Seite 1 Gliederung der Vorlesung Vorlesung 1 (27.Okt.): Vorlesung 2 (10. Nov.): Vorlesung 3 (24. Nov.): Grundlagen Geldpolitik und Zeitinkonsistenz Fiskalpolitik und Staatsverschuldung Vorlesung 4 (8. Dez.): Regulierung und die aktuelle Finanzkrise Vorlesung 5 (12. Jan): Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit Vorlesung 6 (19.Jan): Wachstum, Humankapital und Wissen Vorlesung 7 (heute): Regulierungs- und Wettbewerbspolitik Am 09.Februar ist eine Probeklausur (2h) sowie eine Übung zur Vorlesung 7 (2h). Seite 2 Vorlesung 7 - Überblick 7.1 Marktallokation und Marktversagen 7.2 Regulierung von Märkten 7.3 Deregulierung 7.4 Marktmacht und Wettbewerbspolitik 7.5 Fallbeispiel: Regulierung und Deregulierung im deutschen Telekomsektor Seite 3 7. 1 Marktallokation und Marktversagen Voraussetzungen für einen vollkommenen Markt • Homogenität des Gutes • Vollständige Information aller Marktteilnehmer • Keine Unteilbarkeiten in der Produktion • Übereinstimmung individueller und gesellschaftlicher Nutzen und Kosten Bedingungen für vollständige Konkurrenz • Vollkommener Markt • Große Zahl von Anbietern und Nachfragern (keine Marktmacht) Seite 4 Wohlfahrtsanalyse kompetitiver Gleichgewichte • Partialanalyse: Im Konkurrenzgleichgewicht ist die Summe aus Konsumentenrente (KR) und Produzentenrente (PR) maximal. • Dies gilt allgemeiner: Jedes kompetitive Marktgleichgewicht ist Pareto-effizient (1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik) Seite 5 Marktallokation und Marktversagen Das Marktgleichgewicht bei vollständiger Konkurrenz dient als Referenzmodell, um wirtschaftspolitische Eingriffe unter allokativen Gesichtspunkten zu rechtfertigen Sie werden relevant im Fall von Marktversagen, wenn die Effizienz der Marktallokation gestört ist Dies ist z.B. der Fall: • wenn das Marktgleichgewicht instabil ist • Wenn ein Marktgleichgewicht nicht existiert • wenn kein vollkommener Markt vorliegt • wenn Marktmacht auftritt Mögliche Marktfehler Seite 6 Abweichungen vom vollkommenen Markt: Externalitäten • Aufgrund technologischer Externalitäten bestehen Interdependenzen zwischen den individuellen Nutzen- oder Kostenfunktionen, die nicht in der Marktpreisbildung berücksichtigt werden. • Die privaten Grenznutzen und -kosten stimmen im Gleichgewicht nicht mit den gesellschaftlichen (sozialen) Grenznutzen und -kosten überein. • Technologische Externalitäten finden sich prinzipiell auf allen Märkten und bieten damit eine beliebte Rechtfertigung für wirtschaftspolitische Eingriffe zur Korrektur von Marktversagen Aber: – Unklar bleibt oft, wie gesellschaftliche Nutzen und Kosten konkret zu messen sind – Ökonomisch sinnvoll ist es in jedem Fall, bei einer angestrebten Korrektur externer Effekte die Grenzkosten der Korrektur mit den Grenzschäden bei Nicht-Korrektur zu vergleichen. Seite 7 Beispiel: Negative Externalitäten in der Produktion durch Umweltschäden Gesellschaftliche Grenzkosten Private Grenzkosten Ergebnis: Das private Angebot ist größer als gesellschaftlich sinnvoll Seite 8 Abweichungen vom vollkommenen Markt: Marktmacht • Unteilbarkeiten und zunehmende Skalenerträge können zum Auftreten „natürlicher Monopole“ führen - Bei Produktionsprozessen mit hohen Fixkosten sinken in der Regel die Durchschnittskosten der Produktion bei wachsender Angebotsmenge. - Größere Anbieter können damit immer billiger anbieten als kleinere. - Da die Grenzkosten bei sinkenden Durchschnittskosten immer unter den Durchschnittskosten liegen, führt eine Preisbildung nach Grenzkosten zu Defiziten. - Damit besteht die Gefahr, dass große Anbieter ihre Marktmacht nutzen, um kleine Anbieter zu verdrängen und als natürliches Monopol zu agieren. Seite 9 Beispiel : Zunehmende Skalenerträge u. natürliche Monopole Natürliches Monopol: Der größte Anbieter hat die geringsten Stückkosten Seite 10 7.2 Regulierung von Märkten Marktversagen dient zur Rechtfertigung vielfältiger wirtschaftspolitischer Eingriffe zur Regulierung von Märkten • Beispiele: - Regulierung von Preisen und Mengen - Einführung spezieller Steuern oder Subventionen - Verstaatlichung von Anbietern und/oder Angebot öffentlicher Güter - Veränderung rechtlicher Rahmenbedingungen auf privaten Märkten • Probleme der Regulierung: - Regulierungen können neue allokative Verzerrungen und damit neue wirtschaftspolitische Probleme verursachen - Kosten der Regulierung müssen mit ihren Nutzen verglichen werden - Bei bestimmten Fällen von Marktversagen reicht es aus, wenn der Staat die Aktivitäten der privaten Marktteilnehmer zur Verbesserung der allokativen Effizienz unterstützt. Damit bestehen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Deregulierung Seite 11 1. Preisregulierung zur Marktstabilisierung • Staatliche festgesetzte Preise können als Höchst- oder Mindestpreise wirken. p Abb.1 S • Höchstpreise (Abb.1) können einen dauerhaften Nachfrageüberhang induzieren, Mindestpreise (Abb.2) können zu einem Angebotsüberhang führen. p • Häufig führt die Preisregulierung daher zu weiteren Maßnahmen, die Angebotsund Nachfrageüberhänge verhindern sollen, z.B. staatliche An- oder Verkäufe (Interventionen) oder Mengenregulierungen (Rationierungen, Quotierungen) D q Abb.2 S D q Seite 12 2. Preisregulierung bei natürlichen Monopolen • Wie lassen sich die Kostenvorteile zunehmender Skalenerträge für die Verbraucher nutzbar machen, ohne bei den Anbietern dauerhafte Defizite zu verursachen? - Kostenorientierte Preisregulierung - Renditeorientierte Preisregulierung - Preisobergrenzen-Regulierung Seite 13 Kostenorientierte Preisregulierung: (a) Cost-plus regulation • Zur Verhinderung von Monopolpreisen werden Preise vorgeschrieben, die sich an den Produktionskosten orientieren • Probleme: - Fehlende Informationen der Regulierungsbehörde über die tatstsächliche Kostenstruktur der privaten Anbieter - Fehlender Anreiz zur Kostensenkung durch Innovationen - Es entstehen neue allokative Verzerrungen, die weitere staatliche Eingriffe notwendig machen Seite 14 Kostenorientierte Preisregulierung: (b) Preisregulierung mit zweistufigen Tarifen • Grundidee: - Grundgebühr soll Fixkosten decken, verbrauchsabhängige Komponente die variablen Kosten - Weiterverkauf zwischen den Abnehmern muss unterbunden werden - Grundgebühr darf nicht höher sein als maximale Zahlungsbereitschaft eines Nachfragers - Regulierungsbehörde muss Kosten- und Investitionskontrollen durchführen. • Problematik der Regulierung mit Grenzkostenpreisen - Die Ermittlung langfristiger Grenzkosten ist schwierig - Die Preisregulierung muss durch Investitionsvorschriften und Qualitätsvorgaben ergänzt werden - Defizite müssen durch staatliche Subventionen gedeckt werden. Seite 15 Renditeorientierte Preisregulierung (rate-of-return-regulation) • Staatlich bewilligte Preise sollen dem Unternehmen Gewinne sichern, die eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals gewährleisten. • Notwendig zur Berechnung der angemessenen Kapitalrendite sind verlässliche Informationen über das eingesetzte Kapital. • Bei Renditeregulierung besteht ein klarer Anreiz zur Fehlallokation von Ressourcen: Da höherer Kapitaleinsatz die absoluten Erträge erhöht, wird die Produktion kapitalintensiver als eigentlich notwendig (Averch-JohnsonEffekt). Seite 16 Preisobergrenzen-Regulierung (price-cap-regulation) • Veränderungen der bewilligten Preise orientieren sich nicht nur an Kosten des regulierten Unternehmens, sondern auch an allgemeinen Entwicklungstrends (Inflationsrate, Produktivitätsentwicklung in vergleichbaren Unternehmen oder Branchen) • Stärkerer Anreiz zur Kostensenkung durch Innovationen • Gegebenfalls besteht die Notwendigkeit zur staatlichen Qualitätskontrolle bei den erbrachten Leistungen Seite 17 3. Steuern oder Subventionen zur Korrektur von Marktversagen • Nach Artur Cecil Pigou sollten die privaten und sozialen Grenznutzen bzw. Grenzkosten durch korrigierende Steuern und Subventionen angeglichen werden. • Ansatzpunkt der Pigou-Lösung sind im Prinzip alle Determinanten von Angebot und Nachfrage (Bsp.: Öko-, Mineralöl-, Kfz-Steuer). • Die Anpassung an die veränderten Preise bleibt den Marktteilnehmern selbst überlassen und erfolgt daher nach Effizienzgesichtspunkten. • Die Pigou-Lösung fördert Innovationen zur Vermeidung von Übernutzung bzw. Unterversorgung Seite 18 Beispiel: Wirkung einer Pigou-Steuer Seite 19 Beispiel: Wirkung der Pigou-Steuer bei negativen Externalitäten in der Produktion - Einführung einer Verbrauchsteuer wirkt wie die Preiserhöhung eines „normalen“ Produktionsfaktors: der Input „Umwelt“ bekommt einen Preis! - Unternehmen weichen auf umweltfreundlichere Produktion aus - Probleme: o Zur genauen Berechung der Steuer- und Subventionssätze müssen die genaue Höhe der Externalität bekannt sein. Da dies nicht der Fall ist, bestehen erhebliche Bewertungsspielräume o Der adminstrative Aufwand der Erhebung von Steuern und der Zahlung von Subventionen ist zu berücksichtigen. Seite 20 4. Staatliches Angebot u. staatliches Ordnungsrecht Instrumente: Nachfragezwang, Nachfrageverbot, Produktionsoder Nutzungsauflagen • Tätigkeit staatlicher Versicherungen und Banken soll die Versorgung auf Märkten mit asymmetrischen Informationen sicher stellen • Verstaatlichung „natürlicher Monopole“ soll optimale Versorgung der Verbraucher sicher stellen. (Energieversorgung, Eisenbahn, Telekom) • Staatlicher Nachfragezwang (z.B. Schulpflicht, Versicherungspflicht) oder staatliches Nachfrageverbot (bei Drogen) soll Verbraucher vor ihrem eigenen irrationalen Verhalten schützen • Produktions- oder Nutzungsauflagen sollen die Über- oder Unterversorgung bei technologischen Externalitäten begrenzen. • Problem: Hoher Verwaltungs- und Kontrollaufwand, keine Anreize für Innovationen Seite 21 5. Bereitstellung öffentlicher Güter • Sind die technologischen Externalitäten auf der Nachfrageseite hoch und ist der Ausschluss einzelner Nutzer von der Nachfrage nicht oder nur unter großen Kosten möglich, so ist ein kollektives Angebot der betreffenden Güter sinnvoll • Beispiel Landesverteidigung • Das optimale Angebot an kollektiv genutzten Gütern ist dann erreicht, wenn die Grenzkosten der Bereitstellung des Gutes der Summe der individuellen Grenznutzen der Nutzer entspricht (Regel von Samuelson): Seite 22 7.3 Deregulierung Grenzen staatlicher Regulierung • Theorie des Marktversagen bietet zu viele Rechtfertigungen für staatliches Eingreifen • Unzureichende Informationen für Tätigkeit von Regulierungsbehörden • Unabsehbare Folgen und hohe Folgekosten bei Eingriffen in einzelne Märkte (Gefahr kumulativer Interventionen) • Umfassende Marktregulierung gefährdet die Funktionsfähigkeit der marktwirtschaftlichen Allokation • Daher intensive Diskussion über Möglichkeiten der Deregulierung: Wie können private Märkte selbst mit möglichem Marktversagen umgehen, so dass die Effizienz der Marktallokation erhalten bleibt. Seite 23 Deregulierung: Grundlegende Einsichten • Auf privaten Märkten wird nicht nur über Preise und Mengen, sondern auch über Qualität, Vertragslänge ect. verhandelt • Außer den tatsächlich vorhandenen Marktteilnehmer ist das Verhalten potenzieller Marktteilnehmer zu berücksichtigen • Der Staat kann die Effizienz der Marktallokation auch dadurch stärken, dass er die rechtlichen Rahmenbedingungen des Markttauschs klar definiert Seite 24 1. Maßnahmen auf Märkten mit asymmetrischer Information Bessere Klärung der Qualitätseigenschaften auf Märkten mit asymmetrischer Information • Marktliche Reaktionen zur Beschränkung opportunistischen Verhaltens - Bereitstellung zusätzlicher Informationen für die weniger informierte Marktseite (Screening) durch Selbstinformation oder durch die Einschaltung Dritter - Verbesserung der Glaubwürdigkeit der besser informierten Marktseite (Signaling) durch Garantieversprechen, Standardisierung oder Risikoteilung • Staatliche Unterstützung von Screening und Signaling - Bereitstellung von Produktinformationen durch den Staat - Verpflichtung von Anbietern bzw. Nachfragern zur genauen Produktinformation und zur Übernahme von Garantien - Einführung von gesetzlichen Mindeststandards und Marktzulassungsbeschränkungen Seite 25 2. Beschränkung natürlicher Monopole durch Bestreitbarkeit des Marktes Sofern die fixen Kosten keine sunk cost sind, können neue Anbieter in den Markt eintreten, bis kein Gewinn mehr erzielt wird. Seite 26 Beschränkung natürlicher Monopole durch Bestreitbarkeit des Marktes (f.) • Staatliche Förderung der Bestreitbarkeit - Abgrenzung zwischen bestreitbaren und nicht-bestreitbaren Märkten nach der Höhe der sunk costs (Beispiele: Luftverkehrs- und Eisenbahnsektor) - Abbau von Marktzutrittsbeschränkungen auf den contestable markets - Förderung von Substitutionskonkurrenz Seite 27 3. Internalisierung externer Effekte durch Haftungsrecht • Umfassende und jederzeit durchsetzbare Haftungsregeln, die auf dem Verursacherprinzip aufbauen, würden die Externalitäten beseitigen. • Das Haftungsrecht soll wirkungsvolle Anreize zur frühzeitigen Schadenverhinderung schaffen (Bsp.: Umwelthaftungsrecht von 1991). • Größere Anreize schafft das Prinzip der Gefährdungshaftung mit einer generellen Ersatzpflicht für alle Schäden. • Geringere Anreize schafft das Prinzip der Verschuldenshaftung, nach dem kein Ersatz anfällt, wenn der Schaden weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt wurde. Seite 28 4. Internalisierung externer Effekte durch Verhandlungen • Nach Ronald Coase kann es eine effiziente Internalisierung auch allein durch rein private Verhandlungen zwischen Betroffenen geben. • Die Coase-Lösung ist unabhängig von der Verteilung der Haftungsrechte, die Rechte müssen nur eindeutig zugeordnet sein. • Wenn keine Schadenshaftung besteht, hat der Geschädigte einen Anreiz, den Schädiger durch Zahlung eines Transfers zu einer Verringerung der Schädigung zu bewegen. • Wenn eine vollständige Schadenshaftung existiert, hat der Schädiger einen Anreiz, dem Geschädigten durch die Zahlung eines Transfers das Recht der Schädigung abzukaufen. • In beiden Varianten ist ein gesellschaftlicher Wohlfahrtsgewinn möglich, ohne dass der Staat auf den Verlauf der Verhandlungen direkten Einfluss nimmt. • Innovations- und Gerechtigkeitsüberlegungen sprechen für den Vorrang der Schadenshaftung Seite 29 Internalisierung externer Effekte durch Verhandlungen f. Verhandlungen ohne Haftung des Schädigers Verhandlungen mit Haftung des Schädigers Seite 30 Internalisierung externer Effekte durch Verhandlungen f. • Eine Konkretisierung der Coase-Lösung erfolgt durch die Zuteilung von handelbaren Schädigungsrechten (Zertifikaten) an die Verursacher: - Die Schädiger erhalten handelbare Eigentumsrechte an dem Gut „Umweltverschmutzung“ - Durch die anfängliche Zuteilung der Schädigungsrechte können Verteilungsaspekte berücksichtigt werden. - Die Preisentwicklung für die Zertifikate ist ein wirkungsvolles Instrument zur Förderung und Lenkung von Innovationen. - Voraussetzung ist, dass der Markt für Zertifikate ein Konkurrenzmarkt ist. - Beispiel: Handelbare Umweltzertifikate in den USA nach dem Clean Air Act von 1990. Seite 31 Internalisierung externer Effekte durch Verhandlungen f. - Die Kurve der Grenzvermeidungskosten stellt die Nachfrage nach handelbaren Zertifikaten dar. - Die Angebotskurve wird durch die vom Staat festgelegte Schadstoffmenge bestimmt. - Der Preis für ein Zertifikat bildet sich am Schnittpunkt von Grenzvermeidungskosten und Lizenzangebotskurve. Lizenzangebot Preis Grenzvermeidungskosten P* Ausmaß der Schadstoffreduktion Seite 32 Internalisierung externer Effekte durch Verhandlungen f. - Es werden dort Schadstoffe vermeiden werden, wo es am kostengünstigsten ist. Jedes Unternehmen wird solange Schadstoffe vermeiden, bis die zuletzt vermiedenen Einheit Schadstoff genauso viel kostet wie ein Zertifikat. - Unternehmen, deren Grenzvermeidungskosten über dem Preis eines Zertifikates liegen, kaufen zum Marktpreis P* Zertifikate. - Die Unternehmen haben immer einen Anreiz zu Innovationen, die ihre Grenzvermeidungskosten senken, da sie dann selbst Zertifikate verkaufen können. Seite 33 5. Zeitlich befristete Versteigerung natürlicher Monopole • Der Staat kann natürliche Monopole zur Versteigerung ausschreiben und dabei Vorgaben zur zukünftigen Preisgestaltung und zum zukünftigen Lieferumfang machen. • Auf eine nachfolgende Preisregulierung wird verzichtet. • Aus den Versteigerungserlösen kann der Staat gegebenfalls die Nachfrager kompensieren. • Eine Disziplinierung der Monopolmacht des Anbieters erfolgt durch die strikte zeitliche Befristung. • Das Problem der Versteigerung besteht darin, dass newcomer in Sektoren mit hohen sunk costs Nachteile davon haben können. Seite 34 7. 4 Marktmacht und Wettbewerbspolitik Wettbewerb aus Sicht der statischen Wettbewerbstheorie • Verglichen wird die Konkurrenz- und die Monopolsituation auf einem vollkommenen Markt. Wohlfahrtsverlust • Ein Monopol führt zu höheren Preisen, geringer Marktversorgung und Wohlfahrtsverlusten im Vergleich zur Konkurrenzsituation. • Die Wettbewerbspolitik muss Monopole grundsätzlich verhindern. Seite 35 Marktmacht und Wettbewerb (2) Wettbewerb aus Sicht der dynamischen Wettbewerbstheorie • Nach Joseph A. Schumpeter führen Produkt- und Verfahrensinnovationen zu einer ständigen Veränderung der Marktbedingungen. • Monopolgewinne schaffen einen Anreiz für Innovatoren, neue Produkte und Verfahren zu entwickeln. • Die Imitation von neuen Produkten und Verfahren dient sowohl dem Abbau der Monopolgewinne als auch der Diffusion von Innovationen. • Die Wettbewerbspolitik muss verhindern, dass dauerhafte Monopole entstehen. Seite 36 Marktmacht und Wettbewerb (3) Wettbewerb aus Sicht der evolutorischen Wettbewerbstheorie • Nach Friedrich August von Hayek ist Wettbewerb vor allem ein effizientes Such- und Entdeckungsverfahren. • Über die Preisbildung und die Veränderung von Marktpreisen diffundiert das Wissen über neue Wege zur Überwindung von Knappheiten. • Die Wettbewerbspolitik muss den Preisbildungsprozess funktionsfähig halten. Seite 37 Marktmacht und Wettbewerb (4) Vollständige Konkurrenz als Leitbild? • Zusammenhang zwischen Innovationen und temporären Monopolen bleibt unberücksichtigt. • Atomistische Konkurrenz verhindert das Ausnutzen von Skalenerträgen in Großbetrieben. Funktionsfähiger Wettbewerb (workable competition) als Leitbild • Wettbewerb soll Allokations- und Fortschrittsfunktionen erfüllen. • Wettbewerbssituationen werden anhand des Marktstruktur Marktverhaltens-Marktergebnis-Ansatzes beurteilt. • Nach Kantzenbach (1966) herrscht optimale Wettbewerbsintensität in „weiten Oligopolen“ mit „mäßiger Markttransparenz“ und „mäßiger Produktdifferenzierung“. Seite 38 Marktmacht und Wettbewerb (5) Seite 39 Marktmacht und Wettbewerb (6) Wettbewerbsfreiheit als Leitbild • Nach Hoppmann (1968) ist Wettbewerb kein Mittel zum Erreichen von Allokations- und Fortschrittszielen, sondern ist selbst ein Ziel. • Die Wettbewerbspolitik soll allgemeine Spielregeln für das Verhalten von Marktteilnehmern festlegen und künstliche Wettbewerbshemmnisse beseitigen. Seite 40 Marktmacht und Wettbewerb (7) Das wettbewerbspolitische Leitbild der Chicago School of Antitrust Analysis: • Hohe Gewinne großer Unternehmen sind primär ein Zeichen von Effizienz, weniger ein Indikator für übergroße Marktmacht. • Weitreichende Wettbewerbsfreiheit (ohne staatliche Eingriffe) begünstigt Innovationen. • Staatliche Eingriffe behindern nur die notwendigen Anpassungsprozesse an den Märkten. • Theorie der Bestreitbaren Märkt (mit starker Betonung der potenziellen Konkurrenz) liefert wichtige theoretische Grundlagen Seite 41 Marktmacht und Wettbewerb (8) Instrumente der Wettbewerbspolitik • Schaffung wettbewerbspolitischer Spielregeln (Bsp.: Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) • Abbau nicht-willkürlicher Wettbewerbsbeschränkungen (Bsp.: Rabattgesetz) • Schaffung willkürlicher Wettbewerbsbeschränkungen (Bsp.: Patentgesetz, Warenzeichengesetz) • Instrumente der Kartellpolitik Instrumente der Missbrauchsaufsicht Instrumente der Fusionskontrolle (Bsp.: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung) Seite 42 Marktmacht und Wettbewerb (9) Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) • Wechselnde Leitbilder des GWB - In der Entstehungsphase kollidierte bis 1957 das Leitbild der vollständigen Konkurrenz mit den Interessen der deutschen Industrie. - Seit der 2. Novelle von 1973 dominiert das Leitbild der Funktionsfähigkeit. • Kartellverbot - In der ersten Fassung von 1957 wird das allgemeine Kartellverbot nach § 1 GWB noch durch zahlreiche Ausnahmebereiche und -tatbestände durchbrochen. - Spätere Novellierung reduzieren die Ausnahmebereiche erheblich. Seite 43 Marktmacht und Wettbewerb (10) • Missbrauchsaufsicht - Die Beurteilung einer möglichen Marktbeherrschung erfolgt anhand von typischen Marktstrukturkriterien nach § 22 GWB (Monopolvermutung, Oligopolvermutung). - Seit der 4. Novelle von 1980 wird Missbrauch präzisiert als Behinderungs- oder Ausbeutungsmissbrauch. • Fusionskontrolle - Die ursprüngliche Fassung des GWB sah keine Fusionskontrolle vor. - Die 2. Novelle von 1973 führte die Anzeigepflicht von Großfusionen ein und gab dem Kartellamt die Möglichkeit, Fusionen wegen der Gefahr der Marktbeherrschung zu untersagen. - Bei Untersagung können die Unternehmen eine besondere Ministererlaubnis für die Fusion beantragen. Seite 44 7.5 Fallbeispiel: Regulierung und Deregulierung im deutschen Telekomsektor Gründe für die Regulierung des Telekommunikationssektors • Netzexternalitäten in der Aufbauphase: Der Nutzen des Netzes nimmt für sämtliche Teilnehmer zu, wenn ein weiterer Nutzer hinzukommt. • Unteilbarkeiten und sunk costs beim Aufbau der Netze: Es besteht die Gefahr monopolistischer „Bottlenecks“. - Sie besteht vor allem in den Ortsnetzen. - Bei Fernnetzen ist die Bestreitbarkeit höher. • Asymmetrische Information über die Qualität neuer Telekommunikationsdienste: Qualitätsunsicherheit könnte den Markt zusammenbrechen lassen. Seite 45 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (2) Marktregulierung in Deutschland bis 1989 • Netzmonopol der Deutschen Bundespost • Abnahmemonopol der Bundespost für Endgerätemarkt • Wenig entwickelte Märkte für Telekommunikationsdienste • Bundeseinheitliche Tarife der Bundespost mit Kontrahierungszwang • Interne Subventionierung innerhalb des Fernmeldewesens und zwischen Fernmeldewesen und anderen Bereichen der Bundespost Gründe für Deregulierung • Höhere Bestreitbarkeit durch internationale u. Substitutionskonkurrenz • Besseres Screening und Signaling • Größeres Vertrauen in Verhandlungslösungen Seite 46 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (3) Ablauf der Deregulierung in Deutschland • Postreform I (1989): Auflösung der Bundespost in Postdienst, Postbank und Deutsche Telekom, Aufhebung des staatlichen Monopols für den Endgerätemarkt, Ausschreibung einer ersten Mobilfunklizenz. • Postreform II (1994): Überführung der drei Postunternehmen in die Rechtsform der AG (formale Privatisierung), Beginn der materiellen Privatisierung der Telekom AG über die Börse, Verpflichtung zur umfassenden Liberalisierung des Telekomsektors durch Abbau hoheitlicher Monopolrechte. • Postreform III (1996): Verabschiedung des Telekommunikationsgesetzes (TKG), Schaffung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (1998), Liberalisierung des Marktes für Ferngespräche und Festlegung der Instrumente sektoraler Regulierung. Seite 47 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (4) Regulierungsinstrumente des TKG • Die Ergänzung der allgemeinen Wettbewerbsnormen des GWB durch sektorspezifische Eingriffsmöglichkeiten soll Wettbewerb möglichst rasch herstellen und nachhaltig sichern. • Nach dem Ende des Monopols der Telekom im Sprachtelefondienst können neue Anbieter jederzeit Lizenzen für den Bau und den Betrieb von Netzen beantragen. Die Vergabe erfolgt nach Zuverlässigkeit, Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Lizenznehmer. Bei begrenzten Lizenzen (insbesondere für nicht-leitungsgebundene Dienste) kommt ein Versteigerungs- und Ausschreibungsverfahren zur Anwendung. Seite 48 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (5) • Technische Regulierung: Sicherung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu Nummern sowie Nummernportabilität, Sicherung der freien Wahl von Netzbetreibern (durch pre-selection oder durch call-by-call), Sicherung von niedrigen Wechselkosten. • Universaldienst-Regulierung: Sicherung eines breiten Mindestangebotes an Telekomsdienstleistungen, marktbeherrschende Unternehmen können ggf. zu Universaldiensten verpflichtet werden, Defizite können dann aus einem Fonds gedeckt werden, der sich aus einer allgemeinen Universaldienstleistungsabgabe speist. • Marktregulierung in Bereichen mit hohen sunk costs: Anwendung der Essential Facilities Doctrine, d. h. Wettbewerbern ist ein diskriminierungsfreier Netzzugang zu kostenorientierten Preisen zu gestatten. Seite 49 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (6) Auswirkungen der regulierten Marktöffnung • Intensiver Wettbewerb auf dem Markt für Ferngespräche führte zu deutlichen Preissenkungen bis 1999. • Die Übernahme der Rechnungserstellung durch die Telekom erleichtert den call-by-call-Wettbewerb. • Hoher tatsächlicher und potenzieller Wettbewerb drängt auch den früheren Monopolisten Telekom zu Kosteneffizienz, Innovationen und niedrigeren Preisen. • Die neue sektorale Regulierungsbehörde (RegTP) konkurriert mit der allgemeinen Wettbewerbspolitik, die das Bundeskartellamt betreibt. Seite 50 Regulierung und Deregulierung im Telekomsektor (7) Seite 51