Modiscop-Ampullen schwach Zulassungsnummer: 594 Arzneiform: Injektionslösung. Zulassungsinhaber und Hersteller: Brady, Wien. Zusammensetzung Eine Ampulle zu 1 ml enthält 20 mg Morphinhydrochlorid, 30 mg Äthylmorphinhydrochlorid, 0,25 mg Scopolaminhydrobromid, 1 ml Aqua ad Injectionem. Eigenschaften und Wirksamkeit Morphin und Äthylmorphin sind Vertreter aus der Gruppe der stark wirksamen Analgetika vom Morphin-Typ, welche auch als Opioide (früher Opiate) bezeichnet werden. Die Opioide entfalten im menschlichen Organismus, indem sie sich an sogenannte Opioidrezeptoren binden, vielfältigste Wirkungen, von denen vor allem die analgetische (und antitussive) therapeutisch ausgenützt wird. Opioidrezeptoren stellen offenbar die natürlichen Bindungs- und Wirkorte körpereigener Polypeptide (Endorphine, Enkephaline) dar und finden sich vor allem in den verschiedensten Bereichen des Zentralnervensystems, des peripheren Nervensystems und in einigen Organen. Bedingt durch diese Vielfalt an Rezeptoren ergeben sich bei der Therapie starker und stärkster Schmerzen mit Morphin und Morphinderivaten viele Nebenwirkungen, die gleichermaßen unerwünscht wie unvermeidlich sind. Scopolamin ist eine Verbindung aus der Reihe der Anticholinergika (Parasympatholytika). Diese Substanzen blockieren die Rezeptoren an den Synapsen cholinerger Nervenleitungen im zentralen und peripheren Nervensystem. Scopolamin dringt auf Grund seiner guten Lipidlöslichkeit besonders leicht ins Zentralnervensystem ein und verursacht eine stark motorisch dämpfende und einschläfernde Wirkung. Ferner verringert es die parasympathischen Nebenwirkungen der Morphinalkaloide. Pharmakokinetik Morphin und Äthylmorphin werden im menschlichen Körper nach parenteraler Applikation rasch verteilt und treten zu einem geringen Anteil durch die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn, den Hauptangriffspunkt für die starke analgetische Wirkung ein. Der zeitliche Verlauf der Konzentration von Morphin und Morphinanalogen im Gehirn bedingt das Einsetzen, die Stärke und die Dauer der analgetischen Wirkung. Demnach tritt die maximale analgetische Wirkung nach der intravenösen Verabreichung von 10 mg Morphin schon nach 20 bis 30 Minuten ein, hält aber nur 2 – 3 Stunden an. Nach subkutaner oder intramuskulärer Gabe der gleichen Dosis kommt es erst nach 60 bis 90 Minuten zu einer maximalen Wirkung, die dann allerdings bis zu 5 Stunden lang aufrecht bleibt. Morphin und andere Morphinderivate werden mit einer Halbwertszeit von 2 – 3 Stunden größtenteils durch Konjugation mit Glucuronsäure inaktiviert und über die Leber und Galle in den Darm (teilweise Rückresorption und enterohepatischer Kreislauf), bzw. über die Niere mit dem Harn ausgeschieden. Scopolamin erreicht aufgrund seiner guten Blut-Liquor-Gängigkeit verhältnismäßig rasch das zentrale Nervensystem, wo seine Wirkung 4 – 8 Stunden lang anhält. Die Ausscheidung erfolgt extrarenal. Anwendungsgebiete Modiscop schwach-Ampullen werden sowohl zur subkutanen und intramuskulären als auch zur intravenösen Injektion bei Behandlung mittlerer bis schwerster akuter und chronischer Schmerzen angewandt. Typische Anwendungsbereiche sind Schmerzzustände, die sich mit anderen Analgetika nicht ausreichend beherrschen lassen, wie z.B. beim Myokardinfarkt, bei Lungenödem, Lungenembolie, Verbrennungen, Steinkoliken, größeren operativen Eingriffen und vor allem im Finalstadium einer Krebserkrankung. Art der Anwendung Intravenöse Injektionen sind besonders bei der Behandlung von Myokardinfarkten langsam durchzuführen. Subkutane Injektionen müssen unbedingt in warme Hautpartien verabfolgt werden. Dosierung Die zur Erreichung einer befriedigenden analgetischen Wirkung nötige Dosierung ist individuell verschieden und richtet sich vor allem nach der Art des zu behandelnden Schmerzzustandes und der Therapiedauer. Zu Behandlungsbeginn genügt üblicherweise die subkutane oder intramuskuläre Injektion einer halben bis ganzen Ampulle in Abständen von 4 bis 5 Stunden. Mit dem Wirkungseintritt ist nach 15 Minuten, bei intravenöser Gabe sogar nach noch kürzerer Zeit zu rechnen. Die weitere Behandlung ist je nach Ansprechen auf die Erstdosierung zu gestalten. Bei der Therapie länger andauernder oder gar chronischer Schmerzzustände (deren Ursache nicht mehr zu beseitigen ist), muß mit dem allmählichen Auftreten einer Gewöhnung, die ständig gesteigerte Dosierungen nötig macht, gerechnet werden. Gegenanzeigen Bedingt durch das Nebenwirkungsspektrum von Morphin und Scopolamin bestehen für die Anwendung von Modiscop schwach- Ampullen eine Reihe von Gegenanzeigen. Diese sind nach Wirkungsbereich geordnet: Asthma bronchiale, Lungenödem, Lungenemphysem, Kyphoskoliose, Herzinsuffizienz, Koronarsklerose, Cor pulmonale, Tachyarrhythmie. Myxödem, Multiple Sklerose, Zerebralsklerose, Hypovolämie und bestehender niedriger Blutdruck, erhöhter intracranialer Druck, Migräne. Ferner schwere Lebererkrankungen, besonders akute und intermittierende Porphyrie, eingeschränkte Nierenfunktion durch z.B. chronische Nephritis und Pankreatitis. Der Einsatz von Modiscop schwach-Ampullen bei Gallenkoliken ist problematisch und sollte nach Cholezystektomie nicht erfolgen. Weitere Gegenanzeigen sind Darmerkrankungen wie z.B. Divertikulitis und ein Megakolon, aber auch mechanische Stenosen und eine bestehende Obstipation. Ferner ist das Prostataadenom und Engwinkelglaukom als Kontraindikation zu nennen. Schwangerschaft und Stillperiode Morphin und wahrscheinlich auch Scopolamin durchdringen die Plazentaschranke und treten in den fetalen Blutkreislauf ein. Obwohl über teratogene Wirkungen am Menschen keinerlei Hinweise vorliegen, soll Modiscop schwach in der Schwangerschaft nicht oder nur nach gewissenhaftester Risikoabwägung verabreicht werden. Von einer Verwendung von Modiscop schwach zur Bekämpfung von Geburtsschmerzen muß unbedingt Abstand genommen werden, da Morphin nach Übertritt in den fertig entwickelten Fetus stärkste Atemdepressionen hervorrufen kann. Zudem wird die Geburt verzögert. Da Morphin und Scopolamin offenbar auch in die Muttermilch übergehen, ist auf das Stillen des Neugeborenen zu verzichten. Nebenwirkungen Bei der Anwendung von Morphin und Morphinderivaten ist der therapeutische Nutzen immer gegen das unvermeidliche Risiko von Nebenwirkungen abzuwägen. Das in Abhängigkeit vom zu behandelnden Krankheitsgeschehen verschieden gute Ansprechen auf Morphin-Analgetika bedingt individuelle Dosierung und dadurch ein verschiedenes Ausmaß an Nebenwirkungen. In Modiscop schwach können sich die Nebenwirkungen von Morphin und Scopolamin in manchen Bereichen verstärken, in anderen verringert Scopolamin die Nebenwirkungen des Morphins. Atmung: Alle Morphin-Analgetika unterdrücken proportional ihrer analgetischen Wirkung die Ansprechbarkeit des im Hirnstamm gelegenen Atemzentrums, was zu einer Verminderung des Atemvolumens und der Atemfrequenz ohne jegliche Erscheinungen von Atemnot führt. Gleichzeitig verabreichtes Scopolamin kann die atemdepressive Wirkung des Morphins steigern. Bei Anwendung therapeutischer Dosen (unter 50 mg Morphin) ist diese Unterdrückung der Atmung gut zu beherrschen. Gefahren bestehen jedoch bei Myxödem, Multipler Sklerose, Cor pulmonale, Asthma-bronchiale, Emphysem und Kyphoskoliose. Herz und Kreislauf: Morphin und Scopolamin können in therapeutischen Dosen eine leichte Bradykardie, sehr selten auch Tachykardie erzeugen. Die allgemein kreislaufdämpfende Wirkung des Morphin wird durch Scopolamin verstärkt, manchmal auch verringert. Sie spielt allerdings bei liegenden Patienten eine geringere Rolle. Beim Übergang in die aufrechte Körperhaltung kann jedoch niederdruckbedingte Schwäche, die sich bis zu Ohnmachtsanfällen (Kreislaufkollaps) steigern kann, auftreten. Emetischer Effekt: Grundsätzlich ist das Ansprechen der Patienten verschieden. Ein Erbrechen muß nie, kann aber auch nach jeder Gabe von Morphin erfolgen. Normalerweise ist Erbrechen und Übelkeit innerhalb einer Behandlung nur nach den ersten Verabreichungen von Morphin zu beobachten. Liegende Patienten sind weniger betroffen, die Beteiligung des zusätzlich gereizten vestibulären Apparates verstärkt den emetischen Effekt nach Aufstehen und allen Körperbewegungen. Scopolamin kann dieser Erscheinung entgegenwirken. Gastrointestinaltrakt: Durch Morphin und Scopolamin werden die propulsiven Bewegungen von Magen, Dünndarm und Dickdarm gehemmt, der Tonus und damit die segmentalen Einschnürungen des Darmes verstärkt. Die dadurch verursachte längere Verweildauer des Nahrungsbreies führt zu einer verstärkten Entwässerung des Darminhaltes. Die zusätzliche Steigerung des Tonus des Sphincter ani bedingt vor allem bei einer länger andauernden Therapie unter Umständen eine spastische Obstipation. Harnwege: Morphin und Scopolamin bewirken sowohl durch die zentrale Dämpfung des Miktionsreflexes als auch durch Erhöhung des Tonus von Harnblase und Sphincter vesicae Probleme beim Harnlassen, die bis zur Harnverhaltung reichen. Galle: Morphin verursacht schon in therapeutischen Dosen Spasmen der Gallenwege und eine Kontraktion des Sphincter Oddi. Es kommt in den Gallenwegen zu erhöhtem Druck und zur Hemmung der Entleerung der Gallenblase. Gleichzeitig gegebenes Scopolamin verringert diesen Effekt. Haut: Morphin besitzt eine histaminfreisetzende Wirkung. Daraus resultieren leichte Hautreaktionen wie Pruritus bis Urticaria an der Injektionsstelle. Auge: Durch Morphin wird die Pupille geschlossen, durch Scopolamin erweitert. Welcher Effekt die Überhand bekommt, ist individuell verschieden. Durch Scopolamin kann ein Glaukom ausgelöst werden. Wechselwirkungen Verschiedenste Hypnotika, Sedativa und Neuroleptika wie Phenothiazine, Benzodiazepine, Barbiturate, Reserpin, trizyklische Antidepressiva verstärken die zentral dämpfende Wirkung des Morphin und Scopolamin aber auch die Atemhemmung. Besonders gefährlich ist der gleichzeitige Einsatz von Morphin und Muskelrelaxantien, Monoaminooxidase-Hemmern oder β-Rezeptorenblockern. Ein hoher Alkoholspiegel ist während einer Behandlung mit Modiscop schwach unbedingt zu vermeiden. Bei gleichzeitiger Gabe von Cimetidin wird die Wirkung des Morphins verstärkt. Gewöhnungseffekte Wenn Morphin oder eine andere Morphin-artige Verbindung durch längere Zeit verabreicht werden müssen, kommt es zu Toleranzeffekten. Eine Toleranz kann sich andeutungsweise schon nach 2 – 3 Tagen zeigen, tritt aber sicher und dann ausgeprägt nach 2 – 3 Wochen ein und bedingt deutliche Erhöhungen der zur Unterdrückung der Schmerzen nötige Dosis. Die Toleranz beschränkt sich auf die zentralen Wirkungen des Morphin, erfordert Dosierungen von/bis zu 3 g/Tag und kann sich bis zur Therapieresistenz steigern. Gekoppelt an die Toleranzbildung kann sich je nach Patient individuell verschieden auch eine Morphinabhängigkeit einstellen. Besondere Warnhinweise zur sicheren Anwendung Morphin und Scopolamin können sowohl den Wachzustand als auch das Reaktionsvermögen beeinträchtigen. Scopolamin verringert die Leistungsfähigkeit der Augen. Daher ist beim Lenken von Kraftfahrzeugen und bei der Bedienung von Maschinen größtmöglichste Vorsicht geboten. Geringste Mengen von Alkohol können diese unerwünschte Wirkung verstärken. Überdosierung Wenn Patienten ohne ausgebildete Toleranz irrtümlicherweise Dosierungen zwischen 30 und 50 mg Morphin erhalten, tritt eine akute Vergiftung ein. Kennzeichen sind: Bewußtlosigkeit und tiefes Koma, nur 2 – 4 Atemzüge pro Minute, gesenkter Blutdruck, Pupille zuerst sehr eng, dann weit, völlig entspannte Muskulatur, Haut feucht und kalt. Behandlung mit Opioidantagonisten wie Nalaxon, das in kleinen Portionen (0,4 mg) intravenös gegeben wird. Nach 5 Minuten und insgesamt 6 bis 10 mg Naloxon sollten sich die Symptome deutlich verringern. Packungsgrößen: 5 x 1 ml, 10 x 1 ml, 100 x 1 ml. Haltbarkeit: 12 Monate. Lagerungshinweise: Lichtschutz erforderlich, Arzneimittel daher im Überkarton aufbewahren. Abgabe: Suchtgift, Abgabe auf Suchtgiftrezept, apothekenpflichtig. Fachinformation: 16. November 1993.