sda, 23.12.2013 Konsum -­‐ Wo überzählige Lebensmittel schmecken und Umsatz bringen Von Sandra Porchet, sda Dass karitative Hilfswerke unverkaufte Lebensmittel einsammeln und an Bedürftige weitergeben, ist bekannt. Überzählige Esswaren können aber auch Bestandteil von Geschäftsmodellen sein. Zwei Kleinbetriebe aus dem Raum Zürich gehen mit gutem Beispiel voran. Die halbierten Cherry-­‐Tomaten im Gurkensalat sehen etwas schrumpelig aus. Das ist aber der einzige Hinweis auf die Herkunft der Lebensmittel, die im Zürcher "Buffet Dreieck" serviert werden. Die übrigen Gänge -­‐ die Lauchsuppe, die Gemüse-­‐Pizokel und der gedämpfte Fenchel -­‐ lassen nämlich nichts zu wünschen übrig. Für Fleischliebhaber rundet eine Wurst aus der Region das Essen ab. Der Preis (ohne Fleisch 17 Franken, mit Fleisch 19 Franken) steht im Einklang mit dem Gesamtkonzept. Auch äusserlich sieht man dem Lokal seine Besonderheit nicht unbedingt an. Die kleine Kantine liegt im Innenhof einer Zürcher Wohnkooperative und ist einfach, aber gemütlich eingerichtet. Nicht mehr schön, aber gut Gewissen Gästen falle überhaupt nichts Aussergewöhnliches auf, sagt Mitbegründerin Rosmarie Schaub der Nachrichtenagentur sda. Und das, obwohl das im August eröffnete "Buffet Dreieck" Menüs aus Lebensmitteln anbietet, welche die Läden nicht mehr verkaufen können oder wollen. Das Restaurant bezieht die Lebensmittel fast ausschliesslich von einer Firma, die lokale Produkte verkauft. Diese gibt dem "Buffet Dreieck" kostenlos Gemüse ab, das beschädigt oder zu stark verformt ist, oder dessen Verfallsdatum bald abläuft. Das "Buffet Dreieck" kocht täglich 40 Mittagsmenüs. Die Geschäftsführerin rechnet damit, bis spätestens im kommenden Frühling mit den Einnahmen die Betriebskosten decken zu können. Täglich 900 Elefanten "Wir wollen dazu beitragen, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren", erklärt Schaub das Konzept. Bei ihr zu Hause sei diese Einstellung eine Selbstverständlichkeit gewesen. Sie habe erst mit der Zeit bemerkt, dass in der Gesellschaft ein Bewusstsein für das Problem weitgehend fehle. Nach Angaben der Organisation foodwaste.ch wandert in der Schweiz insgesamt ein Drittel aller Lebensmittel in den Abfall. Pro Jahr werden schweizweit 2,3 Millionen Tonnen Nahrung weggeworfen. Was täglich weggeworfen wird, entspricht dem Gewicht von 900 Elefanten. Vortagesfrische Die kleine Zürcher Kantine mit dem nachhaltigen Businessmodell hat bereits Nachahmer gefunden. Seit ein paar Wochen bietet eine Bäckerei in der Zürcher Altstadt Backwaren an, die am Vortag nicht über den Ladentisch ihrer Partner-­‐ Bäckereien gegangen sind. Die Produkte des "Äss-­‐Bar" genannten Ladens sind appetitlich, sie variieren, und sie sind vor allem preisgünstig. Der Mandelgipfel kostet einen Franken, das Stück Schoggikuchen zwei Franken, ebenso die verschiedenen Brote. Ein Test beweist: Man merkt dem Gebäck kaum an, dass es vom Vortag stammt. Neue Philosophie "Diese Geschäftsmodelle stammen von einer neuen Generation, die eine neue Geschäftsphilosophie vertreten", sagt der foodwaste.ch-­‐Verantwortliche Markus Hurschler. Die Menschen realisierten zunehmend, dass auch in Abfällen ein grosses wirtschaftliches Potenzial stecke, das von den grossen Detailhandelsketten und Restaurants nicht ausgeschöpft werde. Überschuss-­‐Modell Einen Haken scheint das Geschäftsmodell jedoch zu haben: Es baut darauf auf, dass Überschuss produziert wird. Was passiert, wenn eines Tages das Problem der Verschwendung an der Wurzel gepackt wird? "Falls es uns eines Tages nicht mehr brauchen sollte, wäre das wunderbar", sagt die "Buffet Dreieck"-­‐Leiterin dazu. Dies werde aber wohl noch sehr lange nicht der Fall sein. Denn die grossen Verteiler hätten die Konsumenten an eine riesige Auswahl von Produkten gewöhnt -­‐ die Erwartungen seien entsprechend übertrieben hoch.