Autoimmunentzündungen der Schilddrüse

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Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. O. Schober
Autoimmunentzündungen der Schilddrüse
Was sind Autoimmunerkrankungen?
•
Autoimmunerkrankungen sind Krankheiten, die
dadurch entstehen, daß das Abwehrsystem des
•
Körpers „allergisch“ gegen körpereigenes Gewebe reagiert. Zellen des Abwehrsystems richten sich
dann gegen das körpereigene Schilddrüsengewebe mit einer entsprechenden Entgleisung der
Schilddrüsenfunktion.
Die wichtigsten Autoimmunerkrankungen der
Schilddrüse sind:
• die Basedow-Erkrankung, die auf einem eigenen Merkblatt beschrieben ist und für die •
besondere Gesichtspunkte gelten,
• die Autoimmunentzündungen der Schilddrüse
(Autoimmunthyreoditiden). Bei diesen steht
die Entzündung der Schilddrüse im Vordergrund. Die wichtigsten Formen sind die •
Hashimoto-Krankheit und die „postpartale
Thyreoiditis“, die Wochen bis Monate nach
einer Entbindung auftritt.
Was sind Symptome der Autoimmunentzündungen der Schilddrüse?
Typisch für die Autoimmunentzündungen ist ihr
wechselhafter Verlauf:
• Anfänglich kommt es durch die Entzündung
der Schilddrüse zur Freisetzung von bereits
produziertem, in der Schilddrüse gespeichertem Schilddrüsenhormon. Dies kann ohne
Symptome einhergehen, oder mit den Symptomen einer meist mild ausgeprägten
Schilddrüsenüberfunktion: innere Unruhe,
Nervosität, Fahrigkeit, Schlafstörungen,
Zittrigkeit, Schweißausbrüche, Unbehaglichkeit in warmen Räumen, Gewichtsverlust
trotz gesteigerten Appetits, Durchfälle, Haarausfall, Muskelschwäche, Müdigkeit oder
Erschöpfung.
Sind die Speicher an gebildetem Schilddrüsenhormon erschöpft, so stellt sich wieder eine
normale Schilddrüsenfunktion ein.
Bei einem Teil der Patienten führt die
entzündungsbedingte Zerstörung der Organfunktion zu einer Schildddrüsenunterfunktion.
Diese setzt zumeist sehr allmählich und oft
vom Patienten unbemerkt ein und kann sich
äußern durch durch Abgespanntheit, Lustlosigkeit, Müdigkeit, depressive Stimmung,
Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme trotz
verminderten Appetits oder Stuhlverstopfung.
Bei einem Teil der Patienten kann es zu einer
schmerzlose Vergrößerung der Schilddrüse
(Kropf) kommen. Viele Patienten klagen dann
über ein Kloßgefühl im Hals und können enge
Kragen oder Halsketten nicht vertragen.
Augensymptome mit Hervortreten der Augen,
Augenbrennen oder -tränen, Fremdkörpergefühl und Lichtscheu sind typisch für die
Basedow-Krankheit, nicht jedoch für die
Autoimmunentzündungen der Schilddrüse.
Wie behandelt man Autoimmunentzündungen der Schilddrüse?
Während der Phase der Schilddrüsenüberfunktion
in erster Linie durch Zuwarten oder Gabe von
Betablockern, in der Phase der Schilddrüsenunterfunktion durch Gabe von Schilddrüsenhormon:
(1) Die Schilddrüsenüberfunktion ist Folge der
entzündungsbedingten Freisetzung von in der
Schilddrüse gespeichertem Hormon. Leider
gibt es keine Medikamente, die die entzündungsbedingte Freisetzung von bereits produziertem Hormon hemmen könnten; die üblichen Schilddrüsen-Medikamente, die die
Produktion von Hormon blockieren, greifen
zu spät und sind daher ohne Wirkung.
Die Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion erfolgt daher durch einfaches Abwarten oder, je nach Schwere der Symptome,
durch Gabe eines Betablockers (z. B.
Propranolol) mit dem Ziel, die Streßhormonvermittelten Folgen einer Schilddrüsenüberfunktion zu mildern.
Eine Radiojodbehandlung der Schilddrüse ist
nicht angebracht, da die Schilddrüsenüberfunktion nur vorübergehende Folge der Entzündung der Schilddrüse ist.
(2) Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion erfolgt nebenwirkungsfrei durch
Gabe von Schilddrüsenhormontabletten (LThyroxin, z. B. Euthyrox®, L-Thyroxin Henning®, Eferox®). Da die Aufnahme des LThyroxins durch Nahrungsbestandteile und
insbesondere andere Medikamente gehemmt
werden kann, sollte es idealerweise regelmäßig mindestens 30 min vor dem Frühstück auf
nüchternen Magen eingenommen werden.
Ziel der Behandlung ist ein niedrig normales
TSH; nach jeder Änderung der L-ThyroxinDosis sollte dieses ca. 4 bis 6 Wochen später
noch einmal kontrolliert werden.
Was ist sonst noch zu beachten?
(1) Lassen Sie Ihre Schilddrüsenfunktionslage
regelmäßig, mindestens aber einmal pro Jahr
kontrollieren. Nur bei wenigen Patienten stellt
sich die Schilddrüsenunterfunktion schon nach
dem ersten Schub der Erkrankung ein.
Manchmal tritt die Schilddrüsenunterfunktion
auch nur vorübergehend auf. Auch kann es
bei einer erneuten Entzündung zu einer erneuten Phase der Schilddrüsenüberfunktion
kommen. Nicht immer werden die Symptome
von Ihnen rechtzeitig bemerkt. Eine unbehandelte Schilddrüsenfehlfunktion ist aber auf
Dauer schädlich für den Körper.
(2) Im Falle einer Schwangerschaft muß die
Schilddrüsenfunktion engmaschiger kontrolliert und die Dosis des L-Thyroxin an den
gesteigerten Hormonbedarf in der Spätschwangerschaft angepaßt werden (siehe auch
separates Merkblatt).
© WWU Münster 1998
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