Fallen in der Baukosten-Praxis Zur grundsätzlichen Entstehung von Baupreisen Prof. Dipl.-Ing. Helmut Meyer-Abich Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Baubetrieb 1. Einleitung Bauunternehmungen werden gegründet und betrieben um Geld zu verdienen. Geld verdienen sie indem sie bauen, aber Geld können sie auch verdienen, wenn sie nicht bauen, unter bestimmten Umständen sogar noch viel mehr ohne den Grund für eine Behinderung selbst verschuldet zu haben. Sie können andererseits auch sehr viel Geld verlieren, wenn sie in ihrer Ausführung behindert werden oder die geplante Ausführung mehrfach geändert wird. Grundsätzlich ist dem Bauunternehmer immer ein Leistungsverzeichnis vorzulegen, das sicher und zuverlässig die Positionen beschreibt, die kalkuliert werden sollen. Ein Bauunternehmer wird grundsätzlich immer dann Geld verdienen, wenn er einen Auftrag erhält, bei dessen Abwicklung er einen geringeren Aufwand betreiben muss gegenüber dem Aufwand, den er vor Angebotsabgabe kalkuliert hat: der Preis für ihn ist dann mindestens auskömmlich, wenn nicht sogar gut. Er ist dann gut, wenn der Preis für die auszuführende Leistung hoch ist und somit einen Überschuss erwarten lässt. Da sich der Auftrag aber üblicherweise aus vielen Einzelpositionen zusammensetzt, wird der Bauunternehmer versuchen einen möglichst hohen Einzelpreis für jede Leistung einzusetzen, damit er insgesamt einen Gewinn aus der Abwicklung dieses Bauvorhabens ziehen kann. Er versucht also keine Leistung anzubieten, deren Abwicklung mit einem schlechten Preis seinen Gewinn schmälern könnte. Wenn er also jede Einzelposition eines Leistungsverzeichnisses (branchenüblich bezeichnet als LV) auskömmlich kalkuliert, vielleicht sogar gut kalkuliert, damit er Geld verdient, wird er eine hohe Angebotssumme anbieten. Die Angebotssumme setzt sich zusammen aus der Menge der auszuführenden Leistungen, die mit dem jeweiligen Angebotspreis der entsprechenden Position mutipliziert wird und in der Summe dieser Einzelpositionen den Angebotspreis liefert. Wenn der Unternehmer also in dieser Art verfährt, wird er absolut sicher davon ausgehen können, dass er den Auftrag nicht erhält, da sein Angebot viel zu hoch liegt. Andere Bieter werden Preise abgegeben haben, die in der Summe niedriger liegen: somit erhält der Mindestbietende (branchenübliche Bezeichnung für denjenigen, der das niedrigste Gebot abgibt) den Zuschlag; es wird also bei seinem Angebot „zugeschlagen“, und er erhält den Auftrag zu den Preisen, die er abgegeben hat. Da aber der Mindestbietende keinen Verlust mit der Ausführung der Baumaßnahme machen möchte, müssten die Preise, die er abgegeben hat, auch gut sein; andernfalls würde er keinen Gewinn machen oder zumindest mit auskömmlichen Preisen arbeiten können. Der abgegebene Preis ist also niedriger als der Preis, den der Bieter abgegeben hat, der jeden Einzelpreis mit Gewinn kalkuliert hat. Der niedrige Preis des Mindestbietenden ist also ein guter Preis, weil er zum Auftrag geführt hat, aber ein vermutlich schlechter Preis, weil er zu diesem angebotenen Preis die beschriebene Leistung ausführen muss. Dieser vermutlich schlechte Preis wird aber dann zu einem hervorragenden Preis, wenn die im Leistungsverzeichnis beschriebene Leistung gar nicht ausgeführt werden muss, weil sie entfällt oder durch eine Leistung ersetzt wird, die im Leistungsverzeichnis bis- 295 Fallen in der Baukosten-Praxis her noch gar nicht (§2.6 VOB/B) oder anders (§2.5 VOB/B) beschrieben wurde. Der Bauunternehmer kann also sehr viel Geld damit verdienen, dass er nicht baut: jedenfalls nicht die im Leistungsverzeichnis beschriebene Leistung. So wird aus einem vermeintlich schlechten Preis also ein guter Preis, der den Mindestbietenden sehr viel mehr Geld verdienen lässt als der Bieter mit den guten Preisen jemals verdient hätte. Wann ein Preis gut ist und wann nicht, soll im Folgenden beschrieben werden, wobei sich „gut“ oder „schlecht“ als Preisbezeichnung aus der jeweiligen Sicht der beteiligten Parteien ergibt: ein Preis, der für den Bauunternehmer gut ist, kann für den Auftraggeber schlecht sein und umgekehrt. 2. Anzahl der Bieter Die Möglichkeit einen guten Preis zu erhalten, wird mit Sicherheit davon abhängig sein, wie viele Bieter sich an der Ausschreibung beteiligen: je mehr Bieter ein Angebot abgeben, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein niedriges Angebot dazwischen ist, das den Preis für den Bauunternehmer schlecht macht. Der interessierte Bauunternehmer wird also möglichst früh versuchen, mit dem Auftraggeber Kontakt aufzunehmen, um ihn von seiner eigenen Leistungsfähigkeit zu überzeugen und wegen seiner speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten zu optimierten Bauabläufen möglichst wenige Konkurrenten im Bierterverfahren zu haben. Das geschieht üblicherweise über einen frühen Kontakt zur ausschreibenden Stelle, also meist einem Architektur- oder Ingenieurbüro. Bei der Forderung nach speziellen Erfahrungen, einem besonderen Maschinenpark oder ausgesuchten Kolonnen von Facharbeitern wäre der Bieterkreis beschränkt; es könnte also nicht jeder Bauunternehmer an der Ausschreibung teilnehmen, die Teilnehmerzahl sinkt rapide. Diese Verfahrensweise der beschränkten Ausschreibung kommt dem Ingenieurbüro meist sehr entgegen, da – die Auswertung von 6 bis 10 Angeboten, die bei einer beschränkten Ausschreibung üblicherweise abgegeben werden, deutlich weniger Arbeit verursacht als die Auswertung von 30 oder mehr Angeboten, die bei einer öffentlichen Ausschreibung abgegeben werden: die Anzahl der Angebote hat keinen Einfluss auf das Honorar des Ingenieurbüros, das nach Lph. 7 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) diese Leistung der Auswertung berechnen würde. – bei einer beschränkten Ausschreibung davon ausgegangen werden kann, dass nur Bieter aufgefordert werden, die eine reibungslose Abwicklung des Bauvorhabens während der Baudurchführung erwarten lassen: ebenfalls weniger Arbeit für das Ingenieurbüro, das nach Lph. 8 HOAI die Bauüberwachung abrechnet. Das Honorar für das Ingenieurbüro ist nach dieser Vorgehensweise also deutlich leichter verdient. Wenn der Auftraggeber jedoch gehalten ist eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, weil er selbst der „Öffentlichen Hand“ zugerechnet werden kann, also der Bund oder eine Gemeinde, eine Innung, ein gemeinnütziger Verein oder dergleichen ein Bauvorhaben durchführen will, so wird der Bauunternehmer versuchen den Bauherrn dahingehend zu beraten, dass zwar eine öffentliche Ausschreibung vorzunehemn wäre aber mit beschränktem Teilnehmerkreis durchgeführt werden solle. Bei diesem Verfahren wird das Bauvorhaben öffentlich ausgelobt, und es müssen sich die Bieter um die Ausschreibung bewerben. Die Ausschreibung, also die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes, erhalten dann nur die Bieter, die von der ausschreibenden Stellle für geeignet gehalten werden: der Bieterkreis ist üblicherweise wieder sehr klein und hat übli- 296 Fallen in der Baukosten-Praxis cherweise dadurch ein höheres Preis-/Leistungsniveau. Die jeweiligen Arten der Ausschreibung werden in der VOB/A (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) erschöpfend geregelt. Ein privater Bauherr wird sich jedoch niemals den Vorgaben der VOB/A unterwerfen wollen, die das Ausschreibungsverfahren stark reglementieren. Weil er frei in der Auswahl der Bieter sein möchte und die Angebote nach seinen Vorstellungen verhandeln will, wird er nur die VOB/B vereinbaren. Damit ist die VOB/C (VOB/B § 1) ebenfalls wirksam vereinbart. Ganz besonders klein wird der Bieterkreis dann gehalten, wenn bei einer öffentlichen Ausschreibung die Angebotsfristen so knapp gehalten werden, dass eine seriöse Kalkulation für die Bieter aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich ist. Wenn dann noch eine Ausschreibung nach § 9 VOB/A nach Leistungsprogramm durchgeführt werden soll, bei der die Bieter die Entwurfsbearbeitung selbst übernehmen müssen, so wird sich kaum ein interessierter Bieter melden, wenn die Bearbeitungsfrist kurz ist. Ohne einen Entwurf, also ohne die gedachte Ausführung der Baumaßnahme, wie Zeichnungen, Festlegung der Bauumstände, der Bauzeiten etc. kann ein Bauvorhaben nicht seriös kalkuliert werden. Ist die Zeit dann noch zusätzlich knapp bemessen, also kürzer als ca. 40 Kalendertage (Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe bis zur Abgabe des Angebotes) gemäß § 18a VOB/A bei einem nichtoffenen Verfahren, so kann davon ausgegangen werden, dass kein wirtschaftliches Angebot abgegeben wird. Ein nichtoffenes Verfahren liegt dann vor, wenn die Bieter sich um die Ausschreibung bewerben müssen, die Ausschreibung also faktisch beschränkt ist. Wenn dann noch der Kontakt des Bauunternehmers zur ausschreibenden Stelle so gut ist, dass dieser Unternehmer Informationen zum Bauvorhaben vorzeitig erhält, so wird er ein Angebot abgeben können, das ihm den wirtschaftlichen Erfolg sichert, da er durch die Kenntnis der geplanten Maßnahme große Vorteile gegenüber den Mitbietern hat, falls sich überhaupt noch interessierte Mitbieter melden. Der Angebotspreis wäre für den Unternehmer dann eindeutig gut. 3. Prüfung des Zahlungsfähigkeit des Bauherrn Vor Angebotsabgabe und der grundlegenden Kalkulation des Bauvorhabens wird der Bauunternehmer prüfen, ob der Bauherr überhaupt in der Lage sein wird seine Rechnungen auch zu bezahlen, denn nur dann ist sein Preis gut. Es ist üblich, – dass von jeder Abschlagsrechnung des Bauunternehmers 10 % vom Bauherrn als Sicherheit einbehalten werden dafür, dass der Unternehmer seine Leistungen vertragsgerecht erfüllt oder – om Unternehmer wird eine Ausführungsbürgschaft vorgelegt, die den 10%igen Abzug entfallen lässt. Bei Legung der Schlussrechnung wird diese Ausführungsbürgschaft dann in eine Gewährleistungsbürgschaft Zug um Zug umgetauscht. Benötigt jedoch der Unternehmer eine Bürgschaft dafür, dass seine Leistungen auch vergütet werden, so bleibt ihm nur die Eintragung einer Handwerkersicherungshypothek im Grundbuch des Bauherrn. Der Preis ist dann gut, weil zu vermuten steht, dass er sein Geld bekommt. 297 Fallen in der Baukosten-Praxis 4. Prüfung des Leistungsverzeichnisses Da sich die Angebotssumme aus der Summe der Einzelpositionen ergibt, wird der Bauunternehmer immer bemüht sein festzustellen, welche der abgefragten Leistungen auch tatsächlich zur Ausführung kommen, denn nur für die tatsächlich zu bauenden Positionen wird er einen auskömmlichen Preis kalkulieren. Dies bedeutet, dass er für alle Positionen, die vermutlich nicht zur Ausführung kommen werden, einen Preis abgeben wird, der weit unter dem erforderlichen Preis für diese Leistung liegt. Dies reduziert seine Angebotssumme erheblich, wenn viele Leistungen nicht oder verändert zur Ausführung kommen. Der BGH (Bundesgerichtshof) spricht bei dieser Art der Kalkulation von einer „frivolen“ Preisermittlung. Der Bauunternehmer wird das Leistungsverzeichnis unverzüglich nach Erhalt also daraufhin überprüfen, welche Leistungen vermutlich nicht ausgeführt werden, wie z.B. – Änderungen der Beschaffenheit des Baugrundes gegenüber den Beschreibungen des Leistungsverzeichnisses (§ 2.5 VOB/B): das Wissen hat er meist aus der Örtlichkeit von anderen bereits ausgeführten Bauvorhaben – Änderungen der Bauumstände, wie Baufristen, Straßensperrungen, Geräteeinsatz (§ 2.5 VOB/B): dieses Wissen hat er z.B. durch Nachfrage bei Bauämtern (Baugenehmigung, Zufahrtsmöglichkeiten) – Änderungen der Grundrisse, Ausstattungen, haustechnischen Installationen (§ 2.5 VOB/B): Nachfrage bei zukünftigen Nutzern – Mehr- oder Mindermengen der auszuführenden Leistungen (§ 2.3 VOB/B): Prüfen der Pläne und Mengenauszug für die signifikant preisbildenden Positionen – Ausführung von zusätzlichen Leistungen, die im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt sind (§ 2.6 VOB/B): Prüfen der Leistungsverzeichnisse und Abgleich mit den Zeichnungen, ob Leistungen nicht beschrieben wurden Da die o.a. Änderungen oder Zusatzleistungen den Bauunternehmer grundsätzlich dazu berechtigen Mehrforderungen geltend zu machen, wird er das Leistungsverzeichnis entsprechend gründlich prüfen. Üblicherweise wird die VOB/B explizit vereinbart, es gilt auch dann die VOB/C (s. VOB/B § 1). In der VOB/C regelt die DIN 18299 (Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten aller Art) die grundsätzlichen Parameter zur Aufstellung eines Leistungsverzeichnisses. Anders ausgedrückt: Die DIN 18299 liefert dem Bauunternehmer die Checkliste für die Anmeldung von Mehrforderungen. Er prüft, ob das Leistungsverzeichnis diesen hier dokumentierten Vorgaben entspricht. Wenn nicht, konnte keine schlüssige und sinnhafte Kalkulation aufgestellt werden und aus diesem Umstand können sich leicht Nachträge ergeben. Die o.a. Veränderungen gegenüber der geplanten Ausführungen beruhen üblicherweise darauf, dass z.B. – der Baugrund nicht ausreichend bekannt war und dies zu falschen Einschätzungen beim ausschreibenden Ingenieurbüro geführt hat, wie Bodenklassen, Kontaminationen oder Grundwasserstände: dies geschieht leicht bei Ingenieurbüros, die nicht ortsansässig sind, – Mengen falsch ermittelt wurden, – Bauumstände vorausgesetzt werden, die aus der Örtlichkeit gar nicht durchführbar wären, wie der Einsatz von Fertigteilen (der nicht überall möglich ist), Zufahrtsmöglichkeiten zugestanden werden (die z.B. wegen Gewichtsbeschränkungen gar nicht möglich wären), Arbeitszeiten nachträglich reglemtiert werden (Ruhezeiten in Kur- 298 Fallen in der Baukosten-Praxis – bädern, Unterbrechnung der Arbeiten aus produktionstechnischen Abhängigkeiten beim Bauherrn) etc. Nutzungsänderungen bereits bei der Kalulation erkennbar werden, die z.B. eine Änderung der Ausstattung oder der Grundrisse erfordern, aber im Leistungsverzeichnis noch nicht erfasst wurden 5. Grundlagen der Kalkulation Vorkalkulation Die Vorkalkulation umfasst alle Arten der Kostenermittlung von Bauleistungen vor der Bauausführung. Sie stellt damit den Oberbegriff dar zur – Angebotskalkulation – Auftragskalkulation – Arbeitskalulation Angebotskalkulation Hierunter ist die Kostenermittlung von Bauleistungen für die Erstellung eines Angebotes zu verstehen. Grundlage der Angebotskalkulation ist ein Leistungsverzeichnis (branchenüblich nur „LV“ genannt) oder eine Leistungsbeschreibung. Im Sprachgebrauch werden die Begriffe Angebotskalku-lation und Kalkulation gleichgesetzt. Die erste Version dieser Kalkulation, bei der alle zu erbringenden Leistungen nach ihrem erforderlichen Aufwand und ihrem erforderlichen Geräte- und Materialaufwand bewertet werden, wird üblicherweise als „Null-Kalkulation“ bezeichnet. Nach intensiver Ortsbesichtigung, auch aller Zufahrtswege, und der Würdigung der voraussichtlichen Bauzeit (Jahreszeiten) können einzelne Positionen neu bewertet werden. Weiterhin können nach Überprüfung der Mengenangaben oder der Leistungsinhalte Veränderungen vom Kalkulator vorgenommen werden, die naturgemäß erheblichen Einfluß auf die Angebotssumme haben. Innerhalb der NullKalkulation wird also noch nicht berücksichtigt, ob bestimmte Positionen „frivol“ kalkuliert werden könnten, wenn sie vermutlich nicht oder nur verändert zur Ausführung kommen. Zunächst wird durch eine durchgängige Kalkulation des Leistungsverzeichnisses die Angebotssumme ermittelt, die ein Bieter ermitteln würde, der die Inhalte der Leistungsbeschreibungen nicht intensiv prüft oder verändert. Es würde also ein Bieter, der keine Änderungen erkennt, diese Angebotssumme in Höhe der NullKalkulation abgeben: damit liegt ungefähr fest, auf welcher Höhe der Angebotspreis vermutlich zu erwarten wäre. Mit dieser Kenntnis des Null-Preises werden Positionen, die vermutlich nicht zur Ausführung gelangen, in ihrem Einheitspreis stark verringert, wobei Positionen, die in erheblich größerem Umfang zu erwarten sind, im Preis hochgesetzt werden, da die entsprechend größere Menge bei überhöhtem Preis zu einem hohen Gewinn führt. Diese zweite Version der Angebotskalkulation wird dann üblicherweise der Geschäftsleitung zur Unterschrift vorgelegt, wobei bei diesem Abschlussgespräch noch inhaltliche Veränderungen vorgenommen werden können, wie z.B. Änderung der Kalkulationsgrundlagen zu den Ansätzen „Wagnis und Gewinn“, zu den Zuschlägen zu Subunterneh- 299 Fallen in der Baukosten-Praxis mern (Ausführungsfirmen, die für Teilleistungen beauftragt werden) oder zu Vorhaltekosten oder Abschreibungswerten von Baugeräten. Nach Einarbeitung dieser prinzipiellen Eckwerte wird die Angebotskalkulation in ihren Grundlagen abgeschlossen. Bei starkem Interesse an den auszuführenden Leistungen werden weiterhin Nebenangebote (z.B. zu verkürzten Zahlungsfristen) oder Alternativvorschläge (technische Änderungen oder veränderte Ausführungen) erarbeitet, die dem Angebot beigefügt werden. Dieses Angebot führt dann üblicherweise direkt zu einem Auftrag oder zu Auftragsverhandlungen bei den zukünftigen Bauherren. Eine Veränderung der Null-Kalkulation soll an einem kleinen Beispiel verdeutlicht werden. Folgende Leistungen sollen für ein Gebäude ausgeschrieben sein: Pos Menge Einh. Leistung 1 2 1 500 Stck m3 3 100 m3 4 10 t 5 10 t 6 200 m2 7 200 m2 Baustelle einrichten und räumen Mutterboden abschieben, 20 cm dick Beton der Sohle und Fundamente, incl. Schalung, einbringen Betonstahl, 500 S, Stabstahl, verlegen Betonstahl, 500 M, Mattenstahl, verlegen Mauerwerk, Poroton, d = 24 cm Mauerwerk wie vor, jedoch d = 36,5 cm Einh.Preis [€] GesamtPreis [€] Bieter A erstellt seine Kalkulation ohne sich das Leistungsverzeichnis näher anzusehen und zu prüfen und errechnet seine Angebotssumme nach branchenüblichen Vorgaben und ortsüblicher Angemessenheit mit € 43.500,00 netto wie folgt: Pos Menge Einh. Leistung 1 2 1 500 Stck m3 3 100 m3 4 5 10 10 t t 6 200 m2 7 200 m2 Baustelle einrichten und räumen Mutterboden abschieben, 20 cm dick Beton der Sohle und Fundamente, incl. Schalung, einbringen Betonstahl, 500 S, Stabstahl, verlegen Betonstahl, 500 M, Mattenstahl, verlegen Mauerwerk, Poroton, d = 24 cm Mauerwerk wie vor, jedoch jedoch d = 36,5 cm Summe € netto 300 Einh.Preis [€] 10.000,00 GesamtPreis [€] 10.000,00 5,00 2.500,00 90,00 520,00 9.000,00 5.200,00 480,00 4.800,00 60,00 12.000,00 70,00 NEP 43.500,00 Fallen in der Baukosten-Praxis Bieter A ist also bei seiner Kalkulation davon ausgegangen, dass alle Leistungen mit den ausgeschriebenen Mengen (branchenüblich bezeichnet als Vordersätze, weil sie vorne stehen) zur Ausführung kommen. Dies wird jedoch ausschließlich bei einem Leistungsverzeichnis der Fall sein, bei dem keine Änderungen während der Baumaßnahme zu erwarten wären, oder das fehlerfrei vom ausschreibenden Ingenieurbüro aufgestellt wurde. Bieter B jedoch erstellt seine Null-Kalkulation, die ebenfalls bei ca. € 43.500,00 liegt (da er branchenübliche Aufwandswerte, Geräte- und Materialkosten ansetzt) und stellt zum Leistungsverzeichnis folgende Überlegungen an: – die Pos. 1 wird immer abgerechnet, gleichgültig welche Mengen oder Veränderungen des Leistungsverzeichnises zu erwarten wären, – die Pos. 2 und 3 werden vermutlich nicht verändert, da eine Überprüfung der Zeichnungen die Mengen bestätigt hat, – die Pos. 4 und 5 werden in der ausgeschriebenen Menge nicht abgerechnet werden, da aus Erfahrung ca. 100 bis 120 kg Betonstahl pro m3 Stahlbeton benötigt werden: es wird also entweder die Pos. 4 oder die Pos. 5 abgerechnet werden, aber mit Sicherheit nicht beide in der vorgegebenen Menge, da dies einen gewichteten Stahlanteil von 200 kg Betonstahl pro m3 Stahlbeton erfordern würde: dieser Wert ist vollkommen unrealistisch. – die Pos. 6 wird mit erheblichen Mehrmengen abgerechnet werden, da sich das ausschreibende Ingenieurbüro in der Einheit versehen hat: es hat die Menge in m2 ermittelt, aber in m3 ausgeschrieben; ein Fehler, der bei Mengenermittlungen häufig passiert. Es kann also sicher davon ausgegangen werden, dass bei dieser Position etwa die vierfache Menge abgerechnet wird, da 1 m2 Mauerwerk bei einer Stärke von 24 cm etwa 4 m3 ergibt. Bieter B kennt die zu erwartende Angebotssumme seiner Mitbewerber dem Grunde nach, da er eine Null-Kalkulation erstellt hat, und weiss, dass er eine Angebotssumme anbieten muss, die geringer als € 43.500,00 sein muss, wenn er den Auftrag erhalten will. Bieter B stellt daraufhin seine Null-Kalkulation um und unterbreitet folgendes Angebot: Pos Menge Einh. Leistung 1 2 1 500 Stck m3 3 100 m3 4 5 10 10 t t 6 200 m2 7 200 m2 Baustelle einrichten und räumen Mutterboden abschieben, 20 cm dick Beton der Sohle und Fundamente, incl. Schalung, einbringen Betonstahl, 500 S, Stabstahl, verlegen Betonstahl, 500 M, Mattenstahl, verlegen Mauerwerk, Poroton, d = 24 cm Mauerwerk wie vor, jedoch d = 36,5cm Summe € netto Einh.Preis [€] 6.000,00 GesamtPreis [€] 6.000,00 5,00 2.500,00 90,00 5,20 9.000,00 520,00 4,80 480,00 120,00 24.000,00 140,00 NEP 41.600,00 301 Fallen in der Baukosten-Praxis Nach Umstellung der Einheitspreise erhält also Bieter B den Auftrag, da er mit einer Angebotssumme von € 41.600,00 Mindestbietender ist und um € 1.900,00 preiswerter ist als Bieter A. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens ergeben sich folgende Mengen, die nach Aufmaß ermittelt wurden, wobei alle Annahmen des Bieters B vor Angebotsabgabe durch das Aufmaß und die Mengenermittlungen bestätigt werden. Hätte Bieter A den Auftrag erhalten, wäre folgende Summe abgerechnet worden, die sich aus den von ihm angebotenen Einheitspreisen ermittelt: Pos Menge Einh. 1 2 3 1 500 100 Stck m3 m3 4 5 1 9 t t 6 800 m2 Leistung Einh.Preis [€] Baustelle einrichten und räumen 10.000,00 Mutterboden abschieben, 20 cm dick 5,00 Beton der Sohle und Fundamente, incl. Schalung, einbringen 90,00 Betonstahl, 500 S, Stabstahl, verlegen 520,00 Betonstahl, 500 M, Mattenstahl, verlegen 480,00 Mauerwerk, Poroton, d = 24 cm 60,00 Summe € netto GesamtPreis [€] 10.000,00 2.500,00 9.000,00 520,00 4.320,00 48.000,00 74.340,00 Da aber als Mindestbietender der Bieter B den Auftrag erhalten hat, wird nach den hier angebotenen Einheitspreisen abgerechnet. Dies ergibt folgende Abrechnungssumme: Pos Menge Einh. Leistung 1 2 1 500 Stck m3 3 100 m3 4 5 1 9 t t 6 800 m2 Baustelle einrichten und räumen Mutterboden abschieben, 20 cm dick Beton der Sohle, incl. Schalung, einbringen Betonstahl, 500 S, Stabstahl, verlegen Betonstahl, 500 M, Mattenstahl, verlegen Mauerwerk, Poroton, d = 24 cm Summe € netto Einh.Preis [€] 6.000,00 GesamtPreis [€] 6.000,00 5,00 2.500,00 90,00 5,20 9.000,00 5,20 4,80 43,20 120,00 96.000,00 113.548,40 Die abgerechnete Angebotssumme ist also um € 39.208,40 netto höher als sie bei Bieter A abgerechnet werden würde, wenn Bieter A den Auftrag bekommen hätte. Da aber der Aufwand zur Herstellung der Leistung bei Bieter B nicht höher war als bei Bieter A, stellt diese Summe etwa den Gewinn bei Bieter B dar. Leistungsverzeichnisse haben bei größeren Bauvorhaben üblicherweise mehrere hundert Seiten, somit also teilweise mehrere Tausend Positionen. Eine Übersicht der auszufüh- 302 Fallen in der Baukosten-Praxis renden Leistungen ist also nur möglich, wenn das Leistungsverzeichnis akribisch genau mit den Entwurfs- oder Ausführungszeichnungen abgeglichen wird und dann die Umstellungen der eingesetzten Einheitspreise beim Bieter dokumentiert werden. Wegen des Umfangs der Leistungsbeschreibungen können sich leicht Fehler beim ausschreibenden Ingenieurbüro einschleichen, die dann meistens von erfahrenen Bietern erkannt werden. Es gibt natürlich auch Leistungsverzeichnisse, die exakt das Bauvorhaben vorgeben und bei denen keine Umstellung erfolgen kann, da dies nur zu schlechten Preisen beim Bieter führen würde. Wenn das ausschreibende Ingenieurbüro nur einen Preis abfragen möchte, ohne dass dieser Einheitspreis in der Angebotssumme ausgeworfen wird, setzt es in der Spalte „Gesamtpreis“ das Kürzel „NEP“, das gleichbedeutend ist mit „Nur-Einheits-Preis“. Diese Vorgehensweise hätte also sinnvollerweise bei dem o.a. Beispiel bei der Position 4 durchgeführt werden müssen. Vor Auftragserteilung hat sich jedoch der Bauherr für die Positionen zu entscheiden, die gebaut werden sollen: aus diesen Positionen bildet sich dann aus dem Produkt der Mengen mit den Einheitspreisen und der Summe aller Positionen die Auftragssumme. Sollte sich der Bauherr nach Auftragerteilung für die Position 7 entscheiden, also Mauerwerk aus Poroton statt aus Kalksandstein, so wäre ein vollkommen neuer Preis zu kalkulieren, da hier eindeutig eine Entwurfsänderung vorliegt: es gelten die Bedingungen des § 2.5 VOB/B (Änderung des Entwurfs). Der angebotene Preis einer NEP-Position verliert mit Auftragserteilung seine Gültigkeit. Auftragskalkulation Der Auftragserteilung gehen in den meisten Fällen Auftragsverhandlungen voraus, bei denen sämtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, die sich aus der Ausschreibung und der Weiterführung der Projektplanung ergeben haben. Die sich in den Auftragsverhandlungen ergebenen Veränderungen (späterer Baubeginn, kürzere Ausführungsfristen, Mengenänderungen, preiswertere Subunternehmer) werden in das Angebot eingearbeitet. Die Erarbeitung dieses überarbeiteten Auftragsangebotes hat dann den Abschluss des Bauvertrages zum Ziel. Arbeitskalkulation Nach der Auftragserteilung beginnt die Vorbereitung des Bauablaufs. Das Instrument hierzu ist die Arbeitsvorbereitung, deren Ziel die Erstellung des Bauvorhabens mit maximaler Wirtschaftlichkeit unter den vorgegebenen Bedingungen ist. Da sich hieraus in vielen Fällen andere Ausführungsmaßnahmen ergeben als in der Angebotskalkulation angenommen, sind die Kostenauswirkungen in der Arbeitskalkulation zu ermitteln. Sie stellt also eine Weiterentwicklung der Angebots- und Auftragskalkulation unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte zur optimalen Bauausführung dar. Die in der Arbeitskalkulation ermittelten Kosten stellen die Kostenvorgabe für die Bauausführung dar und somit die Grundlage für die Nachkalkulation. Die sich aus der Arbeitskalkulation ergebenen Kosten weichen üblicherweise von den in der Angebots- und Auftragskalkulation ermittelten Kosten ab. Die Arbeitskalkulation dient weiterhin als Grundlage der Arbeitsvorbereitung, da hier bereits – Mengenauszüge der zu verarbeitenden Materialien angefertigt werden, – die Einsatzdauer und Art der einzusetzenden Geräte grob vorgegeben wird, – und die Verfügbarkeit der jeweiligen Arbeitskolonnen bewertet wird. 303 Fallen in der Baukosten-Praxis Nachkalkulation Das Ziel der Nachkalkulation ist der Soll-Ist-Vergleich der abgewickelten Baustelle zwischen den Kalkulationsansätzen der Auftragskalkulation und den tatsächlich aufgewendeten Lohn-, Geräte- und Materialkosten. Weiterhin sollen die Richtwerte für die zukünftigen Angebotskalkulationen ähnlicher Bauvorhaben festgelegt werden. Wegen des erforderlichen Aufwandes zum Abgleich aller kalkulierten und tatsächlich verbrauchten Daten und der zeitlichen Bindung des Kalkulators wird die Nachkalkulation relativ selten durchgeführt, obwohl sie für eine Transparenz zur Kalkulation zukünftiger Bauvorhaben außerordentlich wichtig wäre. Meistens werden nur ausgewählte Positionen nachkalkuliert, bei denen ein größerer Verlust vermutet wird. Nachtragskalkulation Wenn während der Baumaßnahme Leistungen erforderlich werden, – die bei Angebotsabgabe nicht berücksichtigt wurden oder nicht absehbar waren oder – deren Mengen sich erheblich verändern (Mehr-, aber auch Mindermengen) oder – durch Änderungswünsche des Bauherrn zusätzlich erforderlich werden oder – durch sonstige Randbedingungen auf der Baustelle (Tragfähigkeit des Baugrundes, Wasserhaltung etc., Baubehinderungen) oder – durch veränderte Witterungsbedingungen erforderlich werden, so bezeichnet man das Angebot der bauausführenden Unternehmung als „Nachtrag“, da es als nachträgliche Leistung zum Hauptvertrag beauftragt wird. Der Begriff Nachtrag ist jedoch ausschließlich branchenüblich und wird in der VOB an keiner Stelle genannt. Die dafür erforderliche Kalkulation bezeichnet man als Nachtragskalkulation, deren Ziel also die Ermittlung der Kosten ist, die die Grundlage des Nachtragsangebotes bilden. Nach den Bedingungen der VOB/B ist dieser Preis vor Ausführung der Bauleistung festzulegen. In vielen Fällen muss die Nachtragskalkulation auf den sich aus der Ausführung ergebenen Kosten aufbauen, sodass die Preisermittlung erst nach der Ausführung durchgeführt werden kann. 6. Grundsätze der Kostenermittlung Alle Kosten, die bei der Durchführung eines Bauvorhabens anfallen, sind der jeweiligen Leistungsposition bei der Ermittlung der Kosten verursachungsgerecht zuzuordnen. Dieses Prinzip ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die ausgeführten Mengen häufig von den Mengenangaben der Vorkalkulation, bzw. dem Leistungsverzeichnis, abweichen können. Würden die Kosten nicht verursachungsgerecht zugeordnet werden, so besteht die Gefahr, dass im Falle einer Minderleistung bei einer Position die Kosten, die dieser Position aus einer anderen zugerechnet wurden (bei der keine Minderleistung eintritt, d.h. die Kosten fallen in voller Höhe an), nicht gedeckt wären. Wenn also z.B. ein Hochbaukran, der für die Versorgung der Maurer mit Steinen und Mörtel und für die Betonbauer zum Umsetzen der Schalung benötigt wird, nicht den jeweiligen Leistungen (also Mauern oder Ein-/Ausschalen) zugeordnet wird, so kann bei einer starken Erhöhung des Umfangs der Mauerarbeiten der Kran für die Maurer vollständig gebunden sein. Dies bedeutet, dass er aus zeitlichen Gründen die Schalung für 304 Fallen in der Baukosten-Praxis die Betonbauer nicht mehr umsetzen kann; es muss also ein zweiter Kran aufgestellt werden. Ist die Kranleistung nicht in Schalungspositionen enthalten, würde dieser Kann nicht vergütet werden. Einzelkosten Hierunter sind solche Kosten zu verstehen, die einem Teil der gesamten Bauleistung, eben einer Einzelleistung, direkt und unmittelbar zugerechnet werden können. Dazu gehören vor allem – Lohnkosten – Kosten des Materials, das zur Erfüllung dieser Leistung unbedingt erforderlich ist, z.B. Rüst- und Schalmaterial – Gerätekosten und – Fremdleistungen. Gemeinkosten Hierzu gehören solche Kosten, die für mehrere Teile der Bauleistung gemeinsam anfallen und einer Einzelleistung also überhaupt nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten zuzuordnen wären. Dazu gehören vor allem – Kosten der Baustelleneinrichtung – Überwachung der Baustelle – Transporte und Kleingerät Gemeinkosten treten in der Kalkulation als „Gemeinkosten der Baustelle“ oder „Allgemeine Geschäftskosten“ auf. Die Zurechnung der Gemeinkosten zu den Einzelkosten erfolgt mit Hilfe eines Zuschlags. Schlüsselkosten Schlüsselkosten sind Kosten, die einem Teil einer Bauleistung mit Hilfe eines Verrechnungsschlüssels zugerechnet werden. Dazu gehören vor allem Wagnis und Gewinn Als Verrechnungsschlüssel wird meist der prozentuale Zuschlag verwendet. Basiskosten Sie stellen die Bezugsgrundlage für die Schlüsselkosten dar, die prozentual auf die jeweiligen Bauleistungen umgelegt werden. Hierzu könnten also z.B. die Betriebskosten eines eigenen Betonwerkes gezählt werden, wenn diese Kosten nicht bereits in den Materialkosten enthalten sind. Gesamtkosten Die Gesamtkosten pro Produktionseinheit setzen sich zusammen aus den Einzelkosten pro Produktionseinheit und dem auf diesen Teil entfallenden Anteil der Gemeinkosten, der nach einem bestimmten Verrechnungsschlüssel bestimmt wird. 305 Fallen in der Baukosten-Praxis Leistungsansätze Die in den Einzelkosten kalkulierten Lohnstunden werden in Form von Aufwandswerten in Ansatz gebracht. Es handelt sich hier um Werte, die auf die jeweilige Produktionseinheit bezogen sind. Arbeitsstunden / Mengeneinheit = Aufwandswert Der Aufwandswert wird z.B. angegeben in h/m3 Mwk. Die in der Fachliteratur angegebenen Aufwandswerte sind Richtwerte, die je nach verwendeten Hilfsmitteln und Materialien und in Abhängigkeit der Abmessungen des Bauwerks Schwankungen unterworfen sind. Bei geräteintensiven Arbeiten erfolgt dagegen der kalkulierte Aufwandswert über die Leistung pro Stunde oder Schicht. Mengeneinheit / Stunde = Leistungswert Ein Leistungswert wird z.B. angegeben in m3/h Ladeleistung. Auch diese Leistungsansätze sind Schwankungen unterworfen, die von der Leistungsfähigkeit des Gerätes, der Erfahrenheit des Baumaschinenführers, dem Arbeitstakt und dem zu bewegenden Material abhängig ist. Bilden mehrere Geräte eine untrennbare Maschinengruppe (z.B. Straßenfertiger mit Glattrad- und Gummiradwalzen oder Scraper mit Schubraupen), so sind die Gesamtkosten auf die errechnete Stundenleistung zu beziehen. In einem weiteren Rechenschritt werden dann für die Teilleistung die Kosten je Mengeneinheit ermittelt: €/h bezogen auf m3/h = €/mm3 Die in der Grundkalkulation aufgestellten Leistungsansätze für den Lohnaufwand und den Geräteaufwand stellen das Herzstück jeder Kalkulation dar und sind hauptentscheidend für die Annahme eines Auftrages und die erfolgreiche Abwicklung des späteren Bauvorhabens. 7. Verfahren der Kalkulation Es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Kalkulationsformen, alle anderen Arten lassen sich aus diesen Grundformen ableiten: – Divisionskalkulation – Zuschlagskalkulation Divisionskalkulation Hier geht man davon aus, dass die Gesamtkosten auf die Gesamtmenge aller Produkte gleichmäßig verteilt ist, z.B. bei Gesamtkosten von 450.000 € und der Produktion von 3.000 Stück ergibt sich ein Stückpreis von 150 €/Stck. Diese Kalkulationsart ist nur möglich bei großer Serienfertigung und vorwiegend Ein-Produkten-Betrieben. Diese gibt es in der Bauwirtschaft fast nicht. Zuschlagskalkulation Bei diesem Verfahren werden die Gemeinkosten mit Hilfe eines Zuschlages den Einzelkosten zugerechnet. Das gilt sowohl für die Ermittlung der Kostenanteile der Allgemeinen Geschäftskosten, als auch für die Umlage der Gemeinkosten auf die Einzelkosten zum Zweck der Bildung des Einheitspreises. 306 Fallen in der Baukosten-Praxis Kalkulation über die Endsumme Im Baugewerbe wird nahezu ausschließlich „über die Endsumme“ kalkuliert. Die verkürzte Form dieses Kalkulationsverfahrens stellt die Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen („Zuschlagskalkulation“) dar. Bei der „Kalkulation über die Endsumme“ werden die Gemeinkosten der Baustelle bei jedem Angebot von neuem ermittelt. Dadurch wird eine exakte Kalkulation erleichtert. Grundlage des Berechnungsverfahrens aller einschlägigen elektronischen Kalkulationsprogramme ist nahezu ausschließlich die Kalkulation über die Endsumme. Bei der Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen werden die Gemeinkostenzuschläge, die sich aus einem ähnlichen Bauvorhaben oder aus dem gesamten Unternehmen ergeben haben, auf das zur Kalkulation anstehende Angebot übertragen. Es wird hier also generell vorausgesetzt, dass sich die Kosten in ihrer Art und Höhe überhaupt nicht oder nur unwesentlich ändern. Es wird hier also wissentlich auf die Berechnung der Gemeinkosten verzichtet. Die Kalkulation über die Endsumme stellt eine genaue Kostenermittlung dar, die Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen nur eine stark angenäherte Kostenermittlung, da sich die Randbedingungen einer Baustelle erheblich ändern können: – Transportentfernungen zur und auf der Baustelle – Lohnzusatzkosten für Arbeitnehmer – Platzbedarf und ungestörter Baustellenablauf Die Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen stellt deshalb oft die Ursache für erhebliche Kalkulationsfehler dar. 8. Gliederung der Kalkulation Die Kalkulation ist derart zu gliedern, dass sich eine klare Abgrenzung der Einzel- zu den Gemeinkosten ergibt. Sie stellt gleichzeitig eine zeitliche Aufeinanderfolge der einzelnen Phasen der Durchführung der Kalkulation dar und bildet somit eine Arbeitsanleitung für die Kostenermittlung von Bauleistungen. Der folgende, stufenweise Aufbau der Kostenermittlung liegt jeder Kalkulationsgliederung zugrunde: + = + + = + + = + = Einzelkosten der Teilleistungen Gemeinkosten der Baustelle Herstellkosten Allgemeine Geschäftskosten Allgemeine Ausführungswagnisse Selbstkosten Gewinn Unternehmerwagnis Angebotssumme ohne Mehrwertsteuer Mehrwertsteuer Angebotssumme mit Mehrwertsteuer Die Selbstkosten umfassen also nicht nur Einzel- und Gemeinkosten, sondern auch Wagnisse, die mit der Ausführung verbunden sind. 307 Fallen in der Baukosten-Praxis Die Einzelkosten werden bei der Kalkulation nach Kostenarten aufgeteilt. Hierdurch läßt sich vor Abgabe des Angebotes die Kostenzusammensetzung erkennen und kontrollieren. Gleichzeitig bildet die Aufteilung der Kostenarten die Grundlage für den späteren Vergleich zwischen den Soll-Kosten der Kalkulation und den Ist-Kosten, die mit Hilfe der Betriebskosten erfasst werden. Außerdem ermöglicht die Aufteilung nach Kostenarten eine differenzierte Gemeinkostenumlage durch Zuschlagsätze unterschiedlicher Höhe. Die Lohnkosten erhalten generell den weitaus höchsten Zuschlag, die Fremdleistungen meist den geringsten Zuschlag. Die Einzelkosten sind grundsätzlich aufzuteilen nach – Lohnkosten – Sonstigen Kosten („SoKo“), vor allem Stoffkosten – Fremdleistungen – Gerätekosten Bei tieferer Untergliederung der Kostenarten können folgende Kostenarten unterschieden werden: – Lohnkosten – Stoffkosten – Vorhaltestoffe (Rüst- und Schalmaterial, Verbaumaterial) – Geräte – Fremdleistungen Eine weitere Aufteilung ist möglich, um folgende Kosten noch getrennt auszuweisen: – Betriebsstoffe – Transportkosten – Fremdgeräte-Mieten Eine solch weitgehende Unterteilung ist jedoch nur sinnvoll, wenn man sie zu Kontrolle der Richtigkeit der Kalkulation oder als Grundlage des Soll-Ist-Vergleichs benutzt. Die Gemeinkosten der Baustelle werden entsprechend ihrer Abhängigkeit von der Bauzeit in – Zeitabhängige Kosten und – Zeitunabhängige Kosten unterteilt. Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Kostenaufteilungen ergibt sich nachstehende detaillierte Kalkulationsgliederung: 308 Fallen in der Baukosten-Praxis 1. 1.1. 1.2. + = + + = + = + = 1.3. 1.4. 1.5. 2. 3. 4. 5. 6. Einzelkosten der Teilleistungen Lohnkosten Arbeiterlöhne und Aufsichtsgehälter (Polier) Gesetzl., tarifliche, freiwillige Sozialaufwendungen Lohnnebenkosten Stoffkosten Baustoffkosten Betriebsstoffkosten Hilfsstoffe Rüstungs- und Schalmaterial Gerätekosten Kosten der Fremdleistungen Baustellengemeinkosten Zeitunabhängige Kosten Kosten der Baustelleneinrichtung Baustellenausstattung Technische Bearbeitung und Kontrolle Bauwagnisse Sonderkosten Zeitabhängige Kosten Vorhaltekosten Betriebskosten Kosten der örtlichen Bauleitung Allgemeine Baukosten Herstellkosten Allgemeine Geschäftskosten Allgemeine Ausführungswagnisse Selbstkosten Gewinn und Unternehmerwagnis Angebotssumme ohne Mehrwertsteuer Umsatzsteuer Angebotssumme incl. Mehrwertsteuer Es werden also folgende Schritte durchgeführt, die zur Angebotssumme führen, in grober Vereinfachung wie folgt erklärt: 1. Ermittlung des Aufwandswertes für die jeweilige Leistung, z.B. zum Mauern von Porotonsteinen benötigt man 4,3 h/m3 (unerfahrene Kalkulatoren erhalten diesen Wert aus ihrem Kalkulationsprogramm oder der Fachliteratur). Bei 100 m3 werden also 43 Arbeitsstunden benötigt: ein Mauerer benötigt also ca. 1 Woche für die Leistung. Da aber eine Maurerkollonne üblicherweise aus 3 Mann besteht, kann die Leistung in ca. (43/3 =) 14 Stunden erledigt werden. Innerhalb dieser 14 Stunden wird der Kran insgesamt für 3 Stunden für das Heben von Steinpaketen und Mörtelkübeln benötigt. Die Krankosten sind also dieser Position zuzurechnen, ebenso wie die Steine, der Mörtel und das Gerüst anteilig für das Mauerwerk über 1,50 m Höhe. 309 Fallen in der Baukosten-Praxis 2. Der Aufwandswert wird mit dem arithmetischen Mittel des Lohnes der Kolonnenmitglieder multipliziert, wobei der Lohn schon mit Zuschlägen wie Lohnnebenkosten aus Sozialleistungen und firmenspezifischen Zusatzkosten (Auslösung etc.) versehen ist, die bei ca. 120 % des Grundlohnes liegen. 3. Die Werte aus 2 und 3 liefern dem Kalkulator also die Einzelkosten dieser spezifischen Teilleistung; es wird mit allen Leistungspositionen in dieser Art verfahren, also auch die Durchführung der Erdarbeiten zum Ausheben der Baugrube, die Betonarbeiten oder der Abbund des Dachstuhles. 4. Die Gemeinkosten der Baustelle werden ermittelt, da diese Kosten auf alle Teilleistungen umzulegen wären: der Container, in dem sich die gewerblichen Arbeitnehmer umziehen (gleichgültig ob Mauerer oder Zimmermann), und der Bauleiter, der von einem Bürocontainer aus die Baustelle überwacht, und zwar alle Gewerke. Diese Kosten können also der Höhe nach nicht einem bestimmten Gewerk zugeordnet werden, deshalb werden sie in ihrer zu erwartenden Höhe den Einzelkosten der Teilleistungen (Pkt. 3) insgesamt zugeschlagen. 5. Werden die Einzelkosten und die Gemeinkosten addiert, so erhält man die Herstellkosten aller kalkulierten Positionen der Höhe nach: der Kalkulator kennt zwar bis hierhin die Gesamtkosten, aber nicht die tatsächliche Höhe der Kosten des Mauerwerks, da die Gemeinkosten zur zum Teil auf die Mauerwerkskosten umgelegt werden. 6. In ähnlicher Form werden die Geschäftskosten addiert, also z.B. die Kosten des Hauptbüros der Bauunternehmung, die Kosten des Bauhofes oder der technischen Abteilung: dies erfolgt nach einem prozentualen Schlüssel auf die Herstellkosten und liefert dem Kalkulator in der Summe die Selbstkosten. 7. Wird dann der prozentuale Anteil für Gewinn und Wagnis addiert, so erhält man die Angebotssumme. Aus der Angebotssumme sind jedoch nicht die Kosten der Einzelpositionen erkennbar, nur die Kosten der gesamten Baumaßnahme, ihrer Überwachung und ihrer technischen Bearbeitung. Nur in Kenntnis dieser Gesamtsumme kann der Kalkulator die Kosten der Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses zurückrechnen: deshalb heisst dieses Kalkulationsverfahren „über die Endsumme“. Die Zuschläge zu den Einzelkosten der Teilleistungen werden im darauf folgenden Schritt nach einem vorgegebenen Verfahren auf den Lohn umgelegt, der Lohn wird vom Mittellohn zum Kalkulationslohn, da er alle Zuschläge enthält. Wird nun der Aufwandswert (siehe unter 1) mit dem Kalkulationslohn multipliziert, ergeben sich die Einheitspreise der Positionen nach dem bereits durchgefürten Schema unter Addition der Material-und Gerätekosten. 9. Fazit Eine seriöse und sinnhafte Kalkulation ist also nur über die Kenntnis der Höhe der Angebotssumme möglich, also „über die Endsumme“. Sind die Kosten aus den kalkulierten und umzulegenden Zuschlägen (Gemeinkosten der Baustelle, Wagnisse) hoch, wird der Kalkulationslohn hoch ausfallen und somit die Einzelpositionen entsprechend verteuern. Eine kostengünstige Durchführung einer Baumaßnahme ist also nur dann möglich,wenn der Bauherr und sein Planer (Sphäre des Auftraggebers) wissen, was gebaut werden soll, wie es gebaut werden soll, zu welchem Zeitpunkt es gebaut werden soll, wenn die technischen Vorgaben sinnhaft sind und bei Kenntnis der Örtlichkeit auch umgesetzt werden können. 310