M E D I Z I N Matthias Wettstein Claudia Kudlek Dieter Häussinger Spontan bakterielle Peritonitis Diagnose, Therapie und Prophylaxe Zusammenfassung Die spontan bakterielle Peritonitis (SBP) ist eine häufige und potenziell lebensbedrohliche Komplikation bei Leberzirrhose mit Aszites. Die abdominale Symptomatik ist in vielen Fällen nur gering ausgeprägt. Die Diagnose wird durch Aszitespunktion mit Nachweis einer Zahl von neutrophilen Granulozyten über 250/µl und/oder von Bakterien im Aszites gestellt. In der Therapie der manifesten SBP sind Cephalosporine der dritten Generation etabliert. Wegen der hohen Rezidivrate ist nach stattgehabter SBP bei weiterhin vorliegendem Aszites eine Rezidivprophylaxe mit Antibiotika indiziert, wozu in erster Linie orale Fluorochinolone eingesetzt werden. Neuere Studien belegen, dass bei bestimmten Risikogruppen auch eine Primärprophylaxe der SBP erfolgen sollte. Schlüsselwörter: Bakteriaszites, neutrozytischer Aszites, Peritonitisrezidiv, Antibiotikaprophylaxe Summary Spontaneous Bacterial Peritonitis: Diagnosis, Therapy and Prophylaxis Spontaneous bacterial peritonitis is a frequent complication of liver cirrhosis with ascites. The patients have a relatively poor prognosis with respect to one year survival. Impairment of kidney function and recurrence of SBP are frequent events. Abdominal findings may be mild and non-specific. Diagnosis is made by a polymorphonuclear neutrophil count in ascitic fluid of more than 250/µl and bacterial culture. Therapy of choice in manifest SBP are third-generation cephalosporins. To prevent recurrence of SBP, long-term antibiotic prophylaxis using oral fluoroquinolones should be administered. Certain risk groups for SBP should receive a primary prophylaxis. Key words: bacteriascites, neutrocytic ascites, recurrence of peritonitis, antibiotic prophylaxis U nter einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) versteht man eine Infektion von Aszites ohne Vorliegen einer intestinalen Läsion. Die SBP ist eine häufige Komplikation bei Leberzirrhose mit einer Inzidenz zwischen 10 und 50 Prozent pro Jahr beim Vorliegen von Aszites, kann aber auch bei anderen Grundkrankheiten, zum Beispiel bei malignem Aszites auftreten. Unbehandelt hat die SBP eine hohe Mortalität. Bei weiter bestehendem Aszites ist mit Rezidivraten von 30 bis 70 Prozent innerhalb eines Jahres zu rechnen. Leberzirrhotiker, die eine SBP durchgemacht haben, zeigen eine deutlich schlechtere Ein-Jahres-Überlebensrate als diejenigen, bei denen diese nicht aufgetreten ist (14 versus 43 Prozent) (2). Diagnostik, Therapie und Prophylaxe müssen den Besonderheiten des Krankheitsbildes Rechnung tragen. Pathogenese Im Gegensatz zur Peritonitis bei Vorliegen einer Läsion im Gastrointestinaltrakt handelt es sich bei der SBP meist um eine monomikrobielle Infektion, die überwiegend durch gramnegative Keime der Darmflora, seltener durch grampositive Bakterien oder Pilze (Tabelle 1) verursacht wird. Es liegt aber vermutlich keine einfache Durchwanderung der Darmwand durch Bakterien vor, denn hierbei wäre eine Mischinfektion mit verschiedensten Darmkeimen zu erwarten. Bei Ratten mit experimentell induzierter portaler Hypertension beziehungsweise Leberzirrhose konnte gezeigt werden, dass es zu einer vermehrten Translokation von Bakterien aus dem Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dieter Häussinger), Medizinische Einrichtungen der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 97 ½ Heft 42½ 20. Oktober 2000 Darm in das abdominale Lymphsystem mit nachfolgender Bakteriämie kommt (16, 19). Bei diesen Tieren kam es auch in einem hohen Prozentsatz zu einer SBP. Die Clearence von Bakterien aus dem Blut und die Makrophagenfunktion sind bei Leberzirrhotikern häufig eingeschränkt (5, 10). Bei niedriger Eiweißkonzentration im Aszites ist das Risiko einer SBP höher als bei höherer Eiweißkonzentration (1, 15). Die Ursache wird in einer geringen opsonisierenden Aktivität durch niedrige Komplementfaktor-Konzentrationen im Aszites gesehen. Das auf den aufgeführten Befunden beruhende Konzept zur Pathogenese der SBP besagt daher, dass es bei intestinaler Kongestion im Rahmen der portalen Hypertension zu einer vermehrten Translokation von Darmbakterien in das abdominale Lymphsystem kommt. Diese gelangen über den Ductus thoracicus ins Blut und infizieren begünstigt durch die gestörte Immunfunktion sekundär den Aszites (Grafik 1). Symptomatik und Diagnose Die klinischen Symptome einer SBP können gering ausgeprägt und unspezifisch sein. Abdominale Schmerzen und Fieber bestehen nach Literaturangaben in bis zu 80 Prozent der Fälle (3), nach Auswertung des eigenen Patientenkollektivs der letzten drei Jahre aber deutlich seltener (Tabelle 2). Die Bauchdecken können bei der Untersuchung mäßig gespannt sein, ein Peritonismus mit brettharten Bauchdecken ist aber kein typisches Symptom einer SBP und sollte eher an eine Peritonitis anderer Ursache denken lassen. Das Auftreten oder die Verschlechterung einer hepatischen Enzephalopathie, Hypotonie oder ein Nierenversagen können alleinige Symptome sein. A 2789 M E D I Z I N ´ Tabelle 1 C C Grafik 1 ´ Erregerspektrum bei spontan bakterieller Peritonitis (nach 22) Anteil (Prozent) Erreger ❃ Gramnegative Stäbchen Escherichia coli Klebsiella spp. 69 47 11 ❃ Grampositive Kokken 30 ❃ Anaerobier 5 ❃ Sonstige (zum Beispiel Neisseria, Candida) 1 In über 90 Prozent handelte es sich um monomikrobielle Infektionen, ansonsten um Mischinfektionen. ´ Tabelle 2 C C ´ Symptomatik und Befunde bei Leberzirrhotikern mit spontan bakterieller Peritonitis Symptomatik und Befunde Aszites SBP Niedrige opsonisierende Aktivität im Aszites (Komplementfaktoren) (2) Gehäuft bakterielle Dünndarmfehlbesiedelung bei Leberzirrhose (2) Konzept zur Pathogenese der spontan bakteriellen Peritonitis. Die mit (1) gekennzeichneten Faktoren sind tierexperimentell belegt, die mit (2) markierten Faktoren durch Untersuchungen am Menschen. Grafik 2 Cefotaxim 2–3 x 2 g/Tag Albuminsubstitution (*) 100 50 Bauchschmerzen 29 Peritonismus 18 Fieber 12 9 34 Patienten mit neutrophilen Granulozyten > 250/µl im Aszites Grundsätzlich sollte bei jeder Verschlechterung des Zustands eines Leberzirrhotikers mit Aszites, aber auch bei therapierefraktärem Aszites ohne ausgeprägte Zeichen einer Infektion an das Vorliegen einer SBP gedacht werden. Die Diagnose wird gestellt durch Aszitespunktion mit Nachweis von mehr als 250 neutrophilen Granulozyten pro µl im Punktat und/oder mikrobiologischem Keimnachweis. Auch bei alleinigem Keimnachweis ohne Erhöhung der Granulozytenzahl (Bakteriaszites) oder erhöhten Zellzahlen ohne Keimnachweis (neutrozytischer Aszites) sollte mit einer Therapie begonnen werden. Die kulturelle Ausbeute kann erhöht werden, wenn die Kulturflaschen direkt am Krankenbett mit jeweils 10 bis 20 ml Aszites beimpft werden. Nach Literaturangaben kann in bis zu 70 Prozent ein Erreger isoliert A 2790 Defekte des Immunsystems bei Zirrhotikern Makrophagendysfunktion (2) Bakteriämie via Lymphsystem und Pfortader (1) Anteil (Prozent) Kreatininanstieg und/oder Rückgang der Diurese Keimnachweis im Aszites Vermehrte Permeabilität der Darmwände für Bakterien bei portaler Hypertension (1,2) Wiederholung der Parazentese nach 48 Stunden Abfall der Neutrophilen Anstieg der Neutrophilen Neutrophile < 250/µl Neutrophile > 250/µl Perforation und Abszess ausschließen 7 Tage Therapie Therapie fortsetzen bis Neutrophile < 250/µl Therapieumstellung nach Antibiogramm Rezidivprophylaxe Norfloxacin 400 mg/Tag oral Therapeutischer Algorithmus bei spontan bakterieller Peritonitis. (*) Der vorteilhafte Effekt einer Albuminsubstitution wurde in einer einzelnen neueren Studie gezeigt (20), die weiteren therapeutischen Schritte sind durch mehrere kontrollierte Studien belegt. werden, wobei neue Kultursysteme wie BacT/Alert eine raschere Diagnostik erlauben (9). Nach eigenen Erfahrungen liegt die Keimnachweisrate trotz retrospektiv eindeutiger Diagnose aber deutlich niedriger (Tabelle 2). Wird unter Ultraschallkontrolle mit einer dünnen Nadel punktiert, treten auch bei Vorliegen von Gerinnungsstörungen nur selten Komplikationen durch die Punktion auf. Neutrophile Granulozytenzahlen im Aszites über 10 000/µl können bei einer SBP zwar auftreten, sollten aber eher an eine abdominale Läsion denken lassen und Anlass für eine weiterführende Diagnostik sein (beispielsweise Abdomenübersichtsaufnahme zum Nachweis intraperitonealer Luft, Abdomensonographie, Abdomen-CT). In der Praxis ist es häufig ein Problem, die neutrophilen Granulozyten Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 97 ½ Heft 42½ 20. Oktober 2000 M E D I Z I N ´ Tabelle 3 C C ´ Antibiotikaprophylaxe der spontan bakteriellen Peritonitis bei Leberzirrhotikern mit Aszites SBP ohne Antibiotikum (Prozent) SBP mit Antibiotikum (Prozent) Norfloxacin 400 mg/Tag 68 20 (p < 0,01) Eiweiß im Aszites unter 1,5 g/dl Norfloxacin 400 mg/Tag 17 2 (p < 0,03) 60 6 Monate Eiweiß im Aszites unter 1,5 g/dl Ciprofloxacin 1 x 750 mg/Woche 22 4 (p < 0,05) Singh et al. 1995 (17) 60 Median 90 Tage Unselektiert Trimethoprim/Sulfamethoxazol 1 forte Tablette 5 x pro Woche 27 2 (p = 0,025) Soriano et al. 1992 (18) 119 7 Tage Gastrointestinale Blutung Norfloxacin 400 mg/Tag 17 3 (p < 0,05) Hsieh et al. 1998 (7) 120 7 Tage Gastrointestinale Blutung Ciprofloxacin 2 x 500 mg/Tag 13 3 (p < 0,05) Studie Patientenzahl Therapiedauer Risikokonstellation Dosierung (oral) Ginès et al. 1990 (4) 80 1 Jahr Stattgehabte SBP Grangé et al. 1998 (6) 107 6 Monate Rolachon et al. 1995 (13) Textkasten Indikationen für eine Antibiotika-Prophylaxe bei Leberzirrhotikern: Konsensus-Empfehlungen des International Ascites Club (11) Leberzirrhotiker mit oberer gastrointestinaler Blutung (mit und ohne Aszites): ❃ Norfloxacin oral 400 mg/12 h für mindestens 7 Tage ❃ Alternativ: Ciprofloxacin, Ofloxacin, Amoxicillin-Clavulansäure ❃ Vor Beginn der Prophylaxe manifeste Infektion ausschließen Nichtblutende Leberzirrhotiker mit Aszites: ❃ Nach vorangegangener SPB: Norfloxacin oral 400 mg/24 h auf Dauer Indikation zur Lebertransplantation prüfen ❃ Ohne vorausgegangene SPB: Niedrige Eiweißkonzentration im Aszites (unter 1,0 g/dl): kein Konsens; hohe Eiweißkonzentration im Aszites (über 1,0 g/dl): keine Prophylaxe im Aszites rasch bestimmen zu lassen, da bei maschineller Zelldifferenzierung eine Schädigung der Laborapparate befürchtet wird und eine manuelle Auszählung nicht immer möglich ist. Hier sollten mit dem Labormediziner oder dem Zytopathologen entsprechende Modalitäten vereinbart werden. Für die Verlaufskontrolle ist eine Orientierung an der Gesamtzellenzahl im Aszites meist ausreichend. Therapie Bei klinischem Verdacht und Nachweis einer erhöhten Granulozytenzahl im Aszites sollte umgehend mit einer antibiotischen Therapie begonnen werden, ohne das kulturelle Ergebnis abzuwarten. Die Auswahl des Antibiotikums richtet sich empirisch nach dem zu erwartenden Keimspektrum, nämlich überwiegend gramnegativen Darmkeimen. Durch Studien am besten in ihrer Wirksamkeit belegt ist die intravenöse Gabe von Cefotaxim, die sich daher als derzeitige Standardtherapie durchgesetzt hat. Bereits bei einer Dosierung von zweimal 2 g/Tag intravenös werden ausreichende Spiegel im Aszites erreicht (12). Vorteilhaft ist hierbei insbesondere die geringe Nephrotoxizität, da das Krankheitsbild häufig durch schwere Nierenfunktionsstörungen kompliziert wird. Von einigen Autoren wird die zusätzliche Gabe von Metronidazol empfohlen, da in bis zu zehn Prozent Anaerobierinfektionen gefunden werden. Ampicillin kombiniert mit Clavulansäure, Aztreonam, Ampicillin mit Aminoglycosiden oder orale Fluorochinolone haben sich in Einzelstudien ebenfalls als wirksam erwiesen, sind aber weniger gut untersucht. Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 97 ½ Heft 42½ 20. Oktober 2000 Notwendig ist eine Kontrolle des Therapieerfolgs durch eine Wiederholung der diagnostischen Aszitespunktion nach etwa 48 Stunden. Bei Normalisierung der Neutrophilenzahl im Aszites ist eine siebentägige Therapie ausreichend, anderenfalls muss die Behandlung bis zur Normalisierung fortgesetzt werden (Grafik 2). Bei gestiegener oder gleichbleibender Zellzahl muss nach einer abdominalen Läsion gesucht werden und die Antibiotikagabe eventuell nach Antibiogramm umgestellt werden. Eine kürzlich erschienene Studie hat gezeigt, dass durch die zusätzliche Gabe von Albumin (1,5 g/kg Körpergewicht, intravenös am Tag 1, gefolgt von 1 g/kg Körpergewicht am Tag 3) die Mortalität bei Leberzirrhotikern mit SBP deutlich gesenkt werden kann, offenbar in erster Linie dadurch, dass die häufigen und prognostisch ungünstigen Nierenfunktionsstörungen im Rahmen des Krankheitsbildes gebessert werden (20). Primär- und Sekundärprophylaxe Wegen der hohen Rezidivrate der SBP bei fortbestehendem Aszites wurden in den vergangenen Jahren mehrere Studien zur Rezidivprophylaxe durchgeführt. Da es sich überwiegend um endogene Infektionen mit gramnegati- A 2791 M E D I Z I N ven Darmkeimen handelt, wurde eine Darmdekontamination mittels oral applizierter Antibiotika versucht. Insbesondere Norfloxacin, ein oral mäßig resorbierbarer Gyrasehemmer, wurde hierfür eingesetzt. Es konnte eine deutliche Reduktion der Rezidivrate durch die Antibiotikadauertherapie erzielt werden (4). Eine antibiotische Dauerprophylaxe ist daher nach stattgehabter SBP bei fortbestehendem Aszites indiziert (11). Bei durch Flüssigkeits- und Salzrestriktion, wiederholten Parazentesen und Diuretikagabe nicht zu therapierendem Aszites ist allerdings die Indikation zur Anlage eines transjugulären intrahepatischen Stent-Shunts zu prüfen, da hierdurch in einem hohen Prozentsatz eine komplette Ausschwemmung erreicht werden kann. Wegen der insgesamt schlechten Prognose eines Leberzirrhotikers nach Auftreten einer SBP muss auch die Indikation für eine Lebertransplantation geprüft werden. Mehrere Studien haben auch einen positiven Effekt einer Primärprophylaxe der spontanen bakteriellen Peritonitis bei Leberzirrhotikern mit Aszites gezeigt, insbesondere beim Vorliegen einer Risikokonstellation (Tabelle 3 und Textkasten). Ein besonders hohes Risiko, eine SBP oder andere bakterielle Infekte zu entwickeln, haben Leberzirrhotiker mit Aszites im Rahmen gastrointestinaler Blutungen, wobei auch die hohen Bakteriämieraten bei endoskopischer Sklerotherapie eine Rolle spielen können (7, 14, 18). Empfohlen werden zweimal 400 mg Norfloxacin/Tag über mindestens sieben Tage (11). Nach einigen Studien profitieren Patienten mit niedriger Eiweißkonzentration im Aszites (unter 1,0 bis 1,5 g/dl) ebenfalls von einer Antibiotikaprophylaxe (6, 13). Es kann auch hier Norfloxacin in einer Dosierung von 400 mg/Tag eingesetzt werden, alternativ Ciprofloxacin mit 500 mg/Tag. In einer Studie war auch die einmal wöchentliche Gabe von Ciprofloxacin effektiv (13), jedoch zeigten neuere Untersuchungen eine deutlich höhere Rate von Resistenzentwicklungen als bei täglicher Gabe (21). Metaanalysen der vorliegenden Studien haben bei A 2792 Risikopatienten auch einen vorteilhaften Effekt der Antibiotikadauerprophylaxe auf das Überleben gezeigt. Eine etwaige Hepatotoxizität oder Infektionen durch selektierte resistente Keime sind bei täglicher Antibiotikagabe nur selten beobachtet worden. Berechnungen aus den Vereinigten Staaten haben auch gezeigt, dass durch eine Prophylaxe der spontanen bakteriellen Peritonitis letztlich Kosten eingespart werden, da Krankenhausaufenthalte vermieden werden können. Die Indikationen für eine Antibiotikaprophylaxe bei Leberzirrhotikern mit Risikokonstellation sind im Textkasten aufgeführt. Eine generelle Antibiotikaprophylaxe bei allen Leberzirrhotikern mit Aszites kann allerdings gegenwärtig nicht empfohlen Referiert werden, da ein Effekt auf das Langzeitüberleben bei unselektierten Patienten nicht gesichert ist und oft mangelnde Compliance eine dauerhafte Medikamenteneinnahme ohnehin erschwert. ❚ Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 2000; 97: A 2789–2792 [Heft 42] Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist. Anschrift für die Verfasser: Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Wettstein Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Medizinische Einrichtungen der Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf E-Mail: [email protected] Hirnaktivierungsmuster prädiktiv für Alzheimer-Demenz Das Apolipoprotein E (APOE) kommt in drei Isoformen vor. Das e-4-Allel von APOE ist der wichtigste bekannte genetische Risikofaktor für die Entstehung der Alzheimer-Krankheit. Ob sich bei Patienten mit diesem Marker bereits vor dem Auftreten klinisch relevanter Gedächtnisstörungen Hinweise für einen veränderten Hirnmetabolismus ergeben, war Gegenstand einer neuropsychiatrischen Untersuchung. 16 neurologisch unauffällige Träger des APOE-e-4-Allels wurden mittels funktionellem Kernspin untersucht, als Kontrollen galten 14 ebenfalls neurologisch unauffällige Probanden, die nicht Träger der APOE-e-4-Isoform waren. Sowohl Stärke als auch Ausmaß der Gehirnaktivierung in Regionen, die von der Alzheimer-Krankheit betroffen sind, waren bei der Durchführung von Gedächtnisleistungen bei Trägern des APOE-e-4-Allels gegenüber Kontrollpersonen erhöht. Die Autoren werten dies als frühen Hinweis auf eine strukturelle Hirnstörung, die im präklinischen Zustand durch vermehrte Aktivierung noch kompensiert wird und das spätere Auftreten einer Alzheimer-Krankheit wahrscheinlich macht. Da neuere potenzielle Therapieoptionen des Morbus Alzheimer auf eine Progressionshemmung der Erkrankung abzielen, wäre mit dem beschriebenen Verfahren eine Früherkennung von Alzheimer-Risikogruppen möglich, die in diesem Fall von einer frühzeitig beginnenden Therapie acc profitieren könnten. Bookheimer SY et al.: Patterns of brain activation in people at risk for Alzheimer’s disease. N Eng J Med 2000; 343: 450–456. Dr. Small, UCLA Neuropsychiatric Institute, 88-201, 760 Westwood Plaza, Los Angeles, CA 90024, USA. Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 97 ½ Heft 42½ 20. Oktober 2000