5. Internationale Kongress "Sepsis und

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Zusammenfassung
5. Internationaler Kongress
"Sepsis und Multiorgandysfunktion"
der Deutschen Sepsis-Gesellschaft e.V
Weimar, 7.-10. Oktober 2011
von Christine Gutmann, St. Gallen
Disclaimer
Die hier wiedergegebene Zusammenfassung ist eine persönliche Notiz. Als solche hat sie weder den Anspruch auf Korrektheit, Vollständigkeit oder gar einer Behandlungsempfehlung. Vor dem Verschreiben der
erwähnten Medikamente bitte konsultieren Sie die vollständige Fachinformation.
Wir freuen uns über Ihre Korrekturvorschläge an [email protected]
© www.infekt.ch, 2008. Kopien unter Quellenangabe (www.infekt.ch) selbstverständlich erwünscht.
5. Internationale Kongress "Sepsis und Multiorgandysfunktion" der
Deutschen Sepsis-Gesellschaft e.V
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................................................. 3 Sepsis in der Notaufnahme ..................................................................................................................... 3 Definition .............................................................................................................................................. 3 Erkennen ............................................................................................................................................. 3 Zeitfaktor .............................................................................................................................................. 3 Diagnostik ............................................................................................................................................ 4 Therapie : Hit early and hit hard .......................................................................................................... 4 Diagnostische Marker / Diagnostik .......................................................................................................... 5 "Neue“ diagnostische Marker .............................................................................................................. 5 Diagnostik:Blutkulturen sind immer noch der Goldstandard der mikrobiologischen Diagostik ! ......... 6 PCR Methoden .................................................................................................................................... 6 Therapie (Antibiotika) .............................................................................................................................. 7 Therapie (antiinfektiös) ........................................................................................................................ 7 Intensivmed. Management (Hämodynamik) / Vermeidung nosokomialer Infektion / selektive orale
Dekontamination, selektive Darmdekontamination ................................................................................. 8 Intensivmedizinisches Management ................................................................................................... 8 Vermeidung nosokomialer Infektion .................................................................................................... 8 Selektive orale Dekontamination, selektive Darmkontamination ........................................................ 8 5. Internationale Kongress "Sepsis und Multiorgandysfunktion" der
Deutschen Sepsis-Gesellschaft e.V
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Einleitung
Der 5. Internationale Kongress der Deutschen Sepsis-Gesellschaft e.V. "Sepsis and multiorgan dysfunction" in Weimar stand unter dem Motto: Bridging the Gap. Die Veranstaltung war gut strukturiert
und fand in äusserst geschichtsträchtiger und sowohl kulturell wie auch bauhistorisch sehr reizvoller
Umgebung statt.
Wir haben fünf Schwerpunktthemen für Sie herausgegriffen und in den Unterkapiteln kurz behandelt.
Sepsis in der Notaufnahme
Das Thema Sepsis in der Notaufnahme haben wir in 5 Unterthemen eingeteilt:
Definition
- SIRS: Fieber > 38ºC oder Hypothermie (< 36ºC), HF > 90/min., Tachypnoe > 20/min, Lc
>12G/L (< 4G/L)
- Sepsis: SIRS und Nachweis einer Infektion
- Schwere Sepsis: SIRS plus Nachweis einer Infektion plus akute Organdysfunktion
- Septischer Schock: Schwere Sepsis plus Hytotonie (trotz Volumen), Vasopressorenbedarf
Erkennen
Das Erkennen der Sepsis ist der Anfang für eine rasche, korrekte, aggressive Behandlung. Was auf
dem Papier einfach und logisch klingt, ist in der Praxis oftmals schwierig umzusetzen. Ein Patient mit
einer Sepsis kann sich auf verschiedenste Arten klinisch und laborchemisch präsentieren:
-
Organdysfunktionen → akute Enzephalopathie: eingeschränkte Vigilanz, Unruhe, Delirium,
Desorientiertheit
Thrombozytopenie
Hypoxämie
renale Dysfunktion
metabolische Azidose
Verschiedene Krankheitsbilder können in ihrer klinischen Präsentation ähnlich erscheinenz.B Lungenembolie, Aortendissektion, cerebrale Ischämie, Blutung, etc. um nur einige wenige zu nennen. Ein
Kliniker der Notaufnahme des Krankenhauses in Jena präsentierte auf eindrückliche Art 5 verschiedene klinische Fälle, bei denen das Stellen der richtigen Diagnose doch nicht gar so einfach waren.
Was der Konsens der Diskussion schliesslich war, ist dass vorallem auf der Notaufnahme die klinische Erfahrung eines Arztes sehr wichtig ist, um überflüssige Diagnostik, Zeitverzögerung und damit
die Einleitung der nötigen Therapie möglichst zu vermeiden. In Deutschland werden früh sehr junge Ärzte auf dem Notfall eingesetzt, um sie "Diensttauglich" zu machen, wichtig ist dann einen erfahrenen Oberarzt zur Seite zu stellen.
Fazit: ► Klinische Erfahrung ist essentiell
Zeitfaktor
Die ganzen Diskussionen über dieses Thema basieren auf der Arbeit von A. Kumar, der den Zusammenhang zwischen Zeitpunkt des Beginns der antibiotischen Behandlung bei septischem Schock und
Mortalität darstellte (Kumar, A, Critical Care Medicine, 2006).
Der Tenor ist: Lernen von den Kardiologen (ACS) oder Neurologen (Stroke), dass die Zeit einen Einfluss auf die Mortalität hat "Time is muscle, Time is brain, Time is life".
Das Thema Zeitfaktor ist unweigerlich verlinkt mit dem richtigen Erkennen und Reagieren, deshalb
versucht man Algorithmen aufzustellen, die ebendies erleichtern sollen. Als ein Beispiel wurde ein
Triagemodell aus Portugal vorgestellt.
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Hier aus Portugal ein Vorschlag, wie ein Algorithmus
aussehen könnte:
Diagnostik
Da das klinische Bild der Sepsis, insbesondere der
schweren Sepsis und des septischen Schocks, eine
Dynamik mit rascher Tendenz zur Verschlechterung
des Gesamtzustandes aufweisen, muss die Diagnostik rasch durchgeführt werden.
Das Bestimmen von Biomarkern darf nicht zu einer
Verzögerung der Therapie führen, an sie werden deshalb hohe Anforderungen gestellt. Biomarker müssen
sensitiv, spezifisch, und rasch erhältlich sein. Sie
müssen früh im Krankheitsverlauf nachweisbar sein
und mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren.
Dass Biomarker aber nicht isoliert interpretiert werden
dürfen ist selbstredend.
►Sepsis bleibt eine klinische Diagnose
Nebst dem bereits bekannten CRP mit all seinen Vor und Nachteilen (kostengünstig, aber geringe Spezifität, langsame Induktion (Peak > 48h), keine Korrelation zu Schweregrad) hat Procalcitonin einen Stellenwert als sensitiven und spezifischen Marker der
schweren Sepsis und des septischen Schockes erhalten. Vorteile sind die hohe Sensitivität und Spezifität,
die gute Korrelation mit dem Schweregrad und vorallem die schnelle Induktion des Procalcitonins.
Wiederholungsmessungen von Biomarkern könnten in Analogie zum Troponin T bei Verdacht auf ein
ACS sinnvoll sein. Hier bietet sich Procalcitonin aufgrund seiner Kinetik (schnelle Induktion < 2h) an.
Das könnte bedeuten, den Patienten in einer decision making-Einheit zu überwachen, um dann zu
entscheiden, wie das weitere Management erfolgen kann. Dies gilt nur, wenn es sich nicht um einen
septischen Schock handelt!
Therapie : Hit early and hit hard
Ein wesentlicher Risikofaktor für eine erhöhte Sterblichkeit der Sepsis stellt die initial inadäquate Antibiotikatherapie dar. Adäquate Therapie beinhaltet aber nicht nur die Wahl des richtigen Antibiotikums,
sondern bezieht sich auch auf die schnellstmögliche Einleitung der Therapie. Wiederum wurde hier
die Arbeit von A. Kumar zitiert (Kumar, A, Critical Care Medicine, 2006).
Die Sterblichkeit steigt mit jeder Stunde einer verspäteteten Antibiotika Gabe um ca. 7%.
- wenn die Therapie innerhalb von < 30 Minuten einsetzt → Überleben ~ 83%
- wenn die Therapie > 30 Minuten einsetzt → Überleben ~ 77%
Diagnostische Massnahmen dürfen daher bei Patienten mit schwerer Sepis oder septischem Schock
nicht zu einer Verzögerung der Therapieeinleitung führen! Die Abnahme von Blutkulturen braucht
nicht viel Zeit und ist in jedem Fall empfohlen!
Golden Hour:
Die Notwendigkeit einer schnellen Therapieeinleitung zwingt zu einer empirischen Therapie (angepasst an die lokalen Resistenzverhältnisse und differentialdiagnostischen Überlegungen), da ein zuverlässiges mikrobiologisches Ergebnis frühestens nach 24 bis 48 Stunden vorliegt.
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Initial soll ein breites Spektrum gewählt werden natürlich angepasst an die Verdachtsdiagnose und die
lokale Resistenzlage (die man für kennen sollte).
Diagnostische Marker / Diagnostik
Wie in den meisten Bereichen der Medizin ist der Wunsch nach Markern, hier im speziellen der
Wunsch nach "Sepsismarkern" gross. Nicht nur der Wunsch nach, sondern auch die Anforderungen
an solche Marker sind gross. Ein Sepsis Marker sollte:
-
sensitiv und spezifisch für eine Sepsis sein
eine frühe (=rechtzeitige) Diagnose liefern
eine Prognoseabschätzung erlauben
über den Verlauf und den Schweregrad Auskunft geben
Differenzieren können zwischen infektiösen und entzündlichen Ursachen einer Inflammation,
Organversagen oder Schock
Rasch verfügbar, biostabil und kosteneffektiv sein
-
Auch in Weimar wurde das Thema gestreift. Um es aber schon vorweg zu nehmen, viel Neues, wirklich Brauchbares für den klinischen Alltag gibt es nicht.
"Neue“ diagnostische Marker
- Presepsin (soluble CD 14 subtype)
Glycoprotein auf Monocyten/Makrophagen Membran
Stellt Rezeptor für LPS LPBP dar. Aktivierung vom TLR4 -> Puzzleteil der inflammatorischen
Kaskade
► Aussage über Schweregrad
► Aussage über Prognose, 30 Tage Mortalität
Wenn man die publizierten Daten (pubmed) durchsieht, dann gibt es wenige Daten und wenn dann
kommen diese aus Japan. Dort wurde gezeigt, dass Presepsin einen Stellenwert bezüglich Unterscheidung entzündlich vs. infektiöser Ursache eines septischen Zustandsbildes haben könnte, respektive auch mit dem Schweregrad der Sepsis korrelieren könnte.Shozushima T. et al, CCM JIC 2011.
Allenfalls im weiteren Verlauf ein Marker, der im klinischen Alltag tauglich wäre? Wir sind gespannt.
-
Thromboelastometry im Vergleich zu PCT, IL6, CRP:
Lysis Index bei Sepsis erhöht (Unterschied zu postop. Patient und Proband)
Eine ganz interessante Arbeit wurde von M. Adamzik im Rahmen der Forschungspreisübergabe kurz
vorgestellt. CRP, Procalcitonin und IL 6 Messungen wurden verglichen mit Parametern, die mittels
Thromboelastometrie gemessen werden. Nähere Details auch zur Thromboelastometrie siehe
Adamzik M. at al, Critical Care 2010. Der Lysis Index zeigte eine hohe Sensitiviät und Spezifität bei
schwerer Sepsis und war in der gezeigten Arbeit sowohl dem IL 6, PcT und dem CRP überlegen.
-
Leukozyten, resp. immature granulocyte count
Frühe Vorstufen (keine Aussage über Mortalität) → SIRS – infektiös/nicht infektiös (Sensibilität 89%, Spezifität 76% innerhalb 48h)
(immature granulocyte count (IG) verglichen mit CRP, LBP, IL6)
Die Messung und Auswertung früher granulozytärer Vorstufen ist eine interessante Idee.
Die Literaturrecherche diesbezüglich im pubmed zeigt, dass offenbar hauptsächlich in der Neonatologie Studien gemacht wurden. Ob sich die Messung von unreifen frühen granulozytären Vorstufen
auch bei Adulten zur Diagnose einer Sepis eignen wird, werden weitere Studien zeigen müssen.
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PCT Sensitivität und Spezifität ↑, gute Korrelation zu Schweregrad, schnelle Induktion
(<2h!!) (→Wiederholungsmessung sind hilfreich)
Hilft Antibiotika einzusparen → im ambulanten Setting wichtig/nützlich
PCT hat sich in der Diagnostik, im klinischen Alltag berechtigterweise etabliert. ABER es wurde auch
berechtigterweise immer wiederholt, dass auch PCT letztlich "nur" ein Marker ist und NIE die klinische
Beurteilung ersetzen kann, sondern als Puzzlestein im Gesamtkontext zu interpretieren ist.
Die Sensitivität und Spezifität von PCT in der Vorhersage einer Sepsis beträgt 89 bis 96% bzw. 78 bis
94% bei einem Cut off Wert von 1.1 bis 2.0 ng/ml. Bei einer PCT Plasmakonzentration von < 0.5ng/ml
sind eine schwere Sepsis oder ein septischer Schock unwahrscheinlich, ab einem Schwellenwert von
2.0ng/ml hochwahrscheinlich.
Auch beim PCT (wie bei den anderen Biomarkern) können andere Ursachen zu einer transitorischen
Erhöhung führen (z.B ausgedehnte operative Eingriffe, Polytrauma, schwere Verbrennung, hämorrhagischer-kardiogener Schock). Deshalb wie bereits schon des öfteren erwähnt, Interpretation nur Im
Gesamtkontext.
Diagnostik:Blutkulturen sind immer noch der Goldstandard der mikrobiologischen Diagostik !
Wann ist der optimale Abnahmezeitpunkt ?
Hier stellt sich als erste Frage wann hat man Fieber, also nach dem nach Schwellenwert des Fiebers.
Setpoint offiziell bei 38.3°C, bei > 70jährigen Personen liegt dieser Setpoint tiefer, nämlich bei 37.5°C.
Die Abnahme von Blutkulturen ist empfohlen bei Schüttelfrost, individuelle Entscheidung je nach nach
Fragestellung und ohne Zweifel sicher empfohlen beim klinischen Verdacht auf eine Sepsis bzw. dem
Vorliegen einer oder mehreren entsprechenden Kriterien.
Wieviele BK Paare sollen abgenommen werden ?
Die Beantwortung dieser Frage ist nicht immer gleich. Es kommt auf die Fragestellung an. 3 Paar
Blutkulturen (enthält immer eine aerobe und eine anaerobe Flasche) sind bei Endokarditis empfohlen.
Durch das erhöhte Blutvolumen wird die Sensitivität des Keimnachweises erhöht (bei > 3 Paaren plafoniert die Sensitivität -> es wird kein zusätzlicher Benefit erreicht). Mehrere Blutkulturpaare sind wichtig zur Dokumentation einer persistierenden Bakteriämie und dienen damit zur Hilfestellung bei der
Festlegung der Behandlungsdauer. Findet man einen Keim in mehreren Blutkulturen erleichtert das
die Interpretation des Resultates (z.B wenn nur in einer Flasche Keim nachweisbar differentialdiagnostisch Kontamination möglich, je nach gefundenem Keim...)
Referenz: Laborguidelines MIQ 3a/b; Elsevier Verlag (Lehrbuch)
PCR Methoden
Es wurden diverse PCR Methoden vorgestellt. Vorweg sei gesagt:
► Die PCR Methode ersetzt die Blutkulturen nicht
Gegenwärtig laufen diverse klinische Studien, welche die Erregerindentifizierung mittels Methoden der
PCR untersuchen. Es werden Multiplex PCR (begrenzte Anzahl Erreger) und Breitband PCR ("alle"
Erreger) unterschieden. Nachteil der PCR Methode ist sicher, dass damit keine Daten zur phänotypischen Resistenz erhoben werden können. Gewisse Aussagen können aufgrund der genotypischen
Resistenz gemacht werden durch die Bestimmung von mecA, VAN A und B Gen.
Der Vorteil, der durch die PCR Methode erbracht werden könnte, wäre in Zusammenhang mit bereits
antibiotisch vorbehandelten Patienten. Hier könnte allenfalls trotz Therapie noch eine Keimnachweis
gelingen.
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Therapie (Antibiotika)
Die Behandlung eines schwer septischen Patienten beinhaltet die Kontrolle des infektiösen Prozesses, die antiinfektiöse Therapie sowie intensivmedizinische Behandlungsverfahren. Wichtig ist eine
gute interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Therapie (antiinfektiös)
Eckpfeiler der antibiotischen Therapie
• Hit fast and hard
• Mono-versus Kombinationsbehandlung
• Dosierung
• Dauer- Deeskalation
Referenzen: Kumar A. et al.,CCM 2006; Kumar A. et.al. CCM, 2010 und Rodriquez et al., CCM 2007
Zeitpunkt des Antibiotikabeginns: the golden hour (Zeitabhängiges Risiko für Tod). Über den Einfluss
des Zeitpunktes der antibiotischen Behandlung auf die Mortalität wurde bereits vorgängig berichtet.
Verwiesen sei hier auf die publizierten Daten von Kumar A 2006 (siehe link unter Referenzen)
Intensität der Behandlung:
• Pathogen Clearing aus Blut (je rascher Clearing desto besser outcome)
Synergien nutzen (Antibiotika kombiniert anwenden, z.B Betalactam plus Aminoglykosid)
Bakterizid vs. Bakteriostatisch (Wirkungsweise der Antibiotikaklassen kennen)
Zeit über MIC/AUC/cmax -> Pharmakodynamik der Antibiotika kennen.
Eine gute Übersicht findet sich unter folgendem Link: Roberts JA Critical Care Medicine 2009
Kombination (Kumar A. et al., CCM 2010)
Die Metaanalyse von Kumar zeigt, dass eine Kombinationstherapie die Mortalität bei Patienten mit
septischen Schock senken kann. Die Hypothese ist, dass je schneller die Pathogen Clearance
stattfindet (microbial burden), desto schneller kann eine hämodynamische Stabilität erreicht werden
durch die Unterbrechung des Stimulus der inflammatory response: Microbial load -> "toxic burden"->
inflammatory response-> cellular dysfunction-> Tod. Aber Vorsicht, ein benfit bezüglich Kombinationstherapie konnte nur bei den schwerstkranken Patienten mit septischem Schock gezeigt werden.
Nicht alle Patienten mit Sepsis profitieren von einer Kombinationstherapie, ein individuelles Vorgehenist empfehlenswert.
Dosierung
Problem: Dosierungsstudien an jungen, gesunden Probanden. Nicht vergleichbar mit septischem Patienten: Nieren- und Leberdysfunktion, Dysproteinämie, Volumenstatus, Volumenverteilung völlig
unterschiedlich!
► Keine Dosierungsdaten durch kontrollierte Studien (-> Planung)
► Fixdosen am Anfang wahrscheinlich zu tief gewählt
► Keine Adaptation an die Niere (initial). Keine Studiendaten, aber aus pathophysiologischen
Überlegungen
► Spiegelmessung sinnvoll? Steht in Abhängigkeit mit Proteinbindung (bei Sepsis verändert). Gewebekonzentration entspricht nicht der Blutkonzentration.
Deeskalation und Dauer
Antimikrobielles Regimen alle 48 bis 72h anhand klinischer und mikrobiologischer Daten reevaluieren
zum Spektrum schmälern, Resistenzbildung zu verringern und damit auch Kosten zu sparen.
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Dauer immer in Abhängigkeit von der Klinik! Procalcitonin als Biomarker zur Hilfe (Boudama L. et al.,
Lancet 2010)
Intensivmed. Management (Hämodynamik) / Vermeidung nosokomialer Infektion / selektive orale Dekontamination, selektive
Darmdekontamination
Diese drei am Schluss erwähnten Themen sind jedes für sich schon riesig. Es sollen nur wenige Aspekte kurz beleuchtet werden.
Intensivmedizinisches Management
An einem Kongress, der vor allem auch für Intensivmediziner ausgerichtet war, haben natürlich auch
Vorlesungen bezüglich intensivmedizinischem Management stattgefunden. Hier geht es vor allem um
die Hämaodynamik, welche hämodynamische Parameter, resp. Zielwerte sollen angestrebt werden
und wie kann man diese vorgegebenen Zielwerte erreichen -> welche Massnahmen sind zu ergreifen
Hämodynamik <-> Early goal directed therapy Rivers et al., NEJM 2001
► Volumentherapie: Kristalloide, Albumin. Kolloide bei schwerer Sepsis/sept. Schock nicht mehr empfohlen (VISEP Studie)
► Definierte Zielwerte für ZVD, MAP, Diurese, SzvO2, Lactat
► Vasopressoren
Nähere Informationen hierzu für Interessierte unter: Dellinger et al., Critical Care medicine 2008
Wichtig ist eine gute, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Infektiologen und Intensivmedizinern
Vermeidung nosokomialer Infektion
Zitiert wurde hier ein neu erschienener Artikel aus dem NEJM. C. Huskins, NEJM 2011; 364
Nosokomialen Infektionen nur mit Isolationsmassnahmen zu begegnen ist nicht tauglich. Wie bei vielen Interventionen ist auch bei spitalhygienischen Problemstellungen ein Bündel von Massnahmen
wichtig. Als wichtigstes und einfachste Massnahme ist die Händehygiene zu erwähnen und sollte immer durchgeführt werden (= Standard!). Isolationsmassnahmen zu ergreifen ist immer problematisch, da sie mit einem Mehraufwand verbunden sind.
Um es aber noch von einer anderen Seite zu beleuchten, darf nicht vergessen werden, dass eine
Isolation für den betroffenen Patienten auch zu einer "Isolationsmadness" führen kann. Isolationsmassnahmen können auch zu einem "reduced medical treatment" führen und sind mit höheren Kosten
verbunden.
Führen wir doch das einfachste Tool (=Händehygiene) konsequent durch, dann haben wir und unserer
Patienten bereits viel gewonnen.
Selektive orale Dekontamination, selektive Darmkontamination
Die Nutzen-Risiko Diskussion ist bei diesem Thema ein Dauerbrenner. In den Leitlinien der Deutschen
Sepsisgesellschaft ist die Durchführung von selektiver Darmdekontamination (SDD) oder selektiver
oraler Dekontamination (SOD) bei Patienten mit voraussichtlich längerer Beatmungsdauer (>48h)
unter Führen von Resistenzstatistiken empfohlen.
Das Ziel dieser Massnahmen wäre: Inzidenz und Mortalität der Ventilator assoziierten Pneumonie
(VAP) zu senken. Die pathophysiologische Überlegung dazu ist, dass je kränker der Patient ist, desto
„gramnegativer der Rachen“, desto pathogenere Keime, die eine Pneumonie verursachen.
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SDD: Lokale (orale) Massnahme mit Polymyxin, Tobramycin/Amphotericin Paste plus gastral gleiche
Substanzen plus systemisch Cefotaxim
SOD: Nur lokale Applikation
Kontroverse Beurteilung bezüglich Nutzen - Risiko für Resistenzentwicklung. In Deutschland ist die
SDD oder die SOD in die Empfehlungen zur Sepsisbehandlung resp. Prävention aufgenommen worden.
Wir sind kritisch und skeptisch bezüglich Resistenzentwicklung bei Durchführung dieser Massnahmen
und empfehlen diese nicht!
Zur Vermeidung von VAP können mehrere andere Massnahmen ergriffen werden:
-
Oberkörperhochlagerung, sofern hierfür keine Kontraindikation besteht
Die Mundpflege mit Chlorhexidin ist bezüglich VAP am besten untersucht und kann empfohlen
werden
Erwägenswert ist der Einsatz von Endotrachealtuben mit der Möglichkeit zur subglottischen
Absaugung
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