Wenn es eng wird im Gefäß - im St. Josefskrankenhaus Heidelberg

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> Arteriosklerose
Wenn es eng wird im Gefäß
Udo K. L indner
Arteriosklerotische Veränderungen der Gefäße gehören zum Alterungsprozess des Menschen und bleiben oft lange unbemerkt. Häufig
ist der akute Infarkt das erste Symptom einer Gefäßerkrankung. Die
Folgen der Arteriosklerose stellen als kardiovaskuläre Erkrankungen
mit 55 Prozent die häufigste Todesursache in den Industrienationen
dar. Pflegezeitschrift-Autor Dr. Udo K. Lindner beschreibt im FebruarCampus die Entstehung der Arteriosklerose und verrät nebenbei, dass
es sich bei „Syndrom X“ und „Deadly Four“ nicht um Heavy-MetalBands handelt.
Das Wort Arteriosklerose kann als Gefäßverhärtung übersetzt werden, wobei die Assoziation einer „Verkalkung
der Arterien“ mit der Vorstellung von
Ablagerungen in Wasserleitungen dem
Prozess nicht entspricht.
Ältere Begriffe sprechen auch von
Atherosklerose oder Atheromatose.
Dieser Prozess scheint einerseits altersbedingt zu sein und ist im physiologischen „Aging“ jedes Menschen festgelegt. Im mittleren Lebensalter ist in den
großen Arterien eine Vermehrung von
kollagenen Fasern und Proteoglykanen
zu beobachten und Komponenten der
extrazellulären Matrix und glatte Muskelzellen vermehren sich in der Intima.
Die Funktion der Endothelzellen nimmt
dabei mit dem Alter ab. Die physiologischen Veränderungen gehen fließend
in die pathologischen Prozesse der Bildung von Plaques bei der Arteriosklerose über (Welsch 2010). In der Pathologie
der Plaques spielen intra- und extrazelluläre Lipidablagerungen eine entscheidende Rolle. Vermutlich begründet im westlichen Lebensstil lassen sich
solche „fatty streaks“ vor allem in der
Aorta bereits bei 15-Jährigen nachweisen; bei jedem dritten 30-Jährigen liegen solche Gefäßwandveränderungen
mit Schaumzellen (Makrophagen mit
Lipideinlagerungen) und cholesterinhaltigen Ablagerungen vor.
Warum die Gefäßwandveränderungen zu Verschlüssen der Arterien führen, wird in zahlreichen Hypothesen
diskutiert. Im Mittelpunkt steht die
Annahme, dass Mikroverletzungen des
Endothels und Veränderungen in der
118 Pflegezeitschrift 2014, Jg. 67, Heft 2
Zusammensetzung der Proteoglykane
am Beginn der pathologischen Prozesse
stehen. Dabei bilden sich mit fortschreitendem Alter immer größer werdende
fibröse Plaques mit glatten Muskelzellen, die aus der Media einwandern und
sich in das Gefäßlumen wölben. Für das
Entstehen akuter Ereignisse ist die Proliferation dieser Zellen durch Wachstumsfaktoren maßgeblich: Der platelet
derived growth factor (PDGF) wird von
Thrombozyten, die sich über den Mikroläsionen sammeln, und von Makrophagen freigesetzt. Im Lauf der Zeit
wird die Gefäßwand so immer dicker.
Treten vereinzelt Zellnekrosen auf,
erodiert das Endothel und die Plaques
reißen ein. Diese Hypothese wird als
„response-to-injury“ bezeichnet. Zu den
Noxen, die zur Endothelverletzung zäh-
len, gehören die mechanischen Kräfte
bei erhöhtem Blutdruck und biochemische Einwirkungen von bakteriellen Toxinen oder Antigen-Antikörper-Reaktionen mit Freisetzung von Zytokinen in
einem entzündlichen Prozess. Der Reparaturprozess, der hinter der Gerinnung
steckt, führt zur lokalen Thrombenbildung, wodurch das Gefäßlumen weiter
verengt oder total verschlossen wird. Es
kommt zum Infarkt (Piper 2013).
Charakteristisch für eine krankhaft
auftretende Arteriosklerose ist ihr Auftreten in umschriebenen Gefäßbezirken zum einen, zum anderen jedoch
ihr Vorhandensein an nahezu allen Gefäßen des Körpers. Die Arteriosklerose
ist eine Systemerkrankung, die sich an
bestimmten Organen oder Gefäßbezirken bemerkbar macht. So ist eine Arteriosklerose der Zerebralarterien von
völlig anderer klinischer Symptomatik
als eine koronare Herzerkrankung oder
eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Die Beschwerden des Patienten korrelieren hierbei nicht mit dem
Ausmaß der Verengung der Gefäße. In
der Beschreibung der Entwicklung eines Herzinfarkts von der stabilen über
die instabile Angina zum akuten Infarkt konnte dargestellt werden, dass
der akute Infarkt bei fast der Hälfte der
Patienten das erste Symptom einer Ge-
Tabelle 1: Befunde beim metabolischen Syndrom
Normbereich
Grenzbereich
Therapiebereich
BMI (kg/m²)
< 25
25–27
> 27
Blutdruck (mm Hg)
130/80
> 140/90 bis
160/100
< 160/100
Ges. Cholesterin (mg/dl)
< 200
< 250
250
HDL-Chol. (mg/dl)
> 45
35–45
< 35
LDL-Chol. (mg/dl)
< 130
130–160
> 160
Triglyzeride (mg/dl)
< 150
150–200
> 200
Glucose nüchtern
(mg/dl)
< 110
< 125
> 125
HbA1c (%)
< 6,4
<7
>7
Fibrinogen (mg/dl)
< 300
–
>300
Foto: axel kock/Fotolia
fäßerkrankung überhaupt ist. Es wurde beschrieben, dass die Ruptur einer
Plaque bei einem relativ offenen Gefäß
zu einem akuten Herzinfarkt führen
kann, während eine hochgradige Stenose klinisch weitgehend asymptomatisch bleiben kann (Lindner 2013a). Die
Folgen der Arteriosklerose stellen als
kardiovaskuläre Erkrankungen mit 55
Prozent die häufigste Todesursache in
den Industrienationen dar.
Metabolisches Syndrom
und Risikofaktoren
Heute gilt als gesichert, dass eine Vielzahl von beeinflussbaren Faktoren an
der Pathogenese der Arteriosklerose
beteiligt sind. Als wichtigste primäre
Risikofaktoren gelten:
•• arterielle Hypertonie
•• inhalatives Zigarettenrauchen
•• Fettstoffwechselstörung mit Erhöhung des LDL-Cholesterins
•• Diabetes mellitus
•• familiäre Disposition
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Arteriosklerose klinisch manifest und
bedrohlich wird, steigt mit dem gleichzeitigen Vorhandensein mehrerer Risikofaktoren an. Im Begriff „Metabolisches Syndrom“ wird die Vernetzung
dieser Risikofaktoren beschrieben. Eine
international verbindliche Definition
für dieses Syndrom, das auch als „tödliches Quartett“, „The Deadly Four“ oder
„Syndrom X“ bezeichnet wird, bzw. eine
Kodierung nach ICD10 liegen nicht vor.
Das metabolische Syndrom verknüpft
die Risiken durch den westlichen Lebensstil zu einem gemeinsamen Bild,
indem es hyperkalorische Ernährung
und Bewegungsmangel mit der Folge
von Adipositas und Insulinresistenz
(mangelnde Wirkung von Insulin am
Insulinrezeptor die zum Typ-2-Diabetes führt) als pathologische Einheit beschreibt.
Einen besonderen Stellenwert für die
Gefährdung durch Adipositas nimmt
dabei das viszerale Fettgewebe ein;
dessen Fettzellen, Adipozyten, scheinen hormonell aktiv zu sein und einen
gesteigerten Fettstoffwechsel aufzuweisen. Die Wirkung von Insulin wird
dabei herabgesetzt (Eckel 2009). Entsprechend den Kriterien verschiedener
Fachgesellschaften kann neben den genannten Risikofaktoren von einer Gefährdung ausgegangen werden, wenn
Im mittleren Lebensalter ist in den großen Arterien eine Vermehrung von
kollagenen Fasern und Proteoglykanen zu beobachten und Komponenten der
extrazellulären Matrix und glatte Muskelzellen vermehren sich in der Intima.
Die physiologischen Veränderungen gehen fließend in die pathologischen
Prozesse der Bildung von Plaques bei der Arteriosklerose über.
zusätzlich eine abdominelle Fettverteilung vorliegt: Bauchumfang bei Männern über 102 cm; bei Frauen über 88
cm (Lindner 2008). Häufig geht das Syndrom mit erhöhten Harnsäurespiegeln
(Hyperurikämie) und der Neigung zu
Gicht einher. Bei Frauen treten gehäuft
Gerinnungsstörungen mit gestörter Fibrinolyse, erhöhten Werten für Fibrinogen und eine Hyperandrogenämie auf.
Die Verknüpfung dieser Risikofaktoren
nimmt mit dem Alter zu und betrifft
derzeit ein Viertel der Bevölkerung.
Deshalb ist eine primäre Prävention
für die Senkung der kardiovaskulären
Mortalität entscheidend.
Arterielle Hypertonie. Ein erhöhter arterieller Mitteldruck wirkt mechanisch
als Scherkraft an den Endothelzellen,
wodurch Mikroläsionen gefördert
werden. Experimentell konnte nachgewiesen werden, dass das Endothel auf
erhöhten Druck mit der Bildung von
Wachstumsfaktoren und die Arterienwand mit einer Kontraktion der glatten
Muskulatur reagiert. Mit dem Verlust
der Windkesselfunktion durch Abnahme elastischer Fasern etwa ab dem 30.
Lebensjahr werden diese Mechanismen
weiter verstärkt. Der Blutdruck ist die
Kraft, die auf die Gefäßwand wirkt. Er
entsteht als peripherer Widerstand in
der Mikrozirkulation und wird über
den Sympathikus und Angiotensin II
durch Aktivierung der präkapillären
Sphinktermuskeln im Stromgebiet der
Arteriolen und das Blutvolumen geregelt. Eine Hypertonie liegt nach der
WHO vor, wenn der systolische Blutdruck über 140 und der diastolische
Blutdruck über 90 mm Hg erhöht sind.
Daten der Framingham-Studie, einer
epidemiologischen Beobachtung die in
einer Stadt westlich von Boston/Massachusetts seit über 60 Jahren kontinuierlich durchgeführt wird, zeigen deutlich,
dass die mittlere Lebenserwartung mit
der Höhe des Blutdrucks korreliert bzw.
die genetisch bestimmte Lebensdauer
verkürzt wird (Lindner 2010). Wenn
sekundäre Ursachen einer Hypertonie
ausgeschlossen sind, liegt eine essenzielle Hypertonie vor. Begünstigende
Faktoren eines erhöhten Blutdrucks
sind neben unbewältigtem psychosozialem Stress die erhöhte Zufuhr von
Koffein (über sechs Tassen pro Tag),
Rauchen, Alkoholkonsum (mehr als ein
Glas Wein bzw. ein Bier entsprechend
mehr als 30g Alkohol am Tag), Übergewicht (>Body Mass Index II) und eine
erhöhte Kochsalzzufuhr über sechs
Gramm täglich. Durch Reduktion des
Gewichtes um ein Kilogramm kann der
diastolische Blutdruck durchschnittlich
um zwei mmHg reduziert werden.
Zigarettenrauchen. Es gilt heute als
gesichert, dass Rauchen bei Frauen
gegenüber Männern nahezu doppelt
so gefährlich ist. Die kardiovaskuläre
Mortalität erhöht sich beim Rauchen
von zehn Zigaretten täglich bei Män-
Pflegezeitschrift 2014, Jg. 67, Heft 2
119 Tabelle 2: Unterschiede der Lipoproteine
Chylomikronen
VLDL
LDL
HDL
Triglyzeride (µg)
0,86
0,55
0,06
0,04
Cholesterin (µg)
0,05
0,19
0,5
0,19
Phospholipide (µg)
0,07
0,18
0,22
0,3
Proteine (µg)
0,02
0,08
0,22
0,47
Durchmesser (nm)
80–500
50
20
10
Chylomikronen: Nach der Emulgierung durch die Galle bekommen Fette eine negative Ladung mit der Folge einer enzymatischen Hydrolyse durch die Pankreaslipase. Dabei werden die Fettmoleküle immer kleiner und die resorbierbaren Mizellen entstehen. In der Schleimhaut des Dünndarms werden die Mizellen weiter zu Lipoporteinen metabolisiert und als Chylomikronen
in das Lymphgefäßsystem abgegeben. (VLDL: Very Low Density Liporotein, LDL: Low Density Liporotein, HDL: High Density
Liporotein)
nern um rund 18 Prozent, bei Frauen
aber – so die eindrucksvollen Zahlen
der Nurses Health Studie von 1976 und
1989 – um rund 31 Prozent! Nikotin hat
eine direkt schädigende Wirkung auf
die Endothelzellen. Es fördert die Aggregation der Thrombozyten und führt zu
einem Anstieg des Gerinnungsproteins
Fibrinogen. Hier ist Rauchen besonders
gefährdend im Zusammenhang mit
dem individuellen Fibrinogenwert. Bei
über 300 mg/dl im Blut wird die Thrombozytenaktivität und ihre Aggregationsfähigkeit am Endothel signifikant
erhöht. Gleichzeitig scheint es zu einer
Verdickung der Media der Gefäße zu
kommen. Die Trias aus erhöhtem Fibrinogenspiegel, Zigarettenrauchen und
die Einnahme oraler Antikonzeptiva
wird als sehr hohes Risiko gewertet.
Fettstoffwechselstörung. Für die Beschreibung der Regulation des Cholesterin-Stoffwechsels wurde 1985 der
Medizinnobelpreis an Josef L. Goldstein
verliehen. Er fand erstmals, dass LDLCholesterin durch Makrophagen aufgenommen und in Schaumzellen umgewandelt wird. Die oxidierte Form des
LDL-Moleküls gilt als eigentlicher Initiator des arteriosklerotischen Prozesses:
Vermehrt wird das Protein Endothelin
gebildet; es übt eine starke vasokonstringierende Wirkung auf die Gefäße
aus und inaktiviert die gefäßerschlaffenden Faktoren wie NO (Stickstoffmonoxid) und EDRF (Endothelial derived
releasing factor). Die Schaumzellen
selbst lösen eine Entzündungsreaktion
aus, die auf die Media des Gefäßes übergreift. In das Gefäßlumen wölbt sich,
wie oben beschrieben, allmählich eine
Plaque mit einem Mantel aus Bindege-
120 Pflegezeitschrift 2014, Jg. 67, Heft 2
webe und einem Kern aus Lipiden, vor
allem oxidierte LDL-Partikel, vor. Rupturiert die Plaque, wird die Gerinnung
aktiviert und das Gefäß kann durch den
fibrinösen Thrombus ganz oder inkomplett verschlossen werden.
Gegenüber dem schützenden HDLCholesterin sind die atherogenen VLDLund LDL-Cholesterinmoleküle zwei- bis
fünfmal so groß und weisen weniger
als 50 Prozent Eiweißanteil auf. Die Differenzierung der Cholesterinfraktionen
ist über die Ultrazentrifugation möglich. Die Eiweißanteile der Lipide lassen
als Apoproteine mit unterschiedlichen
Aminosäurensequenzen und günstigen
wie ungünstigen Eigenschaften für das
Endothel differenzieren (Kasper 2009).
Bei einer Störung des Fettstoffwechsels (Dyslipoproteinämie) spielen neben der Erhöhung des LDL-Cholesterins
besonders die Lipoproteine Apo A und
Apo B-48 eine entscheidend pathogene
Rolle. Beim Lipoprotein-a (Apo a) liegt
eine cholesterinreiche Sonderform vor,
deren Nachweis stringent mit arteriosklerotischen Komplikationen, vor allem mit dem Koronarsyndrom, einhergeht. Die Vermehrung der Lipoproteine
im Plasma wird als Hyperlipoproteinämie bezeichnet und nach Frederickson
in vier Typen unterteilt. Mit bis zu 80
Prozent kommt Typ IV am häufigsten
vor; hierbei sind die Werte für Triglyzeride bei nur leicht gesteigertem
Cholesterin deutlich erhöht. Da Kohlenhydrate in der Leber in Triglyzeride
umgebaut werden, spricht man auch
von einer kohlenhydratinduzierten Hyperlipidämie. In bis zu 25 Prozent geht
die klinisch manifeste Arteriosklerose
mit Typ II einher: Beim Typ IIa sind die
LDL-Liporoteine erhöht, beim Typ IIb
zusätzlich die VLDL-Fraktionen. Ein um
ein Prozent höheres Gesamtcholesterin
im Serum erhöht das koronare Risiko
um rund ein Prozent. Der Zusammenhang zwischen einer Hyperlipoproteinämie und der koronaren Herzerkrankung, KHK, ist in den letzten 40 Jahren
durch multinationale Untersuchungen
eindeutig dokumentiert worden. Die
Zehnjahresmortalität der KHK beträgt
bei einem Serumcholesterin von rund
200 mg/dl etwa den Faktor zwei, steigt
aber bei einem Wert von 300 mg/dl auf
das neunfache an.
Diabetes mellitus. Bei lang anhaltendem Diabetes mellitus sind als Spätkomplikationen bei erhöhtem HbA1c
zahlreiche Mikro- und Makroangiopathien bekannt. Hierbei spielen die
osmotischen Kräfte bei erhöhtem Blutzuckerspiegel im zirkulierenden Blut
ebenso eine Rolle wie der erhöhte Insulinspiegel in der Anfangszeit des Typ II
Diabetes. Erhöhte Zuckerwerte führen
zu einer vermehrten Wachstumsrate der Endothelzellen und senken die
Entspannung der Gefäße. Mit einer
erhöhten Freisetzung von Endothelin
kommt es zu einer Gefäßkonstriktion
in der Endstrombahn und damit zu einer Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes, also dem Blutdruck. Durch
Insulin selbst werden die Gefäßwände
dicker und die Neigung der Gefäßwand,
LDL-Cholesterin aufzunehmen, wird
unterstützt. Als Zeitbombe muss das
Vorhandensein eines manifesten Diabetes mellitus Typ 2 genannt werden,
da dieser das Risiko eines Gefäßverschlusses um über 500 Prozent steigert!
Besonders Patientinnen mit Diabetes
sind von der koronaren Herzerkran-
Kasten 1: Stadien der paVK nach
Fontaine
•• Stadium I: Der Patient hat keine Beschwerden, sondern weist allenfalls
untypische Störungen, wie Kältegefühl oder Mißempfindungen auf
•• Stadium II (Claudicatio intermittens): II a Gehstrecke > 200 m; II b
Gehstrecke < 200 m
•• Stadium III: Schmerzen treten in
Ruhe auf
•• Stadium IV: Nekrosen liegen vor
Foto: Gina Sanders/Fotolia
kung bedroht (Lindner 2013b). Jeder
zweite Patient mit Diabetes mellitus
verstirbt am Myokardinfarkt.
Familiäre Disposition. Männliches Geschlecht (> 50 Jahre) gilt ebenso als primärer Risikofaktor wie gehäuft in der
direkten Verwandtschaft auftretende
Herzinfarkte.
Sekundäre Risikofaktoren. Liegen
primäre Risikofaktoren vor, steigern
sekundäre Risikofaktoren das arteriosklerotische Risiko, während bei ihrem
Auftreten allein kein erhöhtes Risiko
bewiesen ist. Hierzu gehören das Alter,
Übergewicht, Bewegungsmangel, eine
Niereninsuffizienz, Hyperurikämie,
erhöhte Homozysteinspiegel, Hyperthyreose und Immunkomplexstörungen wie zum Beispiel die rheumatoide
Arthritis. Die schützende Wirkung des
Östrogens gegen Arteriosklerose wird
kontrovers diskutiert. Dies trifft auch
für die Frage der „Persönlichkeit“ zu.
Stress ist keine Ursache der Arteriosklerose, sondern allenfalls eine letzte
Überforderung des bereits geschädigten Gefäßsystems.
Koronarsyndrom. Die Erkrankung der
Herzkranzgefäße stellt die häufigste
Todesursache in den westlichen Ländern dar. An den Folgen von Herzinfarkt
oder unmittelbar durch Erkrankungen
der Koronargefäße sterben Jahr für Jahr
rund 330.000 Menschen in Deutschland.
Fast jeder vierte Mann unter 65 Jahren
weist eine Arteriosklerose auf, wobei
diese sich in 80 Prozent an den Koronargefäßen abspielt. Mit steigendem
Alter nimmt auch die klinische Symptomatik der koronaren Herzerkrankung
zu. Besonders dramatisch ist, dass jeder
zweite Mann erstmals durch einen akuten Herzinfarkt von seiner Erkrankung
Es gilt heute als gesichert, dass Rauchen bei Frauen nahezu doppelt so gefährlich
ist. Die kardiovaskuläre Mortalität erhöht sich beim Rauchen von zehn Zigaretten
täglich bei Frauen um rund 31 Prozent (bei Männern um 18 Prozent)!
erfährt; bei den Frauen ist es jede dritte
(Lindner 2013a).
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK). Bei den degenerativen
Gefäßerkrankungen spielt die periphere arterielle Verschlusserkrankung
(paVK) eine große Rolle. Sie beschreibt
die Manifestation der Arteriosklerose vor allem im Bereich der Aorta (35
Prozent) und der großen Becken und
Beinarterien (50 Prozent), seltener im
Bereich des Unterschenkels (peripherer
Typ, 15 Prozent) oder des Schultergürtels. Die Erkrankung macht sich erst im
fortgeschrittenen Stadium bemerkbar;
wahrscheinlich sind doppelt so viele
Patienten wie klinisch bekannt von der
Erkrankung befallen. Männer erkranken etwa fünfmal so oft wie Frauen.
Die Symptome sind belastungsabhängige Schmerzen und Nekrosen. Für die
arteriellen Durchblutungsstörungen ist
typisch, dass die Schmerzen bei Ruhe
sofort abklingen. Schmerzen, die unter
Ruhebedingungen auftreten, bessern
sich, wenn der Patient das Bein herabhängen lässt. Die Haut der Beine wird
dann eher zyanotisch während sie sich
bei Hochlagerung blass verfärbt. Der
Schweregrad wird nach Fontaine in vier
Stadien eingeteilt; Stadium II wird auch
als Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit) bezeichnet. <<
Literatur
Eckel R. (2009) Das metabolische Syndrom.
In: Harrion’s Principles of Internal Medicine.
McGraw-Hill.
Kasper H. (2009) Ernährungsmedizin und
Diätetik. Urban & Fischer.
Lindner U.K. (2008) Gesundheitsstörungen
erkennen und verstehen: Leitmerkmal Gewichtszunahme. Pflegezeitschrift 61,
S. 588–590.
Lindner U.K. (2010) Gesundheitsstörungen
erkennen und verstehen: Leitmerkmal Bluthochdruck. Pflegezeitschrift 63, S. 436–438.
Lindner U.K. (2013a) Das Koronarsyndrom.
Pflegezeitschrift 66, S. 50–52.
Lindner U.K. (2013b) Zivilisationskrankheit
Diabetes mellitus. Pflegezeitschrift 66,
S. 298–300.
Piper W. (2013) Innere Medizin. Springer
Verlag.
Welsch U. (2010) Lehrbuch Histologie. Urban
& Fischer.
Autorenkontakt:
Dr. med. Udo K. Lindner, Arzt für Innere
Medizin ist Dozent in der Gesundheitsund Krankenpflegeausbildung.
Kontakt: Herrenweg 56, 69151 Neckargemünd, E-Mail: [email protected]
Pflegezeitschrift 2014, Jg. 67, Heft 2
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