Neural Correlates of Social Cooperation and Non-Cooperation as a Function of Psychopathy Rilling et al. (2007) Referentin: Julia Bertram Seminar: Forensische Neuropsychologie Dozent: Dr. Schiffer Theoretischer Hintergrund Eingeschränktes emotionales Erleben verhindert angemessenes soziales Verhalten Psychopathen zeigen verminderte Reaktionen auf aversive soziale Stimuli (wütende oder traurige Gesichter) im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen Levenston et al. (2000) Amygdala-Dysfunktion? Blair (2003, 2005) Amygdala = wichtig bei aversiver Konditionierung 1 Theoretischer Hintergrund Weitere neuronale Befunde: Reduziertes Amygdala Volumen Verminderte A.-Aktivierung bei emotionalen Aufgaben in MRT-Studien Gordon et al. (2004) Obitofrontale Hyperaktivität Birbaumer et al. (2005) Kompensation der Verarbeitungsdefizite durch erhöhte dorsolaterale Präfrontalaktivität Gordon et al. (2004) Gemeinsamkeit der bildgebenden Studien: emotionales Stimulusmaterial wie Bilder oder Worte Ziel der Studie Essentiell ist nicht die abnorme Verarbeitung von emotionalen Stimuli, sondern das resultierende gestörte Sozialverhalten Æ neuronale Korrelate von Emotionen bei hoch und niedrig psychopathischen Probanden während einer sozialen Interaktionssituation mittels fMRT darstellen Habt ihr eine Idee?? 2 Das Gefangenendilemma Stellt eine soziale Grundsituation dar, in der die Alternative von kooperativem und unkooperativem Verhalten zur Wahl steht Spieler A (Proband) kooperieren ablehnen kooperieren $ 2 (2) $ 3 (0) ablehnen $ 0 (3) $ 1 (1) Spieler B In den Abbildungen, Abkürzungen: Kooperation „C“, Kooperation ablehnen „D“ Das Gefangenendilemma Ausgang der Situation soll unterschiedliche Emotionen auslösen Beidseitige Kooperation ÆFreundschaft, Zuwendung, Vertrauen oder Bindung Gegenseitige Ablehnung Æ Zurückweisung, Feindschaft einseitige Kooperation/Ablehnung Æ Wut, Empörung/ Angst, Schuld oder Schadenfreude 3 Das Gefangenendilemma Wiederholtes Gefangenendilemmata Æ Welche ist die optimale Strategie? es gibt keine eindeutig beste Strategie, die unabhängig ist von der Strategie der Partner Tit-for-Tat-Strategie (Prinzip der Reziprozität ) Æ Regel: im ersten Zug immer kooperativ zu wählen und in den nachfolgenden Zügen die Wahl der Partner zu imitieren Teilnehmer & Ablauf 30 Teilnehmer (15 ♀) mittleres Alter 21,2 Jahre keine diagnostizierten Psychopathen! computerisiertes Tutorium zur Erklärung des Spiels ingroup/outgroup Zugehörigkeit Æ Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt vor Betreten des Scanners wurden die zwei (fiktiven) Spielpartner vorgestellt vor jeder Spielrunde wird den Teilnehmern angezeigt, mit wem sie spielen 4 Ablauf: Spiel & fMRT Computer: „forgiving tit for tat strategy“ Æ 1. Runde: Kooperation kooperatives Verhalten wird immer erwidert unkooperatives Verhalten wird in 67% der Fälle erwidert um viele Durchgänge mit gegenseitigem unkooperativem Verhalten zu vermeiden insgesamt 20 Spielrunden Fragebögen Selbsteinschätzung der emotionalen Reaktion (für CC, CD, DC, DD) mit einer 7 stufigen Likertskala nach dem Spiel: 2 Psychopathie-Fragebögen Psychopathic Personalitiy Inventory (PPI) Short Form Levenson Primary & Secondary Psychopathy Scales 5 Hypothesen Individuen mit hohem Psychopathiewert zeigen: 1. weniger kooperatives Verhalten 2. niedrigere emotionale Reaktionen verminderte OFC-Aktivität bei Entscheidung zu kooperativem Verhalten 3. verminderte Amygdala-Aktivität nach unkooperativem Verhalten des Mitspielers (CD) 4. erhöhte Aktivität im DLPFC bei der Verarbeitung von Ergebnissen, die normalerweise emotional erregend sind 5. Ergebnisse Hypothese 1: Psychopathie-Werte & Kooperation gesamte Stichprobe: keine signifikante Korrelation zwischen Psychopathiewerten & Anzahl von kooperativen Antworten werden Männer und Frauen getrennt untersucht, ergibt sich eine signifikant negative Korrelation: Æ Männer mit höheren Psychopathiewerten kooperierten seltener 6 Ergebnisse Hypothese 2: hoher Psychopathiewert + geringere emotionale Reaktionen die erwarteten Emotionen (entsprechend der Spielergebnisse) konnten während des Spiels erzeugt werden, allerdings gab es keine signifikante Korrelation mit Psychopathiewerten Geschlechtseffekt: signifikant negative Korrelation zwischen Vetrauens-Rating für kooperatives Ergebnis und Psychopathiewerten bei Frauen (p < 0.5) Neuronale Korrelate der Entscheidungsphase signifikante Deaktivierung des rostralen ACC während der Entscheidungsphase (Kontrast Wahl C – Wahl D) bei Männern sind die Kontrastwerte signifikant mit dem Psychopathiewert korreliert 7 Neuronale Korrelate der Entscheidungsphase Hypothese 3: hoher Psychopathiewert & verminderte OFC-Aktivität Probanden mit höheren Psychopathiewerten zeigten signifikant weniger Aktivierung in BA 11 (Kontrast Wahl C – Wahl D) Neuronale Korrelate der Entscheidungsphase Hypothese 5: erhöhte Aktivität im DLPFC signifikante Aktivierung des DLPFCs bei Männern und Frauen mit höherem Psychopathie (Wahl C – Wahl D) 8 Inverse Beziehung: DLPFC & OFC Æ wenn eine kooperative Antwort gewählt wurde, zeigten Teilnehmer mit starker DLPFC-Aktivität eine verminderte Aktivierung des OFCs und umgekehrt (Wahl C – Wahl D) Neuronale Korrelate des Interaktionergebnisses Hypothese 4: verminderte Amygdala-Aktivität nach unkooperativem Verhalten des Mitspielers Teilnehmer mit höheren Psychopathie-Werten zeigten reduzierte Aktivität in der rechten Amygdala (CD-Ergebnis) 9 Zusammenfassung & Diskussion Männer mit erhöhten Psychopathie-Werten zeigten häufiger unkooperatives Verhalten Æ Versuch, auf Kosten des anderen einen höheren Gewinn zu erhalten umgekehrt erfuhren sie aufgrund der Provokationen auch mehr Ablehnung Æ Æ Æ möglicherweise empfinden hoch-psychopathische Probanden dieses Ergebnis als weniger unangenehm im Gegensatz zu niedrig-psychopathischen Probanden kein Vermeidungslernen geringere Amygdala-Aktivität (rechts) stimmt damit überein Zusammenfassung & Diskussion entschied sich ein Proband zu kooperieren waren der rostrale ACC sowie der DLPFC weniger aktiv Æ umgekehrt, kam es zu einer gesteigerten Aktivität, wenn nicht kooperiert wurde Erklärung: sozial-emotionaler Ansatz Kooperation ist die „erste“ Entscheidung, da evolutionär sinnvoller Aktivierung des ACC stellt das neuronale Korrelat des inneren Konflikts dar DLPFC ~ kognitiver Kontrollprozess 10 Zusammenfassung & Diskussion bei Probanden mit hohen Psychopathie-Werten verhielt es sich anders Æ Erklärung: kein innerer Konflikt bei Ablehnung von kooperativem Verhalten und damit geringerer Bedarf an kognitiver Kontrolle (ACC+DLPFC Aktivität) zusätzliche Unterstützung durch OFC-Befunde OFC aktiviert emotionale Zustände, die notwendig sind, um korrekte Entscheidungen zu treffen Æ nur bei Probanden mit niedrigen Psychopathie-Werten, die sich zu kooperativem Verhalten entschieden, wurde der OFC signifikant stärker aktiviert Zusammenfassung & Diskussion negative Korrelation zwischen OFC und DLPFC bei niedrig-psychopathischen Probanden: starke emotionale Tendenz zu Kooperation (OFC) soll eine unkooperative Wahl getroffen werden, wird mehr kognitive Kontrolle (DLPFC) benötigt (um sich gegen Kooperation zu entscheiden) hoch-psychopathischen Probanden: keine emotionale Tendenz zu Kooperation es wird keine kognitive Kontrolle benötigt, um sich unkooperativ zu verhalten 11 Diskussion Welches neuronale System veranlasst dann hochpsychopathische Probanden sich kooperativ zu verhalten? möglicherweise besteht eine schwache Tendenz zu unkooperativem Verhalten (OFC) bei Kooperation ist demnach der DLPFC aktiv Aber warum sollten sie überhaupt so viel Anstrengung aufbringen, um ein Verhalten zu zeigen, dass eigentlich nicht präferiert wird? Diskussion Entscheidungen können emotional oder rational (strategisch) getroffen werden rational gesehen ist Kooperation die beste Strategie vgl. Abwägung zwischen einer sofortigen oder verzögerten (größeren) Belohnung die hier „hoch-psychopathischen“ Probanden sind in der Lage, diesen Belohnungsaufschub zu wählen trifft das auch auf pathologische Psychopathen zu? 12 Literatur Rilling, J.K., Glenn, A.L., Jairam, M.R., Pagnoni, G., Goldsmith, D.R., Elfenbein, H.A. & Lilienfeld, S.O. (2007). Neural correlates of social cooperation and non-cooperation as a function of psychopathy. Biol Psychiatry. 61: 1260-1271. Bierhoff, H.W. (2006). Sozialpsychologie, Ein Lehrbuch, 6. Auflage, Kohlhammer. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und ein schönes Restwochenende! 13