4. Steuerinzidenz • • • • • • • • Wer trägt die Last einer Steuer? Steuerzahler: derjenige, der Steuer abführt. Steuerträger: derjenige, der die Last trägt. Dies sind nicht notwendigerweise dieselben Personen. Lastverteilung bzw. Inzidenz hängt nur von den Marktverhältnissen ab. Was passiert mit den Steuereinnahmen? Budgetinzidenz: Betrachtet auch die Verwendung der Ausgaben. Differentielle Inzidenz: Betrachtet verschiedene Steuern mit identischem Aufkommen. Hier zunächst: absolute Inzidenz, d.h. es werden weder Ausgaben berücksichtigt noch die Senkung anderer Steuern. 4.1. Partielles Gleichgewicht 4.1.1. Vollständiger Wettbewerb • Betrachte einen Markt für ein Gut x, z.B. Kaffee. Sei D (q ) die Nachfrage als Funktion vom Verbraucherpreis q, S ( p ) das Angebot als Funktion vom Produzentenpreis p. • Im Marktgleichgewicht ist Angebot gleich Nachfrage, D (q ) = S ( p ) . • Erhebung einer Mengensteuer mit Satz t. • Konsumenten führen die Steuer ab: Nettopreis p; aus Sicht der Nachfrager steigt der Bruttopreis auf q = p + t . • Anbieter führen die Steuer ab: Bruttopreis q; aus Sicht der Anbieter sinkt der Nettopreis auf p = q − t • Im Endergebnis ist Inzidenz unabhängig davon, welche Marktseite die Steuer abführt. Im Gleichgewicht gilt D q = S p also oder D( p + t ) = S ( p ) D(q ) = S (q − t ) ( ) ( ) Ohne Steuer: q= p p S ( p) p1 D( p ) x x1 1.Fall: Konsumenten führen die Steuer ab: q = p+t • Für Produzenten ist Nettopreis und die davon abhängige Angebotskurve entscheidend: S p • Nachfrage orientiert sich an Bruttopreisen ( ) p D (q ) = D ( p + t ) S ( p) p2 + t p1 p2 D( p ) D( p + t ) x2 x1 x p = q −t 2.Fall: Produzenten führen die Steuer ab: • Für die Nachfrager ist der Bruttopreis und die davon abhängige Nachfragekurve entscheidend: D q • Produzenten orientieren sich an Nettopreisen ( ) S (q − t ) q S ( p ) = S (q − t ) S (q ) q2 q1 q2 − t D(q ) D( p + t ) x2 x1 x Ergebnis: • Die umgesetzte Menge des besteuerten Gutes sinkt von x1 auf x2 . • Im Gleichgewicht steigt der Bruttopreis und der Nettopreis sinkt: - Die Nachfrager zahlen einen um q2 − q1 - Die Anbieter erhalten einen um p1 − p2 höheren Bruttopreis. geringeren Nettopreis. • Beide Marktseiten tragen somit einen Teil der Steuer. • Die Summe der absoluten Preisänderungen entspricht dem Steuerbetrag. • Diese Resultate gelten unabhängig davon, welche der Parteien formal zur Steuerzahlung verpflichtet ist. Sind die Konsumenten zahlungspflichtig, dann werden sie einen Teil der Steuer durch Verringerung der Nettopreise auf die Anbieter rückwälzen. Sind die Produzenten steuerpflichtig, werden sie einen Teil der Steuer durch Erhöhung der Bruttopreise auf die Nachfrager vorwälzen. Wovon hängt die jeweilige Steuerbelastung der beiden Marktparteien ab? • Frage nach der Verteilung der reinen Zahllast , nicht der steuerlichen Verzerrungen (Zusatzlast). • Maß der Lastenverteilung: Wie ändert sich der Bruttopreis q wenn sich der Steuersatz t ändert? ⎧1 dq ⎛ ∆q ⎞ ⎪ ⎜= ⎟ = ⎨1 2 dt ⎝ ∆t ⎠ ⎪ ⎩0 • alleinige Belastung der Nachfrager hälftige Lastteilung alleinige Belastung der Anbieter Definiere Preiselastizitäten ∂S ( p ) p Angebotselastizität : ε = ⋅ ∈ [0, ∞ ] ∂p S ( p ) S Nachfrageelastizität : ε D ∂D( p ) p = ⋅ ∈ [− ∞,0] ∂p D( p ) => normale Angebots- und Nachfragereaktionen • Marktgleichgewicht: D ( p (t ) + t ) = S ( p (t )) • Differenzieren: ⎛ dp ⎞ ' dp D ⋅ ⎜ + 1⎟ = S ⋅ dt ⎠ ⎝ dt ' • Umstellen: dp D' = ' dt S − D ' • Aus q (t ) = p (t ) + t folgt: dq dp S' = +1 = ' dt dt S − D' • Ausgehend vom Wert t = 0 ergibt sich unter Verwendung von D und p = q folgende Lastverteilung, ausgedrückt in Elastizitäten: dp D' ⋅ p D = ' dt S ⋅ p D − D ' ⋅ p D D' ⋅ p D εD = ' = S ' S ⋅q S − D ⋅ p D ε −ε D • Die Veränderung der Bruttopreise bei marginaler Einführung des Steuersatzes t ist dann εD dq dp = +1 = S +1 D dt dt ε −ε oder dq εS = S dt ε − ε D ∈ [0,1] =S 1.Fall: εD =0 D (q ) q oder εS =∞ dq dp = 1, =0 dt dt : q S (q − t ) D (q ) S (q − t ) S (q ) t t S (q ) x Nachfrage vollkommen unelastisch oder x Angebot vollkommen elastisch Intuition: Nachfrage können Gut nicht substituieren oder Anbieter können perfekt ausweichen und ihr Produkt auf anderen Märkten anbieten. => Alleinige Belastung der Nachfrager durch die Steuer 2.Fall: p εS =0 oder εD =∞: S ( p) t dq dp = 0, =1 dt dt S(p) p D(p) t D( p + t ) D( p + t ) x Angebot vollkommen unelastisch oder D( p ) x Nachfrage vollkommen elastisch Intuition: Das Angebot ist gegeben und auf andere Märkte kann nicht ausgewichen werden oder Nachfrager können perfekt das Gut substituieren. => Alleinige Belastung der Anbieter durch die Steuer 3.Fall: ε = −ε S D : dq 1 dp 1 = , = dt 2 dt 2 S (q − t ) p, q S (q ) q2 = p2 + t p1 = q1 p2 = q2 − t D(p) D( p + t ) x2 x1 => Hälftige Lastteilung zwischen Anbietern und Nachfragern x Hauptergebnisse: • Der von einer Marktseite zu tragende Steueranteil ist umso größer, je unelastischer diese Marktseite reagiert und je elastischer die andere Marktseite reagiert. • Weil die Lastverteilung nur von den Elastizitäten des Angebots und der Nachfrage abhängt, ist sie unabhängig von der formalen (rechtlichen) Zahlungsverpflichtung. Anmerkung: Die Lastverteilung bei einer Wertsteuer q = p (1 + t ) unterscheidet sich nicht von der Lastverteilung einer Mengensteuer. Sie wird in gleicher Weise durch die Elastizitäten des Angebots und der Nachfrage bestimmt. Anwendungen Kaffeesteuer • Was passiert, wenn Deutschland (alleine) eine Kaffeesteuer einführt? Wirkt wie ein Zoll auf Kaffeeimporte. • Ann.: Deutsche Kaffeenachfrage hat keinen Effekt auf WeltmarktNachfrage. • Angebot ist vollkommen elastisch: Anbieter müssen in Deutschland denselben Nettopreis erhalten wie anderswo, um hier zu verkaufen. • Folge: Wenn Nachfrageelastizität endlich ist, tragen Nachfrager die gesamte Steuerlast. => Gilt allgemein für homogene Güter, die auf wettbewerblichen Weltmärkten gehandelt werden und bei denen der Marktanteil des betrachteten Landes vernachlässigbar ist. • Wenn alle Nachfragerländer gemeinsam die Kaffeesteuer erhöhen, können Produzenten nicht ausweichen: Wenn Produktion kurzfristig vollkommen unelastisch ist, die Nachfrage aber begrenzt elastisch, tragen Anbieter die gesamte Steuerlast! Anwendungen Bodensteuer • Angebot an Boden ist vollkommen unelastisch: Grundbesitzer tragen gesamte Last einer Bodensteuer. • Seien die Erträge des Bodens aus Miete oder Pacht in der Zukunft y1 , y2 ,... . Erträge zukünftiger Jahre werden mit Zinsfaktor 1 + r abgezinst. Bodenwert entspricht dann dem Barwert der Erträge: ∞ Bodenwert vor Steuern = ∑ ys s ( ) 1 + r s =0 • Mit einer Steuer mit Satz t, die der Eigentümer zahlt, sinkt der Barwert ∞ auf ys − t Bodenwert nach Steuern = ∑ s ( ) 1 + r s =0 • Steuer wird im Bodenwert kapitalisiert. Nachfrager vermindern Gebote um den Barwert der Steuern und der Eigentümer trägt die volle Last. • Allerdings werden nicht antizipierte Bodensteuern vom Käufer getragen. Anwendungen Gebäudesteuer • Grundsteuer (Deutschland): Kombinierte Steuer auf Boden- und Gebäudewert. • Ann.: Bauherren verlangen eine Mindestverzinsung (Kapitalmarktzins + Risikoprämie) für Neubauprojekte! Ansonsten wählen Kapitaleigentümer andere Anlageformen: Angebot von Neubauten ist vollkommen elastisch. • Steuer wird von Nachfragern getragen. • Aber: unerwartete Gebäudesteuer wird von den Anbietern getragen (solange Nachfrage elastisch ist), weil sie den Gebäudebestand kurzfristig nicht anpassen können! Inzidenz hängt vom betrachteten Zeithorizont ab. Anwendungen Lohnsteuer • Unternehmen: Arbeitsnachfrage als Funktion des Brutto-Reallohns, LD (w p ) • Haushalte: Arbeitsangebot als Funktion des Netto-Reallohns • Ergebnis: Der Nettolohn sinkt umso mehr, je elastischer die Arbeitsnachfrage und je unelastischer das Arbeitsangebot. • Empirisch ist die Arbeitsangebotselastizität gering (zumindest für Männer); Arbeitsnachfrage elastisch (Substitution durch Kapital, Abwanderung ins Ausland...). • Fazit: Arbeitnehmer tragen den Großteil der Last. LS ((1 − t )w p ) Anwendungen Lohnsteuer • Ausnahme: Profifußballer, die kostenlos ins Ausland wechseln können, wenn Nettolöhne dort höher sind (idealisierende Annahme)! Angebot vollkommen elastisch. • Da Verein nicht ins Ausland wechseln kann, ist Nachfrage eher unelastisch: Verein trägt die gesamte Steuerlast. • Ähnlich: Spitzen-Manager, Künstler, Wissenschaftler... • Aber: Je immobiler die Arbeitnehmer, desto größer ihr Anteil an der Steuerlast. Anwendungen Kapitaleinkommensteuer Geschlossene Volkswirtschaft: • Kurzfristig wird die Steuer allein von den Kapitaleigentümern getragen, da sie ihre Investitionen in der Vergangenheit vorgenommen haben. • Langfristig kann Kapitalangebot durch verringerte Ersparnis gesenkt werden. De Lastverteilung hängt dann davon ab, wie elastisch die Kapitalnachfrage ist. Empirisch: Kapitalnachfrage elastisch, Kapitalangebot unelastisch => Kapitalanbieter tragen Steuer auch langfristig. Anwendungen Kapitaleinkommensteuer Offene Volkswirtschaft: r* • Internationaler Kapitalmarkt mit gegebenem Weltmarktzins • Der inländische Nettozins r − t muss dem Weltmarktzins entsprechen, wenn Investitionen im Inland interessant sein sollen: Kapitalmarktgleichgewicht : r = r * + t • Eine Steuer auf Kapitaleinkommen wird dann durch Zunahme des Bruttozinses in Höhe der Steuer ausgeglichen: Kapitaleigentümer können der Steuer vollständig ausweichen! • Gesamtwirtschaftliches Modell: Unternehmen produzieren mit Arbeit N und Kapital K. Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen: Gewinn: π = F (N , K ) − w ⋅ N − r ⋅ K F (N , K ) Kapitaleinkommensteuer Offene Volkswirtschaft: • Im Wettbewerbsgleichgewicht konkurrieren die Unternehmen sich herunter auf einen Gewinn von Null: π = 0 ⇔ F (N , K ) = w ⋅ N + r ⋅ K • Das gesamte Inlandsprodukt wird durch das Arbeits- und das Zinseinkommen ausgeschöpft (Ausschöpfungstheorem). • Weil die Kapitaleinkommensteuer nicht von den Kapitaleigentümern getragen wird, liegt die Inzidenz allein bei den Arbeitnehmern. w ⋅ N = F (N , K ) − r ⋅ K Beweis: w ⋅ N = F (N , K ) − r * ⋅ K − t ⋅ K Ableiten nach Steuerbetrag: ∂ (w ⋅ N ) ⎛ ∂F ∂K *⎞ =⎜ − r ⎟⋅ −1 ∂ (t ⋅ K ) ⎝ ∂K ⎠ ∂ (t ⋅ K ) * Bei t = 0 gilt im Gewinnmaximum ∂F ∂K = r so dass ∂ (w ⋅ N ) = −1 ∂ (t ⋅ K ) Einsetzen von r = r + t * ergibt: Anwendungen Kapitaleinkommensteuer Offene Volkswirtschaft: Ergebnis: Auf Wettbewerbsmärkten mit konstantem Arbeitsangebot und konstanten Skalenerträgen liegt die Steuerlast einer Kapitaleinkommensteuer, die ausgehend vom Wert t = 0 marginal erhöht wird, vollständig bei den Arbeitnehmern. • Obwohl die Arbeitnehmer nichts mit der Steuerzahlung zu tun haben, wird die Steuer über eine Lohnsenkung auf sie quergewälzt. • Sind die Löhne auf dem Arbeitsmarkt nicht flexibel, dann erfolgt die Überwälzung der Steuer nicht durch Lohnreduktion sondern durch eine Verminderung der Beschäftigung: erhöhte Arbeitslosigkeit. • Allgemein: Reagiert von zwei Produktionsfaktoren einer elastisch und der andere unelastisch, dann trägt der letztere Faktor jede Steuer. Der formale Ansatzpunkt der Steuer ist dabei unerheblich. Anwendungen Mehrwertsteuer • Unternehmen führen Mehrwertsteuer auf ihre Produkte ab. • Entweder erhöhen sich bei gegebenen Nettopreisen dadurch die Bruttopreise. Die Konsumenten können bei gegebenem Einkommen weniger konsumieren => Vorwälzung der Steuer auf Verbraucher. Vorwälzung : (1 + t ) pc = w • Oder bei gegebenen Bruttopreisen sinken die Nettopreise. Wenn die Unternehmen profitabel bleiben wollen, werden sie die gezahlten Einkommen für ihre Produktionsfaktoren reduzieren => Rückwälzung der Steuer auf die Einkommensbezieher. Rückwälzung : pc = w (1 + t ) ≡ (1 − τ ) w falls τ = t 1 + t • Belastung derselben Personen als Verbraucher/ Einkommensbezieher. • Mehrwertsteuer hat vergleichbare Inzidenzwirkungen wie Steuer auf Arbeitseinkommen, Bodeneinkommen etc., während Kapitaleinkommen durch sie nicht belastet werden. 4.1.2. Monopol • Was bedeutet Marktmacht für Inzidenz? Kann Monopolist Steuern vollkommen überwälzen? • Bsp. Lineare Nachfrage: • Monopolist maximiert Gewinn: D(q ) = a − q c , konstante Grenzkosten Max π M = (q − t )(a − q ) − c ⋅ (a − q ) (1) q • Bedingung erster Ordnung: a−q−q+t +c = 0 a+t +c M ⇔q = 2 • Aus (1) folgt mit dem Envelopetheorem und (2) an der Stelle dπ M dt ( = − a−q t =0 M ) (2) t=0 a −c−t a−c =− =− <0 2 2 Inzidenz beim Monopol q A B q1 D q0 c+t E c F GE x1 x0 D(q ) x Ergebnis: • • • Monopolist trägt einen Teil der Steuerlast. Monopolist setzt GE = c + t ; vor Steuern ist optimale Produktionsmenge x0 , nach Steuern x1 Gewinn sinkt von q0 DFc auf q1 BE (c + t ); Konsumentenrente sinkt von ADq0 auf ABq1 . 4.2. Allgemeines Gleichgewicht • Partielles Gleichgewicht untersucht Anbieter- und Nachfragerverhalten auf einem Markt • Steuer auf einem Markt hat aber auch Wirkungen auf Verhalten in anderen Märkten. • Bsp: Steuer auf Kaffee. Konsumenten fragen weniger Kaffee und mehr Tee nach. • Dadurch werden die relativen Preise verändert, die Produktion und die Faktoreinkommen in beiden Märkten. • Im Allg. ist die Inzidenz von Steuern über die Märkte hinweg kompliziert, muss aber für die wesentlichen Märkte erfasst werden, da eine Vernachlässigung zu gravierenden Effekten und einer falschen Bewertung von Steuermaßnahmen führen kann. • Grund: Steuern in einem Sektor können auf andere Sektoren weitergewälzt werden. 4.2.1 Ein-Sektor-Modell • Betrachte eine Ökonomie mit nur einem Gut X und zwei Produktionsfaktoren K und L. • Produktionsfunktion X = F (K , L ) mit konstanten Skalenerträgen: λX = F (λK , λL ) Mit λ = 1 L : X = F (K , L ) = L ⋅ F (K L ,1) = Lf (K L ) Differenzieren nach K und L ergibt ∂F ∂K = f ' (K L ) ∂F ∂L = f (K L ) − (K L ) ⋅ f ' (K L ) Daraus folgt Ausschöpfungstheorem (Euler-Theorem): • X = F (K , L ) = Lf (K L ) = L ⋅ ∂F ∂L + K ⋅ ∂F ∂K (1) Firmen maximieren Gewinn π = F (K , L ) − wL − rK (Outputpreis =1) • Optimale Faktornachfrage ohne Steuern ∂ F ∂ L = FL ( K , L ) = w ∂ F ∂ K = FK ( K , L ) = r • Bei konstanten Skalenerträgen sind maximale Gewinne = Nullgewinne: Aus (1) folgt: F (K , L ) − wL − rK = 0 1. Betrachte Steuer auf Kapital. Annahme: Kapitalangebot (Kapitalstock) ist fix. Kapitalmarktgleichgewicht: K N = K Da Kapitalangebot unelastisch ist, fällt Kapitalverzinsung r in Höhe der Steuer, so dass die Kapitalanbieter die gesamte Steuerlast tragen. 2. Betrachte Mengensteuer auf Arbeit. Inzidenz hängt nun von Arbeitsangebots- und Arbeitsnachfrageelastizität ab. t L sind die Gewinnmaximierungsbedingungen: (3) FK (K , L ) − r = 0 FL ( K , L ) = w + t L ≡ ω Beim Steuersatz (2) • Änderung der Nachfrage nach Arbeit bei steigender Steuer Differenziere (2): N dL 1 = < 0 da FLL (K , L ) < 0 dω FLL (K , L ) • Arbeitsangebot ist eine Funktion des Lohnes: • Gleichgewicht auf Arbeitsmarkt: LA (w) mit ∂LA ∂w > 0 LN (w + t L ) = LA (w) • Lohn und Kapitalrendite im Gleichgewicht werden durch folgendes Gleichungssystem bestimmt: ( 2 ) FL ( K , L ) = w + t L = ω ( 3 ) FK ( K , L ) = r (5) LN (w + t L ) = LA (w) ( 4) K N = K • Im Gleichgewicht hängen Lohn und Kapitalzins vom Steuersatz • Einsetzen in (2): w = w(t L ); r = r (t L ) ( Differenzieren nach t: Multiplizieren mit ) FL K , LA (w(t )) = w(t ) + t ∂LA dw dw (6) FLL ⋅ = +1 ∂w dt dt dLN dω = 1 FLL und umstellen ergibt: dw ⎛ ∂LA ∂LN ⎜⎜ − dt ⎝ ∂w ∂ω ⎞ ∂LN ⎟⎟ = ⎠ ∂ω w ⋅ L tL ab: • Verwendung der Lohnelastizität von Arbeitsnachfrage und –angebot: ergibt • A N ∂ ∂ ω L w L A N η = >0 η = <0 A N ∂w L ∂ω L dw ηN = A <0 N dt η − η Einsetzen von (3) in (1) ergibt unter Verwendung von (4) und (5): ( ) ( ) F K , LA (w(t )) − LA (w(t )) ⋅ FL K , LA (w(t )) = r (t ) ⋅ K • Differenzieren A dr ∂LA dw ∂LA dw ∂ L dw A K = FL ⋅ − FL − L FLL ⋅ dt ∂w dt ∂w dt ∂w43 dt 142 • Verwenden der Elastizitäten: dw +1 dt dr L ⎛ dw ⎞ L ηA =− ⎜ + 1⎟ = − <0 A N dt K ⎝ dt K η −η ⎠ Ergebnis: 1. Wer trägt die Last einer Steuer auf den Faktor Arbeit? Im Allg. trägt Kapital einen Teil der Steuer, und zwar umso mehr, je elastischer das Arbeitsangebot η A groß und je unelastischer die Arbeitsnachfrage η N klein . ( ( ) ) 2. Intuition: Je größer die Angebotselastizität, desto weniger kann der Nettolohn sinken. Je unelastischer die Arbeitsnachfrage, desto weniger können Firmen K und L substituieren und Steuer auf Arbeit wirkt wie eine Steuer auf Kapital. 3. Die Inzidenz abhängig von - Nachfragereaktion im besteuerten Sektor - Substitution zwischen den Faktoren - Elastizität des Angebots der Faktoren Ergebnis: 4. Ausnahmen: a. Arbeitsangebot vollkommen unelastisch dr dw ⎛ A ⎞ → 0 ⇒ → 0 ; → − 1 η ⎜ ⎟ ⎝ dt dt ⎠ Arbeitnehmer können der Steuer nicht ausweichen. b. Arbeitsnachfrage vollkommen elastisch dr dw ⎛ N ⎞ → −∞ ⇒ → 0 ; → − 1 η ⎜ ⎟ dt dt ⎝ ⎠ Kapital und Arbeit perfekte Substitute. Wenn Bruttolohn > Kapitalzins, fragen Firmen nur noch Kapital nach => Nettolohn muss um den vollen Steuerbetrag fallen. c. Umgekehrt trägt die Last lediglich der Kapitaleigner, wenn das Arbeitsangebot vollkommen elastisch oder die Arbeitsnachfrage vollkommen unelastisch ist. 4.2.2 Zwei-Sektoren-Modell (Modell von Harberger (1962)) • Betrachte eine Ökonomie mit zwei Gütern X und Y und zwei Produktionsfaktoren K und L. ( ) • Produktionsfunktion X = F K X , LX und Y konstanten Skalenerträgen => keine Gewinne. = G (KY , LY ) mit • Kapital und Arbeit können in beiden Sektoren eingesetzt werden: K = K X + K Y ; L = LX + LY • Steuern: Allg. Konsumsteuer (mit Satz t ), selektive Gütersteuer auf X (mit Satz t X ) , Faktorsteuern auf Arbeit und Kapital (mit Sätzen t K , t L ) • Betrachte Verbrauchsteuer (ad valorem) auf Gut X. • Annahme: Produktion von X ist relativ kapitalintensiv. Inzidenz einer speziellen Verbrauchsteuer in der EdgeworthBox KY 0 y L LY A α K X KY > LX LY LX B F Lx F Ly = x y F F K K { { GRtS X LK β 0x KX K GRtS Y LK • Produktionsfaktoren L und K werden effizient eingesetzt, da ihre relativen Preise durch die Steuer nicht verzerrt werden: Entlang der Kurve O X BAO Y (wie in den Punkten A und B) stimmen die technischen Grenzraten der Substitution zwischen L und K für X Y beide Sektoren überein GRtS LK (Produktionseffizienz) = GRtS LK • Da die Kurve unterhalb der der Diagonalen OX OY verläuft, ist die Produktion von X kapitalintensiver als die von Y: K X L X > K Y LY • Jeder Punkt auf der Kurve O X BAO Y bestimmt eine Produktionskombination von (X,Y), die effizient produziert wird. Alle effizienten Produktionskombinationen lassen sich auf einer Transformationskurve im Güterraum X-Y darstellen. • Hinzufügung der Indifferenzkurven des repräsentativen Konsumenten: Bei unverzerrender Besteuerung (Pauschalsteuer) befindet sich die Gleichgewichtsallokation z.B. im Punkt A. Produktionsmöglichkeitenkurve Y P Steigung: pX pY A GRSXY = GRTXY O γ P X • Da durch die Pauschalsteuer die relativen Preise der Güter nicht verzerrt werden, passen sich Produzenten und Konsumenten diesem unverzerrten Preisverhältnis an, so dass gilt: GRS XY = p X pY = GRTXY • Wird nun eine aufkommensgleiche Verbrauchsteuer auf das Gut X erhoben, so wird der relative Güterpreis verzerrt. Dadurch wird ein Keil zwischen die Grenzrate der Substitution und die Grenzrate der Transformation getrieben: GRS XY p X (1 + t X ) p X = > = GRTXY pY pY Der Preis für das Gut X erhöht sich für die Konsumenten, weshalb sie sich an dem Nach-Steuer-Preisverhältnis orientieren. Für die Produzenten ist hingegen weiterhin das Vor-Steuer-Preisverhältnis relevant. • Punkt B befindet sich aber auf der Transformationskurve PP, da weiterhin mit der effizienten Faktorkombination produziert wird. Steigung: pX pY in B Y Steigung: pX pY in A B GRSXY > GRTXY A pX (1+ t X ) Steigung: pY O X • Die Konsumentenentscheidung wird aufgrund des höheren Konsumentenpreises für X verzerrt, indem eine geringere Nachfrage nach X und eine höhere Nachfrage nach Y entsteht. • Dadurch sinkt der Preis für das Gut X und steigt der Preis für Gut Y. Deshalb ist die Steigung der Gerade für den relativen Preis in Punkt B niedriger als in A: p X pY ↓ • Die Unternehmen passen sich mit einer weiterhin effizienten Produktionsweise an die veränderten Konsumentscheidungen an und erhöhen die Produktion von Y auf Kosten der Produktion von X. • Dadurch erhöht sich die Kapitalintensität in beiden Sektoren: Eine effizient produzierte Güterkombination XY, bei der weniger von X und mehr von Y produziert wird, muss auf der Kurve O X BAO Y links unterhalb von Punkt A liegen. Die Sekanten von der Ursprüngen zu den Punkten A und B verlaufen nach B flacher als nach A. Die Steigungen der Sekanten geben vom jeweiligen Ursprung aus gesehen die Arbeitsintensivitäten an. Da diese Steigungen beim Übergang von A nach B sinken, muss die Arbeitsintensivität in beiden Sektoren sinken und folglich die Kapitalintensität steigen. Verbrauchsteuer auf X erhöht Kapitalintensität in beiden Sektoren (von Punkt A zu Punkt B) KY 0 y L LY KY LX B LY < KY A A B LX KX 0x LY KX B LX < KX A K • Anstieg der Kapitalintensitäten in beiden Sektoren ist bei gleichzeitiger Vollbeschäftigung der Faktoren nur möglich, wenn der relative Preis für Kapital sinkt: r r wB • < wA Grund: Unternehmen produzieren mehr Y. Da X kapitalintensiv ist, wird relativ viel Kapital freigesetzt: Verhältnis Kapitalrendite/ Lohn (r/w) sinkt, damit Kapital weiterhin vollständig eingesetzt wird. Ergebnis: Verbrauchsteuer auf X verringert das Faktorpreisverhältnis r/w, wenn X relativ kapitalintensiv produziert wird. Somit ändert sich das Verhältnis von Lohn- zu Kapitaleinkommen zu Lasten des Kapitaleinkommens. Würde X arbeitsintensiv produziert, so würde der relative Preis für Kapital r/w steigen. Relativer Preis der Faktoren r/w sinkt aufgrund der Verbrauchsteuer auf kapitalintensiv produziertes Gut X KY 0 y L r r = tan α > = tan β wA wB LY A α LX B β 0x KX K Allgemeines Resultat: Eine spezielle Verbrauchsteuer auf ein Gut senkt den relativen Preis des Produktionsfaktors, der relativ intensiv in der Produktion des besteuerten Gutes verwendet wird. Folgende Faktoren haben Einfluss: • Faktorintensitäten: Je verschiedener die Faktorintensitäten der beiden Sektoren sind, desto stärker müssen sie sich beim Übergang von A nach B ändern und umso größer ist die Veränderung von r/w. • Preiselastizität der Nachfrage nach X: Je größer die Elastizität der Nachfrage nach X im Verhältnis zu Y ist, desto größer ist der steuerlich bedingte Nachfragerückgang nach X und somit die Veränderung des relativen Kapitalpreises r/w. (unelast.Nachfrage => keine Änderung r/w) • Substitutionselastizität von K und L: Je geringer die Substitutionselastizität in der Produktion von X und Y ist, umso stärker sind die Isoquanten gekrümmt und umso größer ist die Änderung von r/w. Anwendung: Wie wirkt sich eine Verringerung des Mehrwertsteuersatzes im Hotelund Gaststättengewerbe aus? Ann: Vollbeschäftigung; Hotelgewerbe relativ arbeitsintensiv • Nachfrage in diesem Sektor steigt relativ zu anderen Sektoren. • Verstärktes Dienstleistungsangebot in diesem Sektor. • Arbeitsintensität sinkt tendentiell in den Sektoren; Kapitalintensität steigt. • r/w sinkt, d.h. der relative Preis für Arbeit (Lohn/Kapitalrendite) steigt. • Ist das Arbeitsangebot fix, reagiert also nicht mit einer Zunahme bei steigendem relativen Preis, dann steigt der relative Preis für Arbeit besonders stark. Ergebnis: Eine verringerte Mehrwertsteuer in einem arbeitsintensiven Sektor erhöht das Lohneinkommen relativ zum Kapitaleinkommen, wenn Vollbeschäftigung in geschlossener Ökonomie herrscht. Anwendung: Verringerte Mehrwertsteuer in arbeitsintensivem Sektor KY 0 y L LY B A L K LX 0x KX B L < K A K