Industrie-Applikationen

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Neue immuntherapeutische
Ansätze bei Krebserkrankungen
Florian Rohrbach
Georg-Speyer-Haus, Institute for Biomedical Research, Frankfurt/Main
Patientenspezifische Immuntherapien werden derzeit als
sinnvolle Alternative zu den bereits bestehenden Therapien,
z.B. Chemotherapie und Strahlentherapie nach chirurgischem
Eingriff diskutiert. Sie könnten
vor allem bei bereits klassisch
therapierten Patienten eingesetzt werden, bei denen ein Tumorrezidiv verhindert werden
soll.
In vielen Tumorerkrankungen epithelialen Ursprungs, wie
z.B. dem Mamma- und Gebärmutterkarzinom oder Adenokarzinomen der Lunge, werden Rezeptoren aus der ErbB/epidermalen Wachstumsfaktor Rezeptor (EGFR) Familie signifikant
überexprimiert. Diese Proteinfamilie fasst strukturell eng verwandte transmembrane Signalproteine zusammen, die vor
allem in der intrazellulären
Domäne strukturelle Homologien aufweisen. Neben EGFR
(HER-1) gehören auch ErbB2
(HER-2), ErbB3 (HER-3),
ErbB4 (HER-4) in diese Gruppe. Hinsichtlich ihrer Funktion
zählen sie zu den Tyrosin Kinase Rezeptoren. Binden Wachstumsfaktoren an die extrazelluläre Domäne dieser Proteine,
werden dadurch innerhalb der
Zelle Wachstums- und Differenzierungsprozesse hervorgerufen. Da sich bei vielen Krebserkrankungen erhöhte EGFR und
ErbB2 Konzentrationen nachweisen lassen, bieten sich diese
Rezeptoren als potenzielle Targets für Anti-Krebs-Therapien
an. Werden die Signalwege, die
durch diese Rezeptoren gesteuert werden, selektiv gehemmt,
könnte dadurch die unkontrollierte Proliferation ErbB2-überexprimierender Tumorzellen
verhindert werden. Monoklonale Antikörper, die sich gegen
ErbB2 oder auch EGFR richten,
sind bereits zugelassen (Her-
ceptin) oder werden in klinischen Studien getestet. Allerdings zeigte sich bisher, dass diese Antikörper nur begrenzt als
Therapeutikum eingesetzt werden können, und daher die Suche nach alternativen Strategien
erforderlich ist.
An dem chemotherapeutischen Forschungsinstitut GeorgSpeyer-Haus werden Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschungsprojekte im Bereich der Tumorbiologie und
translatorischen
Forschung
durchgeführt. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wels, stellvertretender Direktor des Georg
Speyer Hauses, arbeitet unter
anderem an der Entwicklung
neuer Vakzinierungsstrategien
gegen Tumoren, die das ErbB2
Antigen überexprimieren.
Durch die Präsentation Tumor-assoziierter Antigene soll in
diesem Therapieansatz zunächst
im Mausmodell eine endogene
zelluläre Immunantwort gegen
die Tumorzellen stimuliert werden. Es wird versucht eine verbesserte Aufnahme und Präsentation des ErbB2 Tumorantigens
durch Antigen-präsentierende
Zellen (APCs) zu erreichen. Als
Teil eines rekombinanten Fusionsprotein-Vakzins soll die
zielgerichtete Bindung des Tumorantigens an APC-spezifische
Oberflächenmoleküle und deren
anschließende Aufnahme und
Prozessierung innerhalb von
APCs ermöglicht werden, so dass
dadurch eine verbesserte tumorspezifische zytotoxische Antwort
des Immunsystems erzielt wird.
So genannte Tumor Escape-Mechanismen können eine Aktivierung des Immunsystems und
damit eine Abstoßung des Tumorgewebes verhindern, so dass
die potenziellen Tumorantigene
vom Immunsystem unerkannt
bleiben. Kann diese Immuntoleranz jedoch überwunden wer-
den, kann dadurch das Tumorgewebe aktiv abgestoßen werden.
Kontrolle der Vakzinierung
Einen entscheidenden Hinweis
auf den Erfolg einer Tumorvakzinierung gibt die Analyse der TLymphozyten. Neben den zytotoxischen T-Zellen, lassen sich
die Helfer T-Zellen (Th) des Immunsystems in zwei Subpopulationen unterteilen, die Th1- oder
Th2-Zellen. Lassen sich hauptsächlich Th1-Zellen nach einer
Stimulation nachweisen, wurde
eine inflammatorische Antwort
mit der Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen hervorgerufen.
Werden dagegen vorrangig Th2Zellen nachgewiesen, liegt eine
humorale Antwort vor. Für eine
erfolgreiche Tumorabstoßung ist
vor allem die zelluläre Th1-Immunantwort mit den zytotoxischen T-Zellen entscheidend.
Eine Immuntherapie führt daher meist nur dann zum Erfolg,
wenn sie eine Th1-Antwort auslöst. Um den Verlauf einer gewählten Vakzinierungsstrategie
überprüfen zu können, muss daher ermittelt werden, welche TZellantwort durch eine bestimmte Impfung induziert wird.
Da sich Th1- und Th2-Zellen
durch das Muster ihrer produzierten Zytokine unterscheiden,
lässt sich durch eine Quantifizierung der sezernierten Zytokine eindeutig feststellen, welche
Immunantwort vorliegt. Da die
für die Zytokinbestimmung bislang eingesetzten Methoden
sehr zeit- und arbeitsintensiv
sind, setzte das Georg-SpeyerHaus erstmalig den neuen Cytometric Bead Array (CBA von
BD Biosciences, Heidelberg)
ein, der die parallele Detektion
und Quantifizierung mehrerer
Zytokine oder Chemokine ermöglicht. Während mit einem
ELISA in einem Durchlauf ein
Zytokin bestimmt werden kann,
lassen sich in derselben Zeit mit
dem BD CBA Mouse Kit insgesamt fünf Th1- bzw. Th2-Zytokine analysieren. Innerhalb eines Tages kann so das Th1-Th2
Gleichgewicht bestimmter Zellpopulationen reproduzierbar bestimmt werden. Da das Kit mit
nur drei Fluoreszenzen arbeitet,
kann es auch mit kleineren
FACS-Geräten gemessen werden.
In ex vivo Experimenten wurden am Georg-Speyer-Haus aus
vakzinierten Mäusen Milzzellen
entnommen und nach Kultivierung mit dem Tumorantigen restimuliert. Nach einer Inkubationsphase von 72h bestimmte
die Arbeitsgruppe das Zytokinprofil im Zellkulturüberstand
mit Hilfe des CBA Kits. Die Ergebnisse zeigten eindeutig, dass
die primäre Immunantwort nach
der Vakzinierung hauptsächlich
der erwarteten Th1-Antwort mit
der Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen entsprach. Es
konnte auf Zellkulturebene aber
auch im Mausmodell gezeigt
werden, dass diese Vakzinierungsstrategie eine antitumorale zytotoxische Immunantwort
auslösen kann und daher potentiell zur Bekämpfung von Tumorerkrankungen eingesetzt
werden kann.
Das Georg Speyer-Haus plant
in Kürze die Veröffentlichung
der wissenschaftlichen Ergebnisse.
Korrespondenzadresse:
Dr. Florian Rohrbach
Georg-Speyer-Haus
Institute for Biomedical Research
Paul-Ehrlich-Str. 42-44
D-60596 Frankfurt/Main
BIOspektrum · 2/04 · 10. Jahrgang
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