3. Die Marktergebnisse im Monopol und im homogenen Polypol

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Kapitel B: Marktgleichgewicht im Monopol und im Oligopol
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3. Die Marktergebnisse im Monopol und im homogenen Polypol
Wenn vieles dafür spricht, dass die in Abb. 5.7.a. dargestellte Gleichgewichtsposition des Monopolisten von Dauer ist, dann können die entstandenen Marktergebnisse mit denen des homogenen Polypols verglichen werden. Aus der Gegenüberstellung von Abb. 5.5.a. und Abb. 5.7.a. ergeben sich die folgenden vier Konsequenzen (vgl. die neue Abb. 5.8.): Unter sonst gleichen Bedingungen (gleiche
Nachfrage, gleiche Kosten, gleiche Zielsetzung der Anbieter)
(1) ist der Monopolpreis pM höher als der Polypolpreis pp,
(2) ist die vom Monopolisten angebotene Menge qM kleiner als die von den Polypolisten angebotene Menge qp.
Die Nachfrager werden von einem Monopolisten also schlechter versorgt als von
Anbietern im homogenen Polypol. Darüber hinaus ist als gesamtwirtschaftliche
Konsequenz zu beachten, dass
(3) der Monopolist im Gegensatz zu den Polypolisten nicht mit niedrigsten Kosten
produziert.
4.500
7.000
Abb. 5.8.
Der Monopolist produziert nicht im Betriebsoptimum, sondern vor dem Betriebsoptimum. Er arbeitet somit nicht mit der höchst möglichen Produktivität
und setzt die in seiner Unternehmung gebundenen Produktionsfaktoren nicht
vollständig ein. Er verschwendet knappe Ressourcen. Schließlich ist noch festzustellen, dass
(4) der Monopolist einen offenbar dauerhaften Extragewinn erzielt, dessen Abbau durch Marktzutritt neuer Anbieter vergleichsweise unwahrscheinlich ist.
Angesichts dieser vier weit reichenden Konsequenzen wird deutlich, dass die
Ziele einer optimalen Konsumentenversorgung und einer optimalen Faktorallokation im Monopol verfehlt werden, nachdem zuvor bereits dargestellt worden
war, dass sie im homogenen Polypol voll erfüllt werden. Daraus kann der Schluss
gezogen werden, dass Monopole in einer Marktwirtschaft als wohlfahrtsmindernde Marktkonstellationen anzusehen sind, während homogene Polypole als wohlfahrtsökonomische Wunschsituation und damit als wirtschaftspolitisches Ideal
gelten.
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5. Teil: Die Theorie des Marktgleichgewichts
Die Gegenüberstellung von Monopol- und Polypolpreisbildung auf der Grundlage gleicher Bedingungen (insbesondere gleicher Kosten) in der reinen Zustandsbeschreibung einer Gleichgewichtssituation (statische Analyse) und eine auf
dieser Basis vorgenommene Aussage über die gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsverluste durch Monopole ist allerdings nicht unproblematisch. Auf die
Problematik dieses Vergleichs ist in Kapitel C bei der Kritik der Marktgleichgewichtstheorie noch zurückzukommen.
4. Monopolistische Angebotskurve und Preisdifferenzierung
Zum Abschluss der Darstellung der Monopolpreisbildung ist auf einige Erweiterungen des zuvor erörterten ursprünglichen Monopolmodells hinzuweisen. So
werden in der Preistheorie neben dem reinen Angebotsmonopol entsprechende
Gleichgewichtslösungen für das Teilmonopol, das bilaterale Monopol sowie für
das Monopson (Nachfragemonopol) erörtert. Auf sie ist hier nicht näher einzugehen. Bezüglich des Angebotsmonopols sind aber noch zwei Bemerkungen bezüglich der Angebotskurve des Monopolisten und bezüglich der sog. Preisdifferenzierung zu machen.
Die zuvor behandelte Gleichgewichtslösung für den Monopolisten ergab, dass
dieser keine Angebotskurve im bisher definierten Sinn besitzt. Anders als der Anbieter im homogenen Polypol wählt er keine Angebotsmengen bei alternativen,
vorgegebenen Preisen, sondern bestimmt auf der Marktnachfragekurve die für ihn
gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination. Statt einer Angebotskurve existiert
nur ein einziger Punkt, der Cournotsche Punkt. Eine Art von Angebotskurve lässt
sich allerdings konstruieren, wenn man unterstellt, dass sich die Marktnachfragekurve verschiebt. Verschiebt sich die Marktnachfragekurve, so hat der Monopolist auf jeder Kurve den entsprechenden Cournotschen Punkt zu suchen. Die
Abfolge der Cournotpunkte (vgl. Abb. 5.9.) kann als Cournotlinie oder als Angebotskurve des Monopolisten im Sinne von
(5.20)
Ax = f(Nx)
Abb. 5.9.
Kapitel B: Marktgleichgewicht im Monopol und im Oligopol
175
verstanden werden. Sie ist aber mit der Angebotskurve im homogenen Polypol
nicht voll vergleichbar.
Bezieht man derartige Verschiebungen von Marktnachfragekurven in die Monopolanalyse mit ein, so ist zu fragen, inwieweit diese Verschiebungen sich auf
Grund autonomer Änderungen des Nachfragerverhaltens ergeben und inwieweit
sie vom Monopolisten selbst ausgelöst werden können. Hier ist der Ort, an dem
man aktive absatzpolitische Maßnahmen des Monopolisten wie Werbung, Service,
Produktverbesserung und anderes einbauen kann. Mit ihrer Hilfe kann der Monopolist versuchen, seinen Markt zu erweitern und seinen bisherigen Gewinn
nochmals zu steigern. Zu beachten ist dabei, dass derartige Maßnahmen Kosten
verursachen und dass der Gewinn sich nur dann erhöht, wenn die aus der Erweiterung resultierenden Grenzerlöse die Grenzkosten der Erweiterung übersteigen.
Will der Monopolist seinen Gewinn bei gegebener Marktlage (also unveränderter
Marktnachfragekurve) noch weiter erhöhen, so kann er eine monopolistische
Preisdifferenzierung versuchen. Wie der Verlauf der Marktnachfragekurve zeigt,
sind offenbar Konsumenten vorhanden, die bereit sind, noch höhere Preise als den
Cournotpreis zu zahlen. Die Differenz zwischen ihren subjektiven Wertvorstellungen (ihrem Grenznutzen) und dem tatsächlichen Marktpreis wird als Konsumentenrente bezeichnet (vgl. die schraffierte Fläche in Abb. 5.10.). Ziel des Monopolisten kann es daher sein, diese Konsumentenrente abzuschöpfen, indem er
möglichst bei jedem Nachfrager den Preis verlangt, den dieser maximal zu zahlen
bereit wäre. Eine derartige Preisdifferenzierung setzt allerdings voraus, dass der
Monopolist mehrere heterogene Güter anbietet bzw. dass es ihm gelingt, den zunächst vollkommenen Markt zu spalten, ihn also durch sachliche, räumliche, zeitliche oder persönliche Differenzierung des Gutes bzw. durch Reduzierung der
Markttransparenz in einen unvollkommenen Markt zu verwandeln. Sofern der
Monopolist nicht von vornherein Alleinanbieter verschiedener Güter bzw. Gutsvariationen ist (sog. agglomerative bzw. vertikale Preisdifferenzierung), verursacht die Schaffung von Teilmärkten (sog. deglomerative bzw. horizontale Preisdifferenzierung) wiederum Kosten. Sein Gewinn erhöht sich nur dann, wenn die
aus der Marktspaltung resultierenden Grenzerlöse die Grenzkosten der Marktspaltung übersteigen.
Abb. 5.10.
Auf die Maximierungsbedingungen der Preisdifferenzierung soll an dieser Stelle
nicht näher eingegangen werden. Preisdifferenzierung als reales Phänomen lässt
sich vielfältig belegen. Beispiele sind unter anderen räumlich differierende Ben-
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5. Teil: Die Theorie des Marktgleichgewichts
zinpreise, zeitlich differierende Strompreise und Telefongebühren, sachlich differierende Preise in Kinos und Theatern sowie persönlich (z. B. nach Einkommenshöhe) differierende Preise bei öffentlichen Verkehrsmitteln und Arztrechnungen.
Zu beachten ist allerdings, dass einige Fälle von Preisdifferenzierung nicht dem
Ziel monopolistischer Gewinnausweitung, sondern anderen Zwecken dienen, so
z. B. gleichmäßigerer Kapazitätsauslastung (Tag- und Nachtstrom, Telefongebühren) bzw. sozialpolitischen Zielsetzungen (Schülerfahrkarten).
II. Das Gleichgewicht im heterogenen Polypol
Als heterogenes Polypol wird jene Marktform bezeichnet, in der viele kleine,
gleich große Anbieter auf einem unvollkommenen Markt agieren. Die Unvollkommenheit des Marktes dokumentiert sich darin, dass die Güter heterogen sind
bzw. dass die vollständige Markttransparenz fehlt.
Wie oben angedeutet wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die meisten
Konsumgütermärkte unvollkommene Märkte sind. So dürften viele Güter mehr
oder weniger große Unterschiede in sachlicher, zeitlicher, räumlicher oder persönlicher Hinsicht aufweisen, also heterogen sein. Derartige Unterschiede sind
u. a. darauf zurückzuführen, dass es den einzelnen Anbietern gelungen ist, sich
durch qualitative Differenzierung ihres Angebotes, durch besonders rasche Lieferung, durch die Wahl eines für bestimmte Nachfrager besonders günstigen Standortes oder durch besonderen Service von den Konkurrenten abzuheben. Daraus
folgt nun aber, dass der einzelne Anbieter bezüglich seiner Möglichkeiten zu
preispolitischer Aktivität nicht so ohnmächtig ist wie ein Anbieter im homogenen
Polypol. Während diesem alle preispolitischen Aktivitäten verwehrt sind, weil es
auf dem vollkommenen Markt nur einen einzigen Preis geben kann (Gesetz der
Unterschiedslosigkeit der Preise), muss ein Anbieter im heterogenen Polypol bei
preispolitischen Aktivitäten nicht mit derart extremen Nachfragerreaktionen
rechnen. Bei Preiserhöhungen wird er wegen der auf ihn entfallenden Präferenzen
nicht sofort alle Nachfrager verlieren, bei Preissenkungen wird er auf Grund der
auf die Konkurrenten entfallenden Präferenzen nicht alle ihre Kunden gewinnen.
Dies bedeutet, dass die individuelle Preis-Absatz-Kurve eines Anbieters fallend
verläuft. Über die genaue Gestalt der individuellen Preis-Absatz-Kurve eines einzelnen Anbieters sind zwei unterschiedliche Positionen entwickelt worden, nämlich das Konzept der monopolistischen Konkurrenz (E. H. Chamberlin und
J. Robinson, beide 1933) sowie das Konzept des monopolistischen Spielraumes
(E. Gutenberg, 1955).
1. Das Konzept der monopolistischen Konkurrenz
Das Konzept der monopolistischen Konkurrenz basiert auf der Annahme, dass
sich wie im homogenen Polypol aus Gesamtangebot und Gesamtnachfrage vieler
Marktteilnehmer ein Marktgleichgewicht mit Gleichgewichtspreis und Gleichgewichtsmenge ergibt (vgl. Abb. 5.11.a.). Dieser Gleichgewichtspreis ist aber nur als
Durchschnittspreis p̂ zu verstehen. Der einzelne Anbieter ist an diesen Durchschnittspreis nicht vollkommen gebunden. Er kann ihn in Grenzen erhöhen oder
Kapitel B: Marktgleichgewicht im Monopol und im Oligopol
177
aber senken. Erhöht er ihn, so wird er erst bei einem gewissen Maximalpreis pmax
den letzten Kunden verlieren, der dann zur Konkurrenz abwandert. Senkt er ihn,
so werden Kunden hinzukommen, aber selbst beim Preis px = 0 wird er nicht alle
Nachfrager gewinnen. Die sog. dd′-Kurve in Abb. 5.11.b. stellt demgemäß die individuelle Preis-Absatz-Kurve eines einzelnen Anbieters dar, wenn dieser Anbieter den Preis allein variiert (d. h. alle anderen ihn konstant halten).
Die individuelle Preis-Absatz-Kurve des einzelnen Anbieters hat also prinzipiell
die gleiche Gestalt wie die individuelle Preis-Absatz-Kurve eines Monopolisten.
Dies ist das Monopolelement in der Marktform des heterogenen Polypols. Im
Gegensatz zum
6.000
Abb. 5.11.
Monopol ist die quantitative Dimension aber sehr viel geringer, da der einzelne
Anbieter einer von vielen ist. Dies ist das Konkurrenzelement in der Marktform
des heterogenen Polypols. Aus der Kombination von Monopol- und Konkurrenzelement erklärt sich auch die Bezeichnung „monopolistische Konkurrenz“.
Das Monopolelement dieser Marktform wird auch in der Ermittlung des individuellen Gleichgewichts des einzelnen Anbieters deutlich. Dieser findet sein Gewinnmaximum nämlich wie ein Monopolist nach Maßgabe der GrenzerlösGrenzkosten-Regel (4.21). Alle zuvor für das Monopol beschriebenen Überlegungen gelten auch hier (vgl. Abb. 5.12.a., die vollkommen der Abb. 5.7.a. entspricht). Die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination liegt im Cournotschen Punkt.
Abb. 5.12.
178
5. Teil: Die Theorie des Marktgleichgewichts
Das Konkurrenzelement dieser Marktform zeigt sich nun nicht allein darin, dass
viele andere Anbieter auf dem gleichen unvollkommenen Markt anbieten, sondern noch in einem weiteren Aspekt: Im Gegensatz zum Monopol ist nämlich
davon auszugehen, dass der Marktzutritt in den hier beschriebenen Markt leicht
ist. Wenn aber der wie im Monopol entstehende Extragewinn neue Anbieter anlockt, so verteilt sich die vorhandene Nachfrage auf mehr Anbieter. Die individuellen Preis-Absatz-Kurven der einzelnen Anbieter verschieben sich nach links.
Die Preis-Absatz-Kurve des einzelnen Anbieters verschiebt sich so lange nach
links, wie noch ein Extragewinn vorhanden ist. Wenn die Preis-Absatz-Kurve die
Stückkostenkurve nicht mehr schneidet, sondern nur noch berührt, ist der Extragewinn abgebaut und der Zustrom weiterer Anbieter hört auf (vgl. Abb. 5.12.b.).
Wie im homogenen Polypol ergibt sich somit eine Tangentensituation mit einem
Extragewinn von Null. Im Gegensatz zum homogenen Polypol berührt die
Preisgerade die Stückkostenkurve aber nicht in deren Minimum, sondern links
davon. Wie ein Monopolist produzieren auch die Anbieter im heterogenen Polypol mit Überkapazität, also nicht im Betriebsoptimum und somit nicht mit niedrigsten Kosten.
Das Konzept der monopolistischen Konkurrenz erlaubt einige interessante
Schlussfolgerungen im Vergleich zum homogenen Polypol und zum Monopol.
– Es zeigt zunächst, in welcher Weise sich Monopol- und Konkurrenzelemente
verbinden lassen. Insbesondere belegt es erneut die Wirksamkeit des Marktzutritts potenzieller Konkurrenten und zeigt, wie auf offenen Märkten trotz gewisser Monopolelemente der Abbau von Extragewinnen herbeigeführt wird.
– Ferner bietet das Konzept einen Beleg für die These, dass auch bei weniger gravierenden Abweichungen vom homogenen Polypol gesamtwirtschaftliche
Nachteile in Form von höheren Preisen und suboptimaler Faktorallokation
auftreten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Nachteile durch
die Unvollkommenheit des Marktes bewirkt werden, welche in der Gestalt der
Produktdifferenzierung von den Nachfragern möglicherweise sogar als Vorteil
angesehen wird. Die These von der gesamtwirtschaftlichen Suboptimalität ist
insoweit zu relativieren.
– Darüber hinaus liefert das Konzept einen Beleg für das sog. Second-Best-Argument. Wenn von n Bedingungen für ein gesamtwirtschaftliches Optimum eine
nicht erfüllt ist (z. B. die Homogenität der Güter), so führt die Erfüllung einer
anderen Bedingung (offener Markt) möglicherweise nicht zur Verbesserung der
Marktergebnisse, sondern zu weiterer Verschlechterung (zunehmende Überkapazität und Produktion mit höheren Stückkosten).
2. Das Konzept des monopolistischen Spielraumes
Auch das Konzept des monopolistischen Spielraumes basiert auf der Grundidee,
Monopolelemente und Konkurrenzelemente miteinander zu verbinden. Im Gegensatz zum Konzept der monopolistischen Konkurrenz wird hierbei aber auf
die Darstellung eines Marktgleichgewichts völlig verzichtet. Damit wird die zweifellos problematische Formulierung einer Marktnachfragekurve für heterogene
Güter vermieden. Der unvollkommene Markt wird in Teilmärkte für einzelne
Kapitel B: Marktgleichgewicht im Monopol und im Oligopol
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homogene Güter bzw. deren Anbieter aufgelöst. Es werden lediglich die individuellen Preis-Absatz-Kurven der einzelnen Anbieter betrachtet.
Infolge des Fehlens einer Gesamtmarktanalyse wird auch die Frage des Marktzutritts und des Verschwindens von Extragewinnen gar nicht thematisiert. In einer
letztlich rein betriebswirtschaftlichen Analyse wird auch auf die Untersuchung
gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrtseffekte verzichtet. Es wird lediglich nach dem
individuellen Gleichgewicht des einzelnen Anbieters gefragt. Diese möglicherweise nachteiligen Einschränkungen der Fragestellung werden allerdings durch
einen Vorteil kompensiert: die Verbindung von Monopol- und Konkurrenzelementen in der jeweils kurzfristig existierenden Preis-Absatz-Kurve wird noch
deutlicher herausgearbeitet. Dies geschieht durch die Vorstellung eines akquisitorischen Potenzials der Anbieter und einer Qualitäts- und Preisklasse der Güter.
Mit dem Konzept des akquisitorischen Potenzials wird die Tatsache ausgedrückt,
dass jeder Anbieter im heterogenen Polypol eine Stammkundschaft besitzt, die
ihn etwa wegen seines günstigen Standortes oder wegen spezifischer Eigenschaften seines Gutes präferiert. Bezüglich der einzelnen Güter ist festzustellen, dass
diese in der Vorstellung der Nachfrager in verschiedene Qualitäts- bzw. Preisklassen fallen. So haben die Nachfrager zu einem bestimmten Zeitpunkt beispielsweise die Vorstellung, dass Mäntel einer mittleren Qualitätsklasse zwischen
200,– Euro und 300,– Euro kosten dürfen oder dass Vollkornbrot im Preis zwischen 2,50 Euro und 3,– Euro liegen muss.
Variiert der einzelne Anbieter seinen Preis innerhalb der Grenzen der Preisklasse
bzw. seines akquisitorischen Potenzials, so werden keine gravierenden Reaktionen der Nachfrager erfolgen. Die Preis-Absatz-Kurve verläuft hier fallend wie im
Monopol. Wenn der Anbieter mit seiner Preisforderung aber den oberen Grenzpreis der Preisklasse überschreitet, so verliert er plötzlich in starkem Maße Kundschaft. Die Nachfrager weichen auf die Güter der darüber liegenden Qualitätsklasse bzw. auf andere Anbieter aus. Wenn der Anbieter den unteren Grenzpreis
der Preisklasse unterschreitet, so strömen ihm in erheblichem Maße Nachfrager
zu. Er gewinnt jetzt viele Nachfrager, die bisher Güter der darunter liegenden
Qualitätsklasse gekauft haben bzw. die auf Grund entsprechender Präferenzen
Kunden anderer Anbieter waren.
Diese Art von Nachfragerreaktion kann durch eine doppelt geknickte individuelle
Preis-Absatz-Kurve des einzelnen Anbieters abgebildet werden, welche in
Abb. 5.13. zunächst stilisiert mit zwei scharfen Knicken dargestellt ist. Zwischen
dem oberen und dem unteren Grenzpreis liegt der monopolistische Spielraum des
Anbieters, in dem keine starken Nachfragerreaktionen erfolgen. Oberhalb und
unterhalb der Grenzpreise liegen die polypolistischen Bereiche, in denen die
Nachfrager überaus stark reagieren.
In der stilisierten Darstellung der Abb. 5.13. wurde unterstellt, dass bei Überschreiten des oberen Grenzpreises po sofort alle Nachfrager weg bleiben und bei
Unterschreiten des unteren Grenzpreises pu praktisch alle Nachfrager zuströmen.
Damit wird deutlich, dass das heterogene Polypol die Elemente des homogenen
Polypols und des Monopols in sich vereinigt. Oben und unten verläuft die individuelle Preis-Absatz-Kurve wie die Preisgerade im homogenen Polypol, in der
Mitte verläuft sie wie die Preis-Absatz-Kurve des Monopolisten.
180
5. Teil: Die Theorie des Marktgleichgewichts
Abb. 5.13.
In der stilisierten Darstellung der Abb. 5.13. soll nun auch das individuelle
Gleichgewicht des Anbieters hergeleitet werden. Dazu ist es zunächst erforderlich,
den Verlauf der Grenzerlöskurve kennen zu lernen. Hier hilft wiederum der
Rückgriff auf das homogene Polypol und auf das Monopol. In den beiden polypolistischen Bereichen sind Preis und Grenzerlös identisch, im monopolistischen
Bereich liegt der Grenzerlös unterhalb des Preises und er fällt doppelt so stark
wie der Preis. Die Grenzerlöskurve ist demgemäß die in Abb. 5.14.a. dargestellte
gestrichelte Linie mit zwei Sprungstellen. Die gewinnmaximale Menge qx1 findet
der Anbieter wiederum im Schnittpunkt von Grenzerlös und Grenzkosten, den
dazu gehörenden Preis durch Hochloten auf die Preis-Absatz-Kurve im Cournotschen Punkt.
Abb. 5.14.
Kapitel B: Marktgleichgewicht im Monopol und im Oligopol
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Wie Abb. 5.14.a. zeigt, existiert möglicherweise ein zweiter Schnittpunkt von
Grenzerlös und Grenzkosten bei der Menge qx3. Auch dieser Punkt ist im Vergleich mit den unmittelbar daneben liegenden Mengen ein Gewinnmaximum. In
der Regel dürfte er jedoch einen niedrigeren Gewinn aufweisen als das Maximum
bei qx1. Dies kann wie folgt verdeutlicht werden. Bis zur Menge qx1 liegt der
Grenzerlös über den Grenzkosten, der Gewinn steigt (vgl. Abb. 5.14.b.). Zwischen qx1 und qx2 liegt der Grenzerlös unter den Grenzkosten, der Gewinn
schrumpft. Zwischen qx2 und qx3 liegt der Grenzerlös wieder über den Grenzkosten, der Gewinn steigt wieder. Jenseits von qx3 fällt der Gewinn mit zunehmender Ausbringungsmenge. Die Gewinnschrumpfung zwischen qx1 und qx2
wird durch die schraffierte Fläche A, die Gewinnsteigerung zwischen qx2 und qx3
durch die schraffierte Fläche B abgebildet. Wenn, wie hier als Normalfall unterstellt, die Fläche A größer ist als die Fläche B, so weist das erste Gewinnmaximum einen höheren Gewinn auf als das zweite.
Die Vermutung, dass dies den Normalfall darstellt, wird durch die folgende
Überlegung gestützt. Entgegen der bisherigen stilisierten Darstellung kann davon
ausgegangen werden, dass in der Realität
– die beiden Knicke der Preis-Absatz-Kurve abgerundet sind und
– die beiden polypolistischen Bereiche der Preis-Absatz-Kurve nicht völlig horizontal verlaufen.
Die Abb. 5.15. dürfte demgemäß die reale Marktsituation eines Anbieters im heterogenen Polypol noch zutreffender wiedergeben. Auf die Erörterung weiterer
Einzelheiten und Komplikationen soll an dieser Stelle verzichtet werden.
Abb. 5.15.
III. Das Gleichgewicht im Oligopol
1. Die Oligopolsituation
Als Oligopol wird jene Marktform bezeichnet, in der wenige gleich große Anbieter auf einem vollkommenen oder unvollkommenen Markt agieren. Wie zuvor
bereits angedeutet, reicht zur Kennzeichnung des Oligopols der marktstruktu-
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