufig herangezogen, um auf eine
stärkere Ungleichverteilung der Einkommen hinzuweisen:
Während der Anteil der Unternehmensgewinne am
Volkseinkommen gestiegen ist, ist das Kuchenstück der
Arbeitnehmerentgelte stets kleiner geworden.
Doch diese Schlussfolgerung greift zu kurz. Denn schon
bei Veränderung des betrachteten Zeitraumes ergibt sich
ein anderes Bild. So lag die Lohnquote im Jahr 1970 bei
65,6 Prozent und damit unter dem Wert von heute.
Lohnquote und Beschäftigung
Lohnquote und Beschäftigung
Lohnquote
Erwerbstätigenquote
100,0
99,3
74,0
98,0
73,6
73,0
96,0
93,7
72,0
94,0
71,0
92,0
70,0
90,0
90,9
69,0
88,0
68,0
86,0
67,78
67,0
67,4
66,0
84,0
82,0
65,6
00
20
02
20
04
98
20
96
19
94
19
92
19
90
19
88
19
86
19
84
19
82
19
80
19
78
19
19
19
76
80,0
74
65,0
Erwerbstätigenquote in Prozent
75,0
72
Damit sinkt die Lohnquote (Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen) im Jahr 2006 auf 65,9 Prozent.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag diese
im Jahr 2005 noch bei 67,4 Prozent. Im Jahr 1981 machte
der Anteil der Arbeitnehmerentgelte dagegen noch 73,6
Prozent aus.
Zwar dämpft die Rezession auch die Entgeltentwicklung
und es kommt zu Arbeitsplatzverlusten. Diese Anpassung erfolgt aber mit zeitlicher Verzögerung. Die Folge
ist, dass die Unternehmens- und Vermögenseinkommen
relativ stärker sinken als die Arbeitnehmerentgelte.
19
Denn dieser Teil des Volkseinkommens ist im Jahr 2005
um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, während die Arbeitnehmerentgelte um 0,7 Prozent sanken.
In diesem Jahr erwartet der SVR eine Zunahme der Unternehmens- und Vermögenseinkommen von 7,7 Prozent.
Die Arbeitnehmerentgelte steigen lediglich um 0,4 Prozent.
Dieses Einkommensaggregat ist volatiler als die Löhne
und Gehälter; es reagiert schneller und stärker auf das
konjunkturelle Auf und Ab. In Zeiten des Abschwungs
beispielsweise gehen zuerst die Gewinne zurück.
70
In diesem Zusammenhang weist der SVR auf den robusten Zuwachs der Unternehmens- und Vermögenseinkommen in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
(VGR) hin (SVR: JG 06/07, Tz 97).
Die Lohnquote als Anteil der Arbeitnehmerentgelte am
Volkseinkommen ist eine Verhältnisgröße und wird daher von diesen beiden Parametern direkt beeinflusst.
Indirekt beeinflusst wird die Lohnquote durch den anderen Teil des Volkseinkommens, der Summe aus den
Unternehmens- und Vermögenseinkommen.
19
Einen entscheidenden Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen
Besserung haben die Unternehmen mit ihrer beharrlichen
Konsolidierung der Bilanzen geleistet. Der Sachverständigenrat (SVR) sieht in dem größeren Finanzierungsspielraum der Unternehmen eine wesentliche Vorraussetzung
für die inzwischen in Gang gekommene Belebung der
Investitionen mit ihren positiven Beschäftigungswirkungen
(SVR: JG 06/07, Tz 99 u. 135).
Konjunkturelle Aufschwünge bzw. Boomphasen sind mit
steigenden Löhnen und Beschäftigungsverhältnissen
verbunden. Häufig wird daraus geschlossen, dass sich
die Lohnquote entsprechend verhält, nämlich steigt.
19
Anstieg der Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Was sagt die Lohnquote aus?
Lohnquote in Prozent
Nach langer Durststrecke sieht die wirtschaftliche Bilanz
wieder positiv aus:
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigt dieses Jahr gegenüber 2005 um 2,5 Prozent. Die konjunkturelle Erholung
zeigt sich inzwischen auch deutlich auf dem Arbeitsmarkt.
Im November ist unerwartet die Arbeitslosenzahl knapp
unter die 4-Mio.-Marke gefallen, und die Zahl der Erwerbstätigen lag im November um 346.000 über dem
Vorjahresstand. An diesem Anstieg sind die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit einem Plus von 317.000 überproportional beteiligt.
Quellen: Statistisches Bundesamt
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Anteil der
Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen, also die
Lohnquote, steigt.
Eine hohe Lohnquote ist daher in der Praxis mit wirtschaftlich schlechteren Zeiten verbunden. In konjunkturell guten Zeiten sinkt dagegen die Lohnquote. Dieser
Zusammenhang wurde jedoch in den neunziger Jahren
durch die Deutsche Einheit überlagert. Am aktuellen
Rand scheint er sich wieder auszuprägen.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die Unternehmens- und
Vermögenseinkommen in ihrer Aussagekraft beschränkt
sind (siehe blauer Kasten).
plätze von übermorgen sind, kann bis etwa zum Zeitpunkt
der Wiedervereinigung deutlich abgelesen werden.
Seit Anfang der neunziger Jahre haben sich Arbeitslosenquote und Umsatzrendite hingegen im Trend in die gleiche Richtung entwickelt, während die Investitionen in den
Keller gerutscht sind. Zu dieser ungewohnten Beobachtung haben besondere strukturelle Umbrüche wie die
Deutsche Einheit geführt.
Statistische Fußangel: Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Bei der Interpretation der Unternehmens- und Vermögenseinkommen ist Zurückhaltung geboten. Folgende
Punkte sind zu berücksichtigen:
Umsatzrendite und Arbeitslosenquote
Neben den Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit fließen auch die Gewinne der Selbständigen,
der Bundesbank und der öffentlichen Unternehmen
in diese Einkommensgröße ein.
Zu den Vermögenseinkommen zählen auch Zinsen,
Pachten und Mieten der privaten Haushalte. Eine
klare Trennung zwischen Lohnempfängern und Personen mit Kapitaleinkünften existiert nicht.
Unternehmens- und Vermögenseinkommen ergeben
sich in der VGR als „Residualgröße“, d.h. Fehler und
Ungenauigkeiten können sich dort kumulieren.
14,0
3,5
12,0
3,0
10,0
2,5
8,0
2,0
6,0
1,5
4,0
1,0
0,5
0,0
Nettoumsatzrendite
Arbeitslosenquote
2,0
0,0
19
70
19
73
19
76
19
79
19
82
19
85
19
88
19
91
19
94
19
97
20
00
20
03
20
06
§
4,0
Arbeitslosenquote in Prozent
§
Nettoumsatzrendite und Arbeitslosenquote
Nettoumsatzrendite in Prozent
§
Die VGR liefert daher ein ungenaues Bild über die tatsächlichen Unternehmensgewinne.
Quellen: Deutsche Bundesbank, Bundesagentur für Arbeit
Realitätsnäher: Die Nettoumsatzrendite
Zur Beurteilung der Ertragslage ist die gesamtwirtschaftliche Nettoumsatzrendite besser geeignet. Sie wird von der
Deutschen Bundesbank auf der Grundlage von 70.000
Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen aller Rechtsformen und Branchen ermittelt und auf die Gesamtwirtschaft hochgerechnet. Damit vermittelt diese Kennziffer
ein sehr viel realitätsnäheres Bild von der Ertragslage der
deutschen Unternehmen.
Externer Schock: Wiedervereinigung
Gesamtwirtschaftlich war die deutsche Einheit ein exogener Schock. Durch die Treuhandbetriebe wurde die Nettoumsatzrendite erheblich gedrückt; seit dem erholt sie
sich wieder. Obwohl sie inzwischen ein beachtliches Niveau erreicht hat, liegt sie aber immer noch unter dem
Niveau von 1970.
Strukturelle Umbrüche
Parallel dazu war der Investitionsbedarf aufgrund der
maroden wirtschaftlichen Lage in der ehemaligen DDR
hoch. So stiegen die Investitionen in der ersten Hälfte der
neunziger Jahre kontinuierlich an, die nicht zuletzt durch
eine wachsende Staatsverschuldung finanziert wurden.
Bis Ende der achtziger Jahre wies der Trend bei der Nettoumsatzrendite nach unten. Parallel dazu sank die Quote
der Anlageinvestitionen am BIP.
Umsatzrendite und Investitionsquote
Der überwiegend kreditfinanzierte Fonds „Deutsche Einheit“ bzw. später der „Erblastentilgungsfonds“ wurde in
diesem Zusammenhang eingerichtet, um den immensen
Nachholbedarf an Investitionen zu schultern. Per Saldo
betrug die Verschuldung dieses Fonds Ende 2004 bei
seiner Überführung in den Finanzhaushalt 38,6 Mrd. Euro.
30,0
3,5
25,0
3,0
2,5
20,0
2,0
15,0
1,5
1,0
0,5
Nettoumsatzrendite
Investitionsquote
0,0
10,0
Investitionsquote in Prozent
4,0
Seit Mitte der neunziger Jahre sinken die Bruttoanlageinvestitionen und haben nunmehr einen Tiefstand von 17,3
Prozent am Bruttoinlandsprodukt erreicht.
5,0
EU-Erweiterung und Globalisierung
19
70
19
73
19
76
19
79
19
82
19
85
19
88
19
91
19
94
19
97
20
00
20
03
20
06
Nettoumsatzrendite in Prozent
Nettoumsatzrendite und Investitionquote
Unternehmen können heute stärker weltweit agieren, um
ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. auszubauen.
Während Kapital- und Finanzmärkte weitgehend mobil
und flexibel sind, ist der Arbeitsmarkt regional auf den
teuren Standort Deutschland beschränkt.
Quellen: Deutsche Bundesbank, Statistisches Bundesamt
Die ökonomische Gesetzmäßigkeit, dass die Gewinne
von heute die Investitionen von morgen und die Arbeits-
2
Mit einer Rendite von durchschnittlich 3,2 Prozent lag
Deutschland im Jahr 2004 lediglich auf dem vorletzten
Platz. Alle anderen 17 Industrieländer konnten ein besseres Renditeniveau vorweisen. Im Durchschnitt dieser
Länder lag die Nettoumsatzrendite bei 5,5 Prozent.
Investitionsquote im internationalen Vergleich
Investitionsquote im internationalen Vergleich*
TR
16,4
E
Nettoumsatzrendite im internationalen Vergleich
15,5
IRL
14,5
CZ
9,8
A
8,9
USA
7,0
F
7,0
UK
6,5
EU
6,4
Nettoumsatzrendite im internationalen
Vergleich 2004
in Prozent
0,0
4,0
SLO
D
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0
16,0
4,0
6,0
8,0
10,0
DK
CH
N
E
FIN
US
UK
IRL
A
NL
F
I
D
J
3,0
0,0
2,0
18,0
*Anteil der Bruttoinvestitionen abzgl. der Abschreibungen am Bruttoinlandsprodukt abzgl. der
Abschreibungen; Quellen: OECD, ifo Institut
Gewinne, die erwirtschaftet werden, fließen zu nicht unerheblichen Teilen in Investitionsaktivitäten ins Ausland. Die
EU-Osterweiterung bietet auch bislang regional gebundenen kleineren Unternehmen Investitionsmöglichkeiten
außerhalb Deutschland.
*Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft; Quellen: IW Köln, Ursprungsdaten: Osiris-Datenbank
Nach Zahlen der Deutschen Bundesbank betrugen die
deutschen Direktinvestitionen im Ausland im Jahr 2005
knapp 36,7 Mrd. Euro.
In den Jahren 2005 und 2006 hat der gesamtwirtschaftliche Trend zur Verbesserung des Ertragsniveaus in der
deutschen Wirtschaft angehalten; darauf deuten die Zunahmen bei den Einkommen aus Unternehmertätigkeit
und Vermögen hin. Dazu haben zwei Faktoren wesentlich
beigetragen:
Entgegen dem sind im gleichen Jahr lediglich 26,3 Mrd.
Euro Investitionen ausländischer Unternehmen nach
Deutschland geflossen.
1. Das hohe Wachstum des Welthandels und die
deutliche Zunahme der deutschen Exporte;
2. die moderate Lohnentwicklung in den letzten Jahren.
Der Nettoeffekt der Investitionsströme für Deutschland ist
demnach negativ.
Teurer Standort Deutschland
Von der guten Weltkonjunktur haben jedoch die anderen
Länder ebenfalls profitiert. Wenn auch noch detaillierte
Zahlen zu den Umsatzrenditen wegen des langwierigen
Auswertungsverfahren fehlen, dürfte das deutsche Renditeniveau zwar näher an den Durchschnitt herangekommen sein, aber immer noch in der unteren Tabellenhälfte
rangieren.
Dass in- und ausländische Unternehmen bislang nur mäßige Anreize für Investitionen in Deutschland gesehen
haben, liegt unter anderem am niedrigen Renditeniveau.
Eine wesentliche Ursache dafür sind die nach wie vor
hohen Arbeitskosten.
Denn diese lagen nach Berechnungen des Instituts der
deutschen Wirtschaft, Köln, im Jahr 2005 in Westdeutschland bei 27,87 Euro je geleisteter Arbeitsstunde. Das alte
Bundesgebiet ist damit der drittteuerste Standort nach
Norwegen (29,45 Euro) und Dänemark (28,33 Euro).
Fazit
An der Jahreswende 2006/2007 sind die Ausgangsbedingungen für eine Fortsetzung des Aufschwungs auf einem
stetigen und merklich ansteigendem Wachstumspfad
gegeben; das gilt insbesondere für die binnenwirtschaftlichen Angebotsbedingungen.
In Ostdeutschland betrugen die Arbeitskosten zwar nur
17,37 Euro. Im Vergleich zu den osteuropäischen Ländern mit Arbeitskosten von 3,80 Euro (Polen) oder 4,88
Euro (Ungarn) sind auch die neuen Länder keine einfache
Standortwahl.
Der Arbeitsmarkt hat erfreulich deutlich darauf reagiert.
Dennoch liegt die Zahl der Arbeitslosen im Durchschnitt
des Jahres 2006 über 4 Millionen. Eine nachhaltige Reduzierung der strukturellen Arbeitslosigkeit erfordert einen
lagen Atem. Für Investitionen benötigen die Unternehmen
eine langfristige Renditeperspektive. Deshalb bleibt die
Tarifpolitik gefordert, den Kurs moderater Lohnerhöhungen fortzusetzen.
Ein internationaler Vergleich der erwirtschafteten Nettoumsatzrenditen zeigt aber auch hier den Nachholbedarf
für Deutschland deutlich auf.
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Ansprechpartner bei der BDA
Ottheinrich Frhr. von Weitershausen
[email protected]
Tel. 030 2033-1950
Alexander Haase
[email protected]
Tel. 030 2033-1956
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Haus der Deutschen Wirtschaft, Breite Straße 29
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