PDF, 778 KB - SozialStiftung Bamberg

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II. Bamberger Innovationstage
Radioonkologie 15./16.01.2016
Ernährungsmanagement während
der Strahlentherapie
Dr. rer. med. Angela Jordan  Diplom-Oecotrophologin
Ambulante Ernährungsberatung Rotes Kreuz Krankenhaus Kassel
www.ernaehrungswissen.net
1
Ist Gewichtsverlust eine
unvermeidliche Folge
fortschreitenden
Tumorwachstums
2
Tumorkachexie
Tumorkontrolle





Operation
Radiotherapie
Chemotherapie
Immuntherapie
….
Stoffwechselveränderungen 
Inflammation
TUMORKACHEXIE
Reduzierte
Nahrungsaufnahme/
Anorexie
Supportive
Therapie
- Antiemetika
-…
Ernährungstherapie
Therapieeffizienz 
Unbehandelt:
Fortschreitender Gewichtsverlust
Fearon KCH. Clin Nutr 2012;31:577-582
Fearon K et al. Nat Rev Clin Oncol 2013;10:90–99
Tumor assoziierter Gewichtsverlust
und Kachexie beeinträchtigen Therapie
Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren:
Gewichtsverlust > 20%
 Unterbrechung der Strahlentherapie für mehr als 5 Tage bei 53%
der Patienten während Radiochemotherapie
 vollständige Unterbrechung bei 29% der Patienten1
Patienten mit Kolorektalkarzinom/Strahlentherapie:
geringere Nahrungsaufnahme und schlechterer Ernährungszustand
 signifikant höhere Inzidenz an Früh- und Spättoxizität2,3
 Signifikant kürzere Überlebenszeit (Follow-up 6,5 [4,9 - 8,1] Jahre):
7,3 vs 4,9 Jahre (p < 0,05)3
1 Capuano G et al. Head Neck 2008;30:503–508
2 Ravasco P et al. J Clin Oncol 2005;23:1431-1438
3 Ravasco P et al. Am J Clin Nutr 2012;96:1346-1353
Gewichtsverlust verschlechtert
die Prognose
Gewichtsverlust %
BMI kg/m2
Mediane Überlebenszeit (nach
Klassifizierung)
Klassifizierung
0
1
2
3
4
Medianes
Überleben
(Monate)
95%CI
14,6
12.9 – 16.2
20,9
17.9 – 23.9
10,8
9.7 – 11.9
7,6
4,3
7.0 – 8.2
4.1 – 4.6
4,9-facher Unterschied in der medianen Überlebenszeit zwischen
Klassifizierung 0 und 4 (20,9 vs 4,3 Monate)
Mod. nach Martin L et al. J Clin Oncol
2015;33:90-99
Wie wirken sich Gewichtsverlust und
Kachexie aus?
Beeinträchtigung der Lebensqualität1
Gewichts-
Verminderte Therapietoleranz1
Kachexie
Reduziertes Überleben1
verlust und
Höhere Kosten2
1 Aoyagi T et al. World J Gastrointest Oncol 2015;7:17-29
2 Arthur ST et al. Drugs Context 2014;3:212265
Stadien der Kachexie
Präkachexie
Kachexie
Refraktäre Kachexie
Normal
Tod
• Gewichtsverlust
≤5%
• Anorexie und
Stoffwechselveränderungen
Frühzeitiges
Ernährungsmanagement –
möglichst zum
Zeitpunkt der
Diagnose
• Gewichtsverlust >5% • Unterschiedliches
oder
Ausmaß der Kachexie
• Gewichtsverlust >2% • Tumorerkrankung
und BMI <20 oder
prokatabol, Tumor
Sarkopenie
spricht nicht auf die
Antitumortherapie an
• Häufig reduzierte
Nahrungsaufnahme/
systemische
Inflammation
• Niedriger
Leistungslevel
• Erwartetes Überleben
<3 Monate
Mod. nach Fearon KCH et al. Lancet Oncol 2011; 12: 489-495
Ernährungsmanagement
1. Frühzeitiges Screening Ernährungszustand
Empfehlung (S3 Leitlinie “Klinische Ernährung in der Onkologie“ DGEM)
 Screening Ernährungszustand beginnend mit dem Erstkontakt und dann
regelmäßig in ausreichend kurzen Abständen* (zumindest alle 4–8 Wochen)
[KKP]
 Weitergehendes Assessment bei auffälligen Patienten: Erfassung
Nahrungsaufnahme, ernährungsrelevante Symptome, Körper- und Muskelmasse,
Leistungsfähigkeit und systemische Inflammation [KKP]
*sowie bei Therapieumstellungen
DGEM Leitlinie Onkologie. Arends J et al. Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: e1-e74
www.dgem.de
Screening
NRS 2002
NRS-2002 (Nutrition Risk Score)


wurde für stationäre Patienten
(ausgenommen Intensivstation)
entwickelt und validiert
Punktwert/Ranking korreliert mit
dem „Outcome“ der Patienten
 postoperative Komplikationen

und Krankenhausverweildauer
Wurde auch für Tumorpatienten
validiert
Arends J et al. Aktuel Ernahrungsmed 2015;40:e1-e74
Schütz T et al. Aktuel Ernaehr Med 2005; 30: 99-103
www.dgem.de
Vorscreening
Nutrition impact symptom
checklist
Omlin A et al. J Cachexia
Sarcopenia Muscle 2013;4:55–61
Frühzeitiges Screening
Mangelernährung (ab Zeitpunkt Diagnose)
Patientenfragebogen:

Wie ist Ihr aktuelles Gewicht?

Wie war Ihr Gewicht vor 3 Monaten?

Wie war Ihr Normalgewicht vor der Erkrankung?

Gab es in den letzten Wochen Auffälligkeiten beim Essen?

Hatten Sie in den letzten Wochen/Tagen Probleme wie
 normal gegessen
 Appetitlosigkeit
 Durchfälle
 weniger gegessen _____ %
 Übelkeit/Erbrechen
 Völlegefühl
 Schluckbeschwerden
 ……

Gibt es bestimmte Lebensmittel, die Sie nicht vertragen/mögen?

Was haben Sie gestern gegessen (24-h-Recall)?
Frühstück
Mittagessen
Zwischenmahlzeiten
Abendessen
Ernährungsmanagement
2. Bedarfsdeckung
Energiebedarf:
bettlägrig:
25 kcal pro kg KG pro Tag1
mobil:
30 kcal pro kg KG pro Tag1
Eiweißbedarf:
1,2 – 1,5 g pro kg KG pro Tag bei ausgeprägter
Inflammation auch höher (bis zu 2 g/kg KG)1
Beispiel:
Patient (mobil) mit einem Körpergewicht von 75 kg benötigt
Energie:
ca. 2250 kcal
Eiweiß:
mind. 90 g
Zusätzlich:
Ggf. Gabe von 1,5–2,5 g EPA; auch als
Bestandteil von Fischöl [C]1
 zur Verbesserung systemischer Inflammationsmarker
1 DGEM Leitlinie Onkologie. Arends J et al. Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: e1-e74
Wie können Nährstofflücken
geschlossen werden?
Patientenindividuelle
Vorgehensweise
Stufe
Form der Ernährungstherapie
II
I + orale bilanzierte Diäten (OBD)
I
III
Normalkost / Sonderkostform
Speisenanreicherung (Makro-, Mikronährstoffe)
Diätberatung (z. B. Modifizieren der Konsistenz)
(I, II) + suppl. enterale / parenterale Ernährung
IV
Totale enterale Ernährung
VI
Parenterale Ernährung + minimale enterale
Ernährung
V
VII
Ziel:
Rückführung zur
Normalkost
Enterale Ernährung + parenterale Ernährung
Totale parenterale Ernährung
 Ausschöpfung der oralen Restkapazität zur Nahrungsaufnahme
 Wahl des möglichst natürlichen Ernährungszuganges
Mod. nach: Valentini L et al. Aktuel Ernaehr Med 2013; 38: 97-111; www.dgem.de
Rezeptideen zur Energieanreicherung
Beeren-Müsli (1 Portion)
50 g Vollkorn-Haferflocken
1 EL Haselnüsse gehackt
1 EL Sonnenblumenkerne
1 EL Trockenobst (Aprikosen, Rosinen, …)
100 g frisches Obst (Beerenmischung)
1 EL Sanddornsaft
100 ml Milch (3,5% Fett)
100 g Quark (20 % Fett)
1 EL ÖL (z. B. Raps- oder Leinöl)
560 kcal 22 g Eiweiß
Schlemmermilch (1 Portion)
200 ml Milch, 3,5% Fett
5 g Kakaopulver
5 g Zucker (1 TL)
75 g Banane
15 ml Sahne (1 ½ EL)
5 g Schmelzflocken
298 kcal 10 g Eiweiß
Energiereiche Trinknahrungen
Geschmacklich abgerundete flüssige Nahrung, die alle Nährstoffe
enthält wie Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße, Mineralien, Vitamine
und Spurenelemente.
Vorteile:
 Kompakte Nährstoffzufuhr
(bis zu 400 kcal und 20 g Eiweiß pro 200 ml-Flasche)
 Praktische Trinkflaschen
 Vielseitig einsetzbar als Zwischenmahlzeit, aber auch als
hochkalorische Zutat zu vielen Rezepten
 Viele Geschmacksrichtungen
 z. T. angereichert mit speziellen Nährstoffen, z. B. Omega-3Fettsäuren
Ernährungsmanagement
Enterale/parenterale Ernährung
Empfehlung (S3 Leitlinie “Klinische Ernährung in der Onkologie“ DGEM)
Eine enterale oder parenterale Zufuhr von Nährlösungen sollte
erfolgen, wenn eine ausreichende orale Nahrungsaufnahme –
beispielsweise aufgrund erheblicher Beeinträchtigung des
Gastrointestinaltrakts – nicht erreicht werden kann [B].
Unzureichende Nahrungszufuhr liegt vor, wenn
 für mehrere Tage orale Nahrungszufuhr von weniger als 500
kcal/Tag (Nahrungskarenz) oder
 für länger als 1–2 Wochen orale Nahrungszufuhr von nicht mehr als
75% des Bedarfes
erwartet wird
DGEM Leitlinie Onkologie. Arends J et al. Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: e1-e74
Ernährungsmanagement
bei Radiotherapie
Empfehlungen (S3 Leitlinie “Klinische Ernährung in der Onkologie“ DGEM)
Patienten mit Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich sollen eine
individuelle Ernährungsbetreuung erhalten [A].
Bei unzureichender Nahrungsaufnahme trotz Ernährungsberatung –
Supplementierung mit Trinknahrung, um den Energiebedarf zu
sichern, das Gewicht zu verbessern und um eine Unterbrechung der
Bestrahlung zu verhindern [B].
Bei Kopf-, Hals- oder Ösophagustumoren mit erheblicher Schluckstörung
sollte bei unzureichender oraler Nahrungsaufnahme eine enterale
Sondenernährung durchgeführt werden [B].
DGEM Leitlinie Onkologie. Arends J et al. Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40: e1-e74
Standard Ernährungstherapie
Patienten mit Ösophagus-CA
 Verbesserte Behandlungstoleranz gegenüber Radiochemotherapie bei Vorgehen nach Ernährungsstandard.
Strahlentherapie abgeschlossen
Therapieunterbrechungen (bei Patienten,
die Therapie abgeschlossen haben)
Geplante Strahlentherapiedosis
verabreicht*
Ungeplante Krankenhauseinweisungen
Dauer des Krankenhausaufenthaltes
(Tage)
Gewichtsverlust (kg)
*Median
CG Kontrollgruppe, NI Ernährungsinterventionsgruppe
Mod. nach Odelli C et al. Clin Oncol (R
Coll Radiol) 2005;17:639-645
Frühzeitige Ernährungsintervention
bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren
 Signifikant weniger Gewichtsverlust, Unterbrechungen der
Strahlentherapie und ungeplante Krankenhauseinweisungen durch
frühzeitige Ernährungstherapie* (vor Beginn der Radiochemotherapie).
RT Unterbrechungen
(> 5 Tage)
NI (n=33)
30.3%
CG (n=33)
63.6%
p
0.007
RT Verzögerungen (Tage)
4.4 ± 5.2
7.6 ± 6.5
0.038
Krankenhauseinweisung
wegen Mukositis
16.1%
41.4%
0.03
96.7%
93.9%
ns
Gewichtsverlust während
Radiochemotherapie
-4.6 ± 4.1%
-8.1 ± 4.8%
< 0.01
Strahlentherapie
abgeschlossen
CG Kontrollgruppe, NI Ernährungsinterventionsgruppe
*Ernährungsintervention:
Geringes
Risiko:
Ernährungsberatung
Hohes Risiko:
Trinknahrung
oder
Sondenernährung
Mod. nach Paccagnella A et al. Support Care
Cancer 2010, 18:837-845
Ist Gewichtsverlust eine
unvermeidliche Folge
fortschreitenden
Tumorwachstums
20
Antitumorale Therapie bedarf immer
auch eines begleitenden
Ernährungsmanagements
Tumorkontrolle





Operation
Radiotherapie
Chemotherapie
Immuntherapie
….
Stoffwechselveränderungen 
Inflammation
TUMORKACHEXIE
Supportive
Therapie
- Antiemetika
Reduzierte
Nahrungsaufnahme/
Anorexie
Therapieeffizienz 
Verminderung
Gewichtsverlust
-…
Ernährungstherapie
-
Oral
Enteral
Parenteral
Omega-3
Fettsäuren
Frühzeitig
erkennen und
handeln!
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