Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen Im Folgenden werden zwei Studien vorgestellt, die die Häufigkeit von Herzerkrankungen und die Umsetzung diagnostischer und therapeutischer Grundsätze in der Praxis untersuchen. Gibt es eine optimale Therapie der chronischen Herzinsuffizienz? F.K. Bohn, Tierärztl. Umschau 51, 647-654 (10/1996) In einer klinischen Studie wurden 112 Hunde einer vollständigen kardiovaskulären Untersuchung unterzogen. Diese setzte sich aus Anamnese, Palpation, Auskultation, EKG, Röntgen und Echokardiographie zusammen. Die Untersuchungsergebnisse wurden nach Rasse, Alter, Geschlecht, Körpergewicht und Diagnose geordnet und dokumentiert. Von den 112 untersuchten Hunden zeigten 61 (54,36%) eine erworbene Herzerkrankung. Davon entfielen 56 auf eine chronische Klappenerkrankung mit Mitralregurgitation (MR) infolge Mitralinsuffizienz und 5 auf einen Perikarderguss. 18 der 112 Hunde (16,07%) hatten angeborene Herzerkrankungen (14 Subaortenstenosen, 2 persitierende Ductus arteriosus, 1 Pulmonalstenose und 1 Ventrikelseptumdefekt). Keine erkennbaren Zeichen einer Herzerkrankung ließen sich bei 33 Hunden feststellen (29,46%). Von den 56 Hunden mit einer chronischen Klappenerkrankung (s.o.) zeigten 15 Tiere den Schweregrad II. 41 Tiere wiesen Schweregrade III (n=31) und IV (n=10) verbunden mit einer dilatativen Kardiomyopathie auf. Bei diesen 41 Tieren kommen nach Empfehlung des Autors außer körperlicher Schonung und kochsalzarmer Diät eine Reihe symptomatischer Behandlungsmöglichkeiten in Frage: ACE-Hemmer • Indikation: chronische Klappenerkrankung mit Mitralregurgitation III und IV und dilatativer Kardiomyopathie. • Die Dosierung sollte entsprechend der Wirkungsbreite flexibel gesteuert werden. 03/2004 www.intervet.de 1/3 Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen Diuretika ohne/mit Glyceroltrinitrat • Zur Senkung eines erhöhten Füllungsdrucks und Minderung kardialer Ödeme, Verwendung v.a. des schnellwirksamen Furosemids. • Glycerolnitrat fördert die Blutversorgung des Myokards. Herzglykoside • Nutzung der positiv inotropen Wirkung bei dilatativer Kardiomyopathie, i.d.R. Verwendung von Digoxin. • Die Kontrolle des Nierenprofils ist angeraten. • Kein Einsatz bei hypertropher Kardiomyopathie, Perikarderguss oder als Prophylaxe. Betablocker • Bei hypertropher Kardiomyopathie (z.B. Subaortenstenose), wenn noch keine Stauungsinsuffizienz besteht (z.B. Propranolol). Der Autor zieht aus seinen Erfahrungen und Untersuchungen folgende kritische Schlussfolgerung: Eine optimale kardiovaskuläre Therapie ist ohne eine gründliche Diagnostik nicht möglich! Es gibt keine einfach Diagnostik oder Therapie in der Kardiologie. Zusammengefasste Aspekte bei einem kardiovaskulär untersuchten und vorbehandelten Hundekollektiv F.K. Bohn, Tierärztl. Umschau 53, 156-160 (3/1998) Kardiovaskulär untersucht wurde ein nicht selektiertes, aber vorbehandeltes Hundekollektiv von 100 Hunden. Die Hunde waren überwiegend mit positiv inotropen Medikamenten vorbehandelt (n=85). Die durchgeführte Untersuchung umfasste Anamneseerhebung, Palpation, Auskultation, EKG, Röntgen und Echokardiographie. Die 100 untersuchten Hunde wurden in 3 Gruppen eingeteilt: Gruppe 1: mit Digoxin vorbehandelt (n=66) Gruppe 2: mit ACE-Hemmer vorbehandelt (n=19) Gruppe 3: mit anderen herzwirksamen Mitteln vorbehandelt (n=15) 03/2004 www.intervet.de 2/3 Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen Bei der kardiovaskulären Untersuchung wurden 45 Hunde mit erworbener kardiovaskulärer Erkrankung (Mitralregurgitationen (MR) + dilatative Kardiomyopathie (DCM) Stadium III oder IV) ermittelt. Bei 55 vorbehandelten Tieren bestand keine erkennbare Herzerkrankung bzw. keine zwingende Indikation (MR Stadium I/II) für den Einsatz von Medikamenten mit positiv inotroper Wirkung. Von den 85 mit Digoxin bzw. ACE-Hemmern vorbehandelten Hunden zeigten 18 keine erkennbaren Anzeichen einer Herzerkrankung (Digoxin: 14, ACE-Hemmer: 4). Mitralregurgitationen (MR) im Stadium I oder II lagen bei 22 dieser 85 Hunde vor (Digoxin: 15, ACE-Hemmer: 7). Bei 14 Hunde war die Ursache für ein Kollabieren entweder eine Wirbelsäulen-Spondylose (n=6) oder es bestanden Anzeichen einer Epilepsie (n=8). Davon hatten 10 Hunde keine klinisch erkennbaren Herzschäden. Diese Feldstudie zeigt, dass viele Hunde ohne strenge Indikation mit positiv inotropen Medikamenten behandelt werden. Von 66 mit Digoxin vorbehandelten Hunden war bei 37 (56%) der Einsatz von Digoxin tatsächlich indiziert, während bei 29 (44%) die Digitalisierung unnötig war. Bei 19 Hunden wurden ACE-Hemmer eingesetzt, die jedoch nur bei 8 (42%) indiziert waren. Nach Angaben des Autors war die durchgeführte Diagnostik der 85 positiv inotrop vorbehandelten Hunde bei 45 (53%) ausreichend und die Therapie indiziert. Bei 22 Hunden (25,9%) war die eingeleitete Therapie weder kunstgerecht noch indiziert und bei 18 (21,1%) war die Diagnose nicht korrekt. Somit bestand für den Einsatz von Kardiaka keine Indikation. Der Autor kritisiert eine unzureichende terminologische Erfassung der Befunde, insbesondere bei Auskultation und Röntgen, sowie eine unvollständige oder nicht korrekte Analyse der elektrokardiographischen Registrierung. Auf die röntgenologische, elektrokardiographische und echokardiograpische Untersuchung sei häufig verzichtet worden. Daraus zieht der Autor den Schluss, dass schon bei der Auskultation des Herzens in der tierärztlichen Praxis großer Nachholbedarf besteht. Er sieht einen Bedarf für bessere und vor allem in der Praxis anwendbare Kenntnisse und Erfahrungen. Es sei keineswegs der Fall, dass die kardiovaskuläre Untersuchung „nur ein ausgeklügeltes Verfahren“ darstelle, das in der tierärztlichen Praxis vereinfacht werden könne, um zu einer vernünftigen diagnostischen Grundlage für eine Therapie zu kommen. 03/2004 www.intervet.de 3/3