Transolve (Die Transformation von Produzent und Händler zum Solution-Anbieter) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsvorhabens " Integration von Produkt und Dienstleistung " gefördert (Förderkennzeichen 01FD0679) und vom Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) betreut. Die Mitglieder des Projektteams danken für die großzügige Unterstützung ihrer Forschungs- und Transferarbeiten. Münster 2008 Alle Rechte vorbehalten. Der vorliegende Projektbericht entstand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Transolve (Transformation von Produzent und Händler zum Solution-Anbieter)“. Das grundlegende Ziel des Vorhabens TRANSOLVE ist die Erarbeitung eines Konzeptes zur Gestaltung des Transformationsprozesses, welcher es Produzenten („Product Seller“) oder Händlern („Traditional Retailer“) erlaubt, sich langfristig als Lösungsanbieter („Solution Seller“) aufzustellen und zu positionieren. Dieses Hauptziel kann in drei grundlegende Zielsetzungen aufgespaltet werden: Erstens geht es darum herauszufinden, welche Erfordernisse an einen Solution Seller im Unterschied zu einem reinen Product Seller gestellt werden. Auf Grundlage dieser Forschung lassen sich Soll-Konzepte für Lösungsanbieter entwickeln. Darauf aufbauend ist zweitens zu untersuchen, wie die Transformation vom momentanen (defizitären) Ist-Zustand der Unternehmen zum angestrebten Soll-Zustand eines exzellenten Solution Sellers gelingen kann. Drittens stellt sich die Herausforderung an das interne und externe Marketing – insbesondere das Markenmanagement –, die neue Vermarktungsstrategie zu vermitteln. Im Folgenden sollen die Unterziele kurz beschrieben werden. In einem ersten Schritt gilt es, die Erfordernisse, die an einen „Solution Seller“ gestellt werden, heraus zu arbeiten. Auf Grundlage dieser Forschung lassen sich SollKonzepte für Lösungsanbieter entwickeln. Zentrale, in diesem Zusammenhang zu klärende Fragen sind: Was kennzeichnet das Marken-Management eines erfolgreichen Lösungsherstellers, was ein erfolgreiches Kundenmanagement und was eine erfolgreiche Kommunikationspolitik? Gibt es ein spezielles Serviceklima für Lösungsanbieter? Hat die Erfordernis der Kundenorientierung für den Lösungsanbieter noch weiter reichende Konse-quenzen? Ein weiterer Managementbereich, der hier zu betrachten ist, liegt im Netzwerkmanagement. Erfolgreicher Lösungsanbieter kann nur werden, wer nicht nur die eigenen Aktivitäten, sondern auch die der Zulieferer und Partner auf den Erfolg des am Ende der Kette stehenden Kunden ausgerichtet hat. Offene Forschungsfelder im Bereich des Netzwerkmanagements sind insbesondere die Fragen der Konfiguration und Steuerung des Netzwerkes sowie des abgestimmten (Netzwerk-)Marketings und das (integrierte) Zufriedenheitsmanagement im Netzwerk. Zweitens ist darauf aufbauend zu untersuchen, wie die Transformation vom momentanen (defizitären) Ist-Zustand der Unternehmen zum angestrebten Soll-Zustand eines exzellenten Solution Sellers gelingen kann. Gerade weil in Deutschland immer noch sehr viele, insbesondere mittelständische Unternehmen mit einem Produktfokus am Markt relativ erfolgreich sind, dürfte es besonders schwierig sein, die Mitarbeiter von einer stärkeren Ausrichtung auf einen langfristig viel versprechenden Lösungsfokus zu überzeugen. Hier sind insbesondere Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen zu konzipieren und zu erproben, welche den Übergang zum Lösungsanbieter einleiten bzw. unterstützen. Sowohl die Soll-Konzeption als auch die zur Erreichung derselben entwickelten Transformationsprozesse sind im Verlaufe des Projektes kontinuierlich zu überprüfen und ggf. zu überarbeiten. Insbesondere stehen hier die Ableitung von verallgemeinerbaren Handlungsempfehlungen sowie die weitere Verwertung in Forschung und Praxis (z. B. durch Leitfäden) im Vordergrund. Drittens stellt sich die Herausforderung an das interne und externe Marketing, die neue Vermarktungsstrategie an die entsprechenden Adressaten zu vermitteln. Im Rahmen des Projektes soll die Markenstrategie der Praxispartner dem neuen Selbstbild angepasst werden. Hierzu sollen Best Practice-Beispiele von SolutionAnbietern aus dem B2C-Markt als Vorbilder herangezogen werden. Durch kontinuierliches Tracking der Markenwahrnehmung soll der Veränderungsprozess überwacht und gegebenenfalls angepasst werden. Aus der theoretischen Konzeption und den praktischen Erfahrungen leiten sich konkrete Strategien für das Markenmanagement von Solution-Anbietern ab. Die Zielsetzung des vorliegenden Projektberichts ist die die Vorstellung des Transformationsprozesses zum Lösungsanbieter am Beispiel des Praxispartners Schäper sowie die Ableitung allgemeiner Handlungsoptionen für KMU. Der vorliegende Grundlagenbericht fokussiert damit auf das Handlungsfeld 1, im Rahmen dessen Soll-Konzepte für Lösungsanbieter zu analysieren sind sowie auf das Handlungsfeld 2, indem konkrete Hilfestellungen für den Transformationsprozess zum Solution Seller dargestellt werden sollen. –I– Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS I ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS III ABBILDUNGSVERZEICHNIS V TABELLENVERZEICHNIS VI 1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG 2 BEGRIFFLICHE GRUNDLAGEN ZUR VERMARKTUNG GANZHEITLICHER LÖSUNGEN („SOLUTION SELLING“) 1 3 2.1 Definitionen ..................................................................................................................................... 3 2.1.1 Abgrenzung des Systembegriffs vom Solution Selling .......................................................... 3 2.1.2 Solution Selling als Problemlösungsprozess ......................................................................... 5 2.1.3 Die 4 Phasen des Solution Selling ......................................................................................... 6 2.1.4 Der Dienstleistungsbegriff in Bezug auf die Marktorientierung bei KMU ............................... 8 2.2 Grundlagen zum markt- und kundenorientierten Management von KMU .............................. 13 2.2.1 Besonderheiten bei KMU in Bezug auf die Markt- und Kundenorientierung ....................... 15 2.2.2 Besonderheiten bei KMU in Bezug auf Solution Selling ...................................................... 15 2.3 Grundlagen zum Change Management ...................................................................................... 20 2.4 Mögliche Erfolgsfaktoren des Solution Selling ......................................................................... 23 3 CASE SCHÄPER: ZUM TRANSFORMATIONSPROZESS VOM PRODUZENTEN ZUM SOLUTION SELLER BEI HANDWERKLICHEN KMU 27 3.1 Besonderheiten von handwerklichen KMU ............................................................................... 27 3.2 „Solution Selling“ bei der Schäper Sportgerätebau GmbH ..................................................... 29 3.2.1 Zum Unternehmen Schäper ................................................................................................. 29 3.2.2 Derzeitiger Stand der Problemlösungsoptionen – B2C ....................................................... 30 3.3 Solution Selling bei KMU mit einem multinationalen B2B-Schlüsselkunden – Schäper .. und die STRABAG AG ........................................................................................................................ 33 – II – 4 3.3.1 Gegebenheiten des Schlüsselkunden und Form der Zusammenarbeit .............................. 33 3.3.2 „Milesstones“ des Transformationsprozesses ..................................................................... 35 3.3.3 Betrachtung/Bewertung des Gesamtprozesses................................................................... 45 ERKENNTNISSE ZUM TRANSFORMATIONSPROZESS: IMPLIKATIONEN AUS DEM „CASE SCHÄPER“ 50 4.1 Relevante Aspekte für das Solution Selling bei Schäper ........................................................ 50 4.2 Handlungsempfehlungen für handwerkliche KMU allgemein ................................................. 52 5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK LITERATURVERZEICHNIS 55 58 – III – Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung AG Aktiengesellschaft allg. allgemein a. M. am Main Anm. d. Verf. Anmerkung des Verfassers Aufl. Auflage B2B „Business-to-Business“ B2C „Business-to-Customer“ Bd. Band BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise ca. circa d.h. das heißt DIHK Deutsche Industrie- und Handelskammer DLV Deutscher Leichtathletik-Verband et al. et alii etc. et cetera e. V. eingetragener Verein f. folgende ff. fortfolgende ggü. gegenüber GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung i.d.R. in der Regel IHK Industrie- und Handelskammer IMADI.net Internationale Markenführung in Dienstleistungsnetzwerken im folg. im Folgenden insbes. insbesondere Jg. Jahrgang Kap. Kapitel KMU Kleine und mittlere Unternehmen – IV – MA Mitarbeiter Mio. Million (en) mod. modifiziert (e) Mrd. Milliarde (n) No. Number Nr. Nummer o. g. oben genannte (n) resp. respektive S. Seite (n) SE Societas Europaea (neue Form einer europäischen AG) sog. so genannte (n) SWOT Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats Tab. Tabelle u.U. unter Umständen Vgl. Vergleiche Vol. Volume z.B. zum Beispiel z.T. zum Teil –V– Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Prozessphasen des Solution Selling .................................................. 15 Abbildung 2: Unternehmen in Deutschland (2004) nach Umsatzgrößenklassen .... 13 Abbildung 3: Der Change-Prozess vom Produzenten zum Solution Seller ............. 21 Abbildung 4: Entwicklung vom reinen Produktanbieter zum Solution Seller bei Schäper .............................................................................................. 32 Abbildung 5: Mehrwert durch Prozessorientiertes Pricing beim Lösungsverkauf .... 47 – VI – Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Beispiel einer branchenbezogenen Festlegung von Klassengrenzen bei den Größenmerkmalen „Anzahl der Beschäftigten“ und „Umsatz“ .... 16-17 Tabelle 2: Erfolgsfaktoren pro Phase des Solution Selling nach Rang absteigend geordnet ............................................................................................ 24-25 –1– 1 Einleitung und Problemstellung Im Rahmen des vorliegenden Projekts soll das in Literatur und Praxis aktuell zunehmend fokussierte Themengebiet des „Solution Selling“ aufgearbeitet werden, was im Kern das Angebot, resp. den Verkauf ganzheitlicher Lösungen für den Kunden beinhaltet. Während andere Beiträge ihren Fokus auf Großunternehmen legen, die teilweise schon seit längerem ähnliche Strategien zur Erweiterung ihrer Absatzpotenziale verfolgen, sollen hier schwerpunktmäßig kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betrachtet werden, die im Rahmen eines immer stärkeren Wettbewerbs, auch und insbesondere durch internationalen Wettbewerbsdruck, indirekt dazu gezwungen werden, neue Potenziale zur Vergrößerung ihrer Absatzbereiche aufzudecken. Dabei wird auch für kleinere Unternehmen die Möglichkeit in Betracht gezogen, sich vom spezialisierten Produkthersteller zu einem Anbieter ganzheitlicher Lösungen zu transformieren. Das vorliegende Projekt dient in diesem Zusammenhang der Aufdeckung von Möglichkeiten für KMU, die zwar aus theoretischer Sicht relativ leicht nachvollzogen werden können, in der Praxis jedoch oft mit großen Problemen behaftet sind. Um diese Lücke zumindest teilweise zu schließen, wird im vorliegenden Bericht eine Analyse der Möglichkeiten eines kleineren KMUs, der Schäper Sportgeräte GmbH, (im Weiteren als Schäper bezeichnet) durchgeführt und entsprechend versucht, aus den Ergebnissen relevante Handlungsempfehlungen im Speziellen und Allgemeinen zu generieren. Dazu werden im vorliegenden Projektbericht zunächst einige grundlegende Begriffsdefinitionen und –abgrenzungen vorgestellt, die das Verständnis des Solution Selling im vorliegenden Beitrag aufzeigen sollen. Im Anschluss daran werden Grundlagen zum markt- und kundenorientierten Management von KMU in Bezug auf das Verständnis von Solutions dargestellt, um mögliche Inhalte eines Transformationsprozesses vom Produktanbieter hin zum Anbieter kompletter Lösungen zu veranschaulichen. Ebenfalls sollen einige Erfolgsfaktoren vorgestellt werden, die im Rahmen einer branchenübergreifenden Studie des Instituts für Handelsmanagements der Universität Münster bzgl. Solution Selling ermittelt werden konnten. Nach Darstellung aller Grundlagen folgt der im Mittelpunkt dieses Projekts stehende „Case Schäper“, der die Optionen des Solution Selling bei KMU an einem praxisorientierten Beispiel verdeutlichen soll. Begonnen wird dabei mit einer Darstellung der Gegeben- –2– heiten der Firma Schäper und dem derzeitigen „Stand der Dinge“, was die Möglichkeiten des Angebots von Komplettlösungen betrifft. Hierzu werden die Möglichkeiten der Teilhabe am Solution Selling in Verbindung mit einem Schlüsselkunden (vgl. im Detail Kap. 3.3) von Schäper vorgestellt. Dabei wurden die in der Literatur aufgeführten Gegebenheiten im Detail mit den in der Praxis relevanten Möglichkeiten verglichen. Die Analyse der Zusammenhänge wurde in mehreren qualitativ geführten Interviewrunden in Kooperation mit diesem Schlüsselkunden durchgeführt, um somit eine ganzheitliche Sichtweise zu gewährleisten. Zur Integration der ebenfalls bedeutenden prozessualen Sichtweise wurden die als bedeutsam ermittelten Erkenntnisse ebenfalls in Bezug auf den Gesamtprozess analysiert und dokumentiert. Im Anschluss an die zusammengefasste Darstellung der Interviewergebnisse werden die relevanten Aspekte für Schäper sowie mögliche Optionen der Weiterentwicklung des „Lösungsgeschäfts“ dargestellt. Ebenfalls wird versucht, aus den spezifischen Erkenntnissen allgemeine Handlungsempfehlungen für handwerkliche KMU abzuleiten, die für sich die Möglichkeiten des Solution Selling in Erwägung ziehen. Der vorliegende Bericht endet mit einer kurzen Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse sowie einem Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf zu den vorliegenden Inhalten. –3– 2 Begriffliche Grundlagen zur Vermarktung ganzheitlicher Lösungen („Solution Selling“) 2.1 Grundlegendes Begriffsverständnis 2.1.1 Abgrenzung des Systembegriffs vom Solution Selling In der Literatur existiert eine Vielzahl von Definitionen für den Begriff „Solution“. Lange Zeit wurde der Begriff hauptsächlich im Rahmen des System- und Industriegütermarketing verwendet. Dem Verständnis des Systembegriffs liegen in diesem Zusammenhang zwei verschiedene Perspektiven zugrunde (vgl. grundlegend Günter 1988, S. 106f.). Die erste Perspektive geht auf das Systemverständnis von Backhaus (1988, 2003) zurück, welcher den Systembegriff (im Sinne eines Bestandteils von Systemtechnologien) als „Kombination von serien- und einzelgefertigten Produkten, die auf Basis einer bestimmten Systemphilosophie miteinander vernetzt werden“, definiert (vgl. Backhaus 1988, S. 75; vgl. hierzu auch insbes. Backhaus/ Aufderheide/ Späth 1994, Erichsson 1994, Weiber 1997). Die zentrale Leistung eines Systemanbieters beruht dabei auf der technischen Vernetzung, wobei der Individualisierungsgrad hierbei eher als niedrig zu bezeichnen ist (vgl. Backhaus 2003, S. 325). Da aber in der heutigen Zeit komplexe Konsumprobleme mehr und mehr aus individueller Sicht dem Kunden zugänglich gemacht werden müssen (vgl. z.B. Ahlert et al. 2003), ist diese Sichtweise im vorliegenden Projekt nicht als passend bzw. zeitgemäß zu bezeichnen. Der „neueren Sichtweise“ näher kommt die zweite Perspektive, die das Verständnis von Systemen als umfassende Problemlösung im Sinne einer Vermarktungsstrategie auffasst, bei der neben dem Kerngeschäft zusätzlich umfassende Zusatzleistungen angeboten werden (vgl. hierzu insbes. Belz et al. 1991, Paliwoda/ Bonaccorsi 1993, Böcker 1995, Loebert 1998). Es handelt sich also um eine (integrierte) Problemlösung, bei der z.B. Sachgüter und Dienstleistungen verbunden werden und wobei die Integration einer Kernleistung und den speziellen Zusatzleistungen zu einer Problemlösung für den Kunden geriert (vgl. Paliwoda/ Bonaccorsi 1993, S. 156). Der Individualisierungsgrad ist bei dieser Integration von Einzelleistungen eher hoch. Eine ähnliche Ansicht vertreten auch Homburg/ Stock/ Kühlborn (2005, S. 539), die ein System als „umfassende Problemlösung für einen Kunden, die mindestens zwei –4– Leistungskomponenten (Sachgüter und/oder Dienstleistungen) umfasst, die auch einzeln vermarktet werden können“, definieren. Dabei zeichnet sich ein solches System im Vergleich zu den isolierten Einzelleistungen durch eine höhere Komplexität aus, die für den Kunden eine Zunahme an Unsicherheit hinsichtlich seiner Problemlösung darstellt (vgl. auch Weiss 1992, S. 27f.). Obwohl derzeit noch keine einheitliche Definition für eine „Solution“ im genannten Zusammenhang existiert, nehmen die neueren Ansätze eher Abstand vom Systembegriff an sich und verstehen unter dem Begriff Solution eher eine Lösung bzw. ein Lösungskonzept, welches „eine Kombination von Produkten und Dienstleistungen“ darstellt, das „rund um ein Kundenbedürfnis unter Mithilfe der Produkte und/oder Services anderer Partner erstellt und definiert wird“ (Johansson/ Krishnamurthy/ Schlissberg 2003, S. 118). Dabei setzen die Begriffe Lösung oder Lösungskonzept implizit das Vorhandensein eines Problems voraus, welches eine Diskrepanz zwischen einem wünschenswerten Soll-Zustand und einem unerwünschten derzeitigen oder erwarteten Ist-Zustand darstellt. In diesem Zusammenhang kann jede Aktivität, die zur Lösung des Problems der Transformation des unerwünschten Ist- in den angestrebten Soll-Zustand beiträgt, als relevant betrachtet werden (vgl. hierzu auch Vogt 1981, S. 7ff.) Aus Sicht des Kunden stellt eine Problemlösung somit ein maßgeschneidertes Angebot dar, welches auf seine individuelle Bedarfssituation zugeschnitten ist. Zur Erfüllung dieses Angebots ist eine umfassende Beratung erforderlich, bei der die genaue Bedarfssituation des Kunden analysiert wird. Generell kann eine Solution daher als eine „maßgeschneiderte und integrierte Kombination von Gütern und Dienstleistungen“ angesehen werden, um den Anforderungen und Bedürfnissen des Kunden zu entsprechen (Davies/ Brady/ Hobday 2006, S. 39). Ebenso wird der SolutionBegriff auch als gebündeltes oder integriertes Angebot von Produkten und Dienstleistungen definiert, deren Vorteil in eben dieser Bündelung oder Integration besteht (vgl. z.B. Sawhney 2006, S. 369). Im Rahmen einer Solution gelten folgende Voraussetzungen (Ahlert, Kawohl 2008): 1. Die Solution ist maßgeschneidert, d.h. sie ist mit den spezifischen Anforderungen des Kunden abzustimmen. –5– 2. Die Solution beinhaltet eine Kombination aus Gütern und Dienstleistungen für ein komplexes Konsumproblem. 3. Die Solution wird in einem Dialog, der über den einfachen Austausch von Informationen hinausgeht, ermittelt. 4. Die Solution besteht aus einem integrierten Set von Gütern/Produkten und Dienstleistungen, d.h. verschiedene Güter und Dienstleistungen der Solution müssen untereinander zusammenwirken. 2.1.2 Solution Selling als Problemlösungsprozess Solution Selling wird mitunter als eine Technik angesehen, mit der sich Projekte durch eine Orientierung an den Bedürfnissen eines Auftraggebers erfolgreich verkaufen lassen (vgl. Heinrich 2002). Dabei wechselt die Betrachtungsweise von der Produktorientierung hin zur Prozessorientierung. Durch die Spezialisierung eines Anbieters auf den gesamten Prozess von der Bedürfnisanalyse bis zum Aftersalesservice kann ein überlegener Vorteil im Vergleich zur Konkurrenz entstehen (vgl. hierzu und im folg. Vargo/ Lusch 2004, S. 13f.; vgl. auch Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 4ff.). In der Praxis lässt sich von Solution Selling insbesondere beim Verkaufsprozess für erklärungsbedürftige und komplexe Produkte sprechen. Dabei identifiziert der Verkäufer innerhalb des Kundenkontakts detaillierte Anforderungen und Probleme des Kunden, um auf Basis seiner Bedürfnisse eine optimale Problemlösung anbieten zu können. In diesem Angebot sollten die notwendigen Serviceleistungen sowie späterer Support enthalten und eingeplant sein.1 Hinsichtlich einer serviceorientierten Sichtweise liegt der Schwerpunkt der Betrachtung beim Kunden und dessen Beziehung zum Anbieter (vgl. Vargo/ Lusch 2004, S. 11). Die Hauptmerkmale sind dabei Interaktivität, Integration, Koproduktion und Customizing, worunter in diesem Zusammenhang die Anpassung von Produkten und Service an kundenspezifische Anforderungen zu verstehen ist (vgl. z.B. Bharadwaj/ Ter Hofstede 2006, S. 1). Besonders bei hochwertigen Anschaffungen tendiert der Kunde stark zu einer intensiven Planung seiner Investition, bei der die Kaufentscheidung letztlich von einer Reihe umfassender Informationen abhängt. 1 Vgl. für die einzelnen Phasen zur Kennzeichnung des relationalen Prozesses zwischen Kunden und Anbieter ausführlich Kap. 2.2.3. –6– In diesem Fall wird der Interaktion zwischen dem Kunden und einem Anbieter eine besondere Bedeutung beigemessen (vgl. Gummerson 2004, S. 21). Durch die Integration des Kunden in den Ablauf des Prozesses wird für den Anbieter, ebenso wie für den Kunden, das Risiko einer nicht optimalen Lösung des identifizierten Problems gesenkt (vgl. Prahalad 2004, S. 23). Dies resultiert daraus, dass der Verkäufer im Rahmen des Entscheidungsprozesses die Aufgabe übernimmt, den entsprechenden Kunden bei der für ihn optimalen Befriedigung seiner Bedürfnisse zu unterstützen. Durch diese Bedürfnisse wird wiederum ein fortlaufender Prozess in Gang gesetzt, der aus Sicht des Kunden dann zu seiner Zufriedenheit erfüllt wird, wenn die folgenden, im Weiteren (Kapitel 2.1.4) noch ausführlich zu beschreibenden vier Prozessphasen hinreichend gelöst werden (vgl. Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 10f.): 1. Definition des Kundenbedarfs 2. Customizing und Integration von Gütern und/oder Dienstleistungen 3. Implementierung 4. Fortführung/After Sales Service Bevor diese Phasen inhaltlich in Bezug auf KMU und das vorliegende Projekt im Detail dargestellt werden, sollen zuvor die Grundlagen hinsichtlich des markt- und kundenorientierten Managements aufgezeigt werden. Hierzu erfolgt einleitend die Vorstellung einiger Grundlagen zur Marktorientierung, ehe die wichtigsten Aspekte hinsichtlich der Bedeutung und Beschaffenheit bei KMU präsentiert werden. Diese werden anschließend in die Grundlagen der o.g. Prozessphasen eingearbeitet, um eine Basis für den in Kapitel 3 ausführlich dargestellten „Case Schäper“ zu gewährleisten. Ebenso werden hierzu bereits mögliche Erfolgsfaktoren (vgl. Kap. 2.4) im Hinblick auf den Transformationsprozess vom Produzenten zum Solution Seller eingebracht. 2.1.3 Der Dienstleistungsbegriff in Bezug auf die Marktorientierung bei KMU In Bezug auf die Marktorientierung von Dienstleistungen bei kleineren Unternehmungen (insbes. bei handwerklichen Aspekten, vgl. auch Kap 3.1) gilt im Gegensatz zu großen, klassischen Herstellerunternehmen nicht das Prinzip der Bedarfsdeckung durch Herstellung und anschließendem Verkauf. Handwerksleistungen zeigen eher die Spezifika einer Dienstleistung auf, bei der das Prinzip der Bedarfsdeckung durch –7– die Umsetzung der Leistung gilt. Diese Leistungserstellung findet beim Anbieter stärker in Interaktion mit dem Kunden statt. Um den Zusammenhang der Entwicklung zum Solution Selling darzustellen, bedarf es daher zunächst einer Übersicht über den Begriff und das Wesen von Dienstleistungen. In der Literatur existiert eine Vielzahl verschiedener Definitionen für den Begriff der Dienstleistung (vgl. Meffert/ Bruhn 2006, S. 30). Eine Möglichkeit der Abgrenzung von Dienst- zu Sachleistungen ist die Beschreibung der Dienstleistungen mithilfe konstitutiver Merkmale (vgl. hierzu und im folg. Evanschitzky 2003, S. 16ff.) Die drei auf verschiedenen Definitionsansätzen basierenden Merkmale sind die Immaterialität von Dienstleistungen, die Integration des externen Faktors sowie die zeitliche Synchronisation von Produktion und Absatz, dem sog. „uno-actu“-Prinzip (vgl. Meffert/ Bruhn 2006, S. 41ff.). Die Immaterialität ist eines der am meisten angeführten, aber ebenso umstrittensten Merkmale einer Dienstleistung, da aufgrund dieser Eigenschaft die Leistung bzw. der Nutzen schwer zu evaluieren sind (vgl. McDougall/ Snetsinger 1990, S. 28). Obwohl einerseits die Vorleistung einer Dienstleistung und andererseits auch das Resultat einen materiellen Charakter aufweisen können (z.B. schriftlicher Befund einer medizinischen Untersuchung), wird Dienstleistungen das Merkmal der Immaterialität zugeschrieben (vgl. Meffert 1994b, S. 522). Da dieses Kriterium allein jedoch nicht zur Abgrenzung ausreicht, kann es als konstitutives Merkmal nur in Verbindung mit weiteren Kriterien betrachtet werden (vgl. hierzu und im folg. Evanschitzky 2003, S. 19). Ein besonders wichtiges Kriterium ist in diesem Zusammenhang die zwingende Integration eines externen Faktors in den Leistungserstellungsprozess. Diese kann verschiedene Formen aufweisen. So kann z.B. eine Person selbst eine Dienstleistung in Anspruch nehmen; ebenso kann es sich auch um ein Objekt handeln, an dem eine Dienstleistung vollzogen wird und welches der Kunde einzubringen hat (z.B. Autoreparatur). Darüber hinaus ist es möglich, dass der Kunde zur Verrichtung der Dienstleistung relevante Informationen zur Verfügung stellen muss (z.B. Ort bei logistischen Dienstleistungen, etc.) (vgl. z.B. Haller 1998, S. 55). Als ein Beispiel für die unterschiedlichen Möglichkeiten der Einbindung des externen Faktors bei Dienstund Sachleistungen kann die Autoproduktion dienen, welche im Normalfall eine typische Sachleistung darstellt (vgl. hierzu und im folg. Evanschitzky 2003, S. 20). So –8– kann ein Auto komplett in völliger Unabhängigkeit vom Kunden produziert werden. In jüngster Zeit ist der Kunde jedoch mehr und mehr als externer Faktor in den Erstellungsprozess integriert, z.B. im Rahmen von Vorgaben bezüglich der Konfiguration bestimmter Fahrzeugkomponenten. Um ein Automobil erstellen zu können, ist diese „Kundenintegration“ allerdings keine notwendige Bedingung, im Gegensatz zu beispielsweise einer Friseurleistung, bei der sich der Kunde selbst als „Produktionsfaktor“ einbringen muss. Das Beispiel zeigt somit, dass auch reine Sachgüter in manchen Fällen nicht mehr isoliert von Dienstleistungen erfolgreich am Markt zu positionieren sind, da insbesondere komplexere Güter (z.B. Auto) mehr und mehr als Lösung für den Kunden zu sehen sind. Mit dem „uno-actu“-Prinzip wird im Rahmen des Dienstleistungsmanagements die zeitliche Synchronisation von Produktion und Absatz beschrieben (vgl. Corsten 1990, S. 19). Somit ist der Leistungsgegenstand der Dienstleistung in erster Linie ein Prozess, der an einem externen Produktionsfaktor vollzogen wird, woraus sich zwangsläufig die Nichtlagerfähigkeit einer Dienstleistung ergibt (vgl. hierzu und im folg. Evanschitzky 2003, S. 21). Anhand dieser drei konstitutiven Merkmale lassen sich Dienstleistungen somit als Leistungen definieren, die durch eine Kombination interner und externer Produktionsfaktoren am externen Faktor erbracht werden, die ex ante immateriell sind. Somit sind Dienstleistungen selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind. Für die Bedeutung des Solution Selling ist in diesem Zusammenhang das Merkmal der Integration des externen Faktors bzw. der Grad der Kundenintegration von besonders hoher Relevanz, da der Verkauf einer Lösung, wie zuvor dargestellt, nur in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden funktionieren kann. Die erste und somit besonders wichtige Phase im Solution Selling- Prozess bezieht sich daher auch auf die exakte Definition der Kundenanforderungen. Die Inhalte der einzelnen Phasen sind Gegenstand des nächsten Kapitels. 2.1.4 Die Prozessphasen des Solution Selling Definition des Kundenbedarfs –9– Bei der Lösung eines Kundenproblems besteht die Herausforderung zumeist darin, dass das Problem präzise definiert ist. Dabei werden Struktur und Inhalt des Problems oft durch eine Vielzahl individueller und die Umgebung betreffender Aspekte beschränkt (vgl. Moreau et al. 2005, S. 14). So kann der Kunde in diesem Zusammenhang als ein von Fremden, Experten und Produkten abhängiges Individuum angesehen werden, weshalb ein Anbieter zur Bedürfnisbefriedigung seiner Nachfrager entscheidend beitragen kann (vgl. Gummerson 2004, S. 21). Im Rahmen eines Verkaufsprozesses versucht der Verkäufer somit, dem Kunden bei der Lösung seiner offenen bzw. latenten Probleme zu helfen. Hierbei bemüht er sich zu erfahren, um welche Art von Problem es sich handelt und wie ausgeprägt das Wissen des Kunden in Bezug auf sein Problem ist (vgl. Weis 1994, S. 68ff.). Für einen Lösungsanbieter ist es daher von Bedeutung, keine standardisierten Lösungen anzubieten, sondern es dem Kunden zu ermöglichen, ihn in den Prozess der Wertschöpfung mit einzubeziehen (vgl. Vargo/ Lusch 2004, S. 13) Es steht also nicht mehr das Produkt im Vordergrund, sondern eher die Herbeiführung des gewünschten Ergebnisses aus Sicht des Kunden. Die Herausforderung bzw. Aufgabe des Solution-Verkäufers besteht dann im Kern darin, alle relevanten Komponenten in einem „Anforderungssystem“ zu erfassen und dieses dann in die Umwelt des Kunden einzubinden (vgl. Foote et al. 2001, S. 87). Um eine den möglichen Alternativen überlegene integrierte und maßgeschneiderte Solution anzubieten, ist es erforderlich, einen Einblick in die Vorstellungen und Wünsche des Kunden und seiner Umgebung zu gewinnen (vgl. Johansson/ Krishnamurty/ Schlissberg 2003, S. 120). Daher ist es für den Verkäufer einer Solution von Bedeutung, dem Kunden „die richtigen Fragen“ zu stellen, um so dessen bereits erkannte, wie auch latente Bedürfnisse zu erfahren. Es scheint demnach wichtig zu sein, dem Kunden nicht nur Fragen hinsichtlich der funktionalen Spezifikation der Produkte zu stellen, sondern insbesondere seine darüber hinausgehenden Vorstellungen richtig zu verstehen bzw. zu interpretieren. Bei der Zusammenstellung entsprechender Produkte und Dienstleistungen sollten daher in diesem Zusammenhang nicht nur die gegenwärtigen, sondern auch die zukünftigen Bedürfnisse mit einbezogen werden (vgl. Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 12f.) Hinsichtlich des Bedarfs lässt sich in Bezug auf eine bestimmte Problemstellung des Kunden eine Untergliederung in verschiedene Arten vornehmen (vgl. hierzu und im folg. Belz 1996, S. 31ff.). So lässt sich z.B. von Informations- und Erklärungsbedarf, – 10 – Koordinationsbedarf, Bedarf nach Wirtschaftlichkeit, usw. sprechen. Diese Bedarfsarten haben bei Solutions allesamt einen eher hohen Umfang. Um dementsprechend den Anforderungen gerecht zu werden, sind die Auswahl von Personal und dessen fortlaufende Qualifizierung von hoher Bedeutung. Je umfangreicher sich das Problem des Kunden darstellt und je wichtiger der Abschluss für das anbietende Unternehmen ist, desto mehr Personal muss in den Verkaufsprozess einbezogen werden (vgl. Johansson/ Krishnamurthy/ Schlissberg 2003, S. 119). Anpassung und Integration Die Anpassung, resp. das „Customizing“ und die Integration sind wichtige Aspekte einer Service-orientierten Sichtweise in der Beziehung zwischen Kunden und Anbieter. Dabei wird der Kunde in den Prozess des Customizing eingebunden und agiert insofern als Co-Produzent (vgl. Vargo/ Lusch 2004, S. 11f.). Das Customizing ist für ein Unternehmen von strategischer Bedeutung, da hierdurch ein hoher Grad an Übereinstimmung zwischen dem Angebot des Unternehmens und dem Bedarf des Kunden ermöglicht wird. Ebenso fördert es die Kundenloyalität und kann zu Steigerungen des Gewinns und der Lieferleistung führen (vgl. Fornell et al. 1996, S. 7f.). Die Inhalte des Customizing sind der Entwurf, das Modifizieren und die Auswahl der Produkte und Dienstleistungen mit dem Ziel, diese bestmöglich in die Umwelt des Kunden zu implementieren (vgl. Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 13). Indem jene maßgeschneiderten Angebote den Kundenpräferenzen entsprechen, können sie einen überlegenen Wert bzw. Kundennutzen schaffen (vgl. Simonson 2005, S. 32). Der Vorteil auf Seiten des Anbieters liegt darin, dass der Kunde zwar ein klar definiertes Problem hat, dieses jedoch nicht verständlich definieren kann bzw. es nicht durch einen anderen Anbieter als erfüllt betrachtet. Somit hat der Lösungsanbieter die Aufgabe, durch Informationsgewinnung den Präferenzen des Kunden zu entsprechen und so den Kunden zu einer positiven Resonanz bzgl. des unterbreiteten Angebots zu „bewegen“ (vgl. Simonson 2005, S. 32). Zusätzlich zur Anpassung beschreibt die Integration das optimale Zusammenwirken der beim Customizing integrierten Komponenten (vgl. Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 13). Aus Kundensicht wird dabei durch die Zusammenstellung und Einbindung von komplementären Produkten und Dienstleistungen der Wert der Solution erhöht (vgl. Nambisan 2002, S. 383). Es ist demnach für einen Anbieter von Solutions von hoher Bedeutung, sowohl die Produkte und Dienstleistungen den Kundenwünschen anzupassen als auch die – 11 – optimale Zusammenstellung mit anderen Produkten und Dienstleistungen herbeizuführen. Einführung/ Implementierung Aus Kundensicht stellt die Implementierung von Gütern und Dienstleistungen einen integrierten Teil einer Solution dar. Diese besteht aus der Lieferung der Produkte und deren Installation in die Umwelt des Kunden. Um die Lösung letztendlich beim Kunden zu implementieren, ist in vielen Fällen auch logistisches Know-how von Nöten, da der Kunde bei vielen Gütern einen Auslieferservice oder Zustellungsdienst erwartet (vl. Harms 1999, S. 38). Die folgende Installation stellt ebenso wie die Unterweisung beim Gebrauch einen Teil des (technischen) Kundendienstes dar. Bei komplexeren Produkten wird die Installation von der Herstellerfirma oder von Fachleuten vorgenommen, die neben den erforderlichen Kenntnissen auch entsprechende Werkzeuge besitzen. Zur sachgemäßen Bedienung werden bei komplexeren Produkten auch sinnvolle Gebrauchsschulungen angeboten (vgl. z.B. Goffin 1999, S. 375). Bei einer Solution übernimmt der Solution-Anbieter sämtliche Funktionen für den Kunden. Häufig kooperiert ein solcher Anbieter auch innerhalb von Netzwerken mit anderen Unternehmen2, um ein optimales Solution-Resultat zu erzielen (vgl. Prahalad 2004, S. 23). Gegenüber dem Kunden trägt er dabei allerdings auch die Verantwortung dafür, dass seine Partner ihre Aufgaben standesgemäß erfüllen (vgl. Johansson/ Krishnamurthy/ Schlissberg 2003, S. 124). Fortführung/Unterstützung Im Rahmen des Solution Selling steht zwischen dem Anbieter und dem Kunden nicht mehr lediglich die einzelne Transaktion, sondern eine fortlaufende Beziehung im Vordergrund (vgl. Vargo/ Lusch 2004, S. 12). Die Fortführung, resp. folgende Unterstützung ist als Teil des After Sales Services von wesentlicher Bedeutung in der kontinuierlichen Anbieter-Kunde-Beziehung. Sie gilt daher auch als ein entscheidender Bestandteil einer Solution (vgl. Tuli/ Kohli/ Bharadwaj 2007, S. 15). Vor allem bei komplexen Produkten wird von den Kunden nach Abschluss des Vertrags eine effektive und ökonomische Unterstützung nachgefragt (vgl. Loomba 1996, S. 19). Im Rahmen der Fortführung der Anbieter-Kunde-Beziehung gibt es diverse Möglichkei- 2 Vgl. hierzu insbes. Kap. 3.3. – 12 – ten, die bestehende Beziehung zu pflegen. Wesentliche Elemente sind z.B. die Instandhaltung und die Reparatur der zur Verfügung gestellten Leistung. Dazu zählen je nach Produkt auch das Angebot von Ersatzteilen sowie Pflege und Wartung. Ebenso ist die Garantieleistung ein wichtiges Element der fortlaufenden Unterstützung. Der Kunde hat hier die Option, diese gegenüber üblichen gesetzlichen Regelungen durch Aufpreis vom Anbieter erweitern zu lassen (vgl. Goffin 1999, S. 377). Aus Kundensicht ist ein entscheidender Bestandteil der Fortführung/Unterstützung im Rahmen einer Solution das Angebot neuer Produkte und Verbesserungen, die wiederum die Leistung des eigentlichen Produkts erhöhen. Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer Bestandteile, wie beispielsweise Online-Support, Dokumentation, das Angebot weiterer Informationen sowie das Kundenkontaktprogramm (vgl. hierzu und im folg. Goffin 1999, S, 376ff.; vgl. auch Harms 1999, S. 39ff.). Dokumentation beschreibt in diesem Kontext die Erfassung des Ablaufs, der Installation, der Instandhaltung und der möglichen Reparatur. Ein Online-Support wird beispielsweise im Rahmen von Telefonservices angeboten. Das Kundenkontaktprogramm beinhaltet Aspekte wie z.B. Einladungen zu Events, Kundenzufriedenheitsbefragungen, etc., um so eine langfristige Bindung des Kunden zu ermöglichen. Der Umfang solcher After-Sales Services ist jedoch im Allgemeinen stark von den einzelnen Bedürfnissen der Kunden bzw. von der jeweiligen Branche abhängig. Des Weiteren sollte der Anbieter im Rahmen von Make-or-Buy-Entscheidungen überlegen, welche Dienste dabei von ihm selbst erledigt werden oder welche er besser an ein spezialisiertes Unternehmen überträgt.3 Denn für den Kunden ist in der Regel nicht entscheidend, ob der Anbieter die unterstützende Tätigkeit selbst übernimmt oder diese von einem kooperierenden Spezialisten erledigen lässt. Relevant ist vielmehr, dass der Umfang und die Qualität dieses Teils des Prozesses den Kundenbedürfnissen entsprechen. In der folgenden Abbildung werden die vier Phasen und ihr Ablauf noch einmal zusammenfassend dargestellt: 3 Vgl. hierzu insbes. die Ausführungen in Kap. 3.3. – 13 – Lösungsanbieter Lösung Lösung als als Kundenbeziehung Kundenbeziehung charakterisiert charakterisiert durch durch vier vier Prozesse Prozesse Definition Definition der der KundenKundenanforderungen anforderungen Anpassung Anpassung und und Integration Integration Einführung Einführung ImplemenImplementierung tierung Fortführung Fortführung UnterUnterstützung stützung Kunde Abbildung 1: Prozessphasen des Solution Selling (Quelle: Eigene Darstellung) Bevor mögliche Erfolgsfaktoren des Solution Selling dargestellt werden, sollen zuvor die relevanten Grundlagen zum Change Management dargestellt werden, die für den Transformationsprozess vom Hersteller zum Solution Seller relevant sind. 2.2 Grundlagen zum markt- und kundenorientierten Management von KMU Die Idee der Markt- bzw. Kundenorientierung entstammt dem Forschungsfeld des Marketing und hat in den letzten Jahren in vielen wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen, insbes. im Strategischen Management, enorm an Bedeutung gewonnen (vgl. Gebhardt/ Carpenter/ Sherry Jr. 2006, S. 37). In diesem thematischen Zusammenhang, bei dem die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen im Vordergrund steht, definieren Lado/ Maydeu-Olivares die Marktorientierung als „eine Strategie, die eingesetzt wird, um durch die Verwendung von Ressourcen (und Fähigkeiten) sowie komplexes unternehmerisches Wissen nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen“ (Lado/ Maydeu-Olivares 1998, S. 26). Diese Wettbewerbsvorteile resultieren allerdings nicht zuletzt aus dem konventionellen Verständnis des Marketing, welches die Marktorientierung als Fähigkeit einer Unternehmung versteht, ein besseres Verständnis ihrer Kunden und des entsprechenden Wettbewerbsumfelds zu erlangen, – 14 – welches wiederum zu nachhaltigem Erfolg der Firma führt (vgl. Kara/ Spillan/ De Shields Jr. 2005, S. 105). Aufgrund dieser Sichtweise lässt sich die Markt- und Kundenorientierung definieren als „Organisationskultur, die am effektivsten und effizientesten das Verhalten schafft, welches für die Kreation eines Kundenwertes und somit für die Schaffung eines überlegenen Werts für das Geschäft notwendig ist“ (Narver/ Slater 1990, S. 21). Dass die Fähigkeit eines Unternehmens zur Schaffung guter Markt- und Kundenorientierung generell eine positive Wirkung auf den Erfolg hat, belegen auch diverse empirische Studien (vgl. insbes. Jaworski/ Kohli 1993, Greenley 1995, Matzuno/ Mentzner/ Özsomer 2002). Es kann daher festgehalten werden, dass solche Unternehmungen, die besonders markt- und kundenorientiert auf wettbewerbsintensiven Märkten agieren, in der Lage sein sollten, ihre Konkurrenten hinsichtlich des Erfolgs zu übertreffen (vgl. z.B. Jaworski/ Kohli 1993, Slater/ Narver 1994). Dabei stellt die Marktorientierung eine Ausrichtung dar, die auf alle betriebswirtschaftlichen Teilbereiche einer Unternehmung abgestimmt sein sollte, wobei auch die innerbetriebliche Leistungserstellung markt- und kundenorientiert gestaltet werden muss (vgl. Raffée 1984, S. 3ff.) Durch den koordinierten Einsatz marktbeeinflussender Instrumente führt ein marktorientiertes Management zur Schaffung von Präferenzen und unterstützt die Entscheidungsfindung durch den Einsatz systematischer Techniken (vgl. Meffert 1994a, S. 5). Ein marktorientiertes Management bezieht sich zumeist nicht nur auf den Absatzmarkt, sondern auch auf andere Bereiche, wie z.B. den Beschaffungsmarkt. Die Umsetzung obliegt dabei den Verkaufsleitern, Produktmanagern, Kundendienstmanagern, etc. (vgl. Kotler/ Bliemel 1998, S. 18). Allerdings ist eine solche Trennung bei kleineren Unternehmen, wie es die meisten Handwerksbetriebe sind, nicht gegeben. Vielmehr ist es hier Aufgabe der wenigen leitenden Mitarbeiter (resp. des Inhabers), das marktorientierte Management zu koordinieren und die Mitarbeiter durch eine aktive Teilnahme zu integrieren. Neben den hier genannten Aspekten der Markt- und Kundenorientierung gehört zur erfolgreichen Lösung von Kundenproblemen auch eine sogenannte Problemlösungsorientierung, die als eine Erweiterung der zuvor genannten Ansätze zu interpretieren ist. Dabei geht es für Unternehmen insbesondere darum, ihr Unternehmen dergestalt auszurichten, dass Fähigkeiten und Ressourcen zur erfolgreichen Kundenproblemlösung aufgebaut bzw. aktiv ausgestaltet werden. Um die Bedingun- – 15 – gen des in Kapitel 3 dokumentierten Transformationsprozesses praxisnah darzustellen, werden im Folgenden einige relevante Grundlagen zu entsprechenden Besonderheiten bei kleinen und mittleren Unternehmen aufgezeigt. Ebenso wird die besondere Rolle der Dienstleistungen für den Prozess sowie auch die Bedeutung des Change-Managements in diesem Zusammenhang herausgearbeitet. Die dabei speziell für Handwerksbetriebe gegebenen Besonderheiten werden zu Beginn des dritten Kapitels dargestellt. 2.2.1 Besonderheiten bei KMU in Bezug auf die Markt- und Kundenorientierung In Deutschland fallen mehr als 99% aller Unternehmungen in die Kategorie der KMU. Diese produzieren ca. 50% der Bruttowertschöpfung des Unternehmenssektors und sind aufgrund ihrer Vielfalt ursächlich für wirtschaftliche Stabilität sowie ebenso integraler Bestandteil einer ausgewogenen Größenstruktur von Unternehmungen (vgl. Haussmann et al. 2006, S. 1). Ebenso tragen sie zu Wachstum und Beschäftigung in Deutschland bei und fördern Innovationen. Von allen Unternehmen im Bereich der KMU liegen über 90% im Bereich von bis zu einer Million Umsatz (s. Abb. 1). Abbildung 2: Unternehmen in Deutschland (2004) nach Umsatzgrößenklassen (Quelle: Statistisches Bundesamt 2006) – 16 – Nach einer bis vor wenigen Jahren üblichen Abgrenzung werden unter KMU alle Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk subsumiert, die weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen (vgl. hierzu und im folg. Eden 2001, S. 35). Hat ein Unternehmen bis zu 9 Mitarbeiter, wird es als Kleinstunternehmen bezeichnet, bei 10 bis 99 Mitarbeitern als kleines Unternehmen, und bei 100 bis 499 als mittleres Unternehmen. In der vorliegenden Studie wird jedoch zusätzlich nach den einzelnen Wirtschaftsbereichen untergliedert. Ein weiteres, häufig verwendetes quantitatives Kriterium ist der Umsatz. Allerdings wechseln auch hier häufig die Obergrenzen, insbesondere zwischen den verschiedenen Wirtschaftsbereichen. In der folgenden Tabelle in Anlehnung an Pfohl wird eine mögliche Festlegung von Klassengrenzen anhand ausgewählter Kriterien dargestellt, die in der Literatur häufig zitiert wird. Für die verschiedenen Branchen bezeichnen dabei der erste Stichpunkt Kleinstunternehmen, der zweite kleine sowie der dritte die Unternehmungen mittlerer Größe. Anzumerken ist auch hier, dass es sich um mögliche Festlegungen bzw. Richtwerte handelt, die lediglich eine Einschätzung und einen Überblick der verschiedenen Klassen liefern sollen. In der Literatur werden neben der ausgewählten Klassifizierung diverse weitere Einteilungen genannt (vgl. z.B. Ernst 1999, Cutura/ Klaus 2005). BRANCHE UND GRÖSSENKLASSEN- GRÖSSENKLASSENEINTEI- GRÖSSENKLASSE EINTEILUNG NACH LUNG NACH UMSATZ ANZAHL DER MITAR(JEWEILS KLEINST, BEITER KLEIN UND MITTEL) Industrie Handwerk Großhandel bis 49 (kleinst) bis 1 Mio. Euro 50 – 499 (klein) 1 Mio. – 12,5 Mio. Euro 500 und mehr (mittel) 12,5 Mio. Euro und mehr bis 2 (kleinst) bis 50.000 Euro 3 – 49 (klein) 50.000 – 1 Mio. Euro 50 und mehr (mittel) 1 Mio. Euro und mehr bis 9 bis 500.000 Euro 10 – 199 500.000 – 25 Mio. Euro 200 und mehr 25 Mio. Euro und mehr – 17 – bis 2 bis 250.000 Euro 3 – 49 250.000 – 5 Mio. Euro 50 und mehr 5 Mio. Euro und mehr Verkehr und Nach- bis 2 bis 50.000 Euro richtenübermittlung 3 – 49 50.000 – 1 Mio. Euro 50 und mehr 1 Mio. Euro und mehr Dienstleistungen von bis 2 bis 50.000 Euro Unternehmen und 3 – 49 50.000 – 1 Mio. Euro freien Berufen 50 und mehr 1 Mio. Euro und mehr Einzelhandel Tabelle 1: Beispiel einer branchenbezogenen Festlegung von Klassengrenzen bei den Größenmerkmalen „Anzahl der Beschäftigten“ und „Umsatz“ (Quelle: Leicht mod. Darstellung in Anlehnung an Pfohl 1997, S. 11) Neben der oben dargestellten Einteilung sind als quantitative Kriterien je nach Branche auch Kennzahlen wie die Bilanzsumme, der Gewinn, das Eigenkapital, die Wertschöpfung oder auch bestimmte Produktionsmengen denkbar (vgl. Weber/ Kabst 2000, S. 7). Da auch von Land zu Land Unterschiede bestehen, wurde zu Beginn des Jahres 1996 von der Europäischen Kommission eine einheitliche, gemeinschaftsweite Definition eingeführt (vgl. hierzu und im folg. Eden 2001, S. 35f.). Von den ca. 14 Millionen europäischen Unternehmen ließen sich nur 0,1 Prozent nicht in die Kategorie unter 500 Mitarbeiter einordnen, weshalb nach einigen Anpassungen festgelegt wurde, dass KMU grundsätzlich weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. Für „kleine“ Unternehmen wurden zusätzlich ein Jahresumsatz von max. 6,25 Millionen Euro und eine Bilanzsumme von maximal 3,125 Mio. Euro als quantitative Abgrenzungskriterien festgelegt. Bei „mittleren“ Unternehmen betragen diese Werte analog 40 Mio. Euro und 27 Mio. Euro. Allerdings werden auch diese Werte nicht immer in allen Bereichen verwendet, weshalb sich KMU in Abgrenzung zu „großen“ Unternehmungen zusätzlich durch verschiedene qualitative Kriterien kennzeichnen lassen. Auch und besonders bei den qualitativen Kriterien zur Abgrenzung von KMU existiert eine Vielzahl möglicher Aspekte. So wird als ein allgemeines Abgrenzungskriterium – 18 – für ein mittelständisches Unternehmen z.B. sehr häufig der Aspekt verwendet, dass der Unternehmer als „selbständiger Eigentumsunternehmer, der Kapital und Leitung in seiner Hand vereinigt und Risiko und Verantwortung trägt“, fungiert (Mugler 1995, S. 23). Unternehmen, die als „groß“ eingestuft werden, werden im Gegensatz dazu von Managern geführt. Ebenso muss das Unternehmen die entscheidende Einkommensquelle sowie die Existenzgrundlage des Unternehmers und seiner Familie sein. Weitere mögliche Aspekte sind beispielsweise die Fähigkeit zur Erbringung individualisierter differenzierter Leistungen, das Vorherrschen persönlicher Kontakte zwischen den Mitarbeitern und dem geschäftsführenden Unternehmer und die Prägung der Firma durch die Unternehmerpersönlichkeit (Pichler/ Pleitner/ Schmidt 2000, S. 12). Neben der Personenbezogenheit finden auch eine weitgehende rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Unternehmung sowie ein relativ überschaubarer Marktanteil als Kriterien zur Abgrenzung gegenüber großen Unternehmen Verwendung, wobei diese Überschaubarkeit keineswegs eine regionale Begrenzung bedeuten muss (vgl. Eden 2001, S. 36). Aufgrund der zumeist schlechten Messbarkeit qualitativer Kriterien sind diese in Verbindung mit den zuvor genannten quantitativen Kriterien einzusetzen (vgl. Pichler/ Pleitner/ Schmidt 2000, S. 12). Generell hat sich jedoch eine Festlegung durchgesetzt, die ihre Schwerpunkte auf quantitative Kriterien legt, wobei insbesondere die Mitarbeiterzahl von entscheidender Bedeutung ist (vgl. Weber/ Kabst 2000, S. 7f.). 2.2.2 Besonderheiten bei KMU in Bezug auf Solution Selling Betrachtet man KMU im Hinblick auf ihre Besonderheiten beim Solution Selling, so wird schnell deutlich, dass insbesondere kleinere Unternehmen sich mit dieser Strategie zur Marktbearbeitung bislang kaum auseinandergesetzt haben. Aufgrund der derzeitigen Wettbewerbssituation sollten jedoch auch KMU mit Bezug auf o.g. Marktorientierung verstärkt auf die Veränderung von Kundenbedürfnissen achten. Innerhalb der letzten 20 Jahre haben sich das Wettbewerbsumfeld und seine Bedingungen für die meisten Unternehmen, auch und insbesondere für KMU, drastisch gewandelt. So stiegen die Anforderungen von Konsumenten an viele Produkte sowie auch an Dienstleistungen und es kam national und international zu Annäherungen der Verbraucherbedürfnisse. Durch solche Entwicklungen ist besonders die Situation der KMU in Deutschland in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden. So ist es heute längst nicht mehr ausreichend, nur seine Produkte im Wettbewerb gegen – 19 – den zunehmenden Druck verschiedener Anbieter zu positionieren. Es wird auch erwartet, dass ein um die Produkte aufgebautes Netz von entsprechenden Dienstleistungen vorhanden ist (vgl. z.B. Ahlert/ Evanschitzky 2002), was in den meisten Fällen hohe Kosten mit sich bringt. Diese Kosten stellen insbesondere bei kleineren Unternehmen oftmals ein entscheidendes Hindernis für die Umsetzung „neuer“ Strategien bzw. für den entsprechenden Strategiewechsel dar (vgl. auch Kap. 2.3). Während Großunternehmen oft durch eigene finanzielle Mittel ihren Wechsel zu neuen Formen der Marktbearbeitung, z.B. durch Übernahme von Wettbewerbern oder Investitionen innerhalb der eigenen Unternehmung, forcieren können, sind Klein- und Mittelbetriebe häufiger auf kooperative Formen (z.B. Netzwerke) oder spezielle Nischenstrategien angewiesen. Dadurch können sie allerdings möglicherweise trotz Nachteilen, wie der o.g. relativ geringeren finanziellen Ausstattung, schnell, effektiv und effizient in ihren Märkten agieren. So haben viele kleine Unternehmen z.B. besonders enge und vertrauliche Kontakte zu ihren Kunden und Partnern (vgl. z.B. Ahlert/ Hesse/ Kruse 2006), so dass die Bedürfnisse des Marktes, resp. der Kunden schneller berücksichtigt werden können. Da i.d.R. aufgrund der Positionierung in einer Nische der Markt auch deutlich kleiner und überschaubarer ist als bei Großunternehmen, könnten sich KMU ihre vorhandenen Flexibilitätsvorteile zu Nutze machen. Da im Normalfall bei KMU auch die Entscheidungswege deutlich kürzer sind, können Änderungen beim Angebot von Leistungen möglicherweise schneller umgesetzt werden. Ob solche Aspekte im Rahmen des Angebots und dem Verkauf von Lösungen bei KMU einen Vorteil darstellen, soll im Rahmen des dargestellten Falls an einem konkreten Beispiel untersucht werden. Generell sollten KMU in jedem Fall ihre spezifischen Vorteile, wie z.B. den engen Kundenkontakt oder erhöhte Flexibilität, nutzen und Möglichkeiten der Differenzierung in Betracht ziehen, um weiterhin langfristig auf alten und neuen Märkten erfolgreich zu sein. Eine solche Möglichkeit könnte das Solution Selling bieten. Anhand der Gegebenheiten von Schäper wird mit Hilfe der Darstellung einer Kooperation mit einem Schlüsselkunden aufgezeigt, inwiefern solch ein Angebot ganzheitlicher Lösungen auch für KMU sinnvoll und empfehlenswert erscheint. Dabei wird jedoch auf die speziellen Gegebenheiten des Unternehmens eingegangen. Ge- – 20 – nerell kann angenommen werden, dass auch bei KMU qualitativ hochwertige Produkte für sich genommen heutzutage in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten. Insbesondere bei den zumeist sehr spezialisierten KMU ist eine hohe Markt- und Kundenorientierung in Form ergänzender, resp. überlegener Dienstleistungen von hoher Bedeutung, was für die Forcierung „neuer“ Optionen, wie das Solution Selling, spricht. Die Darstellung möglicher Optionen anhand des praktischen Beispiels Schäper soll im Rahmen des vorliegenden Berichts unterstützend für die Erkennung und Umsetzung solcher Möglichkeiten bei KMU dienen. 2.3 Grundlagen zum Change Management Die Ausführungen dieses Kapitels sollen als eine weitere Grundlage für das marktorientierte Management von handwerklichen KMU dienen und eine Basis für die Inhalte von Kapitel 3 bilden, in dem die veränderten Rahmenbedingungen von Handwerksunternehmen mit Bezug auf die vorliegende Problematik beschrieben werden. Durch das marktorientierte Management werden die Veränderungen der Rahmenbedingungen in die Angebotspalette des Unternehmens integriert. Um diesen Vorgang effektiv zu gestalten, bedarf es der Bereitschaft, Veränderungen zu akzeptieren, zu erfassen und umzusetzen. Daher sind Erweiterungen im Bereich des Management-Konzeptes durch das Change Management notwendig, welches Veränderungen in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stellt (vgl. Reiß 1997, S. 39). Die grundlegenden Inhalte des Change Managements in Bezug auf das vorliegende Projekt werden in der folgenden Abbildung verdeutlicht: – 21 – Abbildung 1: Der Change-Prozess vom Produzenten zum Solution Seller (Quelle: Eigene Darstellung) Allgemein birgt das Konzept des Change Managements insofern einige Schwierigkeiten, als dass in der Literatur keine fundierte Theorie des Wandels existiert. Daher muss auf einzelne Wissensbausteine zurückgegriffen werden, die aus unterschiedlichen Bereichen wie den Marketing- oder Verhaltenstheorien kommen. So fasst z.B. Reiß unter dem Begriff des Change Management sehr allgemein alle Prozesse zusammen, die „unternehmensumfassend“ und global verändern (vgl. hierzu im Detail Reiß 1997, S. 39f.). Andere Ansichten definieren das Change Management dagegen als die schnelle und flexible Anpassung des Angebots an die Erfordernisse des Marktes (vgl. z.B. Titze 1992, S. 13). Das Change Management kann als spezieller Bereich des Managements als ein übergeordnetes Rahmenkonzept verstanden werden, welches die Bewältigung des Wandels in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellt. Das Konzept beinhaltet somit die Identifikation von Veränderungen im Unternehmensumfeld, ebenso wie auch die Ableitung daraus resultierender, unternehmensrelevanter Entwicklungen, die unter Anwendung verschiedener „Management-Tools“ (z.B. Business Process Reengineering, Benchmarking, Outsourcing, etc.) umgesetzt werden. Die Betrachtung des Wandels als Chance, resp. Herausforderung soll eine möglichst schelle (reaktiv) und flexible Anpassung wechselnder Marktanforderungen ermöglichen (vgl. hierzu und im folg. Berger 1994, S. 7f.). Bestenfalls können durch frühzeitiges Handeln auch Krisenpotenziale (proak- – 22 – tiv) ausgeschaltet werden. Die Umsetzung der Change Management Prozesse fasst dabei neben der strategischen auch die operative Ebene. Unternehmerischer Wandel scheitert nicht selten an den starken Widerständen, die sich im Laufe von Veränderungsprozessen aufbauen (vgl. hierzu und im folg. Vahs 1997, S. 18f.). Daher ist die zentrale Herausforderung des Change Managements der Umgang der Betroffenen mit diesen Widerständen. Dieser besteht z.B. in emotionalen Sperren, die die Organisationsmitglieder gegen Änderungen aufbauen, weil sie Verschlechterungen ihrer Situation befürchten. So gibt es zahlreiche Gründe, die einer Veränderungsbereitschaft entgegenstehen und Betroffene dadurch zu Gegnern von Veränderungsprozessen machen. Ein Verlust an Stabilität, die Aufgabe von angenehmen Gewohnheiten sowie Ungewissheit, die schließlich zu Unsicherheit führen kann, sind nur einige Beispiele. Allgemein existieren vier Defizitsituationen, die als Ursache für genannte Widerstände auftreten können: Unkenntnis (Informationsdefizit), Überforderung (Qualifikationsdefizit), Schlechterstellung (Motivationsdefizit) und Ohnmacht (Organisationsdefizit). So können durch den andauernden Veränderungsprozess Stress und ähnliche Belastungen entstehen, die zu Überforderungen führen. Je nach Art der Umsetzung von Veränderungsprozessen können die Auswirkungen bzw. deren Intensität sehr unterschiedlich sein. Daher sollte das Change Management an einer Grundrichtung orientiert sein, die sorgfältig auf das Unternehmen abgestimmt sein muss. Auch dabei kann es zu Problemen kommen (vgl. im folg. und im Detail Krüger 1994, S. 213ff.). So kann eine zu starke Innenorientierung dazu führen, dass sich ein Unternehmen nur mit sich selbst beschäftigt und das Gefühl für übergeordnete Entwicklungen verliert. Wird im Gegenzug aber die Außenorientierung zu stark betont, so werden möglicherweise die Mitarbeiter bzw. die interne Umsetzung vernachlässigt. Diese Ausrichtung führt auch oft zu übermäßiger Nachahmung aktueller Trends (Me-too-Effekt), da das zu verändernde Unternehmen sich nicht ausreichend aus sich heraus wandelt. Insofern muss das Management sehr dezidiert zwischen Vergangenheits- und Zukunftsorientierung unterscheiden. So sind z.B. Erfolge aus der Vergangenheit in diesem Zusammenhang eine schwierige Hürde, wobei der „Erfolg von gestern“ nicht zwingend auch gegenwärtige und zukünftige Erfolgswirkungen garantiert. Zukünftige Visionen und Konzepte wiederum werden dann problematisch, wenn sie noch zu weit von der Unternehmensrealität entfernt sind und – 23 – keine Unterstützung durch die Mitarbeiter erfahren, was einer Umsetzung im Wege steht. Um überhaupt eine Chance auf einen erfolgreichen Veränderungsprozess zu haben, sollte sich der Wandel, wenn möglich, an bestimmten Erfolgsfaktoren der „neuen Ausrichtung“ orientieren. Daher werden im folgenden Kapitel zunächst potenzielle Erfolgsfaktoren aufgezeigt, die im Rahmen des Solution Selling bei KMU von Bedeutung sein könnten. 2.4 Mögliche Erfolgsfaktoren des Solution Selling Im Rahmen der Veränderung der Strategien, die beim Wandlungsprozess vom Produzenten zum Solution Seller von Bedeutung sind, müssen besonders firmeninterne Faktoren einer besonderen Betrachtung unterzogen werden (vgl. hierzu und im folg. Windahl/ Lakemond 2006, S. 810f.). Dabei werden z.B. Faktoren wie Positionierung in Firmennetzwerken, die Stärke solcher Beziehungen oder auch die Beeinflussbarkeit von Kernprozessen des Kunden als wichtig angesehen. In Bezug auf das vorliegende Projekt wurde im Rahmen einer Delphi-Studie (vgl. hierzu im Detail z.B. Dalkey 1969, Linstone/ Turoff 1975; vgl. für ein praktisches Beispiel auch Hesse 2004) vom Lehrstuhl für BWL, insbes. Distribution & Handel eine Umfrage bei verschiedenen Unternehmen durchgeführt, in der verschiedene Erfolgsfaktoren aufgedeckt wurden, die speziell für die in Kap. 2.1.4 dargestellten Phasen abgefragt wurden. Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse in komprimierter Form dargestellt werden. Als primäres Delphi-Ziel sollten in der ersten Runde Erfolgsfaktoren und Hinderungsgründe in den einzelnen Transformationsphasen ermittelt werden. Da die genannten Erfolgsfaktoren meistens den umgekehrten Hinderungsgründen entsprachen, stimmte in Runde zwei das Expertenpanel mit durchschnittlich 2,14 zu, Erfolgsfaktoren und umgekehrte Hinderungsgründe zusammenzufassen. Die daraus abgeleiteten 35 Erfolgsfaktorengruppen wurden dann in Runde zwei und drei weiter verdichtet und auf einen Konsens hin überprüft. Hierbei wurde der Fokus auf die Standardabweichungen der drei bedeutendsten Erfolgsfaktoren gerichtet. Tabelle 2 stellt die gewonnenen Erkenntnisse in übersichtlicher Form dar: 4 Auf einer 7er Likert Skala, wobei 1 = stimme voll; 7 = stimme überhaupt nicht zu bedeutet. – 24 – Erfolgsfaktor Runde 2- Runde 3- Runde 2- Runde 3- Mittelwert Mittelwert Std.-Abw. Std.-Abw. Phase 1: Bedürfnisse des Kunden ermitteln Mitarbeiterkommunikation 1,51 1,53 0,55 0,50 Unternehmensorganisation 1,91 2,17 1,17 0,82 Mitarbeiterqualifikation 2,03 2,07 0,98 0,77 Kundenmanagement 2,06 [k. W.] 1,32 [k. W.] IT-Datenverarbeitung 3,15 [k. W.] 1,19 [k. W.] Kundensupport 2,33 [k. W.] 1,17 [k. W.] Branchenumfeld 2,86 [k. W.] 1,29 [k. W.] IT-Datenspeicherung 2,79 [k. W.] 1,21 [k. W.] Kundenbedürfnisse 2,76 [k. W.] 1,37 [k. W.] Mitarbeiteranreizsystem 3,32 [k. W.] 1,66 [k. W.] Phase 2: kundenspezifische und ganzheitliche Zusammenstellung von Dienstleistungen und Gütern Kundenbedürfnisse 1,41 1,30 0,60 0,53 Produkteigenschaften 1,63 2,05 0,64 0,58 Unternehmensorganisation 1,80 2,30 1,04 1,00 Mitarbeiterqualifikation 2,17 [k. W.] 0,88 [k. W.] Kundensupport 2,38 [k. W.] 1,16 [k. W.] Branchenumfeld 2,80 [k. W.] 1,29 [k. W.] Produktkennzahlen 3,51 [k. W.] 1,45 [k. W.] Phase 3: Implementierung der erarbeiteten Lösung von Dienstleistungen und Gütern beim Kunden Unternehmensorganisation 1,66 1,87 0,89 0,92 Mitarbeiterqualifikation 1,76 1,87 0,93 0,81 Kundenmanagement 2,21 2,02 1,13 1,10 Kundenbedürfnisse 2,06 [k. W.] 1,08 [k. W.] Produkteigenschaften 2,09 [k. W.] 0,91 [k. W.] Produkteinführung 2,36 [k. W.] 0,95 [k. W.] – 25 – Produktlieferung 2,29 [k. W.] 0,96 [k. W.] Mitarbeiteranforderungen 2,32 [k. W.] 0,90 [k. W.] Mitarbeiteranreizsystem 3,06 [k. W.] 1,21 [k. W.] Phase 4: Kundensupport nach der Implementierung Kundensupport 1,34 1,43 0,63 0,62 Unternehmensorganisation 2,26 2,57 1,10 0,99 Kundenmanagement 2,29 2,03 0,92 0,87 Mitarbeiterqualifikation 2,09 [k. W.] 0,89 [k. W.] Produkteigenschaften 3,12 [k. W.] 1,77 [k. W.] Mitarbeiteranforderungen 2,47 [k. W.] 0,95 [k. W.] Unternehmensveränderung 3,15 [k. W.] 1,24 [k. W.] IT-Datenspeicherung 2,94 [k. W.] 1,19 [k. W.] IT-Unterstützung 3,03 [k. W.] 1,17 [k. W.] IT-Datenverarbeitung 3,39 [k. W.] 1,35 [k. W.] Tabelle 2: Erfolgsfaktoren pro Phase des Solution Selling nach Rang absteigend geordnet (1 = wichtig; 7 = nicht wichtig; [k.W.] = kein Wert) (Quelle: Ahlert/ Kawohl 2008) Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Standardabweichungen bei elf von zwölf Erfolgsfaktoren gehen deutlich zurück. Dies wird als Indiz für eine Konsensbildung gewertet. Die Standardabweichung des Erfolgsfaktors „Unternehmensorganisation“ in Phase drei verzeichnet eine leichte Zunahme, was auf eine abweichende Einzelmeinung zurückgeführt werden kann, da diese bei einer Panelgröße von knapp 40 Teilnehmern ein relativ starkes Gewicht hätte. Bei genauerer Betrachtung der Daten ist zu erkennen, dass die Standardabweichungen der weniger relevanten Erfolgsfaktoren wesentlich höher sind. Dies deutet auf eine weniger einheitliche Meinung bezüglich der Wichtigkeit dieser Erfolgsfaktoren hin. Der Erfolgsfaktor Unternehmensorganisation wurde in allen vier Phasen als eine bedeutende Maßgröße des Solution Selling angesehen. Ebenso – 26 – konnte die Bedeutung der Mitarbeiterqualifikation in allen Phasen als relevant identifiziert werden. IT kann als Erfolgsfaktor in Phase eins und vier eher vernachlässigt werden, was sowohl an den hohen Mittelwerten als auch an den sehr geringen Rangpunkten zu erkennen ist. Kundenorientierte Maßgrößen sind in drei von vier Phasen von starker Bedeutung (Platzierung unter den TOP-3). In allen Phasen dominieren unternehmensabhängige Erfolgsfaktoren außer in Phase zwei, wo unternehmensexterne Erfolgsfaktoren die Transformation beeinflussen. Mit Bezug auf die genannten Aspekte soll auch der in Kapitel 3 dargestellte „Case Schäper“ analysiert werden, welcher sich aufgrund der Größe des untersuchten Unternehmens auf die genannten Aspekte bei KMU fokussiert. Da, wie bereits in Kap. 2.2.2 erwähnt, bislang keine spezifischen Untersuchungen im Bereich des Solution Selling bei KMU vorliegen, wird sich dem Problem mit einem pragmatischen Ansatz genähert. Im Rahmen des nächsten Kapitels werden daher die für KMU geltenden Bedingungen implizit bei Betrachtung und Untersuchung des Beispielfalles berücksichtigt. Da im vorliegenden Bericht die Möglichkeiten des Solution Selling bei Schäper anhand der Kooperation mit einem Schlüsselkunden aufgezeigt werden, ist die Analyse so konzipiert, dass die vier Phasen zunächst im Rahmen des aus Partnersicht relevanten Prozesses betrachtet werden. Es werden hierbei zunächst verschiedene Gegebenheiten sowie Erfahrungen und Erwartungen des Partners analysiert, die aus dessen Sicht Erfolgsfaktoren darstellen. Dabei werden gezielt die Möglichkeiten einbezogen, die sich für einen möglichen Transformationsprozess von Schäper mitsamt seinen Bedingungen als kleines Unternehmen in diesem Zusammenhang bieten. Nähere Ausführungen, Inhalte sowie die Begründung dieser Vorgehensweise sind Hauptbestandteil des folgenden Kapitels. – 27 – 3 Case Schäper: Zum Transformationsprozess vom Produzenten zum Solution Seller bei handwerklichen KMU Im vorliegenden Kapitel wird die Analyse des Falls Schäper dargestellt, der einen möglichen Transformationsprozess vom reinen Produzenten zum Solution-Seller ermöglichen soll. Dabei wird zunächst auf allgemeine Besonderheiten von handwerklichen KMU eingegangen, bevor die relevanten Gegebenheiten von Schäper im Speziellen betrachtet werden. Zunächst wird der derzeitige Standpunkt bestimmt, welcher aufzeigen soll, zu welchem Grad Schäper bereits jetzt Solution Selling betreibt. Wie im Weiteren für die vorliegende Branche zu zeigen sein wird, sind die Optionen für KMU begrenzt, alleine umfassende Leistungen bzw. Lösungen anzubieten. Daher werden die Möglichkeiten im vorliegenden Fall anhand der Verbindung mit einem Schlüsselkunden resp. Partner aufgezeigt. Aufgrund der bei den meisten KMU vorhandenen Kernkompetenzen, welche i.d.R. spezielle Nischen durch den Einsatz von hohem fachspezifischem Wissen ausfüllen (vgl. z.B. Etemad/ Wright 1999, S. 9; vgl. auch Ahlert/ Hesse/ Kruse 2006, S. 24ff.), werden die sich ergebenden Optionen analysiert. Es werden somit zunächst die Aspekte des Solution Selling mit Blick auf den Schlüsselkunden dargestellt, die aus dessen Sicht Erfolgsfaktoren in Bezug auf einzelne Phasen als auch auf den Gesamtprozess darstellen. In diesem Zusammenhang wird dann auf die Möglichkeiten von Schäper eingegangen, die auf die Faktoren des Partners abgestimmt sind und somit gemeinsame Erfolgsfaktoren darstellen könnten, welche damit auch für Schäper bei der Bewältigung des eigenen Prozesses des Solution Selling relevant sind. 3.1 Besonderheiten von handwerklichen KMU In Bereich des Handwerks existiert, ähnlich wie auch bei KMU, keine einheitliche Definition eines Handwerksunternehmens. In manchen Ländern wird der Begriff des Handwerks heute nur noch mit Tätigkeiten im Bereich des „Kunsthandwerks“ gleichgesetzt (vgl. König 1994, S. 13ff.). Auch in Deutschland existiert keine verbindliche Bestimmung des Begriffs Handwerk. Anders als in einigen anderen europäischen Ländern wird die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Handwerk nicht allein durch die Betriebsgröße, die Zahl der Mitarbeiter oder die Höhe des Umsatzes festgelegt, sondern in erster Linie durch die Art des Gewerbes und die entsprechende – 28 – Berufsqualifizierung. So existieren bspw. neben dem Bau- und Ausbaugewerbe oder dem Metallgewerbe in Deutschland laut Gewerbeverzeichnis mehr als 90 verschiedene Gewerbearten, die als Handwerk betrieben werden können. Neben der Industrie ist das Handwerk in Deutschland der größte Wirtschaftsbereich. In rund 887.000 Betrieben arbeiten derzeit knapp 5 Millionen Menschen. In 1998 lag die Zahl noch bei ca. 6,5 Millionen (vgl. ZDH 2007). Diese relativ stark gesunkene Zahl ist auf den auch in diesem Bereich vollzogenen Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten zurückzuführen. Da aufgrund dieses Wandels die Käufer resp. die Kunden im Normalfall in der besseren Position sind, wird in fast jedem Gewerbe heute über Preise, Service und Qualität verhandelt, was zu einem zunehmenden Wettbewerbsdruck führt. Dieser erhöhte Druck könnte auch eine Erklärung dafür sein, dass die Zahl der Insolvenzen im deutschen Handwerk seit 1993 steigt. Von diesen Insolvenzen sind zu ca. 95% KMU betroffen. Die hohe Zahl an Insolvenzen ist ein Indiz dafür, dass auch Handwerksunternehmen mittlerweile gezwungen sind, unter dem Einfluss veränderter Rahmenbedingungen das eigene Unternehmen neu und dynamisch auf den Markt auszurichten und dem Wandel mit einem marktorientierten Management zu begegnen. Bevor im genannten Zusammenhang auf die Gegebenheiten von Schäper eingegangen wird, soll zuvor der Versuch einer Abgrenzung des Handwerks zu Industrie und Handel vorgenommen werden. Allerdings ist eine exakte Abgrenzung zwischen Industrie- und Handwerksunternehmungen problematisch, da der industrielle Sektor letztlich aus dem Handwerk hervorgegangen ist und außerdem in einigen Bereichen der heutigen Industrie diverse handwerkliche Arbeitsweisen zu finden sind. Es bestehen jedoch auch einige klare Unterschiede, wie z.B. der in der Industrie vorzufindenden ingenieurwissenschaftlichen Planung von Produktionsprozessen. Viele Handwerksunternehmungen haben auch nach wie vor im Wesentlichen räumlich und persönlich begrenzte Abnehmerkreise, während Industrieunternehmen i.d.R. bereits seit langem auch internationale Kunden bedienen, was für das Handwerk bislang noch einen in der Entwicklung befindlichen Prozess darstellt (vgl. z.B. Ahlert/ Hesse/ Kruse 2006 und die dort angegebene Literatur). In Bezug auf die Abgrenzung zum Handel, welcher die Übertragung von Waren und Gütern beinhaltet, ist anzumerken, dass demgegenüber das Handwerk im ursprünglichen Sinne auf die – 29 – Integration von verschiedenen Produkten bzw. Dienstleistungen ausgerichtet ist. Diese Einteilung erlaubt die Zuordnung von Handwerksunternehmen sowohl zu einem bestimmten Gewerbe als auch zu einem Wirtschaftszweig. Für diese Zuordnung ist von Bedeutung, in welcher Produktkategorie der Handwerksbetrieb tätig ist. International wird versucht, eine Abgrenzung des Handwerksbegriffs eher nach anderen Kriterien, wie z.B. nach der Zahl der Beschäftigten, vorzunehmen. Unter dem Begriff der Industrie wird hier zumeist das „Produzierende Gewerbe“ verstanden, wogegen in Deutschland in diesem Zusammenhang eher der nicht handwerkliche Teil des produzierenden Gewerbes gemeint ist. Hinsichtlich der nicht eindeutig existenten Begriffsbestimmung des Handwerks kann somit zusätzlich auf die zuvor gegebene Definition kleiner und mittlerer Unternehmen zurückgegriffen werden. Zum einen sind im dargestellten Kontext Handwerksunternehmen grenzüberschreitend betrachtet fast ausschließlich KMU, zum anderen erscheint die Einteilung aufgrund der im Folgenden darzustellenden Gegebenheiten der Firma Schäper sinnvoll. Daher soll das Unternehmen Schäper hier in die Gruppe der kleineren KMU eingeordnet werden, die dem produzierenden Gewerbe angehören. Details aus diesem Tätigkeitsfeld werden im Folgenden vorgestellt. 3.2 „Solution Selling“ bei der Schäper Sportgerätebau GmbH 3.2.1 Zum Unternehmen Schäper Die Schäper Sportgerätebau GmbH ist ein 1960 als Tischlereibetrieb gegründetes Unternehmen im Münsterland, welches sich innerhalb der letzten 45 Jahre auf die Produktion von Sportgeräten aus Aluminium und Stahl fokussiert hat, wobei die Produktschwerpunkte auf Ballsport und Leichtathletik liegen. Mit 20 Mitarbeitern kann Schäper, das eine Jahresproduktion von ca. 3000 Toren verbuchen kann, nach den o.g. Definitionen zu den kleineren produzierenden KMU gezählt werden, die bereits international tätig sind. Das Unternehmen ist mit seinen Produkten derzeit Qualitätsführer in Deutschland und ist zudem mit Vertretungen u.a. in Belgien, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz tätig. Vereinzelt werden auch Geräte bzw. Anlagen nach Asien und Südamerika verkauft. – 30 – Das Konzept zur weiteren Forcierung des Absatzes liegt in der Suche nach geeigneten Vertriebspartnern, die über entsprechende Kompetenzen verfügen, einen speziellen Teilmarkt, resp. ihren Heimatmarkt in eigener Verantwortung zu bearbeiten und auszubauen. Die Leistungen, die Schäper seinen Partnern bereits in diesem Zusammenhang bietet, sind: Unterstützung bei allen technischen Fragen Unterstützung bei der Bereitstellung von Services für den Kunden Bereitstellung von Marketing-Know-how im Sportgerätebereich Mögliche Kooperationen bei Großveranstaltungen, z.B. Fußball-EM/WM, etc. Zentrales Marketing Produktentwicklung Dabei ist es das Ziel, mit den bereitgestellten Leistungen den Ausbau nationaler und internationaler Geschäftsfelder zu intensivieren. In diesem Zusammenhang sollen neben der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Produkte auch flankierende Dienstleistungen angeboten werden. Es soll somit die Entwicklung von einem reinen Produktanbieter hin zum Anbieter von „Komplettlösungen“ erreicht werden. In welcher Form Schäper bereits Lösungen anbietet bzw. wo verstärkt Potenziale ausgeschöpft werden könnten, wie z.B. die gemeinsame Planung mit Architekten oder spezielle Wartung von Geräten, wird im folgenden Kapitel dargelegt. 3.2.2 Derzeitiger Stand der Problemlösungsoptionen In diesem Kapitel soll versucht werden, Schäper aufgrund seiner derzeitigen Kompetenzen in das 4 Phasen-Schema einzuordnen, um die Möglichkeiten der Wandlung zum Solution Seller besser analysieren zu können. Hinsichtlich Phase 1, welche im Kern die Definition der Kundenanforderungen beinhaltet, agiert Schäper im Hinblick auf seine Markt- und Kundenorientierung nach dem Grundsatz: „Der Kunde will keine Tore, er will Fußball spielen“. Dabei ist zunächst trotz Orientierung an diesem Ziel wichtig, dass die Produkte qualitativ hochwertig, sicher und zu fairen Preisen angeboten werden können. Dazu bietet Schäper seit vielen Jahren neben seinen hochwertigen Produkten auch eine umfassende Beratung bei der Auswahl, beim Kauf und auch bei der Lieferung seiner Sportgeräte. Um die Bedürfnisse des Kunden – 31 – jedoch komplett betrachten zu können, gehen die Leistungen in vielen Fällen bereits einen Schritt weiter. So bietet Schäper seinen Kunden im Bereich der Installation der Geräte einen intensiven Support, z.B. wenn spezielle Geräte in Stadien oder Hallen funktionsfähig gemacht werden sollen. Diese Unterstützung kann der zuvor durch „Anpassung und Integration“ beschriebenen Phase 2 zugeordnet werden, da die zu installierenden Geräte und Anlagen speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden, z.B. bei Verwendung für große Turniere oder sonstige Ereignisse. Dabei spielen auch eine termingerechte Bereitstellung und flankierende Dienstleistungen eine nicht unbedeutende Rolle. Um in diesem Zusammenhang jedoch ein noch umfassenderes „integriertes Lösungspaket“ anbieten zu können, bedarf es zukünftig einer engeren Zusammenarbeit mit weiteren Partnern, da einige der zur vollständigen Ausgestaltung notwendigen Bereiche über die Kernkompetenzen von Schäper hinausgehen. So sollte beim Bau eines gesamten Sportkomplexes beispielsweise die Planungsgesellschaft, besonders der Architekt intensiv mit einbezogen werden. Auch im Bereich der Logistik wären weitere Formen intensiverer Zusammenarbeit möglich, z.B. bei der Notwendigkeit, Sportanlagen zu fixen Terminen funktionsfähig zu machen. Um, aufbauend auf diesen Optionen, eine adäquate Ausgestaltung von Phase 3, der Einführung/Implementierung der Lösung beim Kunden, gewährleisten zu können, sind für Schäper jedoch weitere Bestrebungen umzusetzen. Dabei sollte versucht werden, in ständiger Interaktion mit vorhandenen „Schlüsselkunden“ zu stehen, um sämtliche Potenziale für die Verwirklichung einer herausragenden Produkt-Leistungs- kombination ausschöpfen zu können. Problematisch ist dieser Aspekt jedoch hinsichtlich der Tatsache, dass nur wenige große Schlüsselkunden existieren, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit komplette Lösungen im Sportbereich nachfragen. Als mögliche Lösung dieses Problems ist aus der Sicht von Schäper die Kooperation mit starken Partnern ratsam, die ihrerseits selbst als Anbieter von Lösungen für ihre Kunden auftreten, wie z.B. große Anlagenbauer oder Baukonzerne. Da solche Unternehmungen ihre Kernkompetenz eher im Bereich des Hoch- und Tiefbaus sowie in der Planung von Anlagen, wie z.B. Sportstätten haben, besteht ein verstärktes Interesse an den spezifischen Kompetenzen eines Sportgeräteherstellers. Somit ist aus Sicht von Schäper im Bereich des Solution Selling also ein verstärkter Übergang vom B2C zum B2B-Geschäft zu fokussieren. In Zusammenarbeit mit Partnern im – 32 – B2B-Bereich wäre somit auch eine sinnvolle Ausgestaltung der Phase 4, Fortführung/Unterstützung der Kundenbeziehung, adäquat durchführbar. Aus Sicht von Schäper wären so Wettbewerbsvorteile sowie neue Geschäftszweige und Marktausbau zu erreichen (vgl. hierzu Kap. 4 und 5). Daher sollen im weiteren Verlauf dieses Projektberichts die Möglichkeiten/Anforderungen von Schäper bzgl. der Bereitstellung von Komplettlösungen im Sportbereich anhand der Zusammenarbeit mit einem multinationalen Unternehmen aus dem Anlagenbau analysiert werden. Der derzeitige Stand der Entwicklungen im Hinblick auf den Transformationsprozess vom Produktanbieter zum Anbieter von Lösungen bei Schäper ist in der folgenden Abbildung noch einmal zusammenfassend dargestellt. SolutionSeller SolutionSeller B2C B2B < IST – SOLL > Kompetenz Schäper E „reiner“ Produktanbieter ProzessPhase Phase 1 Phase 2 IST Abbildung 2: s ng u l ick ntw ns ra T nd -u ss ze o r sp on i t ma for Phase 3 Phase 4 SOLL Entwicklung vom reinen Produktanbieter zum Solution Seller bei Schäper (Quelle: Eigene Darstellung) Im folgenden Kapitel werden zunächst die Formen der Zusammenarbeit und die Gegebenheiten des ausgewählten Schlüsselkunden von Schäper, der STRABAG AG, dargestellt, bevor die Analyse des entsprechenden Prozesses anhand von „Milesstones“ im Hinblick auf die Einordnung in die zuvor genannten Phasen präsentiert wird. – 33 – 3.3 Solution Selling bei KMU mit einem multinationalen B2BSchlüsselkunden – Schäper und die STRABAG AG 3.3.1 Gegebenheiten des Schlüsselkunden und Form der Zusammenarbeit Der in diesem Projekt involvierte Schlüsselkunde von Schäper ist die STRABAG Sportstättenbau GmbH in Dortmund, mit der Schäper seit vielen Jahren gute geschäftliche Kontakte pflegt. Die STRABAG Sportstättenbau GmbH ist eine 100%-ige Tochter der STRABAG AG Deutschland, die wiederum Teil des Gesamtkonzerns STRABAG SE in Wien ist. Als einer der führenden Baukonzerne in Europa konnte die STRABAG SE mit insgesamt rund 60.000 Mitarbeitern in 2007 einen Umsatz von ca. 11 Mrd. Euro erwirtschaften. Ausgehend von den Kernmärkten Österreich und Deutschland ist der Konzern über zahlreiche Tochtergesellschaften in Ländern rund um den Globus präsent, darunter China, Indien, Kanada, die Arabische Halbinsel sowie alle ost- und südosteuropäischen Länder. Die STRABAG AG Deutschland ist mit einem Umsatz von ca. 4,6 Mrd. Euro (2006) und mehr als 10.000 Mitarbeitern, der mit diversen spezifisch ausgerichteten Tochtergesellschaften erwirtschaftet wird, wesentlich am Erfolg der STRABAG SE beteiligt. Neben Straßen-, Hoch- und Ingenieurbau spielt dabei auch die Projektentwicklung eine nicht unbedeutende Rolle. Dabei wird mit den Dienstleistungen im Rahmen der Projektentwicklung für den Kunden und Auftraggeber jener Mehrwert über die herkömmliche Bautätigkeit hinaus erbracht, um komplexe Projekte erfolgreich abwickeln zu können. Dies betrifft in erster Linie die vorbereitenden und begleitenden Services im Bereich der Projektentwicklung, des Projektmanagements sowie der Beratung des Bauherrn. So werden z.B. zusammen mit dem Bauherrn für ihn optimale Lösungen über den gesamten Lebenszyklus des Projektes erarbeitet5, wobei die STRABAG AG die Gesamtverantwortung in Bezug auf Termintreue, Qualität und Kosten, aber vor allem für die technische und wirtschaftlich optimierte Projektkonzeption übernimmt. Ein Bereich aus dem o.g. Spektrum der Projektentwicklung ist auch die Konzeption von Sport- und Freizeitanlagen, für welche die zuvor genannte STRABAG Sportstättenbau GmbH (im Weiteren als STRABAG bezeichnet) Kompetenzen aufgebaut hat und entsprechend professionelle Komplettlösungen für Sportanlagen anbietet. Ziel ist 5 Vgl. auch die Darstellung der Phase 1 beim Solution Selling. – 34 – dabei, dem Kunden zum einen „schlüsselfertig“ Stadien, Sport-, Freizeit- und Trainingsanlagen im In- und Ausland anzubieten und zum anderen zusätzlich eine Betreuung von Bauherren, Erstellung von Ideenkonzepten sowie Detailplanungen zu ermöglichen. Um eine derart vielfältige Leistung anbieten zu können, ist auch für eine bereits auf spezielle Aufgaben fokussierte Tochtergesellschaft eines Konzerns eine weitere Bündelung von spezifischen Kompetenzen ratsam, da zum einen eine Zusammenarbeit mit Partnern aus bestimmten Fachbereichen aus dem Grund der kostenoptimalen Bewältigung von Komplexität (Stichwort: „Outsourcing“) sinnvoll erscheint, und zum anderen in vielen Bereichen, wie z.B. bei Sportgeräten, ein Spezialist das wesentlich größere Potenzial zur Bewältigung fachspezifischer Probleme hat. Daher arbeitet STRABAG bereits seit vielen Jahren erfolgreich mit Schäper im Bereich Sportstättenbau zusammen. Diese Zusammenarbeit ist demnach auch für Schäper von hoher Bedeutung, da durch die große Anzahl an STRABAG-Kunden implizit auch ein enormes Potenzial an Absatzmöglichkeiten für Sportgeräte existiert. Um die Bedürfnisse dieses Kundenstamms bestmöglich markt- und kundenorientiert zu bedienen, ist eine noch engere Kooperation von Schäper mit STRABAG anzustreben, um zukünftig in hohem Maße Komplettlösungen anbieten zu können. Die Übergabe „schlüsselfertiger Stadien“ wird bereits seit längerer Zeit als Geschäftsmodell praktiziert – durch die Option des Solution Selling soll aus Sicht des Anbieters (in diesem Fall STRABAG) die Qualität der Lösung erhöht werden, indem die Kompetenz des Partners (in diesem Fall Schäper) bereits frühzeitig in die Erstellung eingebracht wird. Beim üblichen Ablauf werden z.B. Sportgeräte erst installiert, wenn ein Großteil des Stadions bereits geplant ist. Aufgrund der fehlenden Abstimmung können so später Kosten durch Unstimmigkeiten oder Veränderungsarbeiten entstehen, die durch frühe Kooperation verhindert werden könnten. Aus Sicht des Partners ist diese Vorgehensweise interessant, da durch eine frühzeitige Kooperation im Rahmen des Lösungsverkaufs teilweise die Teilnahme an langen Ausschreibungsverfahren verhindert werden kann, die zumeist durch preisliche Aspekte entschieden werden. Durch die Kooperation bei der Konzeption einer Lösung von Beginn an, könnte dies verhindert werden, was auch für die Qualität der Lösung zuträglich sein kann. Ob und wie für beide Parteien eine Win-Win-Situation durch Solution Selling kreiert werden kann, wird im Folgenden aufgezeigt. Ziel des vorliegenden Projekts ist daher – 35 – eine Analyse der Möglichkeiten beider Firmen, den entsprechenden Prozess des Solution Selling optimal zu gestalten. Um sich diesem in der Literatur noch weitgehend unerforschten Sachverhalt zu nähern, soll hier zunächst pragmatisch vorgegangen werden, damit eine wichtige Zielsetzung des Projekts, nämlich der klare Praxisbezug der ermittelten Erkenntnisse, adäquat berücksichtigt werden kann. Somit wurden unter Vorlage von Auszügen der zuvor erläuterten theoretischen Grundlagen zum Solution Selling insgesamt vier narrative Interviews (vgl. hierzu z.B. Bortz/ Döring 2002, S. 317f.) mit der Geschäftsleitung der STRABAG durchgeführt. Bei einem narrativen Interview werden dem Interviewpartner Stichpunkte zu einer bestimmten Thematik genannt, zu der er dann „in erzählender Form“ seine Erfahrungen und Einschätzungen schildert. Aufgabe des Interviewers ist lediglich, dafür zu sorgen, dass das Gespräch thematisch im „richtigen Zusammenhang“ bleibt. Jedes einzelne Interview wurde dabei zu Beginn zunächst mit den Inhalten jeweils einer Prozessphase abgestimmt, bevor im Rahmen des Gesprächsverlaufs die Einordnung in den Gesamtprozess einer angebotenen Lösung diskutiert wurde. Bei jedem Interview wurde dabei mit den Mitgliedern der Geschäftsführung der STRABAG abgeglichen, inwieweit die theoretischen Grundlagen einer jeden Phase auch für die Praxis zutreffend sind. Dann wurde unter gezielter Betrachtung der Kernkompetenzen von Schäper als Hersteller von Sportgeräten hinterfragt, wie eine optimale Ausgestaltung des Prozesses aus Sicht der STRABAG als Anlagen- resp. Sportplatzbauer zur Befriedigung des Kundenwunsches aussehen könnte bzw. welche Möglichkeiten konkret für Schäper bestehen, zum Prozess des Solution Selling beizutragen. Die Ergebnisse aus den Interviews fließen dabei in das nächste Kapitel ein. 3.3.2 „Milesstones“ des Transformationsprozesses Im Folgenden werden die Ergebnisse aus den Interviews im Detail vorgestellt. Zum Ende eines jeden Interviews wird ein kurzes Zwischenfazit präsentiert sowie ein Bezug zum gesamten Solution Selling Prozess hergestellt. Begonnen wurde die Interviewreihe analog zur theoretischen Vorgabe mit Phase 1, der Analyse und anschließenden Definition des Kundenbedarfs. – 36 – Definition des Kundenbedarfs Eine der wichtigsten Eigenschaften der ersten Phase des Solution Selling ist die Einbeziehung des Kunden in die Wertschöpfung. Im Rahmen der kundenorientierten Vorgehensweise der STRABAG ist dieser Aspekt nur von indirekter Relevanz, da die genauen Bedürfnisse des Kunden in erster Linie an den planenden Architekten übermittelt werden, der dann wiederum die Umsetzbarkeit der von ihm analysierten Kundenwünsche mit der STRABAG zu erörtern hat. Da in Bezug auf den Lösungsprozess die Herbeiführung eines gewünschten Ergebnisses im Vordergrund steht, bietet die STRABAG hier jedoch, insbesondere, was die Qualität der Erstellung der baulichen Leistung und die Wirtschaftlichkeit betrifft, bereits eine umfassende Beratung an. Diese wird durch enge Abstimmung bzw. Kooperation mit anderen Projektpartnern erreicht. Dabei steht immer auch der gesamte Prozess bis zur Fertigstellung im Mittelpunkt. So wäre es z.B. nicht wirtschaftlich, ein Projekt zu planen, was anfänglich relativ kostengünstig umzusetzen ist, nach der Fertigstellung jedoch aufgrund teurer Anpassungen und Nachbesserungen hohe Folgekosten beinhaltet. Bereits in Phase 1 kann also als entscheidender Aspekt eine gewisse Prozessorientierung konstatiert werden, bei der Abstimmung, resp. Planung von der Geschäftsleitung als Erfolgsfaktoren genannt werden. Eine gelungene Planung wiederum ist nach Ansicht der Führung der STRABAG im Erfolgsfaktor Erfahrung verankert, welcher in erster Linie auf einer sehr hohen Mitarbeiterqualifikation basiert. Bei dieser Betrachtung des Teilprozesses von Phase 1 wird deutlich, dass aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten bei Planung und Konzeption eines umfangreicheren Projekts, z.B. eines Fußballstadions, diverse spezielle Probleme auftreten können, bei denen Fachkompetenzen gefragt sind. Im Bereich Sportgeräte sind beispielsweise die Detailkenntnisse von Schäper relevant, um Sportanlagen funktionsfähig und flexibel zu gestalten. Im Rahmen eines Stadionbaus sollten Geräte z.B. so beschaffen sein, dass sie zu den Gegebenheiten des Stadions passen. Besonders in einem Land wie Deutschland (sowie auch in den meisten Nachbarländern) existieren viele Normen, die in erster Linie Sicherheitsaspekte betreffen. Von einem Spezialisten wie Schäper wird von seinem Kunden STRABAG z.B. erwartet, dass aufgrund der Vorgaben der Bauleitung die „richtigen Geräte“ empfohlen und angeboten werden. Der folgende Exkurs soll diesen Aspekt verdeutlichen: – 37 – EXKURS: Es hat vor nicht allzu langer Zeit einen Fall in der Praxis gegeben 6, bei dem der Veranstalter eines großen Leichtathletik-Events für diese Veranstaltung diverse Geräte bei einem Hersteller von Sportgeräten zur zeitpunktgenauen Verwendung angemietet hat (ein Service, den auch Schäper bereitstellt). Die Beschaffung der Geräte wurde jedoch nicht im Einzelnen mit den Gegebenheiten des Stadions abgestimmt, was dazu führte, dass die Geräte – teilweise aus Sicherheits-, teilweise aus praktikablen Gründen – nicht adäquat für den Wettkampf genutzt werden konnten. So existieren im Bereich der Leichtathletik insgesamt vier Typen von Kampfbahnen (A bis D), die nach den Bestimmungen des DLV und anderen Verbänden beschaffen sein müssen. Als das Problem im Detail erkannt wurde, stand das in der Öffentlichkeit stehende Turnier bereits sehr kurz vor der Ausrichtung – die Folgen dieser im Grunde relativ kleinen „Nachlässigkeit“ waren für die Beteiligten nur unter sehr großem Umstand und hohen Kosten zu beseitigen. Um Fälle, wie den zuvor genannten, und daraus resultierende Folgefehler zu verhindern, bietet Schäper seinen Kunden (in diesem Fall der STRABAG) eine umfassende Beratung bei der Ermittlung der benötigten Gerätschaften an. Diese werden nach Absprache mit dem Endkunden (bei der Schäper bei Bedarf auch teilnimmt) in Verbindung mit seinen speziellen Zielen und Bedürfnissen im Detail abgestimmt. Auch hier ist also eine präzise Planung als Erfolgsfaktor zu sehen. Entscheidend für die optimale Gestaltung des gesamten Prozesses ist dabei die Tatsache, dass die STRABAG nach Abstimmung mit seinem Partner Schäper ihre eigenen Kernkompetenzen fokussieren kann, welche eher in der Konzeption von Anlagen liegen. Um diese Abstimmung bereits in der ersten Phase zu gewährleisten, sind auch auf Seiten von Schäper die Qualifikationen der betreuenden Mitarbeiter sowie die entsprechende Erfahrung von entscheidender Bedeutung. Ein bereits kurz erwähnter und im Vorfeld insgesamt ebenso wichtiger Punkt ist die auch in der Literatur häufig genannte Fähigkeit, die Analyse der Bedürfnisse über das „Gesamtsystem des Kunden“ beurteilen zu können, was bedeutet, dass auch latente Kundenbedürfnisse in den Planungsprozess integriert werden sollten. Es muss somit also nicht nur der gegenwärtige Kundenwunsch zur vollen Zufriedenheit des 6 Aus rechtlichen Gründen können hier keine konkreten Namen angeführt werden (Anm. d. Verf.). – 38 – Kunden ausgestaltet werden, sondern auch eine Grundlage geschaffen werden, um mögliche Kundenanforderungen auch mit Blick auf die Zukunft bewältigen zu können. Dieser Aspekt ist auch im Hinblick auf die später zu betrachtende Phase 4, FortFortführung der Kundenbeziehung, von Bedeutung. So sollte durch die umfassende Beratung durch den Anbieter (also z.B. die Kooperation STRABAG und Schäper) der qualitativ hochwertigen Lösung eine starke Kundenbindung entstehen, die dadurch ermöglicht wird, dass der Kunde sich z.B. selbst in den Wartungsprozess einer Anlage integrieren kann und nicht ständig auf (u.U. teuere) Fachleute angewiesen ist. Die Rolle des Kunden als „Co-Produzent“ sollte also von Beginn an gewährleistet sein, da er im Zweifel selbst am besten weiß, wie seine Anforderungen sind. Um diese jedoch für ihn optimal zu befriedigen, sind im Rahmen der ersten Interviewphase neben einer entsprechenden Qualifikation der Mitarbeiter auch der Kundensupport, wie z.B. im Bereich der Entwicklung von Ideen oder bei fachspezifischer Beratung, als für die adäquate Einleitung des Solution Selling Prozesses identifiziert worden. Als Zwischenfazit sollen zu diesem Zeitpunkt folgende Punkte noch einmal herausgestellt werden: Definition des Kundenbedarfs sollte in Kooperation mit Partnern und deren Fachkompetenzen ermittelt werden, um eine umfassende und qualitativ hochwertige Leistung präsentieren zu können (Erfolgsfaktor: Abstimmung innerhalb der Kooperation, andernfalls Zerstörung des „Alles aus einer Hand“Prinzips). Die Abstimmung mit den Partnern sollte bereits in Phase 1 prozessorientiert erfolgen, um spätere Unstimmigkeiten im Vorfeld zu vermeiden. Es muss also von Beginn an das Ziel des Prozesses, welches die optimale Erstellung einer Lösung nach Kundenwunsch ist, beachtet werden. Entsprechend muss die Vorgehensweise bei der Leistungserstellung abgestimmt werden. Durch die Orientierung an Kernkompetenzen bei einzelnen Partnern können auf allen Seiten höhere Effektivität gewährleistet und Kosten in Bezug auf die Verwirklichung der Lösung eingespart werden. Weitere identifizierte Erfolgsfaktoren der beteiligten Parteien bei Phase 1: Erfahrung der Partner und Qualifikation der Mitarbeiter. – 39 – Erfolgsfaktor Kundensupport im Sinne von langfristiger Orientierung zur Kundenbindung Unterstützung des Kunden als „Co-Produzent“ durch den Lösungsanbieter. Anpassung und Integration Im Hinblick auf den Kundensupport, der als ein entscheidender Faktor der ersten Phase identifiziert wurde, konnte im Rahmen des zweiten Interviews die Notwendigkeit der weiteren Forcierung dieses Aspekts herausgestellt werden. Insbesondere die stärkere Integration des Kunden als „Co-Produzent“ im Rahmen des „Customizing“ wurde als wichtigstes Ziel für Phase 2 vorgegeben, da so eine bestmögliche Überschneidung von Angebot und Nachfrage im Lösungsprozess für den Kunden erreicht werden kann. Aufbauend auf der Definition der Kundenanforderungen und den entsprechenden Abstimmungs- und Planungsmaßnahmen in Phase 1 sind nach Ansicht der Geschäftsleitung der STRABAG die adäquate Zusammenstellung und Einbindung von komplementären Produkten und Dienstleistungen der Kernaspekt von Phase 2. Neben den auch hier als relevant empfundenen Erfolgsfaktoren Erfahrung und Mitarbeiterqualifikation tritt in dieser Phase mit den Produkteigenschaften bzw. der Produktqualität ein weiterer Faktor in den Mittelpunkt. Im gesamten Interviewrahmen dieser Phase wurde der Fokus immer wieder auf die hohe Bedeutung der Produktqualität gelenkt, sowohl was die Bedeutung speziell für Phase 2 angeht als insbesondere auch für den gesamten Lösungsprozess. Nur wenn die Produkte, um die herum mit flankierenden Dienstleistungen ein überzeugender Lösungsprozess verwirklicht werden soll, in jeglicher Hinsicht den Anforderungen entsprechen, kann der Kunde in vollem Umfang zufrieden gestellt werden. Denn ein einziger Schwachpunkt, resp. ein Qualitätsmangel an einem Teilprodukt oder einer Dienstleistung kann eine zufriedenstellende Lösung verhindern. Stellt sich z.B. heraus, dass bei einem sehr modernen Fußballstadion auch nur kleinere Vorrichtungen nicht den normgerechten Sicherheitsanforderungen entsprechen, so leidet die Qualität des angebotenen Gesamtkomplexes extrem. Aus diesem Grund ist die Einbindung von Kernkompetenzen, z.B. im Sportgerätebereich, sehr wichtig. So kommt der Qualität der Gesamtlösung beispielsweise zu Gute, dass Schäper seine gelieferten Geräte selbst aufbaut und nach Abstimmung mit dem Auftraggeber bzw. dem Endkunden entsprechend an die Gegebenheiten anpasst. So – 40 – wird also nicht nur von Seiten Schäpers ein allen Qualitätsstandards entsprechendes Gerät geliefert, sondern ebenfalls dafür Sorge getragen, dass es auch dem Bedarf des Kunden voll entspricht. Dabei ist auf Seiten von Schäper ebenfalls die Qualifikation der Mitarbeiter von sehr hoher Bedeutung, die den bedarfsgerechten Einsatz der Produkte in Kombination mit ergänzenden Dienstleistungen sicherstellen müssen. So kann es bei komplexeren Anlagen durchaus vorkommen, dass der Geschäftsführer des Produktionsbereichs selbst die Anpassung betreut und dem Kunden die wichtigsten Aspekte näher bringt. In Bezug auf die Produkteigenschaften gerät der Faktor Flexibilität mehr und mehr in den Mittelpunkt. So wird von einem Anlagenbauer erwartet, dass die Geräte bzw. die entsprechenden Vorrichtungen über Elemente verfügen, die eine gewisse Flexibilität gewährleisten. Es ist z.B. denkbar, dass ein Kunde ein Multifunktionsstadion bauen lässt, in dem im Sommer größere Leichtathletik-Festivals stattfinden sollen, während im Winter vielleicht auch Spielraum für nicht sportliche Ereignisse gegeben sein soll. In einem solchen Fall ist die Aufgabe von Schäper, entsprechende Geräte und Vorrichtungen auf solche Weise bereitzustellen bzw. anzupassen, dass die Nutzung durch den Kunden entsprechend flexibel gestaltet werden kann. Um dies zu gewährleisten, sind bereits die Produkte selbst so konzipiert, dass sie derart flexibel integriert werden können; z.B. werden zusammenklappbare Tore mit entsprechenden Bodenhülsen bereitgestellt oder es wird ein Schutzgitter installiert, das innerhalb kurzer Zeit, auch durch den Kunden selbst, auf- und abgebaut werden kann. Der letzte Punkt gewinnt vor allem in Bezug auf den Gesamtprozess der Lösung stark an Bedeutung, da die in Phase 2 gelegten Grundlagen auch für Phase 4 ein relevanter Faktor sind. Um dem Kunden nicht nur zu Beginn die Rolle als CoProduzent zu geben, sondern ihm auch eine bedeutende Rolle bei Nachsorge/Fortführung zukommen zu lassen, sollten bereits in dieser zweiten Phase die Grundlagen dafür geschaffen werden. Der Kunde ist somit im gesamten Zeitrahmen von der Entwicklung der Lösung bis zur Nutzung und Wartung in den Prozess zu integrieren. Für diesen „Life-Cycle-Ansatz“ ist die Qualität der Produkte als der entscheidende Faktor anzusehen. So sollten z.B. die Kernkomponenten der Sportgeräte, wie die Tore an sich oder bestimmte Bandensysteme, von extremer Haltbarkeit sein. Um diese Qualität zu signalisieren, gibt Schäper beispielsweise eine 7-jährige – 41 – Haltbarkeitsgarantie. Einzelne Komponenten, wie Hülsen oder Bodenrahmen, müssen dann flexibel austauschbar sein, so dass zum einen eine ständige und unkomplizierte Verwendbarkeit gegeben ist und zum anderen, dass die Verwendung für den Kunden möglichst wirtschaftlich ist. Dieser hohe Anspruch an die Produkte, die einen sehr wichtigen Teil der gesamten Lösung darstellen, ist durch einen Anlagenbauer wie die STRABAG kaum zu gewährleisten, so dass hier die Kooperation mit einem Spezialisten wie Schäper, der über hohe Fachkompetenz verfügt, in jedem Fall sinnvoll ist. Als Zwischenfazit zu Phase 2 sollen zu diesem Zeitpunkt folgende Aspekte zusammenfassend festgehalten werden: Weitere Forcierung der Integration des Kunden als „Co-Produzent“ in den Prozess zur besseren Anpassung der Lösung an den Kundenbedarf. Produkteigenschaften sind der entscheidende Faktor, insbesondere die Qualität, resp. Haltbarkeit und die Flexibilität der Produkte/Geräte. Um neben der Ausschöpfung der Potenziale hochwertiger Produkte auch flankierende Dienstleistungen bedarfsgerecht anpassen zu können, sollte die Fachkompetenz von Spezialisten (Kooperationspartnern) genutzt werden. In der Phase der Anpassung sollte die Schaffung der Grundlagen erfolgt sein, um dem Kunden auch in späteren Phasen ein bedarfsgerechtes „Handling“ (Co-Produzent seiner Gesamtlösung) zu ermöglichen. Einführung/ Implementierung In Phase 3, Einführung/Implementierung der Lösung, steht die Lieferung der Produkte und die Installation der zuvor definierten und angepassten Lösung in die Umwelt des Kunden im Mittelpunkt des Interesses. Es müssen also sämtliche zuvor getätigte Planungen und Anpassungen praktisch für den Kunden einsetzbar gemacht werden. Generell sind hier die Faktoren (insbesondere die Produkteigenschaften, der Kundensupport und die Mitarbeiterqualifikation) aus Phase 2 auch relevant, da diese beiden Phasen theoretisch und praktisch sehr eng zusammenhängen. Hinzu kommt in dieser Prozessphase jedoch ein weiterer Faktor, der eng mit der Qualifikation der Mitarbeiter zusammenhängt, nämlich die Qualität der Schulungen des verantwortlichen Personals. Diese Schulungen können sowohl die Mitarbeiter des Anlagenbauers oder eines kooperierenden Spezialisten betreffen als auch und insbesondere die Mitarbeiter des Kunden, die nach Abschluss des Verkaufs der Lö- – 42 – sung für den Betrieb (z.B. eines Stadions) verantwortlich sind. Da im Interview die übereinstimmende Meinung generiert werden konnte, dass im Rahmen der Implementierung der Lösung beim Kunden alle Funktionen durch den Anbieter der Solution übernommen werden sollten, liegt es also entsprechend im Bereich des Anbieters, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Hier fungiert die STRABAG somit als „Systemkopf“, der die Koordination seiner spezialisierten Partner generell und beim Kunden zu verantworten hat. Da aber beispielsweise bei der Erstellung einer Sportarena sehr viele spezielle Teilprobleme auftreten (z.B. Koordination elektronischer Komponenten wie Flutlicht und Lautsprecher, Installation spezieller Vorrichtungen für verschiedene Sportarten, etc.), sollte im Rahmen der Einführung der Gesamtleistung beim Kunden jedes Teilproblem durch einen Spezialisten für den Kunden zugänglich gemacht werden. Da die STRABAG ihre Kompetenzen im Bereich der Organisation baulicher Maßnahmen (z.B. Tribünenbau oder auch Raseninstallation) hat, wird von einem Kooperationspartner wie Schäper, der für den wichtigen Bereich der Sportgeräte zuständig ist, erwartet, dass der vom Partner gelieferte Teil auch gänzlich von diesem betreut wird. Hier läge es dann im Aufgabenbereich von Schäper, den Mitarbeitern des Kunden detaillierte Schulungen im Bereich der Anwendung der Sportgeräte zu offerieren, um diese für ihn flexibel, wirtschaftlich und vor allem bedarfsgerecht nutzbar zu machen. Dieser Punkt ist für den aus Sicht des Kunden eigentlichen Anbieter der Lösung, in diesem Fall also die STRABAG, von besonderer Bedeutung, da dieser letztlich die Verantwortung für den gesamten Prozess und das Ergebnis der Solution zu tragen hat. Hier sind demnach zuverlässige Partner resp. die Abstimmung als entscheidende Faktoren zu nennen. Im Rahmen des dritten Interviews wurde auch der Faktor Unternehmensorganisation ins Spiel gebracht, der in der o.g. Delphi-Studie (vgl. Kap. 2.4) in jeder Prozessphase von den Beteiligten als Erfolgsfaktor benannt wurde. Nur ein Partner mit einer Organisation, die einen reibungslosen und abgestimmten Ablauf des gesamten Prozesses ermöglicht und den Partner mit höchster Zuverlässigkeit die eigenen Fachkompetenzen in den Prozess einbringen lässt, ist in der Lage, ein adäquates Solution Selling zu gewährleisten. Bei Abstimmungsproblemen einzelner Partner würde das Gefühl des Kunden, eine integrierte Lösung erworben zu haben, zu Nichte gemacht, was für den Prozess der Transformation eines eher produktorientierten Anbieters zu einem Solution Seller und damit auch für das ganze – 43 – Unternehmen fatal wäre (z.B. aufgrund enttäuschter Kunden, Imageverlust, etc.). Daher sollten nur absolut fachkompetente Firmen resp. Qualitätsführer in ihrem Bereich (wie z.B. Schäper und STRABAG) den Verkauf von Lösungen anstreben, um dem Kunden auch wirklich „Ganzheitlichkeit“ auf höchstem und wirtschaftlich attraktivem Niveau anbieten zu können. Als „Milesstone“ können zu Phase 3 folgende Punkte zusammenfassend festgehalten werden: Zusätzlich zu den in der Phase der Anpassung festgelegten Faktoren müssen bei Implementierung der Lösung adäquate Schulungen zur bedarfsgerechten Nutzung der Lösung durch den Kunden bereitgestellt werden. Der Lösungsanbieter trägt ggü. dem Kunden die Verantwortung für den Gesamtprozess, weshalb er bei Bewältigung spezieller Teilprobleme nur auf Partner mit hervorragender Unternehmensorganisation zurückgreifen sollte, die einen optimalen Lösungsprozess gewährleisten können. Nur erfahrene Spezialisten resp. Qualitätsführer sollten den Verkauf von Lösungen in Erwägung ziehen, da bei fehlender Übermittlung von „Integration“ und „Ganzheitlichkeit“ beim Kunden Imageverlust und somit auch Abkehr vom Unternehmen hervorgerufen werden könnte. Fortführung/Unterstützung In der letzten Phase des Solution Selling-Prozesses steht die fortlaufende Beziehung mit dem Kunden im Vordergrund. Dabei wurde bereits bei der Analyse der vorherigen Prozessphasen deutlich gemacht, dass die gesamte Entwicklung der Lösung optimalerweise so gestaltet sein sollte, dass der Kunde seine Rolle als Co-Produzent auch in der Phase der Fortführung voll wahrnehmen kann. Im Gegensatz zur generellen Sichtweise der vierten Phase, bei der die Fortführung im Sinne von „AfterSales-Services“ einen entscheidenden Bestandteil einer Solution darstellt, konnte für die vorliegende Analyse von Unternehmen im Anlagen- und Sportstättenbau der Aspekt als hoch bedeutsam erkannt werden, als dass es dem Kunden möglich gemacht werden soll, „preisgünstige“, resp. wirtschaftliche Pflegemaßnahmen selbst durchführen zu können. Teure Instandhaltungskosten und Reparaturen sollten weitestgehend im Vorfeld vermieden werden, u.a. durch exzellente Produktqualität, die durch langjährige Garantien, wie sie von Schäper gewährleistet werden, signalisiert wird. Dass – 44 – bei Bedarf gängige Services, z.B. Austausch von nicht passenden Geräten oder Reparaturen vorgenommen werden, muss im Rahmen des Lösungsverkaufs selbstverständlich sein. Die im Rahmen der Phase der Fortführung im Optimalfall stark steigende Kundenbindung sollte nach Ansicht der Interviewpartner eher durch Zusatzleistungen, die durch die besonderen Kompetenzen der Lösungsanbieter bereitzustellen sind, forciert werden. So wurde z.B. die Idee aufgeworfen, dass von Seiten der Partner Angebote hinsichtlich neuer Produkte und Verbesserungen gemacht werden sollten, die wiederum die Leistung des Lösungsprozesses erhöhen. Beispielsweise wäre es ein Bonus für den Kunden, wenn bestimmte „Updates“ für verwendete Geräte oder auch Anlagen zu „Vorzugspreisen für Großkunden“ angeboten werden könnten, sobald entsprechende Innovationen vorliegen. Wird z.B. von Seiten Schäpers ein neues Schutzgitter für Diskus- oder Hammerwurf entwickelt, sollte dem Kunden, der das entsprechende Leichtathletikstadion in Auftrag gegeben hat, zum einen das neue Produkt (möglichst kostengünstig) angeboten werden, zum anderen sollten auch direkt die nötigen Vorrichtungen (z.B. Bodenhülsen) mitgeliefert werden und außerdem Schulungen für die „neue Technologie“ bereitgestellt werden. Wünschenswert wäre aus Sicht der Interviewpartner auch ein möglicher Tausch „neu gegen alt“, damit die Lösung immer auf dem neuesten Stand bleibt. Als besondere Leistung im Rahmen einer Gesamtlösung konnte auch die Unterstützung des Kunden bei Lagerung und Unterbringung von Gerätschaften bestimmt werden. Gewährleistet werden sollte dann allerdings, dass die entsprechenden Geräte auch bedarfsgerecht bereitgestellt werden können, wenn der Kunde den Anspruch darauf erhebt. Zusammenfassend sollen für Phase 4 die folgenden Punkte als „Milesstones“ festgehalten werden: Der Kunde sollte im Rahmen der Fortführung/Unterstützung (möglichst wirtschaftlich) selbst Pflege- und Wartungsmaßnahmen durchführen können. Durch exzellente Produktqualität sollte die Fortführung/Unterstützung so einfach und planbar wie möglich gestaltet werden. Zur Steigerung der Kundenbindung sollten „besondere Zusatzleistungen“ (wie z.B. „Update“/Austausch sowie Lagerung von Geräten) angeboten werden. – 45 – Wie zuvor erwähnt, ist für die dargestellte Prozessphase besonders wichtig, dass in den drei vorangegangenen Phasen bereits so verfahren worden ist, dass die Rolle des Kunden als Co-Produzent besonders ausgeschöpft werden kann, da er im Normalfall seine Bedürfnisse am besten kennt und diese daher entscheidend zu seiner Zufriedenheit mitgestalten kann. Wie bereits zuvor angedeutet, ist es z.T. problematisch, die einzelnen Phasen klar strukturiert zu trennen. Da in jedem einzelnen durchgeführten Interview zu jeder Phase immer wieder auch der Bezug zum Gesamtprozess hergestellt worden ist, sollen im Folgenden die relevanten Erkenntnisse dieser Betrachtung dargestellt werden, wobei auch einzelne Bewertungen hinsichtlich des Managements des Gesamtprozesses aufgezeigt werden. 3.3.3 Betrachtung des Gesamtprozesses Da im Rahmen des vorliegenden Projekts neben den Inhalten einzelner Phasen auch der gesamte Transformations- und Lösungsprozess zu betrachten ist, soll in diesem Kapitel speziell auf die Erkenntnisse der Interviewreihe zum kompletten Ablauf eingegangen werden. Ein erstes Ergebnis ist nach Meinung aller Beteiligten der Aspekt, dass eine Sportanlage immer als „Gesamtsystem“ zu sehen ist. Obwohl eine Aufteilung einzelner Tätigkeiten in bestimmte Phasen, wie zuvor dargestellt, möglich ist, so ist der gesamte Prozess der Konzeption und Erstellung nicht so klar trennbar. Denn nur durch eine ganzheitliche Betrachtung aller Aktivitäten und Beteiligten kann der Lösungsprozess optimiert werden. So ist es z.B. essenziell, die Leistung bei Produkteigenschaften (und „um selbige herum“) auf den ganzen Prozess auszudehnen. Wie bereits erwähnt, müssen beispielsweise in Phase 1 alle Gegebenheiten derart berücksichtigt werden, als dass sie für alle Phasen entsprechend des Bedarfs behandelt resp. implementiert werden können. So sollte z.B. ständig die Rolle des Kunden als Co-Produzent berücksichtigt werden. Nur so ist es möglich, durch die ständige Umsetzung des Kundenfeedbacks (innerhalb einzelner Phasen) eine laufende Optimierung des Prozesses und damit der gesamten Lösung zu garantieren. Der Vorteil für den Kunden in Bezug auf den Lösungsprozess liegt dabei in erster Linie in der Ersparnis von Aufwand und Zeit, da mögliche Unstimmigkeiten im laufenden Prozess beseitigt werden können und nicht mit hohen Kosten und deutlichen Verzögerungen zu Buche schlagen. – 46 – Um im gesamten Lösungsprozess den „alles aus einer Hand-Gedanken“ optimal zu erfüllen, ist nach Meinung der Beteiligten der Prozess aus Sicht der entsprechenden Kernkompetenzen zu betrachten. Dementsprechend sollten bei komplexeren Lösungsprozessen, wie z.B. beim Bau von Sportanlagen, langfristig feste Kooperationspartner angestrebt werden, da dies im Normalfall eine bessere Abstimmung garantiert, die für den gesamten Prozess von höchster Bedeutung ist. Wie bereits bei den Inhalten von Phase 3 angemerkt, ist es zwingend geboten, dass der Kunde die Lösung auch als „aus einer Hand“ kommend ansieht. Aus Anbietersicht ist dieser Gedanke dagegen nicht entscheidend, da hier die Zusammenführung aller nötigen Kernkompetenzen im Vordergrund steht, um eine optimale Lösung zu gewährleisten. Diese Tatsache ist insbesondere für KMU relevant, da kleinere und spezialisierte Unternehmen allein keine komplexe Lösung (wie z.B. ein ganzes Stadion) anbieten können. Aus Sicht des Auftragnehmers, im vorliegenden Fall also die STRABAG, kommt es dabei darauf an, dass dieser zunächst seine Kernkompetenzen voll einbringen kann und dann ergänzend von den kooperierenden Spezialisten unterstützt wird. Im Falle eines Stadionbaus wäre somit z.B. zunächst das bauliche Fundament zu schaffen. In dieses müssen dann gewisse Vorrichtungen, wie Halterungen oder Hülsen für Sportgeräte implementiert werden, was in Zusammenarbeit mit Schäper passieren sollte. So wird im Allgemeinen die zuvor erwähnte Abstimmungsproblematik vermieden, die zu enormen Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen kann, da es im Anlagenbau zumeist enorm schwierig bzw. umständlich ist, Vorrichtungen im Nachhinein anzupassen. Die genannte Vermeidung zusätzlicher Kosten ist neben der Ersparnis für den Kunden auch ein sehr interessanter Aspekt für den Anbieter der Lösung. Nach Ansicht aller Interviewpartner stellt dies auch eine sehr große Chance hinsichtlich der Marge dar, da nach ersten Erfahrungen der Beteiligten im Rahmen angebotener Lösungen eine „Ausschaltung einzelner Produktpreise im Gesamtprozess“ zu erkennen ist. Während es oftmals relativ schwierig ist, Kunden von höheren Preisen für bessere Qualität zu überzeugen, so ist dies im Rahmen des Lösungsverkaufs vergleichsweise einfacher, da dem Kunden der „langfristige Preisgedanke“ gut kommuniziert werden kann. Eine Lösung, die aus einem gut organisierten Prozess erbracht wurde und bei der mit höchsten Qualitätsansprüchen operiert worden ist, stellt sich für den Kunden oftmals als günstiger/preiswerter heraus, da die o.g. nachträglichen Ände- – 47 – rungen im Normalfall ausbleiben. Bei einer hervorragenden Gesamtlösung ist der Kunde demnach nicht darauf fixiert, Teilpreise einzelner Komponenten zu vergleichen, sondern den gesamten Output zu bewerten. Die folgende Abbildung stellt den möglichen Mehrwert in grafischer Form dar. Abbildung 3: Mehrwert durch Prozessorientiertes Pricing beim Lösungsverkauf (Quelle: Eigene Darstellung) Durch einen solchen am Gesamtprozess orientierten Preisgedanken entsteht somit in Form der Gesamtlösung indirekt ein Mehrwert für den Kunden, der sich für den Anbieter in Form einer höheren Abschöpfung von Preisbereitschaften darstellt. Dieses „Prozessorientierte Pricing“ stellt somit für den Lösungsanbieter und seine Kooperationspartner gute Absatz- bzw. Implementierungsmöglichkeiten für höherwertige Produkte bei ihren Kunden dar. Dieser Aspekt stellt auch interessante Optionen im Hinblick auf ein internationales Angebot von Lösungen dar. Konzerne, wie z.B. die STRABAG, sind i.d.R. im internationalen Geschäft mit diversen Töchtern und Niederlassungen vertreten, so dass der grundlegende Prozess auch im Rahmen von Projekten im Ausland gewährleistet werden kann. Da auch hier von den Kunden ein bestimmter Grad an Kundenorientierung und Flexibilität, ebenso wie ein Mindestanspruch an Qualität erwartet wird, entstehen in den meisten Fällen, z.B. aufgrund logistischer oder organisatorischer – 48 – Probleme, höhere Kosten, die für die Gesamtleistung daher auch einen höheren Preis fordern. Dieser höhere Preis könnte und sollte nach Ansicht der Beteiligten auch im Ausland entsprechend kommunizierbar sein. Durch den höheren Preis werden in diesem Zusammenhang auch mehr Handlungsspielräume geschaffen, um die Kundenwünsche zu befriedigen. Vorteilhaft wäre dabei in jedem Fall, wenn auch für die Kooperationspartner ein solcher Spielraum geschaffen würde. Durch das Vertriebspartnersystem von Schäper wäre es beispielsweise möglich, die hochwertigen Produkte/Geräte für Sportanlagen auch international anzubieten, da Schäper für seine Partner neben den Produkten das nötige technische und Marketing Know-how bereitstellt, so dass diese auch im Rahmen von Lösungen eine gewisse Handlungsfähigkeit offerieren können. Allerdings werden hier in Zukunft noch weitere Erfahrungen nötig sein, um auch international optimale Lösungsprozesse zu gewährleisten (vgl. hierzu Kap. 5). Aufgrund der derzeit vorhandenen Potenziale ist dies jedoch sicher möglich und sollte weiter fokussiert werden. Die gegenwärtig für den Prozess des Solution Selling relevanten Aspekte werden im Folgenden noch einmal zusammenfassend aufgeführt: Der Bau von Sportanlagen ist im „Gesamtsystem“ zu betrachten und zu bewerten. Ständige Fokussierung der Rolle des Kunden als „Co-Produzent“ im gesamten Prozess. Beim Lösungsprozess sind langfristig feste Kooperationen anzustreben, um aus Abstimmungsgründen den „alles aus einer Hand-Gedanken“ für den Kunden zu garantieren (besonders wichtig für KMU, da diese i.d.R. sehr spezialisiert sind). „Prozessorientiertes Pricing“ ist aus Sicht des Anbieters und des Kunden ein entscheidender Faktor beim Lösungsverkauf. Aufgrund von Handlungsspielräumen durch Prozessorientiertes Pricing auch Forcierung des Solution Selling im Auslandsgeschäft machbar. Nachdem die wichtigsten Aspekte und „Milesstones“ einzelner Phasen und des Solution-Selling Prozesses aus Gesamtsicht im Detail dargestellt wurden, sollen – 49 – abschließend zu diesem Kapitel noch einmal die als besonders relevant identifizierten Faktoren zusammenfassend präsentiert werden: Kooperation (besonders für KMU essenziell, da im Normalfall sehr spezialisiert) zur Generierung fachlicher Kompetenz Erfahrung des Anbieters und seiner Kooperationspartner Fokussierung auf Kernkompetenzen (besonders wichtig für KMU) Abstimmung der Partner untereinander (beinhaltet auch Flexibilität bei Handlungsoptionen). Dabei fungiert der beim Kunden als Hauptanbieter der Lösung auftretende Partner als „Systemkopf“, der die Koordination verantwortet Produktqualität (beinhaltet auch Flexibilität der Produkte) Hohe Kundenorientierung und Kundenbindung durch „Zusatzleistungen“ Mitarbeiterqualifikation sowie -kommunikation Im folgenden Kapitel sollen aufbauend auf den zuvor ermittelten Erkenntnissen entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Dazu werden zunächst die speziell für den vorliegenden Fall und die daraus für Schäper relevanten Aspekte vorgestellt werden, bevor im Anschluss einige verallgemeinerbare Implikationen für handwerkliche KMU präsentiert werden. – 50 – 4 Erkenntnisse zum Transformationsprozess: Implikationen aus Case „Fall Schäper“ 4.1 Relevante Aspekte für das Solution Selling bei Schäper Im Rahmen der zuvor dargestellten Analyse sollten anhand der Gegebenheiten von Schäper die relevanten Aspekte bzw. Möglichkeiten eines Transformationsprozesses von einem stark produktorientierten Anbieter hin zu einem Solution Seller aufgedeckt werden. Als erster eindeutiger Standpunkt konnte im Rahmen der Analyse herausgestellt werden, dass ein KMU der Größe Schäpers allein nicht in der Lage ist, eine Lösung in der Größenordnung eines Stadions o.ä. anzubieten. Von daher kann nicht von einem vollständigen Transformationsprozess gesprochen werden, da die anzustrebende Lösung nur im Verbund mit anderen Unternehmen erstellt werden kann. Schäper ist aufgrund seiner Kompetenzen im Rahmen der theoretischen Phaseneinteilung dazu in der Lage, bestimmte Inhalte der genannten Phasen, auch im Gesamtprozess, praktisch umzusetzen. Da im vorliegenden Projekt jedoch speziell für die Branche des Anlagen- und Sportstättenbaus Komplettlösungen in Form umfassender Kundenbefriedigung (z.B. durch die Übergabe eines „schlüsselfertigen“ Stadions) betrachtet werden sollten, konnte als sinnvollste Option für Schäper zur Partizipation an den dargestellten Vorteilen des Solution Selling die Kooperation benannt werden. Dabei konnte im Zusammenhang mit den Anforderungen und Erwartungen eines international agierenden Anlagenbauers wie der STRABAG herausgearbeitet werden, dass Schäper als spezialisiertes und in punkto Qualität führendes KMU den größten Erfolgsbeitrag zur gesamten Lösung durch Einbringung seiner Kernkompetenzen leisten kann. Dabei zeichnet sich Schäper in erster Linie durch seine Qualitätsprodukte sowie die im direkten Bezug zu den Sportgeräten stehenden Dienstleistungen (z.B. Installation, Schulungen, etc.) aus. Im Rahmen des Solution Selling Prozesses sollten diese Kompetenzen in Bezug auf die Anforderungen des Kooperationspartners sowie insbesondere auf den konkreten Bedarf des Kunden sehr flexibel behandelt und gestaltet werden können. Aufgrund der als wichtig identifizierten Faktoren der Abstimmung und Erfahrung, die auch Schäper zu seinen Stärken zählt, kann die geforderte Flexibilität zur Unterstützung der optimalen Um- – 51 – setzung des Lösungsprozesses gewährleistet werden. Was die Flexibilität der Produkte angeht, so ist Schäper insofern in der Lage, einen hohen Beitrag zur Optimierung zu leisten, als dass durch hochwertige, innovative Produkte bestimmte Zusatzleistungen angeboten werden können, die den Wert der gesamten Leistung erhöhen. So können z.B. „Updates“ bzw. nötige Änderungen bestimmter Geräte bei Bedarf und in Kooperation mit dem Anlagenbauer bereitgestellt und implementiert werden, die dem Endkunden eine Nutzensteigerung bringen, für die eine erhöhte Zahlungsbereitschaft besteht. Hier sollte Schäper also weiterhin auf Qualität setzen, da diese im Bereich des Lösungsverkaufs einen Wettbewerbsvorteil ermöglicht und bisherige Erfahrungen und Erfolge eingebracht werden können. Aufgrund der Erkenntnis, dass der Preiswettbewerb im Rahmen des Solution Sellings, insbesondere für einzelne Komponenten bzw. Produkte, eine untergeordnete Rolle spielt, ergeben sich für Schäper weitere Möglichkeiten, seine Qualitätsführerschaft einzubringen. Durch die weniger hohe Bedeutung des Preises besteht z.B. die Möglichkeit, zur Optimierung einer gesamten Anlage ein größeres Portfolio an Geräten zu verkaufen, da dem Kunden der „gesamte Nutzen“ sehr gut kommuniziert werden kann. Bei Bestellungen einzelner Geräte fehlt dem Kunden oftmals der Überblick, was konkret zur Gestaltung einer Sportanlage sinnvoll wäre; eine entsprechende Beratung wird dabei von manchen Kunden nicht wahrgenommen. Durch die Forcierung der Rolle des Kunden als Co-Produzent kann diesem die Wichtigkeit der Qualität einzelner Geräte, auch und insbesondere in Bezug auf die gesamte Leistung, besser vermittelt werden. Unter Betrachtung der aufgeführten Aspekte kann die Orientierung von Schäper in Richtung Solution Selling als sinnvoll betrachtet werden, wobei die Empfehlung gegeben werden muss, dass die bisherigen Stärken weiter forciert und in Form von Kooperationen mit Partnern, die ihrerseits Lösungen anbieten, umgesetzt werden sollten. Eine Transformation in die Richtung, dass ausschließlich Lösungen angeboten werden, ist zum jetzigen Standpunkt nicht ratsam, da die Kernkompetenzen auch sehr stark für die bisherige Tätigkeit, das Angebot von Produkten und unterstützenden Dienstleistungen an „kleinere Kunden“, eingebracht werden. Vielmehr stellt das Solution Selling in der in diesem Projektbericht präsentierten Form eine sehr gute Möglichkeit zur Erweiterung des Kundenspektrums und somit neuer Absatzpotenzia- – 52 – le dar. Durch die Teilhabe an einem umfangreicheren Gesamtsystem könnten sich Schäper in der Zukunft auch weitere Potenziale hinsichtlich der Bearbeitung ausländischer Märkte bieten, in denen bislang der Preisgedanke noch eine sehr starke Rolle spielt. Aufgrund der vorhandenen Netzwerke und Marktbearbeitungsformen stellt sich die Internationalisierung im Zusammenhang mit Solution Selling in Form von Kooperationen als Chance zur weiteren Verbesserung, resp. Ausschöpfung der Potenziale Schäpers dar. 4.2 Handlungsempfehlungen für handwerkliche KMU allgemein Hinsichtlich der Ergebnisse aus den vorangegangenen Kapiteln sollen hier mögliche allgemeine Implikationen für handwerkliche KMU gegeben werden. Wie bereits in den Grundlagen ausgeführt (vgl. Kap. 2.2.2 sowie 3.1), gilt bei der handwerklichen Leistungserstellung das Prinzip der Bedarfsdeckung durch diese Leistungserstellung. Da handwerkliche Leistungen generell einen höheren Dienstleistungsbezug aufweisen, ist die Basis für die Erstellung der entsprechenden Leistung vom Anbieter in enger Interaktion mit dem Kunden grundsätzlich gegeben, was für eine Orientierung in Richtung Solution Selling spricht. Da im vorliegenden Fall eher die Gegebenheiten kleinerer KMU betrachtet wurden, muss speziell für diese Gruppe die Empfehlung ausgesprochen werden, sich im Rahmen der Möglichkeiten zum Angebot von Lösungen auf den „Erfolgsfaktor Spezialisierung“ zu konzentrieren. Wie im Fall Schäper dargestellt werden konnte, ist es für eher spezialisierte Unternehmen dieser Größe nicht ohne weiteres möglich, Gesamtlösungen in größerem Umfang anzubieten, weshalb ein besonderer Fokus auf die entsprechende Kernkompetenz gelegt werden sollte, um sinnvoll an den Vorteilen resp. Ertragsmöglichkeiten des Solution Sellings zu partizipieren. Da der „Faktor Kernkompetenz“ besonders bei KMU eine hohe Bedeutung besitzt, sollten alle angebotenen Leistungen in hohem Maße qualitätsorientiert sein, um für den speziellen Teil der Gesamtlösung von KMU entsprechenden Erfolg zu gewährleisten. Um diese Stärke in Punkto Qualität beim Solution Selling Prozess zur Geltung zu bringen, ist für kleinere handwerkliche KMU grundsätzlich das Prinzip der Kooperation zu empfehlen. Besonders in Branchen, die einen sehr hohen Umfang verschiedener Leistungen beinhalten, wie z.B. der hier betrachtete Anlagenbau, ist – 53 – solch eine Option ratsam, da selbst große Konzerne, die in diesem Bereich tätig sind, in vielen Fällen auf kleinere Spezialisten zurückgreifen müssen, um dem Kunden eine erfolgreiche Gesamtlösung zu präsentieren, was für die KMU interessante Chancen bietet. Dabei wird von diesen Spezialisten erwartet, dass sie den Teil, in dem sie ihre Kernkompetenz besitzen, in Abstimmung mit Kooperationspartnern und Kunden als Ganzes zu „managen“ in der Lage sind. Da die Verantwortung für die ganze Solution beim Anbieter der Gesamtleistung liegt, sollten handwerkliche KMU durch hohes Qualitätsverständnis und starke Kundenorientierung ihre Kernkompetenzen in den Prozess integrieren. So ist es für handwerkliche KMU zum einen möglich, eine erhöhte Kundenbindung zu schaffen, zum anderen können neue Absatzpotenziale kreiert werden, die ohne das Angebot von Solutions unausgeschöpft bleiben würden (z.B. bei Stadionbau nur Erträge aus dem Verkauf von Sportgeräten, keine möglichen Erträge aus zusätzlichen Leistungen, wie Installation, Geräteersatz, etc.). Die entscheidenden Faktoren, die handwerkliche KMU fokussieren sollten, um das o.g. Qualitätsverständnis zu garantieren, liegen einerseits im Angebot hochwertiger Produkte; zum anderen sind aber auch „weiche Faktoren“, wie z.B. eine hohe Flexibilität sowie die Bereitschaft zu ständiger Abstimmung und eine hohe Zuverlässigkeit von Bedeutung. Die Flexibilität sollte dabei einerseits durch die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Produkte geschaffen werden, anderseits sollte die Leitung der KMU auch in Bezug auf angebotene Services flexibel sein. Um diese Faktoren adäquat garantieren zu können, konnten im Rahmen der Analyse eine hohe Erfahrung innerhalb der Branche sowie die gute Mitarbeiterqualifikation als bedeutsam identifiziert werden. Es sollten somit in erster Linie solche handwerklichen KMU im Bereich Solution Selling aktiv werden, die in ihren Kernbereichen als Qualitätsführer agieren und entsprechende Qualität gewährleisten. Durch die Kooperation mit großen Unternehmen (oder möglicherweise auch anderen Marktführern) können so weitere Potenziale ausgeschöpft werden, die die Wettbewerbsposition des Unternehmens stark verbessern können. Im Folgenden werden die wichtigsten Handlungsempfehlungen noch einmal stichpunktartig ausgeführt: – 54 – 1. Handwerkliche oder bislang eher produktbezogene KMU sollten im Rahmen des Solution Selling auf den „Faktor Spezialisierung“ setzen. Dabei sollte der Fokus auf die entsprechende Kernkompetenz des Unternehmens gelegt werden. 2. Die für die Lösung bereitgestellten Leistungen sollten in sehr hohem Maße lösungsorientiert sein und auf exzellenter Qualität aufbauen. 3. Zur ertragreichen Einbringung der Kompetenzen handwerklicher KMU ist das Prinzip der Kooperation zu empfehlen. 4. Obwohl der Kooperationspartner von handwerklichen KMU beim Angebot von Lösungen im Normalfall als Systemkopf auftritt, sollten die Kernkompetenzen in Abstimmung mit diesem Partner bzw. dem Kunden von dem KMU „als Ganzes gemanaged“ werden können. 5. Das „Management der Kernkompetenzen“ sollte in Verbindung mit dem hohen Qualitätsverständnis und hoher Kundenorientierung in den Lösungsprozess integriert werden. Um die genannten Punkte adäquat umzusetzen, sollten folgende Faktoren bei KMU erfüllt und besonders fokussiert werden: Angebot hochwertiger Produkte Hohe Flexibilität, sowohl was verschiedene Einsatzmöglichkeiten der Produkte betrifft als auch die Servicebereitschaft bzgl. des Lösungsangebots Hohe Branchenerfahrung Gute Mitarbeiterqualifikation Optimalerweise Qualitäts- bzw. Marktführerschaft. – 55 – 5 Zusammenfassung und Ausblick Im vorliegenden Projektbericht wurde aufbauend auf den theoretischen Grundlagen zum Solution Selling eine Analyse anhand eines praxisorientierten Beispielfalls dargestellt und dokumentiert, welche möglichen Optionen für KMU bestehen, die sich mit dem Angebot von Lösungen beschäftigen. Dabei wurde anhand der Darstellung der Gegebenheiten der Firma Schäper in Verbindung mit dem Schlüsselkunden STRABAG festgestellt, dass es für ein kleineres, sehr spezialisiertes KMU am sinnvollsten zu sein scheint, vorhandene Fachkenntnisse in Form von Kooperationen mit größeren Kunden einzubringen, um einen Beitrag zu einer kundengerechten Gesamtlösung zu leisten. Insbesondere bei Projekten größeren Umfangs, wie sie in der hier betrachteten Branche des Anlagenbaus häufig auftreten, sind solche Kooperationen essenziell, da ein hoch spezialisiertes KMU unter den hier vorliegenden Bedingungen kaum in der Lage ist, eine derart komplexe Gesamtlösung zu liefern. Ob KMU generell auch als Systemkopf in der Lage sein können, komplette Solutions zu erbringen, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Auch die in Kap. 2.3 dargestellten Inhalte des Change Managements treffen für KMU nur bedingt zu, da im vorliegenden Fall kein Transformationsprozess im eigentlichen Sinne vorliegt. Statt sich einer kompletten Wandlung (d.h. nur noch Verkauf von Lösungen, kein Verkauf von einzelnen Produkten) mit allen potenziellen Komplexitäten zu unterziehen, konnte im Rahmen dieses Projektes (für die vorliegende Branche) festgestellt werden, dass es besser ist, Kernkompetenzen in Bezug auf spezielle Teile einer Gesamtlösung zu fokussieren und entsprechend zu integrieren. Da der Kern des Geschäftsmodells von Schäper der Verkauf von Toren ist, welcher derzeit von den meisten Kunden nachgefragt wird, ist die dargestellte Form des Solution Selling derzeit in erster Linie mit besagten Schlüsselkunden zu vollziehen. Diese allein reichen zwar nicht aus, um den gesamten Markt abzudecken, stellen aber aufgrund der aufgezeigten Aspekte differenzierte Absatzpotenziale dar. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass nur Unternehmen mit einem sehr hohen Qualitätsverständnis versuchen sollten, ihre Potenziale durch Solution Selling zu erweitern, da im Rahmen von ganzheitlichen Lösungen jedes Detail bedarfs- und kundengerecht integriert werden muss, was ohne entsprechende Erfahrungen im Bereich der eigenen Kompetenzen sowie entsprechend qualifizierter Mitarbeiter nicht geleistet werden kann. – 56 – Sind diese Faktoren jedoch im Umfeld eines KMU verankert, bietet das Solution Selling in der vorgestellten Weise für diese Gruppe von Unternehmen insofern interessante neue Absatzmöglichkeiten, als dass durch die Darstellung einer Gesamtlösung die ursprünglichen Kompetenzen erweitert auf dem Markt präsentiert werden können. Aufgrund der Erkenntnisse des vorliegenden Berichts konnten zwar einige o.g. generalisierbare Implikationen abgeleitet werden, jedoch muss an dieser Stelle konstatiert werden, dass sich der dargestellte Beispielfall sehr stark auf die Gegebenheiten der Branche des Anlagenbaus stützt. Mit den vorliegenden Ergebnissen ist es daher schwierig, Empfehlungen abzuleiten, die für einen Großteil aller KMU zutreffend bzw. relevant sind. Es wäre beispielsweise sinnvoll, weitere Studien zu möglichen Erfolgsfaktoren für den Bereich des Solution Sellings bei KMU zu erheben, um eine breitere Grundlage zur Bearbeitung dieser Thematik zu haben. Die Forschungsarbeit zu diesem Bereich kann generell als noch nicht sehr weit fortgeschritten betrachtet werden, insbesondere was mögliche Handlungsfelder von KMU betrifft. So wäre es z.B. relevant zu wissen, inwiefern die in vorherigen Studien (vgl. z.B. Kap. 2.4) generierten Faktoren zusammenhängen oder welche direkte Wirkung diese auf bestimmte Erfolgsgrößen bei „solutionorientierten“ KMU haben. Auch die Darstellung von konkreten Measurementaspekten (z.B. Indikatoren, die eine bessere Performance durch Solution Selling beschreiben) im Bereich des Verkaufs von Lösungen sollte in weiteren Studien untersucht und wenn möglich fundiert werden. Auch solche Potenziale des Solution Sellings, die neue Möglichkeiten für die Bearbeitung internationaler Absatzmärkte bei KMU generieren könnten, sollten in der Zukunft näher betrachtet werden. Insbesondere mit Blick auf die Tatsache, dass in Deutschland innerhalb der letzten 15 Jahre nur ca. 13% aller Exporte Dienstleistungen waren (vgl. Handelsblatt 2008), wäre eine Verbindung des Angebots von Produkten und Dienstleistungen im Ausland für die deutsche Wirtschaft sicherlich ein interessanter Faktor, dessen nähere Betrachtung lohnenswert wäre. Um schließlich generelle Faktoren und Implikationen zu präsentieren, die als Richtlinie für das Angebot ganzheitlicher Lösungen im Zusammenhang mit KMU geeignet wären, bedarf es somit wohl noch einer Reihe an Untersuchungen, die sowohl für die Forschung als auch für die Praxis sicherlich eine gewisse Herausforderung darstellen. Das vor- – 57 – gestellte Projekt sowie der vorliegende Bericht sollten jedoch bereits einige Hinweise resp. Denkanstöße liefern, wie bzw. mit welcher Methodik dieser anspruchsvollen Aufgabe begegnet werden könnte. Ebenso sollte dieser Projektbericht einige Möglichkeiten für im Prozess der Konzeption von Lösungsoptionen befindliche KMU aufzeigen, die in der Zukunft mit Hilfe dieser Option zur Schaffung neuer Absatzpotenziale erfolgreich sein wollen. – 58 – Literaturverzeichnis AHLERT, D./EVANSCHITZKY, H. 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Herausgeber: Prof. Dr. Dieter Ahlert, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Distribution & Handel, Am Stadtgraben 13-15, 48143 Münster Münster 2008, alle Rechte vorbehalten